Mietvertrag für Haus in der Reichenberger Straße soll juristisch legitimiert werden
Im Rathaus Kreuzberg tagt heute ab 17 Uhr die Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Schon um 16.30 Uhr wollen sich soziale Initiativen und Mieterorganisationen vor dem Rathaus treffen, um gegen Mietsteigerungen in dem Stadtteil protestieren. Der konkrete Anlass sind drohende Mieterhöhungen in der Reichenbergerstraße 63a um bis zu 25 %. Dabei haben die Bewohner bis 2020 gültige Verträge, die ihnen einen niedrigen Mietzins garantieren. Die Vereinbarung wurde 1990 während des ersten SPD-AL-Senats zwischen dem Bezirksamt und dem Verein der Bewohner geschlossen. Doch das Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain klagt gegen den Vertrag und beschuldigt einen mittlerweile pensionierten Mitarbeiter, die Befristung auf 2020 eigenmächtig handschriftlich eingefügt zu haben. Es fordert eine Neuverhandlung mit höheren Mieten und kürzeren Fristen.
Der Kreuzberger Bezirksbürgermeister Franz Schulz führt finanzielle und juristische Gründe für die Klage des Bezirks und die Forderung nach Neuverhandlungen an.
Während mit den Hausbewohnern ein niedriger Mietzins vereinbart sei, bekommen die Hauseigentümer, die Immobilienfirma Heymann und Kreuels (H&K), die ortsübliche Miete. Die Differenz zahle das Bezirksamt. Schulz sieht darin eine Subventionierung, die auch vom Landesrechnungshof beanstandet werden könnte.
„ Sollte das Gericht entscheiden, dass der Vertag bis 2020 gilt, werden wir das selbstverständlich akzeptieren. Aber dann haben wir Rechtssicherheit“, betont Schulz.
Die Bewohnerin der Reichenbergestraße Julia Plöger äußert gegenüber ND ihr Erstaunen, dass das Bezirksamt gegen einen vom ihm selber abgeschlossenen Vertrag vor Gericht geht und dabei noch ehemalige Mitarbeiter im Regen stehen lässt. „Der günstige Vertrag war auch ein Ergebnis der Instandbesetzerbewegungen in den 80er Jahren. Die drohenden Mietererhöhungen hingegen sind ein Beispiel für die rapide steigenden Mieten im Stadtteil Kreuzberg. “ Ein anderer Hausbewohner betont, dass viele der jetzt in der Reichenbergestraße 63 wohnenden Bewohner sich die neuen Mieten nicht leisten können. Deswegen setzen sie auf Gegenwehr im Stadtteil und vernetzten sich mit anderen Initiativen. Am kommenden Sonntag soll mit einem Kreuzberger Kiezspaziergang gegen Mietsteigerungen protestiert werden. Treffpunkt ist um 14 Uhr an der Ohlauer Brücke. Eine der Stationen wird die Reichenbergerstraße 63 sein.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/182822.bezirksamt-klagt-gegen-randnotiz.html?sstr=Reichenbergerstraße
Peter Nowak