Überall wird gespart, nur nicht bei der Rüstung. Welche Folgen diese Kürzungen haben, macht eine Erklärung deutlich, die von der Bundesagentur für Arbeit, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Landkreistag gemeinsam verfasst wurde, aber bislang wenig Aufmerksamkeit bekommen hat. Alle drei Staatsorgane setzen sich für eine bessere finanzielle Ausstattung der Jobcenter ein. Die Mittel für die Jobcenter seien schon immer knapp bemessen gewesen, heißt es dort. Erschwert wird die Situation nun durch …
„Sozialabbau: Wenn Jobcenter bei den Ärmsten streichen“ weiterlesenSchlagwort: Bundesagentur für Arbeit
Droht Supergau bei Software-Umstellung der Bundesagentur für Arbeit?
„Wenn das Geld nicht fließt, das gibt Aggression und Gewalt, das wollen wir verhindern.“ Die BA liefert Stoff für Panikmache und Argumente gegen den Mindestlohn
„Millionen Hartz IV-Empfängern droht Zahlungsstopp“ lautete die Schlagzeile über einer Meldung der Deutschen-Wirtschafts-Nachrichten. Der Grund wäre dieses Mal keine weitere Verschärfung der Agenda-2010-Politik, sondern die Einführung einer neune Software mit dem Namen Allegro. Der Vorsitzende der Personalräte in den Jobcentern, Uwe Lehmensiek, warnte im Interview im Deutschlandfunk:
„Das ist natürlich jetzt Spekulation. Aber das ist unsere größte Sorge, dass das passiert, denn was wir machen, ist die Grundsicherung. Danach kommt nichts mehr. Und wenn das Geld nicht fließt, das gibt Aggression und Gewalt, das wollen wir verhindern. Deswegen ist das unsere größte Sorge, dass es mit der Zahlung nicht klappt.“
Software-Probleme schon bei der Einführung von Hartz IV
Nun muss man Warnungen, die gleich klarstellen, dass sie sich auf Spekulationen berufen, generell kritisch betrachten. Zudem gab es in den letzten Jahren genügend Warnungen vor angeblichen Computerausfällen mit weltweiten Folgen. Manche werden sich noch an die zahlreichen Milleniumsprophezeiungen erinnern, die sich alle als grundlose Panikmache entpuppten.
Doch bei den Warnungen vor Problemen bei der Umstellung der Software im Jobcenter sollte man sich zumindest daran erinnern, dass es bereits bei der Einführung von Hartz IV massive Software-Probleme gegeben hat, die dazu führten, dass Tausende Leistungsbezieher ihr Geld nicht rechtzeitig bekommen haben. Lehmensiek kritisiert in dem Interview auch, dass die Schulung für die neue Software von den Jobcenter-Mitarbeitern ohne zusätzliches Personal bewerkstelligt werden muss.
„Wir hätten und wir haben uns gewünscht und gefordert, dass zumindest vorübergehend mehr Personal eingestellt wird. Viele Jobcenter-Personalräte haben das auch berechnet und gefordert. Dem ist man nicht gefolgt“, moniert der Personalrat. Auch viele Gewerkschafter klagen über die zusätzliche Arbeitsverdichtung durch die Einführung der neuen Software. Dazu gehört die ver.di-Betriebsgruppe Bielefeld. Andere Gewerkschafter warnen gar vor dem drohenden Supergau bei der Software-Einführung.
Allerdings gab es in den letzten Monaten auch eine grundsätzlichere Kritik, die sich nicht nur auf die Probleme und das mangelnde Personal bei der Einführung beschränkte (vgl. Zu kritisch für die Bundesanstalt für Arbeit?). Dabei geht es um das Projekt „Personalbemessung für die Leistungsgewährung in den gemeinsamen Einrichtungen nach dem SGB II“. Einige Betriebsräte kritisierten die vom Bundesarbeitsministerium mit der Projektberatung beauftragten Unternehmen Steria Mummert Consulting und Bearing Point. Tatsächlich wär auch bei der aktuellen Diskussion um die Software-Einführung zu fragen, welche Zwecke die Bundesanstalt für Arbeit dabei verfolgt.
Bundesagentur für Arbeit liefert Argumente gegen Mindestlohn
Wie auch mit scheinbar unpolitischen Statistiken der Bundesagentur für Arbeit Politik gemacht wird, zeigt sich aktuell bei der Diskussion um die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns in Deutschland. Seit Wochen laufen die Lobbyverbände der Wirtschaft und ihre Epigonen in der Wissenschat und Publizistik Sturm dagegen. Nun hat die FAZ einen Bericht veröffentlicht, nach der die Zahl der Vollzeitbeschäftigten, die auf Hartz IV angewiesen sind, niedriger als bisher angenommen sein soll.
Statistik-Revisionen der Bundesagentur für Arbeit sind nicht unbekannt. So wurde sehr kreativ die Zahl der Erwerbslosen reduziert, ohne dass tatsächlich mehr Menschen in Lohnarbeit waren. Sie waren nur in irgendwelchen Maßnahmen und so aus der Statistik rausgerechnet worden. Die FAZ verschweigt die politischen Absichten der neuesten Statistik-Revision auch gar nicht:
„Die Neufassung der Statistik bringt politischen Zündstoff, da sie eines der zentralen Argumente der Befürworter des gesetzlichen Mindestlohns deutlich relativiert. Dieses besagt, dass ein immer größerer Teil der Arbeitnehmer trotz Vollzeitarbeit nicht von seinem Lohn leben kann.“
Ein Kommentator der Zeitung wird noch deutlicher:
„Wohl aber haben politische Parteien die verzerrten Daten gerne genutzt, um damit das Ziel des gesetzlichen Mindestlohns zu rechtfertigen. Eine Parallele zum Jahr 2002 wäre nun äußerst wünschenswert: Auch heute sollten die Parteien ihre Pläne einer Revision unterziehen.“
Kritischer Kommilitone von Bundesagentur für Arbeit gekündigt
Dass Diskussionen über ein sanktionsfreies Jobcenter auch in der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim schnell an Grenzen stoßen, zeigt die Kündigung des Studierenden Marcel Kallwass am 27. Januar. Er hatte in der Hochschule und in seinem Blog die Praxis des Hartz IV-Systems kritisiert und Alternativen vorgeschlagen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/155777
Peter Nowak
Links
[1]
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/01/30/neue-software-millionen-hartz-iv-empfaengern-droht-zahlungs-stopp/
[2]
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Hartz-IV-Software-Allegro-soll-A2LL-abloesen-189165.html
[3]
http://www.deutschlandfunk.de/neue-software-hartz-iv-auszahlung-im-april-gefaehrdet.769.de.html?dram:article_id=275790
[4]
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Debatte-um-neue-Software-der-Bundesagentur-fuer-Arbeit-154786.html
[5]
http://bielefeld.verdi.de/arbeit_in_den_fachbereichen/fb7_gemeinden/jobcenter/data/JobcenterReport%20Verdi%20Sept%202013.pdf
[6]
http://www.komba.de/fileadmin/user_upload/laender/nrw/info/presse/Meldungen/2013/pm_29082013_kombanrw_warnt_vor_supergau_einfuehrung_allegro_jobcenter.pdf
[7]
http://www.heise.de/tp/blogs/8/155428
[8]
https://www.sgb2.info/seite/personalbemessung
[9]
http://www.steria.com/de
[10]
http://www.bearingpoint.com/de-de/
[11]
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/arbeitsagentur-korrigiert-statistik-zahl-der-niedrigloehner-seit-jahren-ueberschaetzt-12777715.html
[12]
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/glosse-revisionsbedarf-12777717.html
[13]
http://www.hdba.de/
[14]
http://www.heise.de/tp/blogs/8/155428
[15]
http://kritischerkommilitone.wordpress.com
[16]
http://altonabloggt.wordpress.com/2014/01/30/bundesagentur-fur-arbeit-schasst-kritischen-studenten-der-hochschule/
Taxifahrer wollen weniger Konkurrenz
ARBEIT Minigewerkschaft protestiert gegen Hungerlöhne und Vermittlungsgutscheine für Arbeitslose
Gewerkschaftlich organisierte TaxifahrerInnen wenden sich gegen die massive Vermittlung von Arbeitslosen in ihrer Branche. Am Dienstag wollen sie vor der Kreuzberger Filiale der Bundesagentur für Arbeit demonstrieren. „Wir sind dagegen, dass die Arbeitsagentur über Vermittlungsgutscheine immer mehr Leute in das Taxigewerbe vermittelt, ohne zu berücksichtigen, dass wir FahrerInnen jetzt schon kaum noch von dem Verdienst leben können“, erklärte Andreas Komrowski der taz. Der Taxifahrer gehört zu dem rund einen Dutzend Berliner FahrerInnen, die sich gewerkschaftlich organisiert haben.
Seit drei Jahren existiert die Berliner Taxi-AG bei der Dienstleitungsgewerkschaft Ver.di, die auch zu den OrganisatorInnen der Protestkundgebung gehört. Die startete 2012 unter Berliner TaxifahrerInnen eine Umfrage über deren Einkommensverhältnisse. Dabei kam heraus, dass viele für Stundenlöhne zwischen 4,50 bis 6,50 Euro hinter dem Lenkrad sitzen. Mindestens ein Viertel müssen als AufstockerInnen zusätzliche Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit beantragen, weil sie von ihrer Arbeit nicht leben können.
Ein Grund ist die sinkende Zahl von Menschen, die sich ein Taxi leisten können. „Unser Alltag ist durch Konkurrenz um die weniger werdenden Fahrgäste geprägt. Da die Höhe des Lohns vom Umsatz abhängig ist, ist die Denkweise auch bei Angestellten oft unternehmerisch geprägt“, so Komrowski. Die Zeiten, als das Taxifahren ein beliebter Job für Studierende in Westberlin war, kennt er nur vom Hörensagen. So muss heute, anders als früher, bei Studierenden die Sozialversicherung bezahlt werden, wenn es mehr als ein Minijob ist. Zudem verlangen die Taxischulen für einen Schein, der 1994 noch 300 DM kostete, inzwischen vierstellige Eurobeträge.
Die AG Taxi fordert die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von mindestens 8,50 Euro brutto. Für die GewerkschafterInnen gehört die Reduzierung der Taxi- Konzessionen zu den dafür notwendigen Strukturmaßnahmen. Eine Fahrpreiserhöhung würde noch keine auskömmlichen Löhne schaffen, solange die Konzessionsvergabe in Berlin unbegrenzt ist, argumentiert die Gewerkschaft. Durch Neukonzessionierungen würden die Umsätze pro Fahrzeug und damit auch die Löhne nach kurzem Aufschwung wieder sinken, so die Analyse der Taxi-AG.
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F08%2F26%2Fa0094&cHash=db0791930da794eb5ee0778fe992e53f
Peter Nowak
Kundgebung am 27. August von 10 bis 13 Uhr vor der Bundesagentur für Arbeit, Charlottenstr. 87-90
Tricksen für die Erfolgsbilanz mit sinkenden Erwerbslosenzahlen
Der Bundesrechnungshof wirft der Bundesagentur für Arbeit Manipulation vor. Für Kritiker aus der FDP ist das ein Grund, die Abschaffung der BA zu fordern
Für viele Erwerbslose ist der jüngste Bericht des Spiegel zur Arbeit der Bundesagentur für Arbeit wahrlich keine Überraschung. Das Magazin zitiert aus einem bisher unveröffentlichten Prüfbericht des Bundesrechnungshofs, der der Bundesagentur für Arbeit auf mehreren Ebenen Mängel und Fehler vorwirft. Grundlage der Vorwürfe sind stichprobenartige Untersuchungen in 156 Arbeitsagenturen.
„Die Tatsache, dass wir in allen geprüften Agenturen Fehlsteuerungen festgestellt haben, zeigt, dass es sich um ein grundsätzliches Problem handelt“, zitiert das Magazin aus dem Bericht. Die inkriminierten Praktiken erstrecken sich auf zwei Gebiete, sind aber weder neu noch unbekannt und bedürfen wohl erst einer Aufmerksamkeit durch den Spiegel um wahrgenommen zu werden
Manipulierte Statistiken
Der erste Punkt dreht sich um die Manipulation der Statistik. Da sei getrickst worden, um die Erfolgsbilanz von sinkenden Erwerbslosenzahlen und Jugendlichen, die einen Arbeitsplatz gefunden haben, in der Öffentlichkeit besser verkaufen zu können.
So seien Auszubildende, die ohnehin von ihrer Firma übernommen werden sollten, in der Statistik als erfolgreich vermittelt gezählt wurden. „Die bloße Erfassung von sicheren Übertritten mit dem Ziel einer Zählung stellt aus unserer Sicht eine Manipulation dar“, heißt es in dem Bericht des Bundesrechnungshofes.
Der zweite Vorwurf bezieht sich auf den Umgang der Arbeitsagenturen mit schwer mittelbaren Erwerbslosen. Laut dem Spiegel-Bericht hätten die Prüfer festgestellt, dass die Arbeitsvermittler in den drei Monaten der Untersuchung für mehr als 50 Prozent der Langzeitarbeitslosen keinen Stellensuchlauf gemacht und zu 45 Prozent der Betroffenen keinen ernst zunehmenden Kontakt aufgenommen hatten. Zudem werden im Rechnungshofbericht „diskriminierende Vorgehensweisen“ der Jobcenter moniert, weil es interne Weisungen der Bundesagentur für Arbeit gebe, wonach nur aussichtsreiche Bewerber sofort einen Termin beim Vermittler bekommen sollten.
Munition für neoliberale Argumente
Bei der heftigen und meist berechtigten Kritik an der BA ist man schnell geneigt, die Vorwürfe des Bundesrechnungshofes dem Sündenregister dieser Behörde anzuhängen. Doch die Kritik des Rechnungshofes ist vor allem Munition für die neoliberalen BA-Kritiker, wie sie in der FDP zu finden sind. Sie würden die Behörde am liebsten abschaffen.
Besonders die Kritik daran, dass Langzeiterwerbslose zu wenig vermittelt werden, führt dazu, dass auch diese Erwerbslose noch mehr gefordert werden. Das bedeutet, dass sie noch mehr Bewerbungen schreiben, Bewerbungsgespräche führen, ungeliebte und schlecht bezahlte Jobs annehmen und immer mit der Drohung der Sanktionierung leben müssen.
Manche Langzeiterwerbslosen sind froh, diesen behördlichen Zumutungen nicht ständig ausgesetzt sein und in eine Kategorie eingestuft zu werden, wo sie davon etwas verschont werden. Diese minimalen Freiräume, die es noch im Hartz IV-Regime gibt, will der Bundesrechnungshof mit seiner Kritik beseitigen. Schließlich geht es ihm um die maximale Effizienz im wirtschaftsliberalen Sinne. Erwerbslosengruppen kritisieren im Gegenteil den Druck, den Erwerbslosen heute schon ausgesetzt sind. Sie haben daher keinen Grund, in die Klagen des Rechnungshofes, Spiegel und Handelsblatt mit einzustimmen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/154505
Peter Nowak