Schützenhilfe für die Rechte

Kritik an Plattform zu Totalitarismus
Am 14. Oktober wurde in Prag der Gründungsvertrag der Plattform »Europas Gedächtnis und Gewissen« unterzeichnet. Zum Festakt waren Ministerpräsidenten aus Tschechien, Polen und Ungarn angereist; 19 Einrichtungen aus 13 europäischen Staaten waren an der Erarbeitung des Vertrags beteiligt.

Die Initiative war vom tschechischen »Institut für das Studium totalitärer Regime« ausgegangen. Dessen Leiter Daniel Herman sieht im Einfluss auf die »Erinnerungspolitik« die zentrale Funktion der Plattform. »Sie ist vor allem ein Koordinationsorgan, das Hauptthema wird die Aufarbeitung der Vergangenheit sein. Und zwar der totalitären, das heißt der nationalsozialistischen und der kommunistischen Vergangenheit«, präzisierte Herman. Aus Deutschland nahm der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des MfS, Roland Jahn, an dem Festakt teil.

Zunächst wird das Büro der Plattform in Prag verbleiben. In Zukunft ist eine Vertretung in Brüssel vorgesehen. Zu den ersten Projekten gehört die Erstellung von Unterrichtsmaterialien, die europaweit eingesetzt werden können. Auch mittels einer Ausstellung und eines Lesebuchs soll die Sicht auf die Geschichte im Sinne der unterzeichneten Organisationen verbreitet werden. Ebenso schwebt ihnen die Einführung eines »Europäischen Tages der Erinnerung an die Opfer der totalitären Regime« vor. Der 23. August wurde ins Gespräch gebracht, in Erinnerung an den Truppeneinsatz zum Ende des »Prager Frühlings«.

Heftige Kritik an der Geschichtssicht der Plattform übte der Vorsitzende Menschenrechtsorganisation »Welt ohne Nazismus«, Boris Spiegel. »Die Gleichstellung der beiden totalitären Regime, des kommunistischen und des nazistischen, ist nichts anderes als ein Versuch einer Reihe von Ländern Osteuropas, ihre verbrecherischen Regimes, die mit Hitler paktierten, reinzuwaschen«. Spiegel warnte davor, dass eine Propagierung dieser Geschichtssicht »rechtsradikalen Kräften und pseudowissenschaftlichen Instituten« Auftrieb gibt, »die sich als geistige und politische Nachfolger von Kollaborateuren, Legionären der Waffen-SS und Hitler-Unterstützern verstehen«. Besonders den Versuch, neben Nazideutschland auch der Sowjetunion gleichberechtigte Verantwortung für den Ausbruch des 2. Weltkriegs zu geben, verwische den Unterschied zwischen Tätern und Opfern.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/209378.schuetzenhilfe-fuer-die-rechte.html

Peter Nowak