Zimbabwe nach dem Elitentausch – wenig Hoffnung auf Demokratie für die Massen

Nach Mugabe droht die Herrschaft des Krokodils und Kolonisten, der IWF erhofft sich spannende Zeiten

Nun ist der Langzeitherrscher Robert Mugabe in Zimbabwe mit tatkräftiger Hilfe des Militärs abgetreten. Große Teile der Bevölkerung jubeln, was man angesichts der autoritären Herrschaft des Mugabe-Clans gut verstehen kann. Doch ob das Ende der Herrschaft von Mugabe wirklich mehr Demokratie und Freiheit in Zimbabwe bedeutet, muss bezweifelt werden. Es handelt sich schließlich um einen Machtkampf der herrschenden Eliten und in der langjährigen Regierungspartei.

Dabei haben sich, was in der Berichterstattung selten erwähnt wird, die in allen Beziehungen reaktionärsten Kräfte durchgesetzt. Denn als Nachfolger von Mugabe soll mit Emmerson Mnangagwa jener Mann an die Macht gebracht werden, der federführend für den Terror der Mugabe-Ära verantwortlich war. „Mnangagwa war vieles, aber nie Hoffnungsträger“, beschreibt Spiegel Online treffend Mugabes Nachfolger und Mann für Grobe und listet auf, welche Blutspur er in der Geschichte seines Landes zu verantworten hat. In Zimbabwe wird er nur das Krokodil genannt. Seine Anhänger sehen das durchaus als Kompliment und schwenken Plastikkrokodile auf den Unterstützerdemos.


Skrupelloser Unterdrücker setzt sich gegen Frau aus Elite durch

Es ist schon erstaunlich, dass die Übernahme der Macht durch einen Vertreter der besonders reaktionären Fraktion des Regimes auch in den meisten Medien als Revolution gefeiert wird. Völlig unhinterfragt wird es als Fortschritt angesehen, dass er damit auch die Machtambitionen von Mugabes Frau Grace durchkreuzte.

Selbst in Medien, die sich sonst immer sehr dafür einsetzen, dass Frauen mehr öffentliche Posten bekommen, wie die Taz, wurde nicht einmal kritisch nachgefragt, dass hier ein Exponent der Repression und Unterdrückung eine Frau ausbremste, der bisher nur nachgesagt wird, dass sie viel und gerne einkauft. Dass jetzt häufig ausführlich geschildert wurde, wie sie andere parteiinterne Konkurrentinnen und Konkurrenten ausgestochen hat, ist insofern heuchlerisch, weil sie sich da nicht anders verhielt als andere Personen aus der Machtelite. Nur im Unterschied zu ihnen konnte man ihr dabei keine blutige Unterdrückung nachweisen. Es scheint ihr eher besonders angekreidet zu werden, dass sie als Frau die gleichen Praktiken anwandte wie die anderen Exponenten der Elite.

IWF mahnt „Strukturreformen“ an

Sofort hat sich auch der IWF zur Situation in Zimbabwe zu Wort gemeldet und mahnt „Strukturreformen“ an. Das ist ein Synonym für eine Politik im Interesse des transnationalen Kapitals.

Und noch eine Forderung stellt der IWF-Sprecher an die künftige Herrschaft in Zimbabwe: Es müsse Zahlungsrückstände bei der Weltbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank und der Europäischen Investitionsbank (EIB) begleichen. Da wird seit Langem viel über die schlechte Situation für große Teile der Bevölkerung im Land geschrieben und dem IWF-Sprecher fällt nur dazu ein, dass das Land seine Schulden zurückzahlen müsse, dann könnte über neue Kredite geredet werden. Das ist die übliche IWF-Politik, nur kaum jemand kritisiert sie noch.

Vor allem erhofft man sich dort von den neuen Machthabern, dass sie die IWF-kritische Rhetorik fallen lässt, die für Mugabe und seine Umgebung typisch war. Es war natürlich auch vor allem ein Mittel, um von den selbstgemachten Problemen im Land abzulenken. Doch ein Kotau vor dem IWF würde die Probleme in dem afrikanischen Land nicht verbessern, sondern verschlimmern. Auch der Kampf gegen die Erben des europäischen Kolonialismus hat das Mugabe-Regime für den eigenen Machterhalt genutzt und damit seine Klientel bedient. Deshalb war allerdings der Kampf gegen den massiven Landbesitz in den Händen der alten Kolonialisten nicht falsch, was auch Institutionen immer wieder bestätigten, die die Art und Weise kritisierten, wie unter Mugabe die Landreform bewerkstelligt wurde.

Kolonialerben wittern Morgenluft

Zu den wenigen deutschsprachigen Journalisten, die sich immer wieder sachkundig mit den Problemen befassten, gehörte der früh verstorbene Experte für das südliche Afrika Ruben Eberlein. Mit dem Ende des Mugabe-Regime wittern die alten Vertreter des weißen Kolonialismus wieder Morgenluft und bekommen sogar für ihre Klagen und Wünsche viel Platz in der sozialistischen Tageszeitung „Neues Deutschland (https://www.neues-deutschland.de/artikel/1071012.simbabwe-alles-ist-besser-als-mugabe.html). Dort kann sich mit Heinrich von Pezold als „habsburgischer Landadliger mit deutschem, österreichischem und schweizerischem Pass“ darüber ausbreiten, welche Opfer er für die Verteidigung seines Kolonialbesitzes brachte.

Wie er und seinesgleichen den Sturz Mugabes bewerten, wurde er vom Interviewer gefragt:

Es ist der Tag, auf den wir seit mindestens 20 Jahren sehnsüchtig gewartet haben. Der Grund, warum wir uns trotz aller Probleme und Anfeindungen entschieden haben, in Simbabwe zu bleiben, war ja nicht die Gegenwart, sondern die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ob diese Aufbruchzeit wirklich die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen wird, wird jedoch erst die Zukunft zeigen. Umbrüche sind ja immer auch mit einer erhöhten Unsicherheit verbunden. Die nächsten Monate und Jahre werden sicher ruckelig werden.

Heinrich von Pezold

So darf sich der Kolonialspross in der sozialistischen Zeitung darüber ausweinen, dass Mugabe eine rassistische Gesellschaft geschaffen habe. Der Interviewer erinnern ihn mit keinen Wort an den Kolonialrassismus, der das Land über lange Zeit prägte und gegen den eine Befreiungsbewegung angetreten ist, an der sich auch Weiße beteiligt haben. Der Interviewpartner natürlich nicht.

Immerhin gesteht er zu, dass das Land im Kolonialismus ungerecht verteilt war. „Aber mit der gewaltsamen und entschädigungslosen Enteignung hat Mugabe den Rechtsstaat aufgegeben. Das war Raub.“ Und der Journalist kommt nicht auf die Idee nachzufragen, wie die Vorfahren von Pezold sich das Land angeeignet haben. Mit Mugabes brutalen Nachfolger hat der Kolonialspross weniger Probleme:

Ich denke, alles ist besser als Mugabe. Mnangagwa ist schlau. Aber mit der Absetzung Mugabes handelte er zusammen mit dem Militär nicht aus persönlicher Überzeugung, sondern sogar gegen seine politischen Instinkte. Er gehörte bis vor Kurzem zu Mugabes innerem Machtzirkel – und das seit den 80er-Jahren. Er war der Mann fürs Grobe, der auch vor Gräueltaten nicht zurückschreckte. Aber jetzt hat er offenbar erkannt, dass Mugabe zu weit gegangen ist. Mnangagwa zog quasi die Notbremse. Er wollte immer schon an die Macht. Jetzt ist er dort angekommen. Ich hoffe, er nutzt sie nicht zu seinem persönlichen Vorteil, sondern zum Wohl des Landes und seiner Bewohner.

Heinrich von Pezold

Was die Kolonialisten von einer Nach-Mugabe-Herrschaft erwarten, hat Pezold schon deutlich gemacht: „Damit die neue Regierung internationale Legitimität gewinnt, müssen die Farmer angemessen entschädigt werden. Und es muss Rechtssicherheit hergestellt werden, die es ausländischen Investoren ermöglicht, sich zu engagieren. Ich freue mich auf die spannenden Zeiten und die Möglichkeiten, die sich jetzt hoffentlich ergeben werden.“

So könnte die Zukunft von Zimbabwe aussehen. Nach der autoritären Mugabe-Herrschaft kommt sein Mann fürs Grobe an die Macht und einigt sich mit IWF und Kolonialerben. Die spannenden Zeiten, die Pezold und der IWF erhoffen, würden für die Mehrheit der Bevölkerung weitere Entrechtung und Verelendung bedeuten. Die Medien werden jubeln, dass die westlichen Werte nun langsam auch in Zimbabwe wieder zur Geltung kommen. Wer dann noch opponiert, ist bestimmt ein Mugabe-Nostalgiker.

https://www.heise.de/tp/features/Zimbabwe-nach-dem-Elitentausch-wenig-Hoffnung-auf-Demokratie-fuer-die-Massen-3901509.html

Peter Nowak

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.zim.gov.zw/president-resigns
[2] http://www.dw.com/de/emmerson-mnangagwa-simbabwes-neuer-starker-mann/a-41509435
[3] http://www.spiegel.de/politik/ausland/emmerson-mnangagwa-das-krokodil-schnappt-nach-simbabwe-a-1178264.html
[4] http://de.reuters.com/article/simbabwe-iwf-idDEKBN1DN110
[5] https://rubeneberlein.wordpress.com/
[6] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1071012.simbabwe-alles-ist-besser-als-mugabe.html).