Ausgerechnet gegen einen islamistischen Rückkehrer, der gegen seine ehemaligen Kumpane ausgesagt hat, wurde eine hohe Haftstrafe verhängt
Wegen gemeinschaftlichen Mordes hat das Oberlandesgericht München vor einigen Tagen Harun P. zu einer Gesamthaftstrafe von 11 Jahren verurteilt [1]. Es war das bisher härteste Urteil gegen einen Islamisten, der in Syrien gekämpft hat und im Anschluss nach Deutschland zurückkehrte. Nach Überzeugung des Richters war der Angeklagte im Herbst 2013 über die Türkei nach Syrien ausgereist und hatte sich dort der tschetschenisch dominerten Islamistengruppe Junud Al-Sham angeschlossen.
Dabei betonte der Richter, dass auch ein lebenslängliches Urteil möglich gewesen wäre. Schließlich heißt es in der Pressemeldung des Oberlandesgerichts Münchent:
Der Angeklagte hatte die Namen von Schleusern und Mitkämpfern genannt und in zwei weiteren Islamistenprozessen gegen die Angeklagten ausgesagt. Seine islamistischen Kumpane bezeichnete er als Abschaum und den Islamismus als „dreckige Ideologie“. Angesichts dieser Sachlage ist die hohe Haftstrafe gegen P. schon verwunderlich. Wo ist das Signal für mögliche Aussteiger, wenn sie trotz Aussagen und einer klaren Distanzierung von der islamistischen Ideologie mit einer 11 jährigen Haftstrafe rechnen müssen?
Hilfe für das Assad-Regime
Das Urteil ließe sich sicher dann rechtfertigen, wenn dem Angeklagten nachgewiesen werden konnte, dass er an besonderen islamistischen Gräueltaten beteiligt waren, wie wir sie in den letzten Monaten zu Genüge sehen konnten. Doch in der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:
Das spricht dafür, dass der Angeklagte am Kampf gegen das Assad-Regime beteiligt war, aber nicht dafür, dass ihm nachgewiesen werden konnte, dass er an besonderen islamistischen Gräueltaten beteiligt war. Aber genau das müsste nachgewiesen sein, wenn selbst ein Abschwörer, der noch bei den Ermittlungen hilft, 11 Jahre Haft bekommt.
An dem Urteil fällt auf, dass schon die Beteiligung am Kampf gegen das Assad-Regime kriminalisiert wird. Besonders perfide: Da wird dem Angeklagten die Beteiligung am Sturm auf ein Gefängnis des Regimes vorgeworfen, während verschiedene Menschenrechtsorganisationen sowie ehemalige Gefangene immer wieder betonen, dass die Gefängnisse des Assad-Regimes Folterhöllen für Oppositionelle sind, die viele der Insassen nicht überleben.
Welche Botschaft geht von einen Urteil in Deutschland aus, wenn es hohe Haftstrafen für die Beteiligung an den Sturm auf ein solches Foltergefängnis gibt? Das kann man mit Fug und Recht als Hilfe für das Assad-Regime bezeichnen. Insofern passt das Urteil zur aktuellen politischen Situation, in der das Assad-Regime schon längst als Bündnispartner gegen den IS-Islamismus anerkannt wird. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die Beteiligung am bewaffneten Widerstand gegen das Assad-Regime bestraft wird, wenn er nicht von islamistischen Gruppen ausgeübt wird.
Schließlich wird in Großbritannien auch schon gegen Menschen ermittelt [2], die auf Seiten der kurdischen Bewegung gegen die Islamisten kämpften wollen [3]. Dass harte Urteil gegen Harun P. sorgte für keine öffentlichen Diskussionen, schon gar nicht für Kritik. Schließlich handelte es sich um einen Islamisten und da scheint sich jede Diskussion über das Strafmaß zu erübrigen.
http://www.heise.de/tp/news/Kein-Kronzeugenbonus-fuer-reuigen-Islamisten-2754531.html
Peter Nowak
Links:
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