Der CDU-Politiker Tauber sieht in einem Bündnis mit der AfD einen Verrat am Erbe Kohls und Adenauers
Noch ist die Alternative für Deutschland in keinem Landesparlament in Deutschland vertreten, und schon geht der Streit darüber los, wie mit der Partie umgegangen werden soll. Besonders heftig wird die Auseinandersetzung in der Union geführt. Der Vorsitzende der Unionsfraktion Kauder will Diskussionsveranstaltungen mit AfD-Vertretern meiden [1].
Der sächsische Unionspolitiker Steffen Flath will davon nichts wissen. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk [2] erinnerte er daran, dass die Zusammensetzung einer Talkshow von den Sendern entschieden würde. In Sachsen zumindest habe es bereits Diskussionen von Vertretern der CDU und der AfD gegeben. Zudem will Flath die Wähler der neuen Partei gewinnen und dieses Unterfangen ist durch Diskussionsverweigerung nicht zu erreichen.
Flath hat sogar ein gewisses Verständnis für diejenigen, die bei der Europawahl die AfD gewählt haben. Diese gelte es nun bei der sächsischen Landtagswahl davon zu überzeugen, dass es in dem Bundesland für eine Wahl der rechten Protestpartei keinen Grund gibt. Damit will Flath wohl sagen, dass die CDU in Sachsen genau gegen die angebliche Sozialdemokratisierung der Union kämpft, die manchen AfD-Wähler bei seiner Stimmabgabe leitet.
Bedeckt hält sich Flath bei der Frage, wie sich die Union verhalten soll, wenn die AfD doch eine Fraktion im nächsten sächsischen Parlament bilden sollte, die FDP dafür aus dem Landtag fliegt und die Union keine eigene Mehrheit hat. Bei der Alternative Bündnis mit der SPD oder der AfD dürfte es in Sachsen noch viel Streit geben. Zuvor soll aber die Debatte erst einmal wieder beendet [3] werden.
Schließlich hat sich auch herausgestellt, dass sich zumindest ein Mitglied des CDU-Vorstands ein Bündnis mit der AfD vorstellen kann: Erika Steinbach vom rechten Flügel der Union sieht die neue Partei als Kontrahenten und möglichen Partner. Es ist nun nicht überraschend, dass sich Steinbach, die in der letzten Zeit an Einfluss in der Union verloren hat und den von Merkel verfügten Modernisierungskurs der Partei ablehnt, für ein solches Bündnis ausspricht. Steinbach wird schon manchmal nachgesagt, selber eine politische Heimat rechts von der Union zu suchen.
Ist ein Bündnis mit der AfD ein Verrat am Erbe Adenauers?
Erstaunlicher ist schon, dass der CDU-Politiker Tauber in einem Bündnis mit der AfD einen Verrat am Erbe Kohls und Adenauers sieht. Schließlich hat Adenauer nicht nur eine Menge Alt- und Postnazis in seinen Regierungsapparat integriert. Er koalierte mit gleich zwei Parteien rechts von der Union, mit dem Bund der Vertriebenen und Entrechteten [4] und der Deutschen Partei [5].
Allerdings waren die Rechten in Zeiten des Kalten Krieges in der Regel prowestlich. Diese Positionierung hat sich längst geändert, seit Deutschland wieder an Einfluss gewonnen hat. Die Positionierung fast sämtlicher Parteien rechts von der Union im aktuellen Ukrainekonflikt auf Seiten Putins macht deutlich, dass die Rechten ihre prowestliche Position heute aufgeben haben.
Der frühe Streit um die Rolle des AfD ist vielleicht erstaunlich. Schließlich könnten die Kontrahenten warten, ob sich die Partei überhaupt in einem Landesparlament durchsetzt. Doch dass es die Auseinandersetzung gibt, ist Teil der üblichen Auseinandersetzung im parlamentarischen System, wenn sich eine neue politische Kraft zeigt.
Da gibt es diejenigen, die diese möglichst schnell überflüssig machen wollen. Sie werden natürlich betonen, dass ihre Partei diese Forderungen mit vertritt und es daher keinen Grund für die neue Partei gibt. Sie werden aber auch alles vermeiden, was diese Partei aufwertet. Mögliche Regierungsbündnisse aber tragen zu einer solchen Aufwertung bei.
Deswegen haben auch alle Parteien die Grünen solange für völlig regierungsunfähig erklärt, bis sich rausstellte, dass diese Partei so nicht aus den Parlamenten zu halten ist. Dann begannen die Differenzierung und die Förderung der vermeintlich Moderaten, die schnell den Begriff der Realos bekamen.
Die Kritiker von solchen Bündnissen wurden als Fundamentalisten abgewertet. Die ehemalige Linksgrüne Jutta Ditfurth hat sehr gut beschrieben, wie sich an dieser Isolierung des linken Flügels Medien, die SPD, aber auch Politiker in der eigenen Partei koordinierten, die die Grünen koalitionsfähig machen wollten Eine solche Entwicklung kann man auch immer wieder bei den Linken beobachten [6].
Zurzeit dominieren dort die Bemühungen, die Partei im Westen kleinzuhalten und im Osten zu einer Art SPD-Zulieferer zu machen. Dazu wurden unterschiedliche Methoden angewandt. Ausgrenzung, Erklärung der Verfassungsfeindlichkeit ebenso wie die sogenannte Entzauberung durch Beteiligung an der Verwaltung von Kommunen oder Landesregierungen. In dem Wissen, dass es dort nichts wirkliches zu entscheiden gibt, können die Linken nur verlieren, wenn sie auch bei ihrer Basis unpopuläre Maßnahmen mittragen müssen.
Aktuell bekommt das die Linkspartei in Brandenburg zu spüren. Obwohl sie vor den Wahlen gegen den weiteren Ausbau des Kohlebergbaus agierten und entsprechende Beschlüsse im Parteiprogramm haben, winkten die Minister in Brandenburg eine Erweiterung des Kohlebergbaus durch (siehe Wortbrüchige Wahlkämpfer [7]), um die Koalition mit der SPD in dem Bundesland nicht zu gefährden.
Obwohl es Mehrheiten dagegen auch im Bundesland Brandenburg gibt, sind den Politikern der Linken einige Privilegien, die sie durch das Mitregieren genießen, wichtiger als das Einhalten ihrer Wahlversprechen. Die Umweltorganisation Greenpeace hat es so nicht schwer, die Linke zumindest in der Umweltpolitik für unglaubwürdig zu erklären [8].
AfD – zwischen Schill und Schönhuber
Solche Probleme haben rechte Neuparteien in der Regel nicht. Sie unterstützen in der Regel staatliche Maßnahmen auch mit autoritären Methoden. Insofern kann die Führung der AfD frohlocken, dass sie von der Union schon als politisch so gesetzt gilt, dass über mögliche Bündnisse gesprochen wird.
Doch auch diese schnelle Umarmungsstrategie kann für eine Partei tödlich sein, wie die kurzlebigen Stattparteien ebenso zeigen wie das kurze Intermezzo [9] der Schillpartei. Die kam in Hamburg aus dem Stand in die Regierung, sorgte mit der Union für eine autoritäre Innenpolitik und zerlegte sich dann selber.
Einen anderen Weg gingen die Republikaner [10], die in ihrer Gründungsphase durchaus Ähnlichkeiten mit der AfD hatten. Auch sie entstand am rechten Rand der Union, die Motivation war eine Enttäuschung über die zu große Flexibilität der Union gegenüber der DDR.
Dass selbst der Unionsrechtsaußen Franz Joseph Strauß der DDR einen günstigen Kredit gewährte, war dann der unmittelbare Auslöser für die Gründung der Republikaner, die sich in der Folge aber immer mehr nach Rechts entwickelten. Lange Zeit spielte dann der Umgang mit den schon bestehenden Rechtsaußenparteien bei den Republikanern eine wichtige Rolle.
So lehnte der Partiemitbegründer Schönhuber ein Bündnis mit der Deutschen Volksunion lange ab, bis er dann die Seiten wechselte und sich als Bündnispartner der DVU betätigte und dabei sogar seien Posten bei den Republikanern verlor. Schill oder Schönhuber – zwei völlig unterschiedliche Biographien rechts von der Union sind für die AFD keine besonders erfreuliche Perspektive, auch wenn sie sich durch die aktuelle Koalitionsdebatte erst einmal bestätigt fühlen dürften.
http://www.heise.de/tp/news/AfD-Kontrahent-und-moeglicher-Partner-2216245.html
Peter Nowak
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