Piraten werden europäisch

Teilnahme gemeinsamer Partei am Wahlkampf 2014 angekündigt

Am 4. September konstituierte sich in Luxemburg eine europäische Piratenpartei. Ausgerechnet der deutsche Ableger soll das Vorbild sein.

Die Zeiten, in denen die Piratenpartei im Aufschwung war, sind lange vorbei. Zurzeit hat sie nach den Wahlprognosen kaum Chancen, in den Bundestag einzuziehen. Auch in die Landtage von Hessen und Bayern dürfte sie es nicht schaffen.

Nun peilen die Piraten bereits die Europawahl im nächsten Jahr an. Da es dabei keine Fünfprozenthürde gibt, haben sie die Chance, wenigstens einige Mandate zu bekommen. Ähnlich ist die Situation von Piratenparteien in anderen europäischen Ländern. Die NSA-Affäre und andere Überwachungsskandale mögen vielleicht größere Bevölkerungsteile für die Problematik sensibilisiert haben. Die Piratenparteien haben davon bisher kaum profitieren können. Daher ist die Konzentration auf die Europawahl nur konsequent. Dort wollen die europäischen Piraten in einer gemeinsamen europäischen Partei antreten. Nach mehr als 18 monatiger Vorbereitungszeit wurden dafür am Dienstag die letzten Schritte unternommen.

Am 4. September trafen sich Vertreter aus verschiedenen europäischen Ländern in Luxemburg, um das Manifest und die Statuten der Europäischen Piratenpartei zu unterzeichnen. Daran haben sich Delegierte aus Piratenparteien von Katalonien, Zypern, Frankreich, Belgien, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen, Russland, und Schweden beteiligt. Ein Vertreter der Schweizer Piraten hat die Unterschrift ebenfalls zugesagt.

»Wir Piraten waren schon immer eine internationale Bewegung, jetzt geben wir uns die nötigen Strukturen, um den Europawahlkampf 2014 anzugehen«, sagte der Europabeauftragte der Piratenpartei, der Luxemburger Jerry Weyer. Doch die Unterschiede in Größe und Bedeutung der Piratenparteien in den unterschiedlichen Ländern sind beträchtlich. Die Piraten in Deutschland gehören trotz ihrer schlechten Wahlprognosen sogar zu den größeren Parteien.

»Mit der Erfahrung aus vielen Wahlkämpfen und den Erfolgen der letzten Jahre orientieren sich viele Piratenparteien in Europa an der deutschen Piratenpartei«, sagte Weyer. An den Diskussionen über eine europäische Formationen hätten sich deutsche Piraten eingebracht, allerdings »ohne dabei eine übergreifende Rolle zu übernehmen«.

Das Luxemburger Treffen wurde auf der Homepage der deutschen Piratenpartei als »erster Schritt zum Erfolg in der Europawahl 2014« bezeichnet. Die Gründungserklärung war allerdings sehr allgemein gehalten. Die Unterzeichner erklärten sich bereit, gemeinsam zu den Wahlen zum EU-Parlament im nächsten Jahr teilzunehmen. Das noch zu erstellende gemeinsame Wahlprogramm solle in die Programme der jeweiligen Länder aufgenommen werden. Die deutsche Piratenpartei hat bereits einige Bausteine für ein europapolitische Programm formuliert.

»In einen Europa der Regionen müsse der Mensch im Mittelpunkt stehen«, heißt es darin recht unbestimmt. Man wolle Elemente der direkten Demokratie wie Referenden und Volksentscheide im europäischen Raum stärken, heißt es etwas konkreter.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/832388.piraten-werden-europaeisch.html

Peter Nowak

Kein Schadenersatz für Opfer des Natokriegs

Am Vorabend des vierten Jahrestags des Bombardements von Kunduz entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Einzelnen bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den verantwortlichen Staat zusteht

„Eine mörderische Entscheidung“ [1] lautete der ARD-Themenabend am 4.August. Es ist der vierte Jahrestag eines von dem Bundeswehroberst Klein zu verantwortenden Bombardements in der afghanischen Provinz Kunduz, die mindestens 140 Menschen das Leben kostete.

Es handelte sich in der Mehrzahl um junge Menschen, Kinder armer Bauern, die etwas Sprit aus einem Nato-Tanklastzug abzapfen wollten, der von Aufständischen entführt worden war. Die Bilder zum Film machen eigentlich schon deutlich, in welcher Atmosphäre eine solche tödliche Entscheidung getroffen wurde. Da sind eventorientierte junge Soldaten zu sehen, ein intellektuell dreinblickender Klein-Darsteller und ein Dorfbewohner mit traditioneller Kopfbedeckung und Bart. Besser kann der Clash der Kulturen, die da aufeinanderstießen, nicht dargestellt werden. Bezeichnenderweise laufen die Sendungen unter der Rubrik „Unterhaltung im Ersten“. Schließlich sollen ja die Fernsehschauer und Gebührenzahler nicht verschreckt werden, indem man die Rubrik „Deutsche Geschichte“ genannt hätte.

Einer solchen Eventisierung des Afghanistankrieges widersetzen sich Initiativen [2], die mit Veranstaltungen und Kundgebungen an die Toten von Kunduz erinnern. In Berlin kam am 3. September am Brandenburger Tor auf einer Videokundgebung [3] auch der Bremer Anwalt Karim Popal [4] zu Wort, der darüber klagte, dass viele Angehörige der Getöteten noch immer keine Entschädigung bekommen haben. Viele der Opferfamilien sind durch den Tod ihrer Angehörigen auch in finanzielle Not geraten. Oberst Klein hingegen ist trotz seiner mörderischen Entscheidung befördert worden.

Kein Schadenersatz für zivile Opfer im Jugoslawienkrieg

Zufälligerweise hat das Bundesverfassungsgericht am Vorabend des Bombardements von Kunduz eine Entscheidung [5] gefällt, die die deutschen Steuerzahler beruhigen dürfte. Danach haben die Opfer des Bombardements der Brücke von Varvarin in Jugoslawien keinen Anspruch auf Entschädigung.

Bei einem Angriff von Nato- Kampfflugzeugen auf die serbische Stadt Varvarin am 30.Mai 1999 wurde eine Brücke über den Fluss Morawa durch den Beschuss mit insgesamt vier Raketen zerstört. Zehn Menschen wurden getötet und 30 verletzt, 17 davon schwer. Mehrere Betroffene hatten auf Entschädigung geklagt [6]. Das Gericht bestätigte, dass es sich ausschließlich um Zivilpersonen handelte. Deutsche Flugzeuge waren nicht unmittelbar an dem Bombardement beteiligt, befanden sich aber ebenfalls im Einsatz in unmittelbarer Nähe des Tatorts. „Ob und inwieweit die eingesetzten deutschen Aufklärungsflugzeuge auch den Angriff auf die Brücke von Varvarin abgesichert haben, ist zwischen den Beschwerdeführern und der Bundesrepublik Deutschland im fachgerichtlichen Verfahren streitig geblieben“, hieß es in der Pressemitteilung des Gerichts. Doch der Grund für die Ablehnung der Entschädigung wird nicht damit begründet.

„Es gibt jedoch keine allgemeine Regel des Völkerrechts, nach der dem Einzelnen bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht ein Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung gegen den verantwortlichen Staat zusteht. Derartige Ansprüche stehen grundsätzlich nur dem Heimatstaat des Geschädigten zu oder sind von diesem geltend zu machen. Art. 3 des IV. Haager Abkommens und Art. 91 des Protokolls I begründen keine unmittelbaren individuellen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht, weshalb offenbleiben kann, ob diese Vorschriften völkergewohnheitsrechtliche Geltung erlangt haben, “ heißt es in der Urteilsbegründung. Damit werden Kriegsopfer auf die Staaten verwiesen und individuelle Rechte negiert.

Das Europäische Zentrum für Menschenrechte [7], das die Kläger unterstützt [8] hat, kritisiert die Entscheidung. „Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts bleibt allerdings den Betroffenen weiterhin der Zugang zu Entschädigungsklagen für den rechtswidrigen Angriff der NATO verwehrt. Weder gegen die NATO direkt, noch gegen am NATO-Einsatz beteiligte Bundesrepublik Deutschland konnte bislang eine Entschädigung für den Verlust der Angehörigen erreicht werden. Die Forderung, den Geschädigten von Kriegshandlungen einen Weg vor die ordentlichen Gerichte zu eröffnen, bleibt damit aktuell.“ Der ECCHR kündigte an, nun den europäischen Rechtsweg einzuschlagen.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154897

Peter Nowak 05.09.2013

Links

[1]

http://www.daserste.de/unterhaltung/film/eine-moerderische-entscheidung/index.html

[2]

http://www.friedenskooperative.de/terroterndx.htm

[3]

https://linksunten.indymedia.org/de/node/93771

[4]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/153978

[5]

http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg13-055.html

[6]

http://www.heise.de/tp/artikel/13/13313/1.html

[7]

http://www.ecchr.de

[8]

http://www.ecchr.de/index.php/varvarin.html

Altes Feindbild USA

Links

[1]

http://german.irib.ir/analysen/beitraege/item/225513-fidel-castro-die-usa-und-ihre-verb%C3%BCndeten-bereiten-einen-genozid-an-den-arabischen-v%C3%B6lkern-vor

[2]

http://www.adoptrevolution.org/liveblog-damaskus/

[3]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154881

[4]

http://www.heise.de/tp/artikel/39/39824/1.html

[5]

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/syrien-bnd-faengt-beleg-fuer-giftgaseinsatz-durch-assad-regime-ab-a-919965.html

[6]

http://www.heise.de/tp/artikel/18/18224/1.html

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Kommentar auf diesen Beitrag in der jungen Welt vom 7.9.2013:

http://www.jungewelt.de/2013/09-07/003.php

7.09.2013 / Wochenendbeilage / Seite 3 (Beilage)Inhalt

Der Schwarze Kanal: Imperialismusapologie

Von Werner Pirker

Antiamerikanische Verschwörungstheoretiker hätten wieder einmal Hochkonjunktur, klagt Peter Nowak in einem Beitrag für das Internetportal Telepolis. Er wird doch nicht etwa eine antiamerikanische Verschwörung vermuten? »In der letzten Woche hatten die Restbestände der deutschen Friedensbewegung ihr altes Feindbild USA wieder poliert«, empört sich der Mann, der einst unzählige Friedensdemonstrationen mit seinen Energiebällchen belieferte, was auch der Grund dafür sein mag, daß es nur noch Restbestände der Friedensbewegung gibt. Daß die Obama-Administration gerade dabei ist, einen weiteren Krieg zu entfesseln, kann einen Nowak nicht erschüttern. Äußerst erzürnt reagiert er hingegen auf die Antikriegsproteste. »Wie immer bei solchen Anlässen, kannte das US-Bashing keine Grenzen«, schreibt er.

Die reine Hysterie, befindet der Telepolis-Autor. »Die Propheten des großen Blutbads und des sich ausbreitenden Flächenbrands im Nahen Osten«, schreibt er, »waren wieder in ihrem Element. Merkwürdigerweise sahen sie diese schwarzen Visionen erst dann gegeben, wenn die USA und andere NATO-Mächte eingreifen. Daß der syrische Bürgerkrieg ein solches Blutbad schon längst produziert und daß er auch die Nachbarländer wie Libanon destabilisiert, wird dabei von denen gerne ausgeblendet, für die ein Konflikt erst dann zum großen Problem wird, wenn die USA eingreifen.« Damit ergreift Nowak die Position »humanitärer Interventionisten« – nicht direkt, sondern von hinten rum, wie das so seine Art ist. Um das Blutvergießen in Syrien zu stoppen, müßten die USA und ihre NATO-Partner die Bürde des weißen Mannes auf sich nehmen und militärisch eingreifen, lautet der Klartext. Die durchaus realistische Annahme, daß dies ein noch viel größeres Blutbad und einen Flächenbrand im Nahen Osten auslösen könnte, erscheint dem Autor als wahnhafte Weltuntergangsprophezeiung paranoider Amerikafeinde.

Die entscheidende Frage, warum der syrische Konflikt ein solches Gewaltpotential in sich trägt, blendet Nowak gerne aus. Denn nicht erst mit dem Anlaufen offener Kriegsvorbereitungen der USA und ihrer Willigen ist der Konflikt zum großen Problem geworden, wie er das der Friedensbewegung unterstellt. Der Westen und die arabische Reaktion waren vom Anfang an mehr oder weniger verdeckte Teilnehmer am syrischen »Bürgerkrieg«. Erst als die bewaffneten Oppositionsbanden trotz der ihnen zu Teil gewordenen massiven militärischen und politischen Unterstützung immer mehr in die Defensive gerieten, wurde ein direktes militärisches Eingreifen des Westens auf die Tagesordnung gesetzt. Daß Obama es nach dem Londoner Parlamentsvotum gegen eine britische Kriegsbeteiligung etwas langsamer angehen wollte und die Kriegsfrage dem US-Kongreß zur Entscheidung vorlegte, weiß der Autor als »Bruch mit den autoritären Vorstellungen der Bush-Ära« zu würdigen.

Doch es ist kein demokratischer Impuls, den die Obama-Administration folgt, sondern schlicht die Tatsache, daß sie nicht alleine die Verantwortung für einen Krieg mit unabsehbaren Folgen übernehmen will. Dabei geht es vor allem um die Herstellung eines Konsenses unter den Eliten. Der Krieg soll von Demokraten und Republikanern gemeinsam getragen werden und damit »demokratisch« legitimiert erscheinen. Im Umkehrschluß bedeutet das die Delegitimierung demokratischen Widerstandes gegen die Kriegspolitik. Ein neuer nationaler Schulterschluß ist gefordert, der sich angesichts der wachsenden Kriegsskepsis in der US-amerikanischen Bevölkerung freilich nur noch schwer herstellen lassen wird.

Über die Legitimität eines von den USA und Co. entfesselten Angriffskrieges kann indessen nicht ein Mehrheitsvotum im US-Kongreß entscheiden. Einzig der UN-Sicherheitsrat ist dazu befugt, eine Militärintervention zu legitimieren, was freilich immer noch nicht bedeutet, daß sie auch wirklich legitim ist. Gegenwärtig sorgen Rußland und China dafür, daß ein illegitimer Krieg im Sicherheitsrat nicht für legitim erklärt wird.

Nowak wäre nicht Nowak, würde er sich, wie die als »Antideutsche« auftretenden deutschen Neocons, zu einer offenen Befürwortung imperialistischer Kriege hinreißen lassen. Er zieht es vor, seine Schleimspuren im Vorfeld des antideutschen Wahns zu hinterlassen. Im Ton nicht ganz so kriegstreiberisch, ist seine Absicht die gleiche: Die Diskreditierung der Friedens- und antiimperialistischen Bewegung als notorische Amerika-Hasser und damit die Nutzung des Feindbildes »Antiamerikanismus« als Projektionsfläche einer neuen Imperialismusapologie.

Polizeieinsatz gegen Blockupy-Demo wurde auf Tribunal untersucht

Links

[1]

https://blockupy-frankfurt.org/2269/pm-tribunal-aktiventreffen/

[2]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154364

[3]

http://www.movassat.de/themen

[4]

http://www.linksfraktion-hessen.de/cms/abgeordnete/die-abgeordneten/janine-wissler.html

[5]

http://www.linksfraktion-hessen.de/cms/abgeordnete/die-abgeordneten/hermann-schaus/pressemitteilungen-mainmenu-272/4298-blockupy-geheimgutachten-innenminister-boris-rhein-cdu-bricht-sein-wort-und-verletzt-parlaments-beschluss.html

[6]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154819