Deprimierende Wahlresultate in Bayern und Hessen. Deutlicher Rechtsruck in beiden Bundesländern. Warum es noch bitterer ist, dass Linke keine echte Alternative bieten.

Wahlen in Bayern und Hessen: Politisches Beben durch AfD?

Doch was ist von einer möglichen neuen Partei um Wagenknecht zu erwarten? Auf der Abschlusskonferenz eines Kommunismus-Kongresses in Berlin erklärte Harry Grünberg, einer der Protagonisten dieser neuen Partei, offen, dass sie an die SPD unter Willy Brandt anknüpfen wolle. Da fragt man sich doch, ob das nicht eine Rechtsabspaltung der heutigen Linkspartei wäre. Man erinnert sich, dass Willy Brandt für die Berufsverbote stand und es damals eine große linke Bewegung gegen Brandt gab.

Nach jeder Landtagswahl hört man auf allen Kanälen das übliche Politikergeschwätz. Die Vertreter der siegreichen Parteien strotzen vor Kraft und die Verlierer reden von Kurs halten, nach vorn schauen. So auch am Montag nach der Wahl in der Sendung „Kontrovers“. Bemerkenswert war, dass der Sender neben zwei Vertretern von SPD und CSU auch eine den Grünen nahestehende Wissenschaftlerin eingeladen hatte, die in jedem zweiten Satz vor dem Rechtspopulismus warnte. Bestätigt wurde sie durch ….

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Schlappe beim Berliner Volksentscheid, Ausverkauf im Koalitionsausschuss: Für die Aktiven gibt es wenig Anlass zur Hoffnung – außer vielleicht in der Kooperation mit Gewerkschaften.

Niederlagen und Chancen: Wird es eng für die Klimabewegung?

Auf der Veranstaltung am Wochenende kam auch die staatliche Repression gegen die Klimabewegung zur Sprache. Dass es sich dabei eben nicht nur um Präventivhaft für Mitglieder der Klimagruppe "Letzte Generation" handelt, zeigt der Bericht einer jungen Friday-for-Future-Aktivistin aus Bayern. Sie hatte mehrere der Proteste der Gruppe in ihrer Stadt mit organisiert. Eines Morgens erschien die Polizei zur Durchsuchung im Haus ihrer Eltern, in dem auch die 17-Jährige selbst noch wohnt. Der Grund war ein Schriftzug mit klimapolitischen Forderungen, der in der Stadt angebracht worden war. Die junge Frau bekundete, damit gar nichts zu tun zu haben. Sie sei lediglich ins Visier der Polizei geraten, weil sie eben als Klimaaktivistin polizeibekannt war.


Bei der Klimabewegung herrscht Katerstimmung. Erst scheiterte in der Hauptstadt der Volksentscheid Berlin 2030 Klimaneutral mangels ausreichender Beteiligung – dass mit knapper Mehrheit Ja-Stimmen abgegeben wurden, zählte somit nicht. Das ist für die Aktivisten besonders schmerzlich, weil sie in der Werbung vorher die Abstimmung fast zur Frage, ob die Menschheit noch gerettet werden kann, hochgejazzt hatten. Dann setzten sich im Koalitionsausschuss der Ampel-Regierung auf Bundesebene die Wirtschaftsinteressen gegen „zu viel“ Klimaschutz durch. Eigentlich nicht überraschend in einer kapitalistischen Gesellschaft. Doch große Teile der jungen Klimabewegung, die bisher der Meinung waren, …

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Auch die außerparlamentarische Kampagnenplattform Campact unterstützt Kriegskurs. Warnung vor "Aufstand für Frieden". Doch die linken Lobbyisten übersehen wichtige Punkte.

Ist Angst vor einem Weltkrieg schon Putin-Propaganda?

Zudem fällt auf, dass in den deutschen Leitmedien niemand forderte, dass die Justiz gegen Biden Ermittlungen wegen des Anschlags auf die Nord-Stream-Pipelines vom 26. September aufnimmt. Wäre es nicht eigentlich eine gute Bestätigung für eine Bewegungsstiftung wie Campact, hier die Forderungen nach Ermittlungen zu erheben, statt eine Plattform für nationalistische Kriegszielforderungen zu bieten?

Zum 1. Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine läuft die bellizistische Fraktion hierzulande wieder zur Hochform auf. Trotz tausender Toter auf beiden Seiten gibt es noch immer Kreise, die schon Forderungen nach Waffenstillstand und Verhandlungen fast als Landesverrat betrachten, auch wenn sie selbst bestreiten würden, dass Deutschland Kriegspartei ist. Die Bewegungsplattform Campact ist an vorderster Front dabei. Das muss auf den ersten Blick verwundern. Schließlich wurde Campact einmal zur Koordinierung außerparlamentarischer Proteste gegründet. Doch eine Aktion gegen Aufrüstung, gegen die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft und der Außenpolitik wird man aktuell bei Campact vergeblich suchen. Stattdessen wurde am Dienstag in einer Massenmail von Campact …

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Die regionale Vervierfachung der Inzidenzen zum Ende des Oktoberfests wird erstaunlich gelassen aufgenommen. Deutsche Gerichte erklären im Nachhinein Covid-19-Maßnahmen für rechtswidrig. Das bedeutet nicht zwangsläufig, das Virus nicht mehr ernst zu nehmen.

Corona 2022: Wird die Debatte rationaler?

Das bedeutet aber auch, dass die Erzählung über die Krankheit sich ändert. Die Covid-19-Erkrankungen werden in etwa so behandelt, wie die Grippefälle der letzten Jahre. Sie wurden nicht ignoriert. Es wurde auch dazu aufgerufen, dass sich vulnerable Gruppen schützen. Aber es wurde nicht die gesamte Gesellschaft unter Quarantäne gestellt.

„Oktoberfest endet – Vervierfachung der Corona-Insidenz. Sogar die Zahl der belegten Betten in Münchner Krankenhäusern steigt. Diese Meldungen hätte vor einigen Monaten noch zu einer großen medialen Debatte geführt. Den Organisatoren des Bier-Events in der bayerischen Landeshauptstadt wäre vorgeworfen worden, die Gesundheit vieler Menschen zu gefährden und möglicherweise auch für deren Tod verantwortlich zu sein. Selbst die Kritik des Gesundheitsministers Karl Lauterbach war aber in diesem Fall sehr moderat: …

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Die Forderungen sind bemerkenswert für eine Organisation, die einmal aus der sozialen Bewegung entstanden ist. Kommentar

Campact für harten Lockdown

Unter der Frage "Was ist mit einem 'harten Lockdown' gemeint?" wird ein wahrer autoritärer Horrorkatalog präsentiert ("Die Maßnahmen wären sehr hart für uns alle"). Neben den nächtlichen Ausgangssperren wird dort für ein Verbot privater Feiern und Urlaubsreisen votiert. Größere Menschenansammlungen sollen untersagt und eine Maskenpflicht in Innenräumen auferlegt werden.

„Die Corona-Pandemie gerät außer Kontrolle. Fordern Sie einen harten Lockdown, um die dritte Welle zu brechen.“ In diesem alarmistischen Ton ist ein Eil-Appell des Kampagnennetzwerks Campact verfasst. „Die halbherzige Politik der letzten Monate hat versagt und die dritte Welle erst ermöglicht. Jetzt braucht es einen klaren Einschnitt, damit wir das Virus unter Kontrolle bekommen.“ Neben verbindlichen Homeoffice-Regelungen und Testpflicht in den Betrieben werden eher unverbindlich „schnelle Hilfen“ für die vom Lockdown-Betroffenen gefordert. Konkret wird man hingegen, wenn es um die Verbote geht. So fordert der Aufruf eine …

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»Vermittelbare Aktionsformen«


Die Umweltschützerin Hanna Poddig hat in einem offenen Brief die Verdener Kampagnenorganisation Campact für deren Einschätzung zum G20-Gipfel in Hamburg heftig kritisiert. Die Jungle World hat mit Felix Kolb, einem der beiden Vorsitzenden von Campact e. V., über gewaltfreie Aktionen und Militanz gesprochen.


Im Campact-Newsletter nach dem G20-Gipfel wurde die Frage gestellt, ob es angesichts der heftigen Gewalt noch richtig sei, Politik und Polizei dafür zu rügen, dass sie bereits vor den Demonstrationen das Versammlungsrecht stark einschränkten. Ist Campact für Einschränkungen des Demonstrationsrechts?

Natürlich sind wir gegen die Einschränkungen des Demonstrationsrechts. Das Versammlungsrecht ist einer der Grundpfeiler einer ­lebendigen und streitbaren Demokratie. In Hamburg wurde es massiv verletzt – etwa mit einer 38 Quadratkilometer großen Demo­verbotszone, der Untersagung der Camps und unverhältnismäßigen Polizeieinsätzen. Die Politik der G20-Staaten bietet jede Menge Gründe für Kritik – und diese Kritik darf in einem Rechtsstaat nicht ausgesperrt werden. Aber der Protest muss friedlich bleiben. Wie sehr militante Aktionsformen unserem Anliegen schaden, das haben die Tage in Hamburg noch einmal gezeigt.

Warum hat sich Campact überhaupt von Aktionen distanziert, mit denen der Verein nichts zu tun hatte?
Wir haben bewusst eine Demonstration in einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis vor dem Gipfel organisiert, um Öffentlichkeit und Medien mit unserer Kritik an der Politik der G20 zu erreichen. Wir befürchteten, dass dies während der Gipfeltage nicht gelingen würde. Nach Hamburg ist es jetzt wichtig, eine Debatte über legitime und vermittelbare Aktionsformen zu führen und ­inhaltlich Position zu beziehen. Denn der politische Schaden, den die Militanz anrichtete, betrifft auch unsere Arbeit negativ.

Von Campact hieß es, in einer parlamentarischen Demokratie gebe es keine sinnvolle Militanz. Was ist mit der Gewalt des Staates?
Das Gewaltmonopol des Staates ist und bleibt ein riesiger zivilisatorischer Fortschritt. Aber natürlich braucht dieses Gewaltmonopol Kontrolle, denn es wird gelegentlich missbraucht. Das ist während der G20-Tage wiederholt vorgekommen, wie viele Berichte über brutale Übergriffe durch Polizisten dokumentiert haben. Es ist gut und richtig, dass Ermittlungsverfahren gegen tatverdächtige Polizeibeamte eröffnet wurden.

Hanna Poddig erinnert in ihrem offenen Brief daran, dass Campact beispielsweise das Zerstören von genmanipulierten Pflanzen unterstützt hat. Distanziert sich Campact nun von der eigenen Bewegungsgeschichte?
Wir haben uns an keiner Stelle von Idee und Praxis des zivilen Ungehorsams distanziert, wie sie der politische Philosoph John Rawls skizziert hat. Für Rawls basiert ziviler Ungehorsam auf der Prämisse, dass eine Gesellschaft zunächst grundsätzlich gerecht und demokratisch strukturiert ist. Wenn trotzdem staatliche Verfahren zu illegitimen Entscheidungen führen, dann kann es moralisch richtig sein, Gesetze bewusst und öffentlich zu brechen. Ein Kernprinzip ist, dass ich mich dabei gewaltfrei verhalte und zu meinem Ungehorsam stehe. Nicht jede Aktion, die für sich das Label ziviler Ungehorsam reklamiert, steht in dieser demokratischen Tradition. Wenn sich aber in diesem Sinne Tausende auf Castor-Gleise setzen oder Kohlebagger blockieren, ist das legitim und wichtig.

Ist Militanz nicht für die Durchsetzung der Anliegen von Campact von Vorteil, weil man darauf verweisen kann, was passiert, wenn die Reformvorschläge nicht umgesetzt werden?
Die in dieser Frage implizierte Strategie halte ich für völlig falsch. Militanz in einem demokratischen Staat ist in meinen Augen nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch politisch äußerst schädlich für alle progressiven Anliegen. Zunächst verdrängt Militanz die Inhalte aus der öffentlichen Debatte. Sie verschreckt das bürgerliche Milieu, das für die Realisierung progressiver Forderungen unerlässlich ist. Sie lädt die Hardliner dazu ein, weitere Gesetzesverschärfungen zu fordern, und zwingt damit die progressive Bewegung in einen Verteidigungskampf um das Demonstrationsrecht.

https://jungle.world/artikel/2017/31/vermittelbare-aktionsformen
Interview: Peter Nowak