Die KvU muss Pause machen

Kirche von Unten verabschiedet sich aus Mitte

»Ich unterbreche die Sitzung und rufe die Ältestenversammlung ein«, rief ein aufgeregter Abgeordneter der BVV-Mitte am Donnerstagabend. Zuvor hatten zehn Personen den Versammlungsraum des Rathauses

Rathauses Mitte betreten und  eine kurze Rede begonnen. Doch was der Sprecher zusagen hatte, ging im Lärm der unterbrochenen BVV-Sitzung unter. Einige Abgeordnete  riefen nach der Polizei und drohten mit Hausverbot. Dabei wollten sich die unerwarteten  Besucher nur verabschieden:  Es  waren Nutzer und Mitarbeiter des Jugendclubs Kirche von unten (KvU), der sich nach 27 Jahren unfreiwillig  aus dem Stadtteil verabschieden muss.

In der Storkower Straße 119 hat die KvU neue Räume gefunden.     In der Kremmener Straße, wo die KvU ihr Domizil hatte, plant die  Immowert Arkonahöfe Berlin GmbH den Bau von Loft und Eigentumswohnungen. Zudem soll das 1910 errichtete Gebäude um 2 Stockwerke erhöht werden. Für die  nichtkommerziellen KvU war dort kein Platz mehr. Ihr waren bereits zum 31. Dezember 2012 die Räume gekündigt worden. Dass sie noch mehr  als ein Jahr in Mitte bleiben konnte, lag vor allem an der Widerstandsbereitschaft der Betreiber und Nutzer. Die KvU arbeitete in der Initiative „Wir bleiben alle“ mit und organisierte Solidaritätskonzerte und Demonstrationen. Nebenher kümmerten sich die Aktivisten um Ersatzräume und wurden findig.

Natürlich seien sie froh, dass sie Ersatzräume gefunden haben. Allerdings sei der Jugendclub damit nicht langfristig gesichert, erklärten die KvU-Mitarbeiter gegenüber nd. „Zur Zeit können wir unser Programm nicht durchführen, weil wir in den nächsten Monaten die neuen Räume renovieren müssen“. Da  alle diese Arbeit in ihrer Freizeit unentgeltlich verrichten,  rechnet er mit einer Umbauphase von mehreren Monaten. Auch die finanzielle Situation sei wie gewohnt schlecht, betont er. Zudem hat der neue Mietvertrag lediglich eine Laufzeit von fünf Jahren. Danach könnte die Suche nach Räumen von vorn losgehen, befürchten die KvU-Leute. Eine bittere Pille sei  für sie der Abschied von Mitte gewesen, betonen sie. Schließlich ist der 1987 als Einrichtung der offenen Jugendarbeit im Zusammenhang mit dem evangelischen Kirchentag in Mitte entstanden und gehörte bald zu einer der zentralen Einrichtungen der DDR-Opposition. Im Frühjahr 1989 wurden den Räumen der KvU die Ergebnisse der alternativen Stimmauszählung während der Kommunalwahl zusammengetragen. Damals wurde die KvU auch von Menschen besuchten, die nach 1990 bald in den verschiedenen Parteien Karriere machten. Die KvU blieb  dagegen auch nach der Wende oppositionell und ließ sich nicht von politischen Parteien vereinnahmen.       Diesen Kurs haben auch jüngere KvU-Mitarbeiter. „Da behaupten Politiker der BV V-Mitte, sie hätten die KvU gerettet. Dabei haben wir uns selber um Räume gekümmert“.  Deswegen trug der kurze BVV-Besuch den Titel “Danke für nichts“.

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Peter Nowak