Projekte wehren sich gegen Verdrängung

Demonstration in Mitte am kommenden Sonnabend, Schankwirtschaft kämpft ums Überleben

»Wir zahlen nicht für Eure Spekulationen.« So lautet das Motto einer Demonstration am kommenden Sonnabend, die um 17 Uhr am Rosenthaler Platz in Mitte beginnt. Ganz in der Nähe befindet sich das alternative Hausprojekt Linienstraße 206. Es gehört noch zu einen der wenigen unsanierten Gebäuden in der Gegend. Das Haus war 1990 besetzt und bald danach legalisiert worden. Doch seit Bernd-Ullrich Lippert das Haus gekauft hat, befürchten die Mieter die Vertreibung. Mittlerweile gibt es erste Räumungsklagen. Auch die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte hat sich gegenüber dem Eigentümer für den Erhalt des Hausprojekts eingesetzt. Die Bewohner haben sich mit weiteren Mietern und Initiativen zusammengeschlossen, die in der Gegend zwischen den Stadtteilen Mitte und Prenzlauer Berg verdrängt werden sollen. Dazu gehört mit der Kirche von Unten ( KvU) ein Projekt, das seine Wurzeln noch in der DDR-Opposition hat. Auch in der Christinenstraße 1 traf sich schon Ende der 80er Jahre die DDR-Subkultur. Die Kneipen hatten damals Namen wie Bummelant oder Dom Kultury Berlin. Seit 8 Jahren gibt es dort die Schankwirtschaft Baiz“, die mehr als nur eine Kneipe ist. Regelmäßig werden dort Filme gezeigt und auch für politische Veranstaltungen ist dort immer Platz. Zum 1. Oktober hat der neue Eigentümer. die Zelos Properties GmbH, den Betreibern gekündigt. Sofort gründete sich ein Unterstützerkreis, der für den Verbleib des BAIZ Nicht nur auf Facebook wächst der Freundeskreis. Darunter sind viele langjährige Stammgäste. Lokal. „Hier ist einer der wenigen Orte in der Mitte Berlins, der nicht darauf angelegt ist, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen“ begründet der Historiker Uwe Sonnenberg sein Engagement. Auch viele Nachbarn äußern die Befürchtung, dass sie auch nicht mehr lange in der Gegend bleiben können, wenn das BAIZ gehen muss. Tatsächlich ist die Schankwirtschaft nicht nur für die günstigen Getränkepreise bekannt. Dort sitzt die Rentnerin, die schon Jahrzehnte in der Nachbarschaft lebt, neben den jungen Erwerbslosen, Was den Eigentümern hingegen vorschwebt, verrät ein Blick auf die Homepage der Zelos Group. Dort wird das Haus als „Altbau aus der Jahrhundertwende“ beworben. Eine behutsame Sanierung und ein Ausbau des Dachgeschosses sind ngekündigt. Von den aktuellen Mietern ist dort keine Rede. Dafür wird auf hochrangige Unternehmen wie Adidas und Soho House verwiesen, die „das hohe Niveau der Nachbarschaft“ garantieren sollen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/818530.projekte-wehren-sich-gegen-verdraengung.html

Peter Nowak

Hausprojekt Linienstraße 206 unter Druck

Kündigungsdrohungen: Bewohner wollen Haus kaufen

Das bunte Gebäude in der Linienstraße 206 in Berlin-Mitte fällt in der sterilen Umgebung der Lofts und Bungalows auf. Das Haus war 1990 besetzt worden. Anfang der 90er Jahe wurde es legalisiert. Die Mietverträge garantieren den Bewohnern das Leben in einem alternativen Wohnprojekt, in dem die Küchen gemeinsam benutzt werden und nicht alle Türen verschlossen werden. Doch jetzt geraten die Bewohner unter Druck. Mit juristischen Drohungen erzwang der neue Eigentümer Bernd-Ullrich Lippert von den Mietern die Herausgabe eines Haustürschlüssels. Damit aber hätte er sofort Zutritt zu dem Privatbereich der Bewohner, die bisher ihre Wohnungstüren offen ließen. Sie sehen daher in der erzwungenen Schlüsselherausgabe eine Bedrohung ihres Projekts. „Wenn ich morgens aus meinem Zimmer in die Küche oder ins Bad will, möchte ich doch nicht den unangemeldeten Vermietern oder irgendwelchen Bauarbeitern über den Weg laufen.“ sagte Linienstraßenbewohnerin Anne Bonhoff. Zumal die Bewohner auch befürchten, dass der Streit mit dem Eigentümer weitergehen wird. Schon gab es Kündigungsdrohungen. Die bisher gültigen Mietverträge werden in Frage gestellt. „So begann auch der Konflikt in der Liebigstraße 14. Zuerst wurde die Herausgabe des Haustürschlüssels verlangt. Am Ende stand die Räumung“, meinte Bonhoff mit Verweis auf das im Februar 2011 mit einem großen Polizeiaufgebot geräumte Wohnprojekt in Friedrichshain. So weit wollen es die Mieter der Linienstraße nicht kommen lassen. Sie wollen das Haus kaufen und haben dabei die Unterstützung von Initiativen, die sich in Mitte gegen die weitere Vertreibung alternativer Wohn- und Kulturprojekt engagieren.
Erst vor wenigen Monaten musste der Linienhof, der sich direkt neben dem Haus befindet, einen Neubau von Eigentumswohnungen weichen. Auf dem Platz hatte jahrelang ein selbstverwaltetes Handwerkerkollektiv gearbeitet. Ihr Haus soll nicht so schnell verschwinden, betont Bonhoff. „Wir wollen die Linienstrasse 206 dauerhaft als selbstverwaltetes Projekt dem Immobilienmarkt entziehen und sichern. Wir sind bereit dafür für das Haus einen fairen Preis zu bezahlen“, betont die Bewohnerin. Dafür haben wollen sie sich auch mit anderen Mieterprojekten in Berlin vernetzen. Der Eigentümer ist weder gegenüber der Presse noch den Hausbewohnern zu einer Stellungnahme bereit.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/801900.hausprojekt-linienstrasse-206-unter-druck.html
Peter Nowak