Solidarität mit Kiezladen

WOHNEN MieterInnen fordern Unterstützung von der Neuköllner Politik für den „F54“

„Werden Sie sich aktiv für den Erhalt des Projektes Kiezladen F54 einsetzen?“ Diese Frage haben 16 Mietparteien der Nord-
Neuköllner Friedelstraße 54 in einem Brief an die Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln gestellt.
Damit wollen sie die Räumung des Stadtteilladens verhindern. Im Kiezladen F54 gibt es unter anderem eine wöchentliche
MieterInnenberatung sowie Politik-und Kulturveranstaltungen. Der Laden hat sich in den vergangenen Monaten auch dafür
eingesetzt, dass die BewohnerInnen das Haus in Eigenregie übernehmen. Nachdem die AktivistInnen das Kaufangebot
bei der Immobilienfirma Citec in Wien mit einer Delegation von rund 60 UnterstützerInnen abgegeben hatten, begannen
die Verhandlungen vielversprechend (taz berichtete).  Am Ende bekamen jedoch nicht die BewohnerInnen, sondern die Luxemburgische Immobilienfirma Pinehill den Zuschlag. „Das Unternehmen hat sich gar nicht die Mühe gemacht, mit uns zu kommunizieren. Die erste Kontaktaufnahme war die Räumungsklage“, erklärte Martin Sander vom Ladenkollektiv gegenüber der taz.

„Vorkaufrecht des Bezirks dringend ausweiten“
Als Antwort auf den Brief der HausbewohnerInnen haben sich PolitikerInnen von SPD, Grünen und Linken mit den Kiezladen solidarisch erklärt. „Ein Runder Tisch ist das mindeste und der Anfang von allem. Das Vorkaufrecht des Bezirks muss dringend ausgeweitet werden“, schreibt Anja Kofbinger, gewählte Neuköllner Direktkandidatin der Grünen und stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus. „Der Kiezladen F54 ist Teil der Neuköllner Kiezkultur“, erklärt der Sprecher der Neuköllner SPD Christopher King. „Für einen Runden Tisch und den Ankauf durch eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft oder die Mieter setzte sich auch Marlis Fuhrmann vom Neuköllner Bezirksvorstand der Linken ein. Ob diese Unterstützung den Laden retten kann, ist noch unklar. Das Neuköllner Bezirksamt sieht keine Eingriffsmöglichkeit, weil der Milieuschutz für den Laden nicht greift.


TAZ.DIE TAGESZEITUNG DIENSTAG, 4. OKTOBER 2016
PETER NOWAK

Berliner Mieter_innen setzten sich gegen Wiener Immobilienfirma durch

Wien & Berlin gemeinsam sind stark!

Seit Monaten konnte man auf Plakaten und Flugblättern in Berlin die Parole «Friedel bleibt» lesen. Damit war die Friedelstraße 54 im angesagten Berliner Stadtteil Neukölln gemeint.  2014 hatte die Wiener Immobilienfirm Citec das Haus gekauft. Als sie eine «energetische Modernisierung» ankündigte, befürchten viele der sechzig Mietparteien, dass sie sich ihre Wohnung bald nicht mehr leisten könnten. Sie holten sich juristischen Rat und organisierten politischen Widerstand. Besonders rührig waren dabei Aktivist_innen des im Haus  befindlichen «Kiezladen F54». Sie hatten auch die Idee zur Demo mit den längsten Anfahrtswegen.

Am 18. März charterten etwa sechzig Mieter_innen und Unterstützer_innen der Friedelstraße einen Bus von Berlin nach Wien. Sie überbrachten dem Citec-Vorstand ein Kaufangebot. Am nächsten Tag organisierten sie mit örtlicher Unterstützung eine kraftvolle Demonstration: «Wir sind hier. Wir sind laut, weil Ihr uns die Friedel klaut» riefen etwa  200 Mietrebell_innen vor der Citec-Zentrale am Parkring. Wenige Tage später signalisierte die Citec Verhandlungsbereitschaft. Nur der Preis war anfangs noch strittig: «Wir haben in unserem Angebot die Kaufsumme von 1,2 Millionen genannt, die Citec ist mit 1,85 Millionen in die Verhandlungen gegangen», sagte der Pressesprecher des «Kiezladen F54» Matthias Sander. Beide Seiten waren kompromissbereit. Ein Erfolg, der Schule machen könnte. In den Wochen darauf haben sich schon zweimal Mieter_innen von Citec-Häusern in Berlin getroffen…

aus:              Augustin 414 – 05/2016

http://www.augustin.or.at/zeitung/ausgaben/augustin-414-052016.html

Peter Nowak

http://friedelstrasse54.blogsport.eu,

https://friedel54.noblogs.org

Berliner Mieterprotest in Wien

Bewohner eines Neuköllner Hauses besuchten ihren Vermieter

Den Bewohnern der Friedelstraße 54 droht eine energetische Sanierung mit exorbitanten Mietsteigerungen. Dagegen wehren sie sich sei Jahren. Am Wochenende zogen sie vor die Firmenzentrale in Wien.

»Wir sind hier. Wir sind laut, weil Ihr uns die Friedel klaut«, riefen die rund 200 Demonstranten, die am Samstagmittag vom Wiener Arbeiterstadtteil Favoriten ins Zentrum der österreichischen Hauptstadt zogen. Am Parkring in der noblen Wiener Innenstadt hielten sie eine Kundgebung vor der Zentrale der Immobilienfirma Citec ab.

Unter den Demonstranten befanden sich 60 Mieter und Unterstützer der Friedelstraße 54 in Neukölln. Nachdem die Citec das Haus vor mehr als 18 Monaten gekauft hatte, begannen die Konflikte mit den Mietern (nd berichtete). Die Citec plant eine energetische Modernisierung, was es ihr ermöglichen soll, die Mieten zu erhöhen. Viele der Bewohner befürchten, dass sie sich dann die Miete nicht mehr leisten können. Die solle schließlich um bis zu 200 Prozent steigen, hieß es. Obwohl das Gebäude bereits vollständig eingerüstet ist, konnte die Sanierung noch nicht beginnen, weil sich die Mieter wehren.

Die Idee, der Citec in Wien einen Besuch abzustatten, war entstanden, nachdem dem Stadtteilladen in der Friedelstraße 54 zum 30. April gekündigt wurde. Durch den Besuch soll der Druck auf die Firma erhöht werden, mit den Bewohnern des Hauses in Verhandlungen zu treten. Schließlich haben sie schon vor einigen Wochen ein konkretes Angebot vorgelegt. Sie wollen das Gebäude über den Verein Mietshäusersyndikat kaufen.

Am vergangenen Donnerstag hat Citec reagiert. Ein Mitarbeiter des Vorstands erklärte gegenüber dem Mietshäusersyndikat die Bereitschaft, über das Angebot zu verhandeln. Die Bewohner wurden aufgefordert, einen konkreten, mit Zahlen untermauerten Vorschlag zu unterbreiten. »Am vergangenen Freitag wollten wir das Angebot übergeben, waren damit allerdings nicht erfolgreich«, erklärte Matthias Sander vom Stadtteilladen in der Friedelstraße 54 gegenüber »nd«. »Der Portier des Gebäudes ließ uns wissen, dass die Citec mit unserem Besuch gerechnet habe und deswegen niemand im Büro anzutreffen sei«, so Sander.

Er findet die mangelnde Kooperationsbereitschaft auch deshalb bedauerlich, weil die Hausbewohner Informationen von der Citec benötigen, bevor sie dem Unternehmen ein durchgerechnetes Kaufangebot unterbreiten können. So ist ihnen noch immer nicht der Betrag bekannt, zu dem die Citec das Haus erworben hat. Zudem fordern die Bewohner als Zeichen des guten Willens die Rücknahme der Kündigung des Stadtteilladens.

Auch wenn es nicht zu ersten Verhandlungen gekommen ist, zieht Sander ein positives Fazit der Reise in die österreichische Hauptstadt. »Besonders hat uns die große Unterstützung lokaler Gruppen in Wien gefreut.« So waren in mehreren Stadtteilen Plakate und Parolen zu sehen, die sich mit der Friedelstraße solidarisierten. Die Leute konnten sehen, wie ernst es den Berlinern sei, nach über zwei Jahren den Konflikt endlich zu beenden.

Auch in Berlin wollen die Neuköllner weiter Druck machen für den Erhalt des Hauses. Dabei soll der Widerstand über die Friedelstraße hinaus ausgeweitet werden. Kürzlich beteiligten sich Mieter von sieben Berliner Häusern, die von der Citec gekauft wurden, an einem Vernetzungstreffen. Auch die dortigen Bewohner wurden mit Ankündigung zur energetischen Sanierung konfrontiert und befürchten, die Miete bald nicht mehr zahlen zu können. »Ob es bei dieser einen Reise bleibt, hängt jetzt ganz von der Citec ab«, sagte Sander.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1005896.berliner-mieterprotest-in-wien.html

Peter Nowak

Neuköllner Mieter/innen gehen auf die Straße

„Mieterhöhung – iss nicht“,    „Luxussanierung – nicht mit uns“. Diese Parolen waren am Samstagnachmittag im Stadtteil Neukölln zu hören. Es  waren ca. 500  Menschen auf der Straße.
Nicht nur  die DemoteilnehmerInnen  auch viele PassantInnen, die am Straßenrand standen, stimmten spontan mit ein. Aus den Fenstern der umliegenden Häuser wurde gewinkt.  Auf der Route  reihten sich auch einige AnwohnerInnen  in die Demonstration ein.  „Mit dem heutigen Tag ist die Winterpause der Berliner Mieterbewegung beendet“, erklärte eine Rednerin. Im letzten Jahr hatte vor allem die Kreuzberger Mieterinitiative „Kotti  und Co“. regelmäßig MieterInnendemonstrationen organisiert. Die letzte fand im Dezember letzten Jahres statt. Am Samstag meldeten sich nun die Berliner MieterInnen auf der Straße zurück. Die wird sie in den nächsten Auseinandersetzungen auch brauchen. MitarbeiterInnen  des migrationspolitischen Vereins Allmende e.V. berichteten, dass sich für den 27. März der Gerichtsvollzieher angekündigt hat.  Bis zu diesem Termin soll der Verein seine langjährigen Räume am Kottbuser Damm geräumt haben. Der Eigentümer hat den Verein gekündigt und ist vor Gericht bestätigt worden. Eine Sprecherin des Vereins erklärte, dass man die Räume nicht freiwillig verlassen wird und es auf eine Zwangsräumung ankommen lässt. Mittlerweile haben fast 70 Berliner Initiativen einen Aufruf unterschrieben, in dem sie Allmende unterstützen.

Umwandlung in Neukölln
Auch die MieterInnen  der Hobrechtstraße 40  in Neukölln fürchten, aus ihren Wohnungen vertrieben zu werden. Auf der Demonstration berichtete ein Mieter von Versuchen der Immobilienfirma Real Estate,  die bisherigen  Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Mittlerweile haben sie Kontakt zu MieterInnen in der Wildenbruchstraße 6 und der Weserstraße 59 aufgenommen, die den gleichen Hausbesitzer und die gleichen Probleme haben.  In der Neuköllner Friedelstraße wurden die DemonstrantInnen von zahlreichen Transparenten begrüßt, in denen gegen Luxusmodernisierung agiert und Solidarität mit der Friedelstraße 54 gefordert wird. Die MieterInnen des der Citec Immobilen AG  gehörenden Haus wehren sich gegen eine angekündigt energetische Sanierung, weil sie befürchten, hinterher die Miete nicht mehr bezahlen zu können. „In dem Haus wohnen Menschen mit einer niedrigen Rente oder geringen Einkommen. Wir wehren uns gemeinsam und lassen niemand alleine“, erklärte eine Mieterin. „Sicher nichts für schwache Nerven!“,  wird die Immobilie Friedelstraße 54 auf der Citec-Homepage  bei InteressentInnen   von Eigentumswohnungen  beworben. Die aktiven MieterInnen  könnten ihm nun eine  ganz neue Bedeutung geben. Ein Bewohner der Friedelstraße 54 ist trotz der recht akzeptablen Teilnehmerzahl und der Zustimmung im Stadtteil nicht ganz zufrieden.       „Der allergrößte Teil der TeilnehmerInnen wohnt in den Häusern, die  energetisch modernisiert oder in Eigentumswohnungen umgewandelt werden sollen“, erklärte er gegenüber dem MieterEcho. Es habe sich auch gezeigt, wie schwer es ist, Menschen zu erreichen, die nicht direkt von Vertreibung betroffen sind.

MieterEcho online 16.03.2015

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/mieterinnen-demo-neukoelln.html

Peter Nowak