Kampagne gegen Neuvermietung von zwangsgeräumten Wohnungen

Vor fünf Monaten  sorgten die Proteste gegen die Zwangsräumung der Familie Gülbol in Berlin-Kreuzberg  in der Lausitzer Straße 8  für großes  Aufsehen.    Eine monatelange Kampagne mit bundesweitem Presseecho  konnte die Räumung nicht verhindern. Sie konnte aber nur mit  mehr als  800 Polizisten und einen über dem Stadtteil kreisenden  Hubschrauber durchgesetzt werden. Die Proteste haben auch dazu geführt, dass in Berlin und mittlerweile auch in anderen Städten Proteste gegen Zwangsräumungen von Mietern zunehmen.
Jetzt steht die seit der Räumung leerstehende  Wohnung der Familie  Gülbol im Fokus einer neuen Initiative. Das Berliner Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“ hat in einen offenen Brief an die Anwohner und solidarische Menschen aufgefordert, dafür zu sorgen, dass diese Wohnung nicht wieder vermietet werden kann. In dem Brief argumentieren die Aktivisten auf zwei Ebenen: In einem  stark moralisch bestimmten Abschnitt heißt es,  dass mit der Aktion dafür gesorgt werden soll, „dass  das geschehene Unrecht sich nicht manifestiert und Unwissende nun diese Wohnung anmieten“. Daher soll mit der Kampagne  jeden potentiellen Interessenten  deutlich werden, dass aus dieser Wohnung Mieter zwangsgeräumt wurden. Im zweiten Abschnitt werden die ökonomischen  Interessen der Eigentümer  angesprochen, die durch die  Kampagne tangiert werden. „ Wir wollen also am Beispiel Lausitzer Straße 8 erreichen, dass diejenigen, die in unseren Wohnungen nichts als ihre Profite sehen, zukünftig erhebliche Probleme haben werden“, heißt es in dem Brief.  Dieser Aspekt könnte durchaus für Eigentümer relevant werden, die zu den Mitteln der Zwangsräumungen greifen und sie gegen alle Proteste durchsetzen. Konnten sie bisher darauf hoffen, dass das Thema in der Öffentlichkeit einige Zeit nach einer vollzogenen Räumung an Bedeutung verliert, so müssen sie nun damit rechnen, dass die Proteste auch noch Monate anhalten und sie daher daran gehindert sind, mit den Wohnungen Profite zu machen. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass die Kampagne Unterstützung bei den Anwohnern findet. Denn anders als beim Protest gegen die Räumung für den berlinweit mobilisiert werden konnte, weil der Termin vorher feststand, werden Wohnungsbesichtigungen von potentiellen Nachmietern in der Regel nicht öffentlich bekannt gegeben.    Daher werden die Anwohner in dem Brief der Kampagne auch gebeten,  Informationen, die auf Besichtigungstermine oder andere Aktivitäten zur Neuvermietung der Wohnung in der Lausitzer Straße 8 hinweisen, zu melden.  Zudem sollen die zwangsgeräumten Wohnungen mit Plakaten und im Internet bekannt gemacht werden. Dann könnten sich Mieter bei der Wohnungssuche nicht nur  über die höhe der Miete  und die Lage,  sondern  auch die Sozialkompetenz der Eigentümer informieren.

MieterEcho online 29.07.2013

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/zwangsraeumungen.html

Peter Nowak