Braunes Gedenken in Berlin geplant

Am dreißigsten Todestag von Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß wollen in- und ausländische Neonazis vor dem ehemaligen Kriegsverbrechergefängnis in Berlin-Spandau aufmarschieren. Dort war Heß bis zu seinem Selbstmord im Jahr 1987 inhaftiert.

Anmelder der geplanten Demonstration soll der ehemalige Kader des „Aktionsbündnisses Mittelrhein“ (ABM), Christian Häger, sein. Zahlreiche Personen aus dem Umfeld dieser Kameradschaft mussten sich seit 2012 vor dem Landgericht Koblenz unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung und verfassungswidrigen Bestrebungen verantworten. Seit Mai 2017 ist das Verfahren auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Beobachter der braunen Szene gehen davon aus, dass das ABM mit dem geplanten Aufmarsch in der zersplitterten Kameradschaftsszene wieder an Einfluss gewinnen will. Der Todestag von Heß bietet dafür einen guten Anlass, da der Hitler-Stellvertreter für die unterschiedlichen Spektren der extremen Rechten ein Identifikationspunkt ist.

Durch seine lange Inhaftierung genießt Heß der rechten Szene einen Märtyrerstatus. Verschwörungstheorien über seine angebliche Ermordung durch den britischen Geheimdienst sind weit verbreitet. Sie sind auch in dem Aufruf für den diesjährigen Aufmarsch zu finden, in dem von „mysteriösen Todesumständen“ und „Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Selbstmordthese“ die Rede ist. Das Motto der Demonstration lautet: „Mord verjährt nicht! Gebt die Akten frei – Recht statt Rache“.


Werbung für den Aufmarsch in 13 Sprachen

Von 1988 bis 2004 waren Neonazi-Gedenkmärsche für Heß in Wunsiedel beziehungsweise in anderen Städten ein wichtiger Termin der Szene aus ganz Europa. Zivilgesellschaftliche Gegenmobilisierungen, das endgültige Verbot im Jahr 2005 und die Einebnung des Heß-Grabs im Jahr 2011 beendeten das braune Gedenken im Fichtelgebirge. Nun versuchen Neonazis, daran in Berlin wieder anzuknüpfen. Mittlerweile wird auf einer eigenen Homepage für den Aufmarsch in 13 Sprachen geworben. Obwohl bisher 500 Teilnehmer für die Demonstration am 19. August angemeldet sind, geht die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) von einer höheren Zahl aus.

Die MBR verweist in ihrer Einschätzung darauf, dass Gliederungen der NPD und ihrer Parteijugend sowie „Die Rechte“, diverse Kameradschaften und „Autonome Nationalisten“, die sich dem „Antikapitalistischen Kollektiv“ (AKK) zurechnen, für den Aufmarsch mobilisieren. Auch rechtsextreme Bands, Liedermacher und Akteure der Szene würden dafür werben.

aus: Blick nach Rechts
https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/braunes-gedenken-in-berlin-geplant
Peter Nowak

Linke Gegner im Visier

Auch rund 20 Neonazis randalierten am Samstag im Hamburger Szeneviertel St. Pauli.

Am Wochenende waren in Hamburg auch Neonazis aktiv. Unter dem Motto „Unsere Heimat wieder unter Kontrolle bringen“ hatten die „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) zu einer gemeinsamen Zugfahrt von Hannover nach Hamburg aufgerufen. Damit reagierten sie auf die Berichte über die G20-Proteste in Hamburg.

Die HoGesa ist für ihre hohe Gewaltbereitschaft bekannt, nachdem es bei einem Aufmarsch in Köln im Oktober 2014 zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war. Die Polizei kontrollierte in Hannover 25 Personen, die sich am angegebenen Treffpunkt am Raschplatz in der Nähe des Hauptbahnhofs eingefunden hatten. Vier Personen mit Kontakten in die rechte Szene wurden nach Angaben der „Hannoverschen Allgemeinen“ (HAZ) festgenommen. Sie sollen Fahrkarten nach Hamburg und verdächtige Gegenstände bei sich gehabt haben. Keiner der Hooligans konnte die Fahrt von Hannover nach Hamburg antreten. Unter den kontrollierten Personen waren nach Angaben von Beobachtern der rechten Szene des Antifaschistischen Nachrichtenportals Niedersachsen Neonazis aus dem Umfeld des „Nationalen Widerstand Niedersachsen Ost“, der in Salzgitter aktiv ist.

Linke Kneipen und Treffpunkte angegriffen

In anderen Städten wurde der Abfahrtsort von HoGeSa wohl nicht so offen verbreitet. Am späten Samstagabend versammelten sich rund 20 Neonazis im Hamburger Szeneviertel St. Pauli. Sie griffen linke Kneipen und Treffpunkte mit Flaschen an, wurden aber schnell von Passanten verjagt, die sich auf der Straße aufhielten. Die Polizei nahm mehrere Rechte fest, die die Nacht in der Polizeisammelstelle in Hamburg-Harburg verbringen mussten, ehe sie im Laufe des Sonntags wieder freigelassen wurden.

Auch rund 20 Neonazis randalierten am Samstag im Hamburger Szeneviertel St. Pauli.
Während die HoGeSa-Mobilisierung das Ziel hatte, linke G20-Gegner anzugreifen, ist von einer rechten Beteiligung an den G20-Protesten nichts bekannt. Der Hamburger NPD-Landesverband hatte im Vorfeld angekündigt, mit einen eigenen Block mit NPD- und Deutschlandfahnen bei den Protesten „die nötige nationale Grundeinstellung zu vermitteln“. Auch das neonazistische „Antikapitalistische Kollektiv“ hatte im Internet zur Beteiligung an den G20-Protesten aufgerufen, ohne dass sie wahrgenommen wurden.

Die rechtspopulistische Kleinstpartei „pro Deutschland“ hat ihre im Februar 2017 großspurig angekündigte Pro-Trump-Demonstration in Hamburg während des G20-Gipfels offiziell mit der Begründung abgesagt, der US-Präsident habe in rechten Kreisen durch die Bombardierung Syriens an Sympathie verloren. Beobachter hielten die Demoankündigung von Anfang an für eine PR-Aktion der kaum noch relevanten Rechtspartei.

aus Blick nach Rechts: > 10.07.2017

https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/linke-gegner-im-visier
Peter Nowak