Arbeitsplätze statt Umwelt

Von einem historischen Moment sprach ver.di-Bereichsleiter Verkehr Ehrhard Ott am vergangenen Mittwoch in Berlin. Dort hatten sich über 270 Betriebsräte aus der ganzen Republik mit Vertretern der Luftverkehrsunternehmerverbände getroffen, um beim Bundeskanzleramt eine Protestnote gegen die vom Kabinett beschlossene Luftverkehrssteuer abzugeben. Während Gewerkschaften und Unternehmer vor Wettbewerbsnachteilen und Arbeitsplatzverlust warnen, hätten sich viele Umweltverbände eine höhere Luftverkehrssteuer gewünscht. Je mehr CO2 ausgestoßen wird, desto höher sollte nach den Vorstellungen von Greenpeace die Abgabe ausfallen. Die Umweltverbände kritisieren zudem, dass die Steuer zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt wird und nicht ökologischen Belangen zugute kommen soll.

 Ökologische Aspekte sucht man auch in den Stellungnahmen von ver.di vergeblich. Ein Schulterschluss zwischen Gewerkschaften und Unternehmern für die Rettung von Arbeitsplätzen ist nicht neu. Man braucht sich nur an gemeinsame Aktionen für den Erhalt von Atom- oder Kohlekraftwerken erinnern. Man hätte allerdings gedacht, dass sich ver.di mittlerweile Umweltgesichtspunkten nicht mehr so verschließt.

Manche Bündnispartner aus den sozialen Bewegungen, mit denen ver.di in den letzten Jahren öfter in Bündnissen kooperiere, haben allerdings schon nach dem Europäischen Sozialforum in Istanbul enttäuscht festgestellt, dass die Gewerkschaften dort jegliche Kritik am Wirtschaftswachstum abgebügelt haben.

Dabei könnte sich ver.di dafür einsetzen, dass die Bahn als Alternative zu den Inlandsflügen ausgebaut und attraktiver gemacht wird. Auch dadurch würden Arbeitsplätze geschaffen.

Eine solche gewerkschaftliche Orientierung hätte das Prädikat historisch tatsächlich verdient. Ein Schulterschluss mit den Unternehmern zum vermeintlichen Erhalt von Arbeitsplätzen ohne Rücksicht auf die Umwelt hingegen ist nur als vorgestrig zu bezeichnen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/179973.arbeitsplaetze-statt-umwelt.html

Peter Nowak

Wenn die Erde unbewohnbar wie der Mond wird

Längst diskutieren Politik und Kunst über die Frage, ob und wie sich die Menschen dem Klimawandel anpassen können
Anfang September 2010 fand in Dessau eine vom Wetterdienst und Bundesumweltamt organisierte Konferenz unter dem Titel „Forschung des Bundes zur Anpassung an den Klimawandel“ statt. Schon wird heftig über die verschiedenen Anpassungsmaßnahmen und die Prioritäten gestritten. Denn die Liste der Maßnahmen ist lang und nicht gerade billig.
   Sie beginnt bei der Neujustierung von Klimaanlagen in ICE, damit die nicht gerade dann ausfallen, wenn sie am Dringendsten gebraucht werden. Auch die Folgen des Klimawandels für die Versicherungswirtschaft spielen bei der Debatte über die Anpassungsmaßnahmen eine wichtige Rolle. Denn in Gegenden, in denen das Hochwasser oder der Wirbelsturm immer häufiger zuschlagen, wird es für die Betroffenen immer schwerer, sich versichern zu lassen.

 Fast jedes Wochenende wird irgendwo in Deutschland über Anpassungsstrategien auf den Klimawandel debattiert. Am 13. September ging es in München um die Folgen des Klimawandels für die kommunalen Wassersysteme.
 Anpassung oder Vermeidung?

Fast könnte man denken, der Diskurs über die Anpassung an den Klimawandel hat die Diskussion darüber verdrängt, wie sich ein weiterer Klimawandel vermeiden lässt. Weil es dazu schon zu spät ist? Oder weil sich auch in der Debatte ein technokratischer Ansatz durchsetzt, der davon ausgeht, dass die technischen Möglichkeiten so groß sind, dass die Menschen auch den Klimawandel in den Griff bekommen. Debatten über die Änderung der Wirtschafts- und Lebensweise wären dann wieder in Randbereiche abgedrängt.

Einer solchen technokratischen Sichtweise widerspricht das Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung, das als Ansprechpartner für die Anpassungsprozesse fungiert, auf seiner Homepage. Dort heißt es:
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 Treibhausgase, die jetzt in der Atmosphäre sind, beeinflussen das Klima der nächsten Jahrzehnte. Sich auf diese Veränderungen vorzubereiten heißt: rechtzeitig und aktiv auf Klimaänderungen zu reagieren, die bereits nicht mehr vermeidbar sind. Gleichzeitig muss der Klimaschutz zügig voranschreiten. Denn Anpassung ist nur in dem Maße hilfreich, wie man gleichzeitig die Anpassungszwänge nicht weiter wachsen lässt; also heißt die Maxime zügig den Ausstoß der Treibhausgase zu mindern und uns zugleich an die Folgen des Klimawandels anzupassen.

Trotz dieser Klarstellung vermittelt ein Sparziergang durch die Homepage des Kompetenzzentrums den Eindruck, dass beim Klimawandel, wenn schon nicht auf die Technik so doch auf die Regelung von Staat und Behörden vertraut werden kann. Das liegt allerdings auch an der Aufgabenstellung. Da werden detailliert Vorschläge für Alternativen in der Tourismusbranche unterbreitet, wenn witterungsbedingt Skigebieten oder Kurorten das Publikum abhanden kommt. Über die Millionen Menschen, die witterungsbedingt in ihren Heimatorten nicht mehr leben können, erfährt man dagegen auf der Homepage nichts, weil die in der Regel im globalen Süden leben und weil darauf vertraut wird, dass ein immer effektiveres Grenzregime schon verhindern wird, dass sie in den EU-Raum gelangen.

 Zur Nachahmung empfohlen?

Wer sich den globalen Realitäten des Klimawandels stellt, sollte sich eher der Kunst als der Politik widmen. So findet der Besucher auf der Ausstellung Zur Nachahmung empfohlen, die zurzeit in Berlin zu sehen ist, neben viel Ökokitsch auch mancher Einbruch in die Realität. So vermitteln die Zelte, die der Aktionskünstler Hermann Josef Hack auf dem Ausstellungsgelände präsentiert, einen Eindruck von den Klimaflüchtlingen, die aktuell in Pakistan und anderen Ländern darin leben müssen. Hier wird zumindest angedeutet, dass Klimaanpassung mehr sein muss, als nur die Umstellung der Kaufgewohnheiten und neue Tourismusangebote.

Wer ist drin und wer bleibt draußen?

Ganz ohne Wohlfühlfaktor kam eine Ausstellung in Hamburg aus, die ebenso wie die Berliner Exposition von der Kulturstiftung des Bundes gefördert wurde. Schon der Titel Klimakapseln, Überlebensbedingungen in der Katastrophe, machte das deutlich. Die Ausstellung basiert auf dem von Friedrich von Borries herausgegebenen Buch Klimakapseln.

 Dort wurden verschiedene zeltähnliche Gebilde präsentiert, die den Menschen vor einem durch den Klimawandel lebensfeindlich gewordenen Planeten Erde schützen soll. In der Kapsel, die auch die Form eines Ganzkörperanzugs haben kann, wird die Nahrungs- und Sauerstoffzufuhr komplett geregelt. Ein kleiner Defekt kann zum Tode führen. Die Ähnlichkeit mit einem für Astronauten konzipierten Raumanzug ist kein Zufall. Tatsächlich wird bei den Modellen an futuristische Konzepte der späten 1960er und frühen 1970er Jahren angeknüpft.

 Nur der Kontext hat sich geändert. Träumten damals fortschrittsgläubige Wissenschaftler davon, das Weltall von einer durch die Technik prosperierenden Erde aus kolonisieren zu können, dienen die Kapseln in der Hamburger Ausstellung als Fluchtort von einer Erde, die durch den Klimawandel unbewohnbar geworden ist. Nach dieser Horrorvision könnten einige wenige, die es sich leisten können, in einer Art kosmischer Arche Noah die Katastrophe zumindest für kurze Zeit überleben. Wie nah Vision und Realität in der Ausstellung beieinander liegen, zeigt die Arbeit ParaSite von Michael Rakowitz.

Dabei handelt es sich um ein Zelt für Obdachlose, das in der Nähe der Häuser der Sesshaften aufgespannt und von der dort erzeugten warmen Abluft aufgeblasen wird. Rakowitz hat diese Zelte entwickelt, nachdem in seiner kanadischen Heimatstadt die U-Bahnschächte umgestaltet wurden, so dass Obdachlose dort nicht mehr Zuflucht vor der Witterung nehmen konnten. „Wollen wir so leben?“, lautete die Frage, die sich der Besucher am Ende der Ausstellung stellen konnte.

 „Wer darf überhaupt so leben?“, heißt die Frage, die auf der gesamten Ausstellung immer mitschwang. Denn dass die Klimakapsel keine Lösung für die Menschheit sondern für eine kleine Elite, wäre, ist völlig klar. Wer in der Kapsel darf und wer draußen bleiben muss, könnte dann aber über Leben oder Tod entscheiden. Die Ausstellung ist in diesen Sinne völlig realistisch. Denn auch heute ist der Klimawandel schon eine Frage des Ein- oder Ausschlusses. Während ein alpiner Bewohner sich über veränderte Tourismuskonzepte informieren kann, muss ein Pakistani froh sein, wenn er ein Zelt zum Überleben findet.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33332/1.html

Peter Nowak

Anpassung an Klimawandel?

Überschwemmungen, Hitzewellen und Stürme in vielen Teilen der Welt sind Symptome des globalen Klimawandels. Diese Ansicht verbreiteten der Deutsche Wetterdienst (DWD) und das Umweltbundesamt zur Eröffnung einer gemeinsamen Fachtagung in Dessau, der die  Anpassung an den Klimawandel in Deutschland zum Thema hatte.
Die Prognosen der Organisationen sind eindeutig.
„Die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland hat von 1881 bis 2009 um 1,1 Grad zugenommen. Am Ende dieses Jahrhunderts werde die Jahresdurchschnittstemperatur nochmals um 2 bis 4 Grad gestiegen sein“, so DWD-Chef Gerhard Adrian. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt soll es in den nächsten 40 Jahren bis zu 27 neue Sommertage geben.
Auf der Tagung wurde auch darüber gesprochen, dass der Klimawandel schon heute viele Menschen belaste. Daher sei die Anpassung an die neuen Verhältnisse angesagt. Dann würden die Klimaanlagen so justiert, dass sie nicht  bei großer Hitze ausfallen, wie im Juli im ICE geschehen. Diese Art der Anpassung an den Klimawandel ist sehr vernünftig.
Doch der Diskurs der Anpassung kann auch technokratischen Konzepten Vorschub leisten. Wenn wir  uns mit den Gedanken anfreunden, dass wir  mittels moderner  Technik auch unter widrigsten Bedingungen überleben können,  machen wir uns  weniger Gedanken über die Umstellung unserer Wirtschafts- und Lebendbedingungen, damit diese widrigen Bedingungen möglichst erst gar nicht  eintreten.
 Eine Sonderausstellung im Hamburger Museum und Kunstgewerbe, die bis zum 12. September läuft, zeigt einige der technokratischen Lösungsmodelle für  das Überleben im Klimawandel. Dort wird aber auch nicht verschwiegen, dass es dabei  nicht um Lösungsmodelle für alle Menschen handeln. Schon bei den Klimakatastrophen von Pakistan bis New Orleans zeigte sich, dass auch hier die Armen die Verlierer sind.    Darum ist Skepsis angebracht, wenn von einer Anpassung an den Klimawandel ohne Änderung der Wirtschaftsordnung gesprochen wird.   
    
https://www.neues-deutschland.de/artikel/178971.anpassung-an-klimawandel.html?sstr=Klimawandel

Peter Nowak

Streit um Filterstäube

Kritiker befürchten, dass Saalekreis zur zentralen Giftmülldeponie wird

Der Streit um die Verfüllung von hochgiftigen Filterstäuben in die Grube Teutschenthal im Saalekreis spitzt sich zu. Der Grubenbetreiber GTS will 2011 jährlich 80 000 Tonnen Filterstäube als Stützmaterial in der Grube einlagern.
Die Kritiker des Projektes befürchten, dass die Gifte aus den Filterstäuben auch ins Grundwasser gelangen könnten. Auftrieb erhalten sie, nachdem das Landesamt für Geologie und Bergwesen im Rahmen der 

Überprüfungen der Dickstoffversatzanlage in Teutschenthal Verstöße gegen immissionsschutzrechtliche, abfallrechtliche und bergrechtliche Genehmigungen vorgeworfen hat. „Die GTS hat Abfälle von Müllverbrennungsanlagen verwandt, die für die Verfüllung in der   Dickstoffversatzanlage nicht zugelassen waren“, heißt es in einer Pressemitteilung des zuständigen Ministeriums für Arbeit und Wirtschaft aus Sachsen-Anhalt. In einer Stellungnahme räumt die GTS „formale Verstöße“ ein.  „Die Art der Verbringung nach Untertage war in dieser Form nicht behördlich genehmigt.“ Gleichzeitig moniert der Grubenbetreiber eine Vorverurteilung durch das Ministerium. Aus juristischen Gründen könne man  über die beiden  Presserklärungen hinaus zu  den Vorgängen keine weiteren Angaben machen, erklärte die Pressesprecherin des  Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit von  Sachsen-Anhalt Petra Penning gegenüber ND.
 
Zentrale Giftmülldeponie im Halle-Saale-Kreis  
 
Zudem  beklagt der Grubenbetreiber, dass das  LAGB den  Erörterungstermin für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren in Angersdorf abgesetzt habe. In der in unmittelbarer Nähe zu Teutschenthal liegenden Grube ist eine weitere Deponie für Müllrückstände geplant.    Umweltverbände hingegen befürchten, dass nach Klärung der staatsanwaltlichen Ermittlungen das Verfahren  wieder aufgenommen und die Genehmigung erteilt wird. Der Halle-Saale-Kreis könnte zu einer zentralen Giftmülldeponie werden, warnen sie. Klaus Koch vom Hamburger Umweltnetzwerk hält die Sorgen  für begründet. „Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sollen  die Deponien angelegt werden, die vor Jahren in Westdeutschland durch Bürgerinitiativen erfolgreich verhindert worden sind.“  Allein in Sachsen-Anhalt ist die Errichtung von bis zu 40 weiteren Gruben im Gespräch.  Das Umweltnetzwerk hat im Auftrag der Gemeine Angersdorf eine gutachterliche Stellungnahme erarbeitet.       „Der Genehmigungsantrag der Firma GTS für die geplante Dickstoffanlage in Angersdorf ist in der vorliegenden Form nicht genehmigungsfähig“, heißt es in der  ND vorliegenden Stellungnahme. Die Gutachter halten vor der Erteilung einer Genehmigung eine  Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich
da in der Anlage „gefährliche Abfälle gehandhabt werden“. Da ein Teil der Filterstäube eine hohe Schwermetallkonzentration aufweise, unterliege die Anlage nach Ansicht der Gutachter auch der Störfallverordnung.  

Monopol bei der Einlagerung?

Im Gespräch mit ND widerspricht Koch  der Auffassung von Jörg Friedrich vom Umweltbundesamt. Der hatte erklärt, dass Deutschland in „Bezug auf Salzbergwerke über ein geologisch bedingtes Monopol verfügt“. Es gäbe auch in Frankreich aktive Gruben, so Koch. Friedrich hatte auch erklärt, dass die Stäube dauerhaft aus der Biosphäre verbannt werden, was nur im Salzgestein möglich ist

https://www.neues-deutschland.de/artikel/177999.streit-um-filterstaeube.html?sstr=Filterstäube

Peter Nowak

 

 

Kampf um Russlands grüne Lunge

Solidaritätskampagne für Umweltschützer

Derzeit bekommen die russischen Behörden aus vielen europäischen Ländern Protestbriefe. Darin wird die Freilassung von Alexej Gaskarow und Maxim Solopow gefordert. Die beiden Männer sind am 29. Juli 2010 unter dem Vorwurf des Landfriedensbruchs in Untersuchungshaft genommen worden. Sollten sie verurteilt werden, drohen ihnen Haftstrafen bis zu sieben Jahren.

Gaskarow und Solopow sollen mit hunderten weiteren Umweltschützern am 28. Juli im Moskauer Vorort Chimki an einer Spontandemonstration gegen die Rodung eines Waldstücks teilgenommen haben. Dabei wurden auch Gebäude der Stadtverwaltung mit Steinen und Feuerwerkskörpern attackiert. Obwohl der Sachschaden gering war, sorgte die Attacke in den russischen Medien für großes Aufsehen und setzte die Behörden unter  Verfolgungsdruck. Nach Ansicht eines russischen Solidaritätskomitees  wurden     Gaskarow und Solopowa verhaftet, weil sie seit Jahren auch öffentlich als Aktivisten der sozialen Bewegung aufgetreten sind. So haben sie sich gegen die Zunahme faschistischer Aktivitäten und die rassistische Diskriminierung von Ausländern in Russland engagiert.

Neue Graswurzelbewegung
Russische Umweltschützer sehen in den Verhaftungen der Männer auch einen Versuch, die wachsende russische Graswurzelbewegung zu disziplinieren. Die andauernden Proteste gegen die Abholzung des Chimki-Waldstücks werden als Beispiel für das neue Selbstbewusstsein von zivilgesellschaftlichen Organisationen interpretiert. Die Bäume sollen einer mautpflichtigen Autobahn zwischen Moskau und St. Petersburg weichen.   Die Waldschützer bekommen zunehmend Unterstützung von Bürgern der russischen Hauptstadt, die für den Erhalt von Moskaus grüner Lunge eintreten.
Die Staatsmacht reagiert mit zunehmender Repression und sorgte damit russlandweit für Schlagzeilen So wurden bei Protesten gegen die Waldabholzung am 23. Juli auch zwei Journalisten festgenommen. Der russische Journalistenverband protestierte gegen die Einschränkung der Pressefreiheit und forderte die Bestrafung der verantwortlichen Milizionäre. Auch  ein Protestcamp, mit dem Umweltschützer aus ganz Russland die Rodung verhindert wollten, war Ende Juli 2010 von ca. 100 Maskierten überfallen worden. Im Anschluss nahm  die Miliz einige der Umweltschützer fest. Durch die Verhaftung von   Gaskarow und Solopowa ist die Auseinandersetzung um das Waldstück auch über Russlands Grenzen hinaus bekannt geworden.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/177817.kampf-um-russlands-gruene-lunge.html?sstr=Russlands|grüne|Lunge

Peter Nowak

Filterstaub im Bergwerk

Kalikonzern füllt alte Schächte mit Resten französischer Müllverbrennung

Die Kritik am Bergbaukonzern Kali und Salz (K+S) reißt nicht ab. Einerseits will der Konzern nach wie vor trotz Protesten von Umweltschützern und Anrainern Abfallsalz über eine Pipeline in die Werra entsorgen, andererseits wird zum sogenannten Bergversatz – der Verfüllung ausgebeuteter Schächte – giftiger Filterstaub eingesetzt.

Ist ein Bergwerk ausgebeutet, bleiben riesige Hohlräume zurück. Um nachfolgende Geländeabsenkungen zu verhindern, müssen diese hierzulande gefüllt werden. K+S verwendet dafür unter anderem giftige Rücgiftiger Rückstände aus einer nordfranzösischen Müllverbrennungsanlage.

 

Die Kritik an dem von Kali und Salz (K+S) geplanten Bau einer Abwasserpipeline vom Örtchen Neuhof-Ellers in Osthessen an die Werra reißt nicht ab. Die Antragsunterlagen seien unvollständig und  Betroffene würden ausgegrenzt, moniert die Werra-Weser-Anrainerkonferenz in einer Presseerklärung, nachdem sie die Antragsunterlagen für das Projekt eingesehen haben. Die  Werra-Weser-Anrainerkonferenz ist ein Zusammenschluss von Einzelpersonen und Gemeinden, die sich aus ökologischen Gründen immer wieder kritisch zu Projekten von K+S äußern. Dabei ist die geplante Abwasserpipeline nicht der einzige Kritikpunkt.

Auch das von K+S praktizierte Konzept des Bergversatzes wird von den Umweltschützern abgelehnt. Dabei geht es um die zur Verhinderung von Geländeabsenkungen notwendige Befüllung der Bergwerkschächte.
Umweltverbände schlagen vor, dafür statt  giftiger Rückstände aus einer nordfranzösischen Müllverbrennungsanlage, wie von K+S praktiziert, Rückstände aus der Kaliproduktion zu verwenden. Rückendeckung für ihre Position bekamen  sie vom französischen Verwaltungsgerichtshof, der die Transporte der Müllverbrennungsrückstände für ungesetzlich erklärte.   Die Richter folgten  der Argumentation des französischen Umweltministeriums und verschiedener  Umweltverbände. Diese betonten ebenfalls, dass die an den Kalistandorten vorhandenen Rückstandshalden  beim Bergversatz Vorrang  vor den giftigen Rückständen aus der Müllverbrennung haben müssen. „Französisches Gericht stoppt Müllexport an die Werra“, titelte die Südthüringischer Zeitung.

Im Einklang mit europäischen Recht
„Die Entscheidung des französischen Gerichts war eine Einzelfallentscheidung. Sie hatte über den Einzelfall hinaus keine generelle Bindungswirkung, so dass nach wie vor Rauchgasreinigungsrückstände aus Frankreich in Deutschland im Bergversatz verwertet werden dürfen und französische Behörden dazu die erforderlichen abfallrechtliche Genehmigungen erteilen“,  erklärte Ulrich Göbel gegenüber ND. Der Pressesprecher von K+S betonte, dass die von seinem Unternehmen praktizierte Verwertung von Abfällen im Einklang mit dem europäischen Recht stehe.  Das geolte auch für die Ladung eines am 31. März 2010 auf der Bundesautobahn 4 in Thüringen zwischen Magdala und Mellingen verunglückten Gefahrguttransporters. Die Polizei hatte nach dem Unfall   eine 50-Meter-Zone eingerichtet, in der sich kein Helfer ohne Schutzanzug aufhalten durfte.
Das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr bestätigte in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Thüringer Landtag, dass es sich bei der Ladung um Rückstände aus der französischen Müllverbrennung gehandelt hatte.  Für Radioaktivitätsmessungen am Unfallort habe keine Veranlassung bestanden. Das Umweltamt des Landkreises Weimarer Land habe allerdings Bodenproben für eine Analyse entnommen.
Die Kritiker von K+S sind auch in der Sommerpause nicht untätig. So werden sich die Landtagsfraktionen der Linken aus Hessen und Thüringen im Rahmen ihrer Sommertour am  23. August im thüringischen Heringen und Vacha  mit der Salzeinleitung des Unternehmens in die Werra befassen.
 https://www.neues-deutschland.de/artikel/177467.filterstaub-im-bergwerk.html?sstr=Kali|und|Salz
Peter Nowak

Pestizide leben länger

Studie sieht Mängel in bisherigen Tests
Imidacloprid und Thiacloprid, diese Namen werden kaum jemandem was sagen. Es sind vom Bayer-Konzern hergestellte nikotinähnliche Insektizide. Das unter den Handelsnamen Gaucho, Provado und Admine vertriebene Imidacloprid ist nach Bayer-Angaben das meistverkaufte Pestizid weltweit. Der niederländische Toxikologe Henk Tennekes kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass die Langzeitrisiken dieser Insektizide weitaus größer sind als bislang angenommen. »Die bislang gültigen Grenzwerte wurden weitgehend aus Kurzzeit-Tests abgeleitet«, erläutert er. »Würde man Langzeit-Versuche durchführen, könnten schon bei wesentlich geringeren Konzentrationen verheerende Schäden auftreten. Damit kann erklärt werden, wieso schon geringe Mengen Imidacloprid längerfristig Bienensterben verursachen können.« So die brisante Schlussfolgerung aus der im Fachjournal »Toxicology« veröffentlichten Untersuchung.

 Vor allem in der langen Verweildauer der Pestizide im Boden sieht der Forscher ein großes Problem. Die kanadische Zulassungsbehörde hatte ähnliche Bedenken und bezeichnete die von dem Konzern vorgelegten Studien, die die Stoffe für unbedenklich erklärten, als mangelhaft. Die Coordination gegen Bayer-Gefahren, die vor zwei Jahren eine Anzeige gegen Bayer-Chef Werner Wenning wegen Inkaufnahme des Bienensterbens gestellt hat, sieht sich durch die Ergebnisse der Studie in ihrer Kritik bestätigt. Sie fordert deshalb einen weltweiten Verkaufsstopp für die umstrittenen Insektizide.

Diese Forderung sollte nicht nur wegen der Gefahr für die Bienen unterstützt werden. Schließlich sind die Langzeitfolgen dieser Insektizide viel zu wenig erforscht, um hier Entwarnung geben zu können. Gerade im globalen Süden dauert es oft lange, bis sich die Geschädigten Gehör verschaffen können. Deshalb gehört ein weltweites Verbot von Pestiziden, die in vielen europäischen Ländern und den USA nicht mehr verwendet werden dürfen, auf die Tagesordnung.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/176512.pestizide-leben-laenger.html

Peter Nowak

BP-Boykott?

Im Gegensatz zur Brent-Spar-Boykottkampagne vor 15 Jahren gegen Shell, gibt es gegen BP in Deutschland kaum Protestaktionen
Während rund um die Welt der Ölaustritt am Meeresgrund des Golf von Mexico per Webcam vom Schreibtisch aus beobachtet werden konnte, scheint die Umweltbewegung in Deutschland auf Tauchstation gegangen zu sein. Von Protestaktionen gegen BP hat man hierzulande bisher wenig gehört.

Dabei hatte die Nordelbische Kirche 1995 die bundesweit größte Boykottkampagne gegen den Shell-Konzern initiiert, weil er mit der Brent Spar eine Ölplattform in der Nordsee entsorgen wollte, die maximal 100 Tonnen Öl enthalten haben soll. Fälschlich wird dieser erfolgreiche Boykott Greenpeace zugeschrieben, weil deren Aktivsten die Ölplattform besetzt und damit das Thema populär gemacht hatten.

Nicht nur auf BP zeigen

Auch anlässlich des Öldesasters im mexikanischen Golf führt Greenpeace drastisch die Folgen vor Augen, will aber nicht zu einem BP-Boykott aufrufen. Es sei zu kurz gegriffen, nur BP zu kritisieren: „Während BP im Golf von Mexiko versagt, ist Shell weiter am Ölsandabbau in Kanada beteiligt – einem massiven Umweltverbrechen. Shell hält auch an Plänen zur Ölbohrung in der Arktis fest. In den arktischen Gewässern von Alaska ist heute noch, 21 Jahre nach der Havarie, frisches Öl aus der Exxon Valdez im Meer zu finden“, so Greenpeace in seiner Erklärung.

 Ähnlich argumentieren auch andere Umweltverbände, die sich skeptisch zu einem BP-Boykott äußern. Unbeeindruckt von solchen Argumenten wächst im Internet die Zahl der Boykottbefürworter. Auch die Stiftung Ethecon hat mit einem eigenen Boykottaufruf die Diskussion angeheizt. Der Boykott soll solange andauern, bis der Multi sich verpflichtet, für die materiellen Schäden und Folgewirkungen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko aufzukommen. Kritiker meinen etwa hingegen: Don’t boycott BP, boycott oil. 
 
http://www.heise.de/tp/blogs/2/148015

Peter Nowak

Soll man BP boykottieren?

Zu einem internationalen Boykott gegen den Ölkonzern BP und seine Tochterfirmen hat die »Stiftung für Ethik & Ökonomie« Ethecon aufgerufen. Dieser Boykott soll andauern, bis der Multi sich verpflichtet hat, für die materiellen Schäden und Folgewirkungen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko aufzukommen.

Na endlich, ist man versucht zu sagen. Schließlich sind mittlerweile mehr als 1000 Kilometer der US-Küste ölverseucht und ein Ende des Ölflusses ist nicht abzusehen. Doch während rund um die Welt der Ölaustritt am Meeresgrund per Webcam beobachtet werden kann, scheint die Umweltbewegung auf Tauchstation gegangen zu sein. Dabei war es Greenpeace Mitte der 90er Jahre gelungen, mittels einer internationalen Kampagne den Ölkonzern Shell unter Druck zu setzen, als er die Brent Spar, ein schwimmendes Erdöllager, am Grunde der Nordsee entsorgen wollte. Knapp 100 Tonnen Öl reichten damals für eine bundesweite Boykottkampagne.

Die Kampagne gegen Brent Spar wurde zum Symbol einer neuen Verbrauchermacht, zeigte aber auch schnell deren Grenzen. Denn es gibt eben nicht die vielen guten neben einzelnen besonders bösen Ölmultis. Sämtliche Ölkonzerne bohren nach Öl, wo sie können. Und eine sichere Ölbohrung gibt es so wenig wie sichere AKW. Doch solange Millionen Autos von diesem Öl abhängen, wird es kaum je einen Boykott gegen all diese Konzerne geben. Wäre dem Ethecon-Aufruf Erfolg beschieden, beschleunigte sich vielleicht der Abstieg von BP zum Übernahmekandidaten für einen der Konkurrenten. Doch das Problem riskanter Tiefseebohrungen bleibt. Bleiben also nur Lethargie und die Hoffnung auf technische Lösungen?

Nein, der Unfall müsste genutzt werden, um die Irrationalität des ölbasierten Verkehrssystems aufzuzeigen und Alternativen zu fördern. Dazu gehört in erster Linie ein preisgünstiger öffentlicher Nahverkehr, der vielen PKW-Nutzern den Umstieg attraktiv macht. Diesen Wandel würden die Ölkonzerne spüren. Und er brächte sozial gerechtere Mobilität.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/175036.soll-man-bp-boykottieren.html

Peter Nowak

Armut wohnt an der Autobahn

Linkspartei legt Studie über die Folgen des Baus innerstädtischer Betonschneisen vor
Die Ergebnisse einer repräsentativen Studie zu den Folgen des innerstädtischen Autobahnbaus für die Anwohner lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Wohngebiete entlang der Stadtautobahn weisen einen deutlich höheren Anteil von Erwerbslosen und sozial Benachteiligten auf. Das betreffe alle Bevölkerungsgruppen, betonte Sigmar Gude vom Stadtforschungsbüro TOPOS, das die Untersuchung im Auftrag der Linksfraktion des Bundestages gestern vorstellte. Untersucht wurde je ein Wohngebiet in Berlin und in Essen.

Handynummer eintragen und mit Glück und Geschick gewinnen:    >>hier klicken<<  »Beschäftigte, die in Autobahnnähe wohnen, haben niedrigere Einkommen, und auch die Renten älterer Bewohner sind in der Nähe der Autobahnen geringer«, so Gude. Autobahn-Anwohner haben ein um fast 50 Prozent höheres Armutsrisiko und sind um ein Drittel häufiger arbeitslos. Deshalb besitzen sie oft kein Auto. »Sie leiden unter den Folgen eines Individualverkehrs, an dem sie selber kaum beteiligt sind«, resümierte der Stadtforscher.

Der Zustand der Wohnhäuser ist nach der Studie schlechter, je näher sie an der Autobahn stehen. Der Leerstand nimmt zu. Auch die gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnahmen werden oft nicht eingehalten. So waren in einem großen Teil der autobahnnahen Wohnungen in Essen keine Lärmschutzfenster eingebaut, obwohl die gesetzlich vorgeschrieben sind. Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Heidrun Bluhm, nennt einen Grund für dieses Nichteinhalten geltender Bestimmungen: Lärmschutzmaßnahmen werden nur durchgeführt, wenn sie von den Anwohnern eingefordert werden. »Wenn die aber ihre Rechte gar nicht kennen, gehen sie leer aus«, so Bluhm. Die Linksparteivorsitzende Gesine Lötzsch kritisierte die Haltung vieler Länderpolitiker, die den Autobahnbau mit dem Argument befürworten, die Gelder dafür kämen vom Bund und müssten nun mal ausgegeben werden. Die sozialen Folgekosten des Autobahnbaus würden dabei oft nicht berücksichtigt, kritisiert auch Bluhm.

Das wird auch daran deutlich, dass Gude die bundesweit erste Studie erstellt hat, die die Auswirkungen des Autobahnbaus auf die Bewohner untersucht. Für Bluhm besteht die Konsequenz aus der Studie im Eintreten für eine Verkehrspolitik, »die Verkehr reduziert und vermeidet«.

Diese Forderung dürfte im Berliner Senat noch für viele Diskussionen sorgen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Woworeit will an der Verlängerung der Stadtautobahn A 100 von Neukölln nach Treptow festhalten und hat dafür auf dem jüngsten Landesparteitag seiner SPD eine knappe Mehrheit bekommen. Grüne und die LINKE lehnen das Projekt wie auch weiterhin große Teile der SPD ab.

Somit dürfte die Studie Wasser auf die Mühlen der Gegner des Projekts sein. Für die Verkehrsexpertin der Berliner Linksfraktion, Jutta Matuschek, weisen die Ergebnisse auf eine »fatale Perversion der Stadtentwicklung im Gefolge von Autobahnbauten hin«. Die angeblichen oder tatsächlichen Entlastungen in von Autobahnen entfernteren Quartieren gingen zu Lasten der ärmsten Bevölkerung. Matuschek fordert jetzt Lösungen, die den Weiterbau der A 100 entbehrlich machen.

Auch der außerparlamentarische Widerstand gegen das Projekt wächst. In den letzten Wochen haben die Aktionen der Autobahnkritiker zugenommen. Auf der heutigen Megaspree-Demonstration werden die A 100-Gegner einen der geplanten Sternmärsche organisieren.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/174962.armut-wohnt-an-der-autobahn.html

Peter Nowak

Weiter Salz in der Werra

Das Verwaltungsgericht Kassel hat vergangene Woche die Klage der thüringischen und hessischen Gemeinden Gerstungen, Herleshausen und Witzenhausen sowie einer Fischereigenossenschaft gegen eine Vereinbarung zwischen dem Kaliproduzenten K + S und den beiden Bundesländern zurückgewiesen. Diese erlaubt dem Unternehmen in den nächsten 30 Jahren weiter Salzlauge-Rückstände in die Flüsse Werra und Fliede zu leiten. Die von den CDU-Umweltministern von Thüringen und Hessen ausgehandelte Vereinbarung war auf Widerstand von Anrainern und Umweltverbänden gestoßen.

 In der Auseinandersetzung wird mit harten Bandagen gekämpft. Ein am 17. Februar 2010 im ZDF ausgestrahlter Beitrag zur Werraversalzung wurde von der Homepage des Senders genommen und wird nicht mehr ausgestrahlt, nachdem K + S dem Film mangelnde Objektivität vorgeworfen hatte. Dem Vorsitzenden der Werra-Weser-Anrainer-Konferenz Walter Hölzel wurde auf Antrag von K + S ein Zwangsgeld von 250 000 Euro angedroht, wenn er weiterhin in er Öffentlichkeit behauptet, die Rückstandshalden des Konzerns seien heute nicht mehr genehmigungsfähig, weil die negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu groß seien.

Die hessische Landtagsabgeordnete der LINKEN, Marjan Schott, monierte, dass mit der Vereinbarung Gesetze und Beschlüsse zum Schutz der Umwelt und natürlicher Ressourcen verletzt würden und warnte vor den hohen Folgekosten.

Ende Mai forderte auch der hessische Landesverband der Naturfreundejugend einen Stopp der Versalzung der Flüsse und berief sich dabei auf die Europäische Wasser-Rahmenrichtlinie, die Weichen für eine umweltverträgliche Wassernutzung stellen soll. In dem Beschluss der Naturfreundejugend wird auch an den Artikel 41 der hessischen Verfassung erinnert, in dem die »Sofortsozialisierung von Kohle und Stahl, Erzen und Kali, Energie und Eisenbahnen« festgeschrieben ist. Dieser Passus böte den Politikern die Handhabe, auch einen führenden Konzern, der hohe Gewinne im In- und Ausland macht, in die Schranken zu weisen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/174025.weiter-salz-in-der-werra.html

Peter Nowak

Umsonst durch die Stadt

Sozialer Ausgleich und Umweltschutz dank Freifahrt im Nahverkehr
Viele Großstädte ersticken buchstäblich im Verkehr. Eine stärkere Nutzung von Bus, Tram, U- und S-Bahn könnte da Wunder wirken. Doch die sind so manchem zu teuer. In Paris, Berlin und anderswo wollen linke und Umweltgruppen deshalb die kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel durchsetzen.
Jeder kennt das, kaum sitzt man in der Bahn, heißt es von mehreren Türen her: Die Fahrausweise bitte! Das Bündnis »Berlin fährt frei«, in dem das Berliner Sozialforum, die Gruppe »Für eine linke Strömung« (FELS) und Klimaaktivisten mitarbeiten, will dem ein Ende machen. In der vergangenen Woche hat das Bündnis seine Kampagne vorgestellt. Das Argument der leeren Kassen lassen die Freifahrtaktivisten nicht gelten. Natürlich fahren Bus und Bahn nicht umsonst, doch zur Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) könne man die faktische Subventionierung des PKW-Verkehrs verringern. Auf der Homepage www.berlin-faehrt-frei.de wird vorgerechnet, dass das Land Berlin seit 1991 umgerechnet rund drei Milliarden Euro für Straßenbau, Straßenunterhaltung und Straßenbeleuchtung ausgegeben, aber nur umgerechnet 1,9 Milliarden Euro an Kraftfahrzeugsteuer eingenommen hat.

 Die Förderung von Bussen und Bahnen und die Zurückdrängung des Autoverkehrs ist auch umweltpolitisch von großer Bedeutung, betont die Sozialwissenschaftlerin Sigrid Graumann vom Berliner Sozialforum. Sie sieht in der Verknüpfung von umwelt- und sozialpolitischen Forderungen die besondere Qualität von »Berlin fährt frei«. »Mobilität ist ein soziales Recht, das allen einkommensunabhängig zustehen muss. Berlin kann zudem seinen versprochenen Beitrag zum Klimaschutz nur leisten, wenn viele Autofahrer auf den ÖPNV umsteigen«, meint Graumann. Tatsächlich zeigten Studien aus Städten mit praktiziertem Nulltarif im Nahverkehr, wie dem belgischen Hasselt und dem brandenburgischen Templin, dass dort die Zahl der Pkw-Nutzer zurückgeht.

Die Beteiligung von Aktivisten aus der Klimabewegung im Bündnis »Berlin fährt frei« ist auch eine Folge von Diskussionen, die schon vor dem Klimagipfel im Dezember 2010 in Kopenhagen begonnen hatten und danach intensiver geführt wurden. »Wir müssen die Mobilisierung zu Großevents mit den Alltagskämpfen verbinden«, formuliert ein Klimaaktivist den Diskussionsstand. Ein Redner führt noch einen besonderen Grund an, warum er das Engagement von Klimaaktivisten für einen unentgeltlichen Nahverkehr für wichtig hält. »Oft seien Forderungen der Klimabewegung mit Einschränkung und Verzicht für Menschen mit niedrigen Einkommen verbunden«, meint er mit Bezug auf die Debatte um die Billigflüge. Durch die Nulltarifkampagne werde deutlich, dass sich klimapolitische und soziale Forderungen verbinden ließen. Zu den möglichen Bündnispartnern für die Nulltarifkampagne, zu denen Kontakt aufgenommen werden soll, könnte auch die LINKE gehören. Schließlich fordert sie in ihrem aktuellen Programmentwurf einen unentgeltlichen Öffentlichen Nahverkehr.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/173494.umsonst-durch-die-stadt.html

Peter Nowak

Bündnis macht mobil: Fahrtickets zum Nulltarif

 »Berlin soll die erste Großstadt werden, in der alle Bürger S-Bahn, U-Bahn, Busse und Tram ohne Fahrschein nutzen können« – das ist das Ziel eines Bündnisses aus Berliner Sozialforum und umwelt- und sozialpolitischen Initiativen. Am Mittwochabend stellte es seine Kampagne »Berlin fährt frei« öffentlich vor. Die Aktivisten wollen damit sozial- und umweltpolitische Forderungen verbinden.

 »Mobilität ist ein soziales Recht, das allen einkommensunabhängig zustehen muss«, erklärt ein Mitglied des Berliner Sozialforums. Dass die Fahrpreise Menschen mit geringen Einkommen an der Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) hindern, zeigte sich, als nach der Einführung der Sozialkarte die Zahl der Fahrgäste sprunghaft anstieg.

Ein Umstieg vom Pkw in den Bus oder die Bahn könne ein zentraler Baustein für eine neue Umweltpolitik sein, so ein umweltpolitischer Aktivist. Nachdem in Städten wie Templin oder auch im belgischen Hasselt ein kostenloser ÖPNV mit Erfolg eingeführt wurde, könnte Berlin als erste Großstadt hier Zeichen setzen.

Zunächst sollen weitere Bündnispartner gewonnen werden. Außerparlamentarische Initiativen gehören ebenso dazu wie Gewerkschaften. Auch zur Linkspartei sollen Kontakte geknüpft werden. Schließlich werde im aktuellen Programmentwurf ein unentgeltlicher Öffentlicher Nahverkehr Verkehr gefordert.

www.berlin-faehrt-frei.de

http://www.neues-deutschland.de/artikel/173317.buendnis-macht-mobil-fahrtickets-zum-nulltarif.html

Peter Nowak

Europaparlament vor Industrielobby eingeknickt?

Verbraucherschützer sind enttäuscht über Ablehnung der Lebensmittelampel durch EU-Parlament
Gestern hat das EU-Parlament mehrheitlich eine Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel abgelehnt. 398 Abgeordnete aus dem liberalen und konservativen Spektrum stimmten dagegen, 243 Mandatsträger aus dem sozialistischen, sozialdemokratischen und grünen Spektrum votierten dafür. Auch ein Antrag der europäischen Grünen, der es jedem Land freigestellt hätte, in Eigeninitiative eine verpflichtete Kennzeichnungspflicht einzuführen, wurde abgelehnt. Angenommen wurde dagegen ein Antrag der britischen Konservativen für eine freiwillige Kennzeichungspflicht.

Das Abstimmungsergebnis ist eine große Enttäuschung für Verbraucherschützer, die seit Jahren fordern, dass der Fett-, Salz- und Zuckergehalt von Lebensmittel durch gelbe, rote und grüne Punkte, die sogenannte Lebensmittelampel markiert werden soll. Dafür sprachen sich auch Ernährungswissenschaftler, Mediziner und Krankenkassen aus, die sich von der Kennzeichnung eine gesundheitsbewusstere Ernährung erhoffen.

Im Bundestag schien die Lobbyarbeit der Verbraucher von Erfolg gekrönt. Zustimmung für die Lebensmittelampel gab es bei Politikern aller Bundestagsparteien. Die Nahrungsmittelindustrie war gegen die Kennzeichnung, weil sie Umsatzeinbußen befürchtete. Produkte, die als gesunde Zwischenmahlzeiten beworben werden, würden dann als ungesund markiert.

Deswegen sehen Verbraucherschützer in der Ablehnung der Ampel einen Sieg der Lobbyarbeit der Nahrungsmittelhersteller. Nach einem Bericht der lobbykritischen Organisation Europe Observatory hat die Lebensmittelindustrie mehr als 1 Milliarde Euro für ein Gegenmodell gegen die Lebensmittelampel ausgegeben. Danach sollen die Fett- und Zuckeranteile in Prozentzahlen angegeben werden. Ein einflussreiches Mitglied des zuständigen Kommitees – Committee on Environment, Public Health and Food Safety (ENVI) – stellt in einem Interview die offensive Art heraus, wie Industrievertreter ihre Argumente in die Verhandlungen streuten und ihre Positionen zu Tagesordnungspunkten machten.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147844

Peter Nowak

Eine Kampagne fordert Schwarzfahren für alle

VERKEHR „Berlin fährt frei“ will Umsonstfahren in Bus und Bahn für alle durchsetzen
Berlin soll die erste Großstadt werden, in der alle Bürgerinnen und Bürger S-Bahn, U-Bahn, Busse und Tram ohne Fahrschein nutzen können. Dieses Ziel hat sich ein Bündnis aus Berliner Sozialforum, Umwelt- und sozialpolitischen Initiativen mit der Kampagne „Berlin fährt frei“ gesetzt. Die Forderungen scheinen angesichts der regelmäßigen Preiserhöhungen beim öffentlichen Nahverkehr in Berlin utopisch. Dabei kann man in diversen Städten schon lange ohne Ticket den Nahverkehr nutzen, Hasselt in Belgien gehört dazu wie Templin in Brandenburg.

Sigrid Graumann hält ein solches Modell auch in einer Metropole wie Berlin für realisierbar. Die Sozialwissenschaftlerin und Aktivistin des Berliner Sozialforums sieht den besonderen Stellenwert der Nulltarifkampagne in der Verknüpfung von umwelt- und sozialpolitischen Forderungen. „Mobilität ist ein soziales Recht, das allen einkommensunabhängig zustehen muss. Berlin kann zudem seinen versprochenen Beitrag zum Klimaschutz nur leisten, wenn viele Autofahrer auf den ÖPNV umsteigen“, betont Graumann. Studien aus Städten mit praktiziertem Nulltarif im Nahverkehr zeigten, dass dort die Zahl der AutofahrerInnen zugunsten der ÖPNV-NutzerInnen zurückgehe. Auch in Berlin sei nach der Einführung des Sozialtickets die Nutzung des Nahverkehrs sprunghaft angestiegen. Daraus werde deutlich, dass die hohen Preise eine große Hürde bei der Nutzung von Bussen und Bahnen sind.

Auch das Argument der leeren Kassen halten die Freifahrt-AktivistInnen für nicht stichhaltig. Natürlich müsse der ticketfreie Nahverkehr gegenfinanziert werden. Doch ein Umstieg auf eine umweltfreundliche und ressourcensparende Verkehrspolitik werde auf längere Sicht zu Kosteneinsparungen führen, heißt es auf der Homepage der Initiative. Dort wird vorgerechnet, dass das Land Berlin seit 1991 umgerechnet rund 3 Milliarden Euro für Straßenbau, Straßenunterhaltung und Straßenbeleuchtung ausgegeben, aber nur umgerechnet 1,9 Milliarden Euro an Kraftfahrzeugsteuer eingenommen hat.

Infoveranstaltung: 16. Juni, 19.30 Uhr, Kinzigstraße 9

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F06%2F15%2Fa0075&cHash=48f446e2f3

Peter Nowak