Kohle und Demokratie

Die weitere Ausbeutung der Braunkohlevorkommen in der Lausitz, in Mitteldeutschland und am Niederrhein ist heftig umstritten. Während die Landesregierungen und die Energiekonzerne gern den Untergang der Wirtschaft heraufbeschwören, falls nicht weitere Tagebaue eröffnet werden, kritisieren Klima- und Landschaftsverbände die Klima- und Landschaftsschäden durch Kohleabbau und Verbrennung.

Eine Woche lang wollen Umweltaktivisten aus Deutschland und  westeuropäischen Ländern in Manheim bei Köln mit einem Camp am Rande des größten Braunkohleabbaugebiets  Europas gegen die Kohleverstromung protestieren. Doch trotz Demonstrationsrecht  müssen sich die Aktivisten mit massiven Schikanen der Ordnungshüter auseinandersetzen. Die nämlich hatten den Aufbau von   Schlaf- und Essenszelte mit der Begründung untersagt, dass diese für eine politische Meinungskundgebung nicht notwendig seien.  Dabei hat das Umweltbündnis auch in den letzten beiden Jahren auf der gleichen Wiese ihr Camp veranstaltet, ohne dass es Probleme gab. Die behördlichen Schikanen haben zur Solidarisierung beigetragen. Eine Solidaritätskundgebung vor den Kölner Hauptbahnhof  und ein Aufruf der globalisierungskritischen Organisation Attac zur Beteiligung am Camp zeigte Wirkung.   Mittlerweile dürfen die Umweltaktivisten ihre  Essens- und Schlafzelte aufbauen.      Die schnelle  Solidarisierung gegen die Schikanen via Ordnungsrecht  dürfte auch eine Folge der Einkesselung der Abschlussdemonstration der Blockupy-Aktionstage im  Juni in Frankfurt/Main gewesen sein.     Die  Vorgänge um das Klimacamp von Manheim zeigen deutlich, dass Großprojekte bei der Kohle wie schon die Atomkraftwerke nicht nur Probleme für die Umwelt sondern auch für die Demokratie mit sich bringen.  Zuvor gab es bereits behördliche Hindernisse für ein Protestcamp in  der Lausitz beim Kohlekraftwerk Jänschwalde.   Dort wollte es sich offenbar niemand mit  dem Vattenfall-Konzern verscherzen, der Hauptsponsor   für   Schulen und Bibliotheken in der Region ist.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/831284.kohle-und-demokratie.html

Peter Nowak

Ponyreiten gegen den Großkonzern

Gegner des Braunkohletagebaus in Brandenburg versuchen, um öffentliche Unterstützung für ihr Anliegen zu werben. Doch auch die Verantwortlichen von Vattenfall wissen, wie man die Bevölkerung für sich gewinnt.

»Kein Land mehr für Kohle« – unter diesem Motto trafen sich Interessierte am vergangenen Wochenende zum dritten »Energie- und Klimacamp« in der Lausitz in Brandenburg. Eine Woche lang soll gegen den Braunkohletagebau protestiert werden. Das erste Camp dieser Art fand 2011 in Jänschwalde, das zweite 2012 in Cottbus statt.

Die Veranstalter legen großen Wert darauf, die Bewohner der Region für ihre Ziele zu gewinnen. »Vorträge, Zuckerwatte und Ponyreiten gegen den Klimawandel« lautet der Titel einer Pressemitteilung des Lausitzer Camps, die über das familienfreundliche Programm informieren soll. Auch Gottesdienste werden angeboten. Schließlich spielt die Kirche eine große Rolle beim Widerstand gegen die Verdrängung weiterer Lausitzer Dörfer zum Zwecke der Kohleförderung.

Weil der Konzern Vattenfall in dem neuen ­Tagebaufeld Welzow Süd II Braunkohle abbauen will, sollen einem Entwurf des Förderungsplans zufolge über 800 Menschen aus Welzow und Umgebung ihre Häuser verlassen. Im jüngsten Beteiligungsverfahren für den Braunkohleförderplan gab es knapp 5 000 Einwendungen. Sie betreffen Verfahrensfehler ebenso wie die möglichen Folgen der Kohleförderung für das Klima. Auch die Umsiedlungen sind in den betroffenen Regionen eine Quelle des Unmuts.

Doch ein größerer Widerstand ist nicht zu erwarten. Die Bevölkerung in der Region ist seit Jahrzehnten mit den Folgen des Kohleabbaus und der Stromerzeugung aus Kohle konfrontiert. Nach Angaben der Veranstalter des Klimacamps mussten in den vergangenen 80 Jahren 136 Dörfer und Ortsteile dem Braunkohletagebau weichen, mehr als 30 000 Menschen wurden um­gesiedelt.

Manche Bewohner haben sich mit dem unfreiwilligen Umzug abgefunden. Denn Vattenfall hat ihnen mehr zu bieten als Zuckerwatte und Pony­reiten. Der schwedische Konzern gehört mittlerweile zu den größten Sponsoren in der Lausitz, einer Region, in der in den vergangenen beiden Jahrzehnten ein großer Teil der sozialen Infrastruktur der Sparpolitik zum Opfer gefallen ist. Dort, wo sich die Politik zurückgezogen hat, füllt Vattenfall mit seinem Sponsoring die Lücken und verschafft sich so Sympathien in der Region.

So hat die von Vattenfall im Jahr 2004 gegründete Stiftung Lausitzer Braunkohle, deren Vermögen sich nach eigenen Angaben auf 5,3 Millionen Euro beläuft, im September sieben Stipendien an Studenten aus Sachsen vergeben. »Jungen Menschen verbesserte Perspektiven und Entwicklungschancen zu eröffnen«, nennt die Stiftung als ihr Ziel. Unter dem Motto »Stark für die Lausitz« hat sie bereits zum vierten Mal einen Förderpreis für Projekte im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit in der brandenburgischen und sächsischen Lausitz ausgelobt. Die Fördersumme beträgt insgesamt 17 500 Euro und wird auf drei Preisträger aufgeteilt – angesichts der dürftigen staatlichen Zuschüsse eine erhebliche Unterstützung für die Gewinner. Auch mit dem Olympiastandort Brandenburg hat die Stiftung im Mai einen neuen Vertrag zur Sportförderung abgeschlossen. Besonders eng sind die Verbindungen von Vattenfall zur Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU). So stellte der Konzern der BTU nach Angaben der Taz allein im Jahr 2011 mehr als 800 000 Euro an Drittmitteln zur Verfügung.

Die große Spendebereitschaft zahlt sich offenbar aus. Der Verein »Pro Lausitzer Braunkohle« sammelt unter dem Motto »Meine Stimme fürs Revier« seit Wochen Unterschriften für den weiteren Abbau. »Braunkohle ist der wirtschaftliche und industrielle Motor der Region«, führt er unter anderem als Argument an. Sein Vereinslogo ziert mittlerweile zwei Waggons des Vattenfall-Eisenbahnbetriebs. Ob die Teilnehmer und Veranstalter des Camps bei der Bevölkerung mit umweltpolitischen Argumenten Gehör finden werden, ist daher fraglich.

http://jungle-world.com/artikel/2013/29/48100.html

Peter Nowak

Gegen den konventionellen Strom

Strassentheter und Demo

Am Mittwoch soll der Energieriese Vattenfall im Rahmen der „Reclaim Power Tour“ gestürzt werden. Die Performance, bei der eine den Konzern symbolisierende Figur zu Boden geht, soll auf einer Demonstration vom Oranienplatz zum Görlitzer Park stattfinden. Start der Demonstration ist um 17.30 Uhr. Im Görlitzer Park soll dann mit einer Party der „Aktionstag für ein ganz anderes Energiesystem“ ausklingen, der von UmweltaktivistInnen vorbereitet wird.

„Für uns ist es wichtig, dass die ökologische Frage mit sozialen Themen verbunden wird“, betont die Mitarbeiterin des Berliner Energietischs, Regina Aulenbach, gegenüber der taz. Strom zu bezahlbaren Preisen und die Entscheidungsgewalt über den Strommix aus erneuerbaren Energien statt aus Kohle und Atom sind die zentralen Forderungen der Initiative, die für die Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes eintritt. Sie ist ebenso an der Ausgestaltung des Aktionstages beteiligt wie die Gruppe Gegenstrom und die „Reclaim the Power“-AktivistInnen, die auf ihrer Fahrradtour vom gerade beendeten Anti-Kohle-Camps in der Lausitz zum nächsten Camp am Niederrhein am Mittwoch in Berlin haltmachen.

Bereits um 12 Uhr soll mit Straßentheater am Hermannplatz auf die unterschiedlichen Aspekte von Energiearmut aufmerksam gemacht werden. Viele Anwohner könnten direkt betroffen sein – wegen offener Rechnungen werden BerlinerInnen immer wieder Strom und Gas abgestellt. Um 17 Uhr soll dann im Flüchtlingscamp am Oranienplatz die internationale Dimension der Energiearmut angesprochen werden. Schließlich kommen viele der CampbewohnerInnen aus Ländern, wo ein Großteil der Bevölkerung nur stundenweise Strom beziehen kann.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F07%2F23%2Fa0134&cHash=db72991b226eabf4cac0475ba8193afc

Peter Nowak

Energieland ist überall

Ein Film durchkreuzt die Greenwashing-Strategie des Vattenfall-Konzerns
Für viele Brandenburger ist es eine frohe Botschaft. Der Energieversorger Vattenfall begräbt seine Pläne für die unterirdische CO2-Speicherung (CCS) in dem Bundesland. Eine Pilotanlage in Jänschwalde wird nicht gebaut. Der Auseinandersetzung um CCS widmet sich der erstmals auf der DOK Leipzig gezeigte Film »Energieland«.

Über ein Jahr lang hat die Filmemacherin Johanna Ickert und ihr Team Vattenfall-Mitarbeiter, Politiker und Aktivisten der Protestbewegung begleitet. Treffen der Bürgerinitiativen und die Organisierung von Demonstrationen wechseln im Film mit Vattenfall-Mitarbeiterkonferenzen, Informations-Veranstaltungen, Medienstammtischen und PR-Kampagnen für die Speichertechnik. Es sind die alltäglichen Auseinandersetzungen und Episoden, die Ickert in den Mittelpunkt ihres Films stellt.
Für die Regiestudentin der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ geht es dabei um die zentralen Fragen, welchen Stellenwert Demokratie und Bürgerbeteiligung bei der Gestaltung der Energiewende haben. Dabei thematisiert sie erfreulicherweise auch die Produktionsbedingungen des Film. Der Anstoß kam ironischerweise vom Vattenfall-Konzern.. Er trat an die Hochschule Konrad Wolf mit der Anfrage heran, ob die Studierenden Interesse an der Produktion eines Imagefilms zur Problematik der C02-Speicherung hätten. Damit hoffte das Unternehmen die Akzeptanzprobleme zu überwinden, mit denen es in der Brandenburger Region zu kämpfen hat. Für Ickert, die keinen Hehl aus ihrer kritischen Haltung gegenüber Vattenfall und der C02-Speicherung.macht, war dieser Vorstoß eine besondere Herausforderung.
„Mich interessierte der Kooperationsvorschlag Vattenfalls insbesondere in Hinblick auf die Greenwashing-Strategien dieses Konzerns in Zeiten eines berechtigterweise erhöhten Image- und Glaubwürdigkeitsproblems“, erklärt die Filmemacherin gegenüber nd Sie unterbreitete den Konzern einen Vorschlag, auf dessen Grundlage der Film schließlich produziert wurde. „Wir schlugen Vattenfall vor, einen Dokumentarfilm zu realisieren, der beide Seiten gleichermaßen portraitiert und frei von Einflüssen des Konzerns entsteht“. Grundvoraussetzung für das Filmprojekt sei gewesen. dass es keinerlei Form der Zensur oder der Vorabnahme gibt. Nur auf dieser Basis sei des für das Filmteam möglich gewesen, mit den Kritikern von Vattenfall in Kontakt zu treten. Umgekehrt hätte die Crew aber auch nie eine Vertrauensbasis mit den Vattenfall-Mitarbeitern herstellen können, wenn es die Vereinbarung mit dem Unternehmen nicht gegeben hätte. .
Damit macht das Filmteam auch deutlich, dass es durchaus möglich ist, Greenwashing-Strategien der Konzerne zu durchkreuzen und setzt Maßstäbe für eine sozialkritische Medienarbeit. Der Film ist weiterhin aktuell, auch wenn in Brandenburg zunächst die CO2-Speicherung ausgesetzt ist. Mittlerweile gibt es Bemühungen, die hier nicht durchsetzbare Technologie in Länder des globalen Südens zu exportieren. Verträge mit verschiedenen afrikanischen Ländern sind im Gespräch. Wenn im Film aus dem Off das Quietschen der Kohle-Förderbänder von Jänschwalde mit Bilder eines nachts taghell erleuchteten Berlin zu sehen sind, sollte auch mitbedacht werden, dass demnächst in der Sahara und anderen Regionen für die Energie der ersten Welt gesorgt wird. Vielleicht gibt es Gelegenheit darüber zu diskutieren, wenn der Film demnächst auf Brandenburg-Tour geht.Start ist am 12.1. im Filmmuseum Potsdam.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/213085.energieland-ist-ueberall.html
Peter Nowak

Energieland, Regie Johanna Ickert, Deutschland 2011, 78 Minuten

Erneuerbare Preistreiber?

Für die Stromverbraucher beginnt das neue Jahr mit schlechten Nachrichten. Mit EnBW, RWE und Vattenfall haben gleich drei führende Energieversorger für 2011 Erhöhungen der Strompreise um bis zu zehn Prozent angekündigt. Dabei sind seit der Liberalisierung der Energiemärkte in der EU im Jahre 1998 die Strompreise in Deutschland bereits um ca. 40 Prozent gestiegen. Fast jedes Jahr fanden die Konzerne einen Anlass, an der Preisschraube zu drehen.

 Die besonders drastischen Erhöhungen im kommenden Jahr werden von der Stromwirtschaft mit dem unerwartet großen Zuwachs der erneuerbaren Energien begründet. Das einst von Rot-Grün auf den Weg gebrachte Gesetz für die Erneuerbaren Energien (EEG) regelt, dass dieser Strom zu einem bestimmten Preis von den Energiekonzernen abgenommen und ins Netz eingespeist werden muss. Damit sollten umweltfreundliche Energien subventioniert werden.

Gegen das EEG sind die Energiewirtschaft und die ihnen nahestehenden Politiker von Anfang an Sturm gelaufen. Dabei wird in der Diskussion gern unterschlagen, dass Subventionen für aus Kohle, Erdöl oder Atomkraft erzeugten Strom viel höher sind, als die Förderung der Erneuerbaren. Und diese Kosten werden auf den Stromrechnungen der Kunden nicht ausgewiesen.

Wie bei der Ökosteuer ist auch bei der Subventionierung der Erneuerbaren deren soziale Blindheit zu kritisieren. Sozialtarife für Menschen mit niedrigen Einkommen könnten verhindern, dass wieder einmal der Umweltschutz gegen soziale Belange ausgespielt wird.

Das Mitglied des Landesvorstands der Linken in Nordrhein-Westfalen, Thies Gleiss, schlägt als praktikables Modell ein kostengünstiges Stromkontingent für alle Verbraucher vor. Jede weitere Nutzung würde dann schnell teurer werden. Mit solchen Forderungen sollte sich auch die Umweltbewegung stärker befassen. Sonst könnte es passieren, dass die Erneuerbaren statt den Energiekonzernen als Preistreiber hingestellt werden und die Lobby der schmutzigen Energien davon profitiert.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/184655.erneuerbare-preistreiber.html

Peter Nowak