Aufrufe zu weiteren Bankenprotesten

Finanzmarktkritiker bereiten für das Wochenende neue Aktionen vor
Nach dem weltweiten Aktionstag versuchen Aktivisten, den Protest am Köcheln zu halten. In vielen Städten laufen die Vorbereitungen für Demonstrationen am kommenden Wochenende bzw. für die kommenden Montage.

Nachdem am 15. Oktober auch in Deutschland Zehntausende Menschen gegen die Macht der Finanzmärkte und die kapitalistische Krise auf die Straße gegangen sind, gehen die Proteste weiter. In Berlin treffen sich jeden Nachmittag rund 200 Menschen auf dem Platz der Republik vor dem Reichstag. In Hamburg campieren seit dem Wochenende Demonstranten vor der HSH Nordbank, in Frankfurt am Main vor der Europäischen Zentralbank (EZB). In der Finanzmetropole soll am Sonnabend zudem unter dem Motto »Join the Revolution« ab 12 Uhr auf den Rathenauplatz eine große Party gefeiert werden. Die Mobilisierung läuft vor allem über Internet.

Aber auch in vielen anderen Städten laufen derzeit die Vorbereitungen für neue Freiluftaktionen am kommenden Wochenende, wenn beim EU-Gipfel in Brüssel ein neues Bankenrettungspaket geschnürt werden soll. »Die neuen Bankenrettungspläne sind in den Augen großer Teile der Bevölkerung nicht legitim. Erneut sollen die Verursacher der Krise enorme Summen erhalten, während die Kosten auf die Bevölkerung abgewälzt werden«, kritisiert Alexis Passadakis vom Attac-Koordinierungskreis.

In ostdeutschen Städten setzt man dagegen wieder auf Montagsdemonstrationen. Unter dem Motto »Demokratie jetzt« wird in Leipzig für die nächste Woche zu 19 Uhr auf den Augustplatz mobilisiert. Der LINKEN-Vorsitzende Klaus Ernst erklärte im »Tagesspiegel«, er könne sich vorstellen, dass »überall Initiativen entstehen« und Menschen »jeden Montag vor der örtlichen Filiale der Deutschen Bank oder der Commerzbank dafür demonstrieren, dass die Banken an die Kette gelegt werden«. Welche Rolle organisierte Strukturen in der Bewegung spielen sollen, ist allerdings umstritten.

Die Angst vor Vereinnahmung ist bei den Neulingen groß. Bei einem Treffen von rund 150 Aktivisten der Berliner Occupy-Bewegung auf der Reichstagswiese wurde noch einmal die Unabhängigkeit gegenüber Parteien und etablierten Organisationen betont. Attac und das außerparlamentarische Bündnis Interventionistische Linke (IL), die seit Langem gegen die Krisenpolitik demonstrieren, sind als Ratgeber willkommen, aber nicht als Wortführer.

»Die Füßchen, die diesen Protest tragen, sind noch recht schwach und unerfahren«, sagt der emeritierte Politologe und Bewegungsaktivist Peter Grottian. Er vermisst professionelle Strukturen bei der Occupy-Bewegung. Grottian gehörte zu den Mitbegründern der Sozialforumsbewegung, die in den 90er Jahren Proteste koordinierte. Sie verlor in den letzten Jahren jedoch an Bedeutung. Dass die damaligen Netzwerke bisher nicht reaktiviert werden konnten, wird von langjährigen Mitarbeitern von Sozialforen als Indiz gewertet, dass sich diese Form der Protestorganisierung überlebt hat.

Die linken Krisenprotestbündnisse, die seit 2009 mehrere bundesweite Demonstrationen organisiert haben, dabei aber nie die Teilnehmerzahlen der Occupy-Bewegung vom Wochenende erreichten, scheinen dagegen durch die neuen Proteste wiederbelebt zu werden. So lud das Berliner Krisenbündnis für Dienstagabend zu einer kurzfristigen Vollversammlung, um mögliche gemeinsame Aktivitäten zu beraten.

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Peter Nowak