Sollen verschuldete Euroländer bankrott gehen können?

Ja, meint eine Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums

Eine am 10. Januar vorgelegte Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums dürfte vor allem in Griechenland, Spanien und Portugal für Nervosität sorgen. In dem von Minister Brüderle ausdrücklich begrüßten Gutachten wird nämlich einer geordneten Insolvenz hochverschuldeter EU-Staaten das Wort geredet.

Galt bisher die Verhinderung eines Bankrotts von Staaten des Euroraumes offiziell in politischen und wirtschaftlichen Kreisen als wichtiges Ziel, so gehen die Empfehlungen des neuesten Gutachtens in eine andere Richtung.

„Wir sind der Auffassung, dass man grundsätzlich bereit sein muss, auch einem solchen Staat zu sagen, ihr müsst in die Insolvenz gehen, weil die Insolvenz ist für den Staat letztlich hilfreich, denn die Anleger, die die Staatsschuld halten von diesem Staat, können dann zur Kasse gebeten werden, dass sie sagen wir auf 20, 25 Prozent ihrer Ansprüche verzichten müssen, oder, wenn sie es nicht tun, gar nichts vielleicht erhalten werden“, bekräftigte der Autor der StudieManfred Neumann diese Vorschläge in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.

Neumann ist auch der Überzeugung, dass ein insolventer Staat den Euro nicht aufgeben müsse und die Währung dadurch auch keinen Schaden nehmen würde. „Sie würde vielleicht um drei, vier Cent mal sich bewegen, aber das ist nun wirklich keine Tragik, über die man reden muss. Ich glaube, dass die Politik da zu viel Wirbel daraus gemacht hat“, so Neumann.

Er macht auch darauf aufmerksam, dass diese Empfehlungen nur mit großem Druck auf die verschuldeten Länder umgesetzt werden können: „Freiwillig tut das keine Politik, kein Politiker, aber wenn er mal in der Situation ist, wo er keine Alternativen hat, muss er es halt tun“, antwortet der Autor der Studie auf die Frage, ob er es für vorstellbar hält, dass Griechenland und Irland den von Brüderles Beratern vorgezeichneten Weg überhaupt einschlagen werden. Neumann geht davon aus, dass seine Vorschläge in die künftigen Verhandlungen um die Schulden von Ländern im Euro-Raum einfließen werden und dass dies eine „disziplinierende Wirkung“ haben wird.

Sicher dürfte auf jeden Fall sein, dass Deutschland, das mit seiner Niedriglohnpolitik andere Länder nieder konkurriert, seine dadurch gewonnene ökonomische Macht im EU-Rahmen noch stärker ausspielen und den Druck auf die Länder in der Peripherie erhöhen wird. Ob eine solche Politik Erfolg hat, dürfte vor allem davon abhängen, ob die deutsche Position unter den anderen Ländern mit einem starken Euro Unterstützung findet oder ob das deutsche Auftrumpfen nicht auch dort eher auf Unmut stößt.

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Peter Nowak