Erst Mubarak, dann Ben Ali, jetzt Seyed Ali

Auch im Iran gehen die Menschen wieder auf die Straße, doch das Regime reagiert mit massiver Repression – ein Gespräch mit der Exiliranerin Mila Mossafer
Während die Niederschlagung des Aufstands in Libyen im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit steht, ist es sehr ruhig um den Iran geworden, wo die starke Oppositionsbewegung im letzten Jahr Schlagzeilen machte. Auch im Iran hat sich die Protestbewegung wieder auf die Straßen zurück gemeldet. Die Regierung will mit Massenfestnahmen verhindern, dass sich die die Proteste ausbreiten und versucht auch zu verhindern, dass sie international bekannt werden. In den letzten Tagen sind nach Angaben von Oppositionellen mehr als 200 Menschen festgenommen worden, um weitere Proteste zu unterbinden. Wohl mit Erfolg.
   

Schon seit Monaten sind besonders Intellektuelle und Kulturschaffende im Visier des Regimes. Eine Kommission mit dem bezeichnenden Namen „Denkfabrik für eine sanfte Sicherheit“ hat sie zum Hauptfeind erklärt, wie der exiliranische Publizist Bahman Nirumand schreibt. In einer von dieser Denkfabrik vorgelegten Broschüre geraten auch Künstler ins Visier, die sich nicht explizit als Oppositionelle verstehen.

Über die aktuelle Situation im Iran sprach Peter Nowak mit Mila Mossafer. Die langjährige politische Gefangene im Iran lebt in Berlin und ist im Komitee zur Unterstützung der politischen Gefangenen im Iran-Berlin aktiv. Es wurde 1997 während eines Hungerstreiks von politischen Gefangenen im Iran mit dem Ziel gegründet, die politischen Gefangenen zu unterstützen und für den Sturz des islamischen Regimes einzutreten.

 Am 1. März gab es im Iran wieder Protestaktionen. Was war der Grund?

Mila Mossafer: Der Anlass der Demonstrationen war die Nachricht von der Verhaftung der beiden Politiker Mussawi und Karrubi und deren Verschleppung an einen unbekannten Ort. Bei den Protesten, die in Teheran, Maschhad, Schiras und Isfahan stattfanden, gingen nicht nur die Anhänger von Mussawi und Karrubi auf die Straße. Die Demonstranten forderten nicht nur die Freilassung dieser in den westlichen Medien gezielt zu Oppositionsführern erklärten Politikern, sondern die Freilassung aller politischen Gefangenen und den Sturz des islamischen Systems.

 Geht die Opposition über die von Mussawi und Karrubi eingeschlagenen Kurs hinaus?

Mila Mossafer: Anders als in vielen westlichen Medien dargestellt, gehörte ein Großteil der iranischen Protestbewegung nie zu den Anhängern von Mussawi und Karrubi. Beide sind jahrelange Funktionäre des islamischen Regimes und haben sich an der Unterdrückung Oppositioneller beteiligt. Sie haben immer betont, dass sie hinter der islamischen Verfassung und der islamischen Republik stehen.

Ein Großteil der Protestierenden forderte aber schon bei den Demonstrationen im letzten Jahr den Sturz der islamischen Republik. Bei den jüngsten Protesten wurde noch deutlicher, dass die Bewegung sich nicht auf eine Verteidigung von Mussawi und Karrubi reduzieren lässt. Die Demonstranten schweigen nicht mehr, und ihre Parolen stellen das System insgesamt infrage.

„Bisher fehlt noch eine politische Organisation“

 Fürchtet das Regime, dass die Revolte aus den Nachbarländern auf den Iran übergreift?

Mila Mossafer: Auf jeden Fall. Zu Beginn der Aufstände versuchte das Regime die Bewegungen noch als Fortsetzung der islamischen Revolution zu vereinnahmen. Doch bald kamen im Fernsehen und im Internet keine Meldungen über die Aufstände mehr. Die Opposition hat die Proteste genutzt, um wieder auf die Straße zu gehen. Die massive Repression, die bis zur Hinrichtung von Oppositionellen reichte, hatte dazu geführt, dass im letzten Jahr Straßenproteste nicht mehr möglich waren. Eine Parole bei den letzten Protesten lautete: „Mubarak, Ben Ali, jetzt Seyed Ali“. Damit ist geistige Führer des Iran Khamenei gemeint.

 Wie steht um die Organisierung des Protests?

Mila Mossafer: Bisher fehlt noch eine politische Organisation, die den Protesten, die sich nicht auf de Linie von Mussawi und Karrubi befinden, eine gemeinsame Plattform gibt. Es gibt allerdings Menschenrechtsorganisationen, wie die Mütter vom Tulpenpark. Der Name kommt von dem Park in Teheran, wo sich die Angehörigen von ermordeten politischen Gefangenen der 80er Jahre mit Angehörigen von Opfern der aktuellen Repression einmal in der Woche treffen. Am Anfang hatte sich die Gruppe u.a. vor dem Eingang des berüchtigten Teheraner Ewin-Gefängnis getroffen.

 Beteiligen sich auch Lohnabhängige an den Protesten?

Mila Mossafer: Es gibt regelmäßig Proteste und Streiks von Arbeitern um ihre unmittelbaren Interessen, wie den Kampf um nicht ausgezahlte Löhne und gegen schlechte Arbeitsbedingungen. Diese Proteste haben kaum Verbindung zu der Demokratiebewegung. Das liegt auch an einer fehlenden politischen Organisation, aber auch an der Verfolgung aktiver Gewerkschafter und Arbeiteraktivisten.

 Warum scheint das Regime in Teheran fester als in Ägypten oder in Tunesien die Macht zu behaupten?

Mila Mossafer: Die Bedingungen sind unterschiedlich. Im Iran sind die Armee und die Milizen Teil des Machtapparates und im Besitz von Banken und Industrieanlagen. Durch einen Sturz des Regimes hätten sie also viel zu verlieren. Dadurch werden sie anders als in Ägypten oder Tunesien kaum die Seiten wechseln. Zudem kann sich das Regime noch auf Teile der Landbevölkerung stützen, die durch den Bau einer Brücke oder eines sozialen Einrichtung zur Loyalität mit dem Regime veranlasst wird. Allerdings wächst auch im Iran der Teil der Bevölkerung, die in den Städten leben.

 Wie kann die Oppositionsbewegung von Deutschland aus unterstützt werden?

Mila Mossafer: Wichtig ist zu erkennen, dass die Debatten über militärische Angriffe auf den Iran nicht der Opposition, sondern dem Regime nützen, weil sie dann die nationalistische Karte spielen kann. Neben der Solidarität mit den politischen Gefangenen sollte die linke Bewegung vor allem dafür sorgen, dass der Export von Technologien aus Deutschland gestoppt wird, mit denen die Oppositionsbewegung bekämpft werden. So wurden die Handys von Oppositionellen mit Programmen abgehört, die von Siemens-Nokia produziert werden. Zudem sind auf Fotos Militärfahrzeuge von Daimler-Chrysler zu sehen, die gegen die Demonstranten eingesetzt werden.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/34/34301/1.html

Peter Nowak

»Schlag ins Gesicht«

Aktivistin Brigitte Vallenthin über eine Hartz-IV-Reform, die keine ist / Brigitte Vallenthin ist Gründerin der »Hartz4-Plattform«. Kürzlich ist ihr Buch »Ich bin dann mal Hartz IV« erschienen

ND: Wie wird das Ergebnis der Hartz-IV-Verhandlungen bei den Betroffenen aufgenommen?
Vallenthin: Es wird als Schlag ins Gesicht wahrgenommen. Die Erhöhung um fünf Euro gleicht nicht einmal die Teuerungsrate aus. Die Missachtung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ist offenkundig. Das Gericht hatte eine transparente Berechnung angemahnt. Nun soll es in diesem Jahr ein Häppchen beim Existenzminimum geben und im nächsten Jahr noch einmal ein Häppchen verteilt werden. Das ist absurd, denn wenn die fünf Euro nicht dem Existenzminimum entsprechen, muss die Erhöhung sofort erfolgen.

Wie beurteilen Sie die Rolle der SPD bei den Verhandlungen?
Wir haben die Rückkehr der Agenda-2010-SPD erlebt. Es ist sicher kein Zufall, dass das Ergebnis der Verhandlungen erst nach der Hamburg-Wahl bekannt gegeben wurde, wo mit Olaf Scholz ein erklärter Hartz-IV-Befürworter gewonnen hat. Die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss werden von einem großen Teil der Betroffenen als Täuschungsmanöver wahrgenommen. Es ging nicht um ihre Interessen, sondern um parteipolitisches Kalkül.

Sie kritisieren in Ihrem Buch, dass Hartz IV zu sehr auf den finanziellen Aspekt reduziert wird. War die Debatte dann nicht ohnehin ganz falsch angelegt?
Der Regelsatz ist wichtig. Durch die Fokussierung auf die finanzielle Seite wird allerdings oft nicht genug erwähnt, welche weiteren Verschlechterungen auf die Betroffenen zukommen.

Können Sie einige Beispiele nennen?
Bisher musste das Amt den Betroffenen vor Sanktionen eine rechtsmittelfähige schriftliche Ankündigung machen. In Zukunft soll es ausreichen, wenn der Sachbearbeiter behauptet, der Erwerbslose habe von den Sanktionen Kenntnis.

Eine weitere Verschlechterung ist die Pauschalierung der Kosten für die Unterkunft durch die Kommunen. Sie können künftig einen bestimmten Betrag für die Miet- und Heizkosten festlegen. Den Rest muss der Erwerbslose von seinem Regelsatz zahlen. Es ist zu befürchten, dass die klammen Kommunen die Summe nach Kassenlage bestimmen werden. Verbände warnen schon jetzt vor steigender Obdachlosigkeit von Erwerbslosen.

War es nicht ohnehin illusorisch, von einem Richterspruch Verbesserungen für Erwerbslose zu erwarten?
Es ist immer trügerisch, zu viele Hoffnungen in den Staat und in die Gerichte zu setzen. Doch der Gang nach Karlsruhe hat den Erwerbslosen mehr Öffentlichkeit gebracht. Es gab eine kurze Zeit nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wo nicht nur Propaganda durch den Blätterwald rauschte. Es wurde auch über die tatsächliche Situation der Betroffenen geredet. Deswegen werden wir von der Hartz4-Plattform nach Inkrafttreten des Gesetzes erneut den Rechtsweg beschreiten, ohne uns Illusionen über die Gerichte zu machen.

Zeigt die Orientierung vieler Erwerbsloser an den Gerichten nicht auch eine Schwäche der Erwerbslosenbewegung?
Dass die Betroffenen schwer zu mobilisieren sind, liegt unter anderem daran, dass ihnen das Geld fehlt, um zu Demonstrationen zu fahren. Außerdem hat das Hartz-IV-Regime nicht nur eine finanzielle Seite. Das muss man immer wieder betonen. Die damit verbundenen Schikanen und Demütigungen setzen viele Betroffene psychisch so unter Druck, dass sie nicht mehr die Kraft zu Protesten haben.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/191781.schlag-ins-gesicht.html

Fragen: Peter Nowak

Großer Aufwasch bei Accor

Filmdoku über Arbeitskampf von Reinigungskräften in Frankreich

Einigen sind die express-Berichte über den Arbeitskampf der drei Dutzend Reinigungskräfte gegen die Hotelkette Accor in Frankreich sicher noch in Erinnerung: Über drei Jahre, von 2002 bis 2004, hatten wir diese Auseinandersetzung publizistisch und mit Veranstaltungen begleitet. Nicht zuletzt ging es um die Frage, ob und inwiefern politischer und ökonomischer Druck auf den „Generalunternehmer“ in dieser von extremer Fragmentierung und Subunternehmertum geprägten Branche erfolgreich sein kann. Neben den Erfahrungen und Ergebnissen der Auseinandersetzung, die in der Reihe Ränkeschmiede (Nr. 14) festgehalten sind, ist nun eine filmische Dokumentation erschienen, die für gewerkschaftliche und öffentliche Diskussionsveranstaltungen genutzt werden kann:

„Kämpfen – wie in Frankreich“, lautet eine viel strapazierte Parole, wenn es um Streiks und Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit geht. Der Film „Großer Aufwasch im Subunternehmen“, der jetzt auf Deutsch erhältlich ist, zeigt, was damit gemeint sein kann. Er dokumentiert den jahrelangen Kampf von Reinigungsfrauen, meist afrikanischer Herkunft, die in Hotels der Accor-Kette in Frankreich für die Senkung des Arbeitsakkords und die Bezahlung nach Arbeitsstunden statt nach geputzten Hotelzimmern kämpfen. Der Film zeigt einen Streik, wie er in Deutschland kaum denkbar wäre: Die Frauen besetzen Hotelfoyers und lassen sich dort zum Picknick nieder. Unter den Augen der empörten Hotelleitung und mancher nicht minder empörter Hotelgäste, die beim Essen nicht von den Belangen des Reinigungspersonals gestört werden wollen, das ihnen die Zimmer sauber zu halten hat, machen die Frauen deutlich, dass sie sich nicht wegschieben und auch nicht den Mund verbieten lassen werden.
In einem der Hotels hinterlassen die Frauen gemeinsam mit dem Unterstützungskomitee soviel Unordnung, dass es für einige Stunden geschlossen werden muss. Der Film zeigt, mit welcher Gelassenheit diese Menschen Aktionen des zivilen Ungehorsams praktizieren, sich dabei völlig offen äußern und fotografieren lassen. Auch der Druck von Ehemännern und Verwandten kann ihre Kampfbereitschaft nicht dämpfen. Eine Frau berichtet, wie sie während des Streiks von den Eltern ihres Mannes unter Druck gesetzt wurde, den Streik abzubrechen, weil sie doch zum Arbeiten nach Frankreich gekommen sei.
„Großer Aufwasch im Subunternehmen“ dokumentiert damit auch ein Beispiel, wo es die Männer sind, die Druck auf die streikenden Frauen ausüben – und nicht umgekehrt, wie es oft in der Geschichte der ArbeiterInnenbewegung erscheint.

Nachdem die Frauen dem Accor-Konzern und seinen Subunternehmen endlich einen akzeptablen Vertrag abgerungen haben, wird Faty Mayant, eine der Streikaktivistinnen der ersten Stunde, entlassen. Gemeinsam mit einem Solidaritätskomitee nimmt sie den Kampf dagegen auf und lässt sich auch von Polizei und Hotelleitung nicht einschüchtern. Dabei hat sie noch nicht einmal die Unterstützung all jener Frauen, die jahrelang mit ihr gestreikt haben. Doch in dieser Situation zeigt sich, wie wichtig die Arbeit des Solidaritätskomitees ist. Der Film dokumentiert, mit welcher Entschlossenheit Faty Mayant für ihre Sache streitet und schließlich einen Teilerfolg erzielt. Ihren Job bekommt sie zwar nicht zurück, doch erhält sie eine finanzielle Abfindung. Die Filmemacherin Ivora Cusack und das Kollektiv 360°, das die Streikenden begleitet hat, machen in dem Film deutlich, dass die Reinigungskräfte von Accor und insbesondere Faty Mayant mit ihrem Kampf auch vielen anderen Mut gemacht haben, gegen unhaltbare Zustände an ihren Arbeitsplätzen aufzustehen – und dies in einer Branche, die exemplarisch für die Informalisierung, Prekarisierung und Individualisierung von Arbeitsverhältnissen und damit für die These der „Unorganisierbarkeit“ steht.
 
Peter Nowak

„Großer Aufwasch im Subunternehmen“, Frankreich 2010, 70 min., mit deutschen Untertiteln
Produktion/Vertrieb: Kollektiv 360° et même plus
Bestellungen über: http://remue-menage.360etmemeplus.org/
Der Film kann für öffentliche und gewerkschaftliche Schulungs- und/oder Diskussionsveranstaltungen zur Verfügung gestellt werden und kostet, je nach Finanzausstattung der Veranstalter, zwischen 25 und 100 Euro (Solidaritätsveranstaltungen kostenlos).

Peter Nowak

aus Express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 1/2011

http://www.labournet.de/express/index.html

Maoistische Anklänge und Harmonie

Von Fabrikarbeitersuiziden über »Bossnapping« bis hin zur Situation von Sexarbeiterinnen – in einem neuen Sammelband untersuchen Wissenschaftler und Aktivisten die aktuelle Lage der Arbeiterklasse in China.
»Sie setzten den Direktor auf die Ladefläche eins Pritschenwagens und zwangen ihn, die schmerzhafte und erniedrigende Flugzeug-Haltung einzunehmen – vorgebeugt und mit den Armen zur Seite ausgestreckt.« Diese Beschreibung eines »Bossnapping« bei einem Streik von Seidenwebern in der chinesischen Provinz Sichuan verdanken wir dem Hongkonger Sozialwissenschaftler Chris King-Chi Chan. Der Bericht findet sich in einem neuen Sammelband zur Situation der Arbeiterklasse in China.

 Vor zwei Jahren war im gleichen Verlag ein Buch über die chinesischen Wanderarbeiterinnen erschienen, die aus ihren Dörfern in die Weltmarktfabriken zum Arbeiten kommen. In dem neuen Band wurde das Blickfeld erweitert. Neun Wissenschaftler und ein sozialpolitischer Zusammenhang analysieren die Situation der unterschiedlichen Sektoren der chinesischen Arbeiterklasse. So widmet sich US-Anthropologin Zhan Tiantian chinesischen Sexarbeiterinnen, die offiziell als Hostessen bezeichnet werden. Sie zeigt auf, dass die regierungsoffizielle Anti-Prostitutionskampagne ihre Arbeitsbedingungen verschlechtert. Über Formen des Widerstands gibt es in dieser Branche indes wenig zu berichten.

Die unterschiedlichsten Formen des Widerstands, von individuellen Verzweiflungstaten bis zu kollektiver Gegenwehr, werden im Buch vorgestellt. Für internationale Aufmerksamkeit sorgte ein Streik beim Autokonzern Honda im Mai und Juni 2010. Die Hintergründe der Arbeitsniederlegungen werden detailliert untersucht und betont, dass die Arbeitsniederlegungen ohne jegliche gewerkschaftliche Unterstützung von den Arbeitern selbst organisiert wurden. Beim Autokonzern Foxconn hingegen lenkten mehrere Selbstmorde von Beschäftigten den Blick auf die schlechten Arbeitsbedingungen.

Bei ihren Protesten benutzten die Beschäftigten oft Losungen aus der maoistischen Tradition. »Die Arbeiter sind die Herren des Staates. Nieder mit der neu entstandenen Bourgeoisie. Ja, zum Sozialismus. Nein, zum Kapitalismus«, lauteten die Parolen auf Transparenten, mit denen Arbeiter aus der Eisen- und Stahlindustrie in der Provinz Liaoning auf die Straße gegangen sind. Mehrere Autoren berichten über maoistische Bezüge auch bei anderen Kämpfen. Die in Hongkong lehrende Sozialwissenschaftlerin Pun Ngai zeigt in einem kurzen historischen Abriss auf, dass bis Ende der 70er Jahre der Klassenkampf in der offiziellen chinesischen Politik eine große Rolle spielte. Erst in den 80er Jahren sei auch in China offiziell Karl Marx durch Max Weber ersetzt worden. Ngai betont, dass ein aktueller Klassenbegriff sinnvoller- weise nur als Waffe von unten in den Fabriken und Arbeiterwohnheimen neu begründet werden kann. Dafür liefert das Buch viele Beispiele.

Mehrere Autoren setzen sich in dem Buch kritisch mit unterschiedlichen Integrationsversuchen der Arbeiterkämpfe auseinander. Dazu gehört für sie auch der veränderte Diskurs der chinesischen Regierung, die für ihr Konzept einer harmonischen Gesellschaft Gewerkschaften als Sozialpartner akzeptiert. Dazu gehören auch die neu eingerichteten und von den Beschäftigten häufig genutzten Schlichtungsverfahren bei Problemen am Arbeitsplatz. Kritisch wird auch der Versuch bewertet, aus kämpferischen Arbeitern Bürger mit Rechten zu machen. Genauso kritisch müssen auch die falschen Freunde der chinesischen Arbeiter in den westlichen Ländern eingeschätzt werden, die die berechtigten Kämpfe der chinesischen Beschäftigten gleich zu einem Kampf gegen das chinesische Gesellschaftssystem hochstilisieren wollen.

Pun Ngai, Ching Kwan Le, u.a.: Aufbruch der zweiten Generation, Wanderarbeiter, Gender und Klassenzusammensetzung in China. Berlin/Hamburg 2010. Verlag Assoziation A, 294 Seiten, 18 Euro.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/190665.maoistische-anklaenge-und-harmonie.html

Peter Nowak

NS-Falschgeldaktion

Durch den preisgekrönten Film „Der Fälscher“ wurde ein bisher wenig beachtetes Kapitel der NS-Verbrechensgeschichte bekannt. Im Rahmen der „Operation Bernhard“ mussten jüdische Zwangsarbeiter im KZ-Sachsenhausen Falschgeld herstellen. Florian Osuch hat sich in der Abschlussarbeit seines Diplomingenieur-Studiums im Bereich Drucktechnik diesem Thema gewidmet. Das daraus entstandene Buch beginnt mit einem kurzen historischen Exkurs über die Geschichte von Geldfälschungen seit der Antike. Osuch arbeitet die besondere verbrecherische Qualität der NS-Falschgeldaktion heraus, die in einem abgeschirmten Bereich im KZ Sachsenhausen durchgeführt wurde. 142 Drucker, Graveure und Schriftsetzer wurden zwischen 1942 und 1944 in die Fälscherwerkstatt verschleppt; sieben erkrankte Häftlinge wurden von der SS erschossen. Die Nazis wollten mit der Falschgeldaktion zunächst Großbritannien und später auch die USA ökonomisch destabilisieren. Mit der absehbaren Niederlage des NS-Regimes dienten die gefälschten Geldmengen auch dazu, NS-Verantwortlichen die Flucht nach Spanien oder Lateinamerika zu erleichtern. Adolf Burger, einer der letzten Überlebenden der „Operation Bernhard“, mit dem Osuch Gespräche führte, berichtet auch, wie die Zwangsarbeiter unter Lebensgefahr den Druck des Falschgeldes verzögerten und so einen Beitrag zum Widerstand leisteten. In seinem Fazit kommt Osuch zu dem Schluss, dass die „Operation Bernhard“ der britischen Ökonomie beträchtlichen Schaden zugefügt hat. Noch in den 1950er Jahren mussten zahlreiche Geldscheine aus dem Verkehr gezogen werden. Im Anhang listet Osuch die Namen von 70 an der Falschgeldaktion federführend beteiligte NS-Tätern auf. Es wäre lohnend zu erforschen, wie viele davon später das Falschgeld für den Einstieg in die Post-NS-Ära nutzten.

 http://www.akweb.de/ak_s/ak557/33.htm

Peter Nowak

Florian Osuch: „Blüten“ aus dem KZ. Die Falschgeldaktion „Operation Bernhard“ im Konzentrationslager Sachsenhausen. VSA-Verlag, Hamburg 2009. 136 Seiten, 12,80 EUR

Gegen Krieg und Kürzungen?

Inge Höger zu Protesten gegen die Verlängerung des Afghanistanmandats / Höger, LINKE-Abgeordnete im Bundestag und abrüstungspolitische Sprecherin, ist aktiv im Bündnis gegen Mandatsverlängerung

ND: Am Freitag wurde im Bundestag in erster Lesung die Verlängerung des Afghanistanmandats behandelt. Bis zur endgültigen Abstimmung soll gegen diese Kriegsverlängerung demonstriert werden.
Höger: Ende Januar wird über die Verlängerung des Bundestagsmandats in Afghanistan abgestimmt. Dort wird eine Mehrheit dafür stimmen, obwohl sich in allen Umfragen eine Mehrheit der Bevölkerung gegen den Afghanistaneinsatz ausspricht. Am heutigen Sonnabend wird das Bündnis gegen die Mandatsverlängerung mit einem bundesweiten dezentralen Aktionstag seinen Protest auf die Straße tragen. Im Berliner Stadtteil Neukölln wird es eine Demonstration unter dem Motto »Bundeswehr und NATO raus aus Afghanistan – Gemeinsam gegen Krieg, Besatzung und Rassismus« geben. Dort bin ich eine der Rednerinnen. Auch in Hamburg, Stuttgart, Köln, Essen, Bonn und Duisburg wird es Aktionen gegen die Mandatsverlängerung geben.

Ersetzt das Bündnis gegen Mandatsverlängerung die Arbeit der Friedensbewegung, die in letzter Zeit wenig Zulauf hatte?
Die Bündnisse sind von Ort zu Ort unterschiedlich. Aber es gibt gute Kontakte zu Gruppen der Friedensbewegung. Daneben beteiligen sich seit der Mobilisierung gegen die NATO-Konferenz 2009 in Straßburg auch Antifagruppen und autonome Antimilitarismusgruppen an den Protesten. Auch der Kontakt zu migrantischen Gruppen hat sich in der letzten Zeit verbessert. Die LINKE ruft dazu auf, sich an den Aktionen zu beteiligen.

Spielt der Zusammenhang zwischen Krieg und Sozialkürzungen in dem Bündnis eine Rolle?
Für mich auf jeden Fall und im Bündnis wird auch darüber diskutiert. Das Geld, das für Rüstung und Kriegseinsätze ausgegeben wird, fehlt bei der Bildung oder bei dem Geld für Erwerbslose. Leider ist es bisher nicht gelungen, die DGB-Gewerkschaften in den Protest gegen den Afghanistaneinsatz einzubeziehen.

Lässt nicht die Beliebtheit, die ausgerechnet der Bundesverteidigungsminister laut Umfragen genießt, daran zweifeln, dass die Mehrheit der Bevölkerung den Afghanistankrieg ablehnt?
Der Minister wird von einem Großteil der Medien gepusht und kommt auf große Zustimmungswerte. Ich glaube, dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Zusammenhang zu seiner aktiven Rolle im Afghanistaneinsatz herstellt. Und dass er das Massaker der Bundeswehr in Kundus zunächst vertuscht hat, wird ebenfalls häufig ausgeblendet. Es ist auch Aufgabe der antimilitaristischen Bewegung, darauf hinzuweisen.

Sind über dieses Wochenende hinaus weitere Aktionen gegen den Afghanistaneinsatz geplant?
Es gab im letzten Jahr Aktionen wie den Fuldaer Appell, wo auf lokaler Ebene unter Einbeziehung des DGB Unterschriften für ein Ende des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr gesammelt wurden. Zurzeit werden Unterschriften unter einem Appell von Friedensorganisationen zu einem Ende des Afghanistankriegs gesammelt. Am 28. und 29. Januar lädt die LINKE im Bundestag unter dem Motto »Das andere Afghanistan« zu einer Konferenz ins Berliner Paul-Löbe-Haus ein, an der die afghanische Frauenrechtlerin Malalai Joya teilnehmen wird. Am 19. und 20. Februar organisiert die Friedensbewegung gemeinsam mit dem entwicklungspolitischen Zusammenhang Venro einen Afghanistankongress in Hannover, wo über Perspektiven für konkrete Schritte zu Frieden und Entwicklung in Afghanistan diskutiert werden soll.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/189119.gegen-krieg-und-kuerzungen.html

Fragen: Peter Nowak

Termine unter: 3a.blogsport.de/mandatsverlaengerung/

Suche nach Protestidee für alle

Linke.SDS wächst weiter / Bundeskongress in Regensburg
Sascha Collet (S.C.) hat das Magisterstudium in Soziologie und Philosophie abgeschlossen und wurde am Wochenende zum Bundesgeschäftsführer des Studierendenverbandes Die Linke.SDS gewählt. Über die Ergebnisse des Bundeskongresses in Regensburg sprach Peter Nowak mit ihm.
ND: Was war der Schwerpunkt des Kongresses in Regensburg?

Collet: Wir haben die Perspektiven von Die Linke.SDS für 2011 festgelegt. Viele Anträge auf dem Kongress haben sich mit inhaltlichen Themen beschäftigt.
 Ökologie wurde dabei ebenso angesprochen wie der antimuslemische Rassismus. Einen Schwerpunkt bildete  die   selbstkritische Beschäftigung mit der Entwicklung  des Verbands.    
ND: Wurde auch kritisiert, dass der Verband an den Hochschulen stagniert und zu viele außeruniversitäre Aktionen unternimmt?                                                                            

 S.C.:   Wir machen nicht nur Hochschulpolitik sondern Politik an der Hochschule und  mobilisieren daher auch in diesem Jahr gegen den Neonaziaufmarsch in Dresden. Allerdings  haben wir auf den Kongress ein hochschulpolitisches Qualifizierungssemester beschlossen.    Damit  wollen wir uns mit konkreten Problemen an den Hochschulen , wie beispielsweise die doppelten Jahrgänge im nächsten Semester in manchen Bundesländern, auseinandersetzen.  

ND: Wurde auch  über die Ursachen und mögliche Gegenstrategien zur momentanen Flaute der Proteste an den Hochschulen diskutiert?                                                                          

S.C.:   Für das Abflauen der Proteste gibt es  eine ganze Reihe von Ursachen.   Die Ermüdungserscheinungen mancher Aktivisten, die oft ein ganzes Semester für die Proteste geopfert haben, gehören dazu. Aber auch die Belastung der Bachelorstudierenden, die derart mit dem Studium beschäftigt sind, dass sie keine Zeit mehr für politische Aktivitäten haben.      Wir wollen das Semester nutzen, um die Debatte weiterzuführen und auch um Vorschläge zu entwickeln, wie wir die Proteste an den Hochschulen  fortsetzen können. 

ND:Das klingt ziemlich vage.                                                                                             

 S.C.:   Wir hatten schon im letzten Jahr den Vorschlag  eines Besetzungsstreiks in die Debatte geworfen, sind aber auch für andere Aktionsvorschläge offen. Es muss darum gehen, möglichst viele Studierende in die Proteste einzubinden. 

ND: Hat das Interesse am Verband mit dem Abflauen der Studierendenproteste nachgelassen?               

 S.C.:  Nein, diesen Zusammenhang gibt es nicht.  Sicherlich sind am Ende der Studierendenproteste, als sich abzeichnete, dass die Bewegung abflaut, viele Aktivisten in den    Verband eingetreten, weil sie sich weiterhin politisch engagieren wollten.       Aber auch jetzt wächst Die Linke.SDS weiter und  neue Gruppen entstehen.   

ND: Spielte es auf dem Kongress die Entwicklung der Linken eine Rolle?                               

S.C.: Wir hatten so viele andere Themen auf der Tagesordnung. Deshalb hat die Entwicklung in der Linken dieses Mal keine große Rolle gespielt.

ND: Im Streit um die Kommunismusäußerungen von Gesine Lötzsch mit der Parteivorsitzenden geäußert. Ist dieses Bekenntnis im Verband umstritten.                                                                                                                 

 S.C.:  Unser Ziel ist eine herrschaftsfreie und klassenlose Gesellschaft, die unter den Begriff Kommunismus zusammengefasst werden kann. Dabei  leugnen wir keineswegs die Verbrechen in den realsozialistischen Ländern. Die Konsequenz für uns lautet, dass Kommunismus ohne individuelle Freiheit undenkbar ist, was schon Karl Marx betonte.  Mit der Solidaritätserklärung  unterstützten wir Gesine Lötzsch  gegen eine Kampagne.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/188664.suche-nach-protestidee-fuer-alle.html

Peter Nowak

Lob der Lagerfeuer-Initiative

Vom Sturm auf die Gipfelorte zur Blockade – der libertäre Teil der globalisierungskritischen Bewegung

Während die globalisierungskritische Bewegung in der Flaute ist, scheint das Interesse an der Zeit zu wachsen, als internationale PolitGipfel von länderübergreifenden Massenprotesten begleitet waren. So hat der Laika-Verlag gerade einen Film von Verena Vargas wieder ausgegraben, die den Sonderzug von Globalisierungskritikern zu den G8-Protesten nach Evian im Juni 2003 begleitet hatte. In »evainnaive« zeigt Vargas auch, wie in zahlreichen Plena in einem speziellen Waggon die direkte Demokratie auf die Probe gestellt wurde. Für den israelischen Sozialwissenschaftler und Anarchisten Uri Gordon sind diese Versuche von Selbstorganisierung Beispiele für aktuelle anarchistische Theorie und Praxis.

„Lob der Lagerfeuer-Initiative“ weiterlesen

Vom Linkskommunisten zum Ustascha-Freund

1926 fuhr der kroatische Kommunist Ante Ciliga voll Begeisterung in die junge Sowjetunion. Dort wurde er schnell zum Kritiker der sowjetischen Entwicklung. Zunächst sympathisierte er mit der trotzkistischen Opposition, der er aber bald vorwarf, lediglich Symptome zu kritisieren. Seitdem reklamieren einige rätekommunistische und anarchistische Gruppen Ciliga für sich. Das könnte sich jetzt ändern. Denn der Berliner Verlag Die Buchmacherei hat Ciligas Schrift über seine Jahre in der Sowjetunion aufgelegt und auch seinen weiteren Werdegang nicht verschwiegen. Genau schildert Ciliga das Leben in Sibirien, wohin er in den 1930er-Jahren mit vielen anderen Oppositionellen deportiert wurde. Auch die soziale Realität beschreibt der Autor präzise. So hatte sich 15 Jahre nach der Oktoberrevolution die Lohnschere wieder weit geöffnet: SpezialistInnen konnten jetzt 20 Mal so viel verdienen wie einfache ArbeiterInnen. Doch Ciliga kam zunehmend auch zu äußerst zweifelhaften Urteilen. So behauptete er, viele Sowjetmenschen würden auf eine Besetzung durch NS-Deutschland hoffen. Obwohl er in die USA hätte emigrieren können, kehrte er in das von der faschistischen Ustascha regierte Kroatien zurück. 1944 floh er vor den Tito-Partisanen nach Deutschland. „Er war neugierig auf die sozialen Verhältnisse in Deutschland zwischen dem NS-Staat und den Massen“, bagatellisiert der britische Historiker Stephen Schwartz im letzten Kapitel diesen Schritt. Anfang der 1990er-Jahre wurde Ciliga noch einmal auf unrühmliche Weise bekannt, weil der ultrarechte kroatische Präsident Tudjman Ciligas Angriffe auf die von der Ustascha ermordeten Juden wiederholte und damit einen internationalen Skandal ausgelöste. Als Stichwortgeber für Links- oder RätekommunistInnen taugt ein solcher Mann also keineswegs.

http://www.akweb.de/ak_s/ak556/04.htm

Peter Nowak

Ante Ciliga: Im Land der verwirrenden Lüge. Herausgegeben von Jochen Gester und Willi Hajek. Die Buchmacherei, Berlin 2010. 304 Seiten, 12 EUR

Teufelswerk?Neue Studie zur RGO –

 

 Stefan Heinz: „Moskaus Söldner? Der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins: Entwicklung und Scheitern einer kommunistischen Gewerkschaft“, VSA-Verlag, Hamburg 2010, 34,80 Euro, ISBN 978-389965-406-6

Das Argument, die Kandidatur auf eigenen Listen gefährde die Gewerkschaftseinheit und die Mitglieder solcher „alternativer“ Listen hätten aus der Geschichte nichts gelernt, ist bis heute verbreitet und wird manchmal bis hinein in die Gewerkschaftslinke vertreten. Damit wird auf die Endphase der Weimarer Republik Bezug genommen, als sich nicht nur SPD und KPD feindlich gegenüberstanden. Auch auf Gewerkschaftsebene lieferten sich der SPD-nahe Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) und die der KPD nahestehende Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (RGO) heftige Auseinandersetzungen. Für manche war schon damals klar, wer hinter der Spaltung steht: „Ihr seht auf der anderen Seite das Werk von Moskau.  Teuflische Pläne, dem Hirn Moskauer Diktatoren entsprungen, mit den gemeinsten und verwerflichsten Mitteln, mit Lügen und Verleumdungen in Deutschland in Szene gesetzt, zum Schaden der deutschen Arbeiterklasse, zum Wohle der Kapitalisten“ (S. 442), so drosch die Ortsverwaltung des SPD-nahen Deutschen Metallarbeiterverbands (DMV) in einem Rundschreiben an ihre Mitglieder auf die linke Konkurrenz ein. Diese Lesart der Geschichte hat sich weitgehend durchgesetzt. Die RGO-Politik wird als Werk der Kommunistischen Internationale und des Zentralkomitees der KPdSU angesehen.

Der Berliner Politikwissenschaftler Stefan Heinz hat jetzt in einer monumentalen Arbeit diese These infrage gestellt. Heinz widmet sich auf 572 Seiten der Vorgeschichte, der Entstehung, der Arbeit und dem Ende des Einheitsverbandes der Metallarbeiter Berlins, des ersten Verbands innerhalb der RGO. Dazu wertete er eine Vielzahl von Akten aus den Archiven der beiden Gewerkschaftsverbände aus, aber auch Überwachungsprotokolle von Polizei und Gestapo, interne Berichte der KPD und der SPD sowie Artikel aus der linken Presse, die weder der KPD noch der SPD nahestand. An erster Stelle sind die Berichte der Publikation „Gegen den Strom“ zu nennen, die der Kommunistischen Partei Deutschlands – Opposition (KPO) verbunden war. Sie hatte schon früh für eine Zusammenarbeit aller Arbeiterparteien gegen den NS geworben und analysierte die Ereignisse rund um die Betriebsarbeit mit analytischer Schärfe und ohne parteipolitische Einseitigkeit. Für Heinz liegen die Wurzeln der RGO nicht in Moskau, sondern im Kampf gegen die Burgfriedenspolitik von SPD und Gewerkschaften während des ersten Weltkriegs. Damals hatte sich vor allem unter den Berliner Metallarbeitern ein Kreis linker Arbeiteraktivisten herausgebildet, die sich in Opposition zu den offiziellen Gewerkschaften befanden und während der Novemberrevolution 1918 die Räte als Alternative zu den durch die Burgfriedenspolitik kompromittierten Gewerkschaften propagierten. Viele dieser Aktivisten bildeten den Kern der Revolutionären Obleute, die entscheidenden Anteil am Ausbruch der Novemberrevolution hatten. Viele von ihnen engagierten sich auch im linken Flügel der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD). In den ersten Jahren der Weimarer Republik initiierten sie Proteste für eine Räteverfassung, die im Januar 1920 in Berlin von der Reichsregierung blutig unterdrückt wurden. Heinz beschreibt dies am Beispiel zweier führender Arbeiteraktivisten, die sich später in der RGO engagierten. „Arbeiter wie Hermann Braun und Karl Jarick erlebten erneut, wie der Ausnahmezustand über Berlin verhängt wurde und 42 Arbeiter bei Protesten ums Leben kamen“ (S. 391). Solche Erlebnisse bestärkten eine ganze Generation von Metallarbeiteraktivisten zum Widerstand gegen die offizielle ADGB-Politik. Dadurch standen sie zugleich immer am Rande des Ausschlusses und wurden mit allen administrativen Mitteln von der Gewerkschaftsbürokratie bestraft. Sie bildeten die Basis für die spätere RGO-Politik, wie Heinz betont.

„Ab 1930/31 konnten die ›roten Verbände‹ dort am ehesten Resonanz beanspruchen, wo bereits in der Anfangsphase der Weimarer Republik in der USPD auf Autonomie gerichtete Radikalpositionen in der Gewerkschaftsfrage vertreten wurden“ (S. 395).

Rationalisierung und Radikalisierung

Sehr gut zeigt Heinz auch die ökonomischen Aspekte auf, die die Herausbildung der RGO begünstigten. Da wären in erster Linie die Folgen der Rationalisierung zu nennen, wodurch vor allem im Metallbereich viele Arbeitskräfte freigesetzt wurden, was die kommunistischen GewerkschafterInnen besonders tangierte. So hieß es in dem Bericht einer kommunistischen Betriebszelle in den Berliner AEG-Werken aus dem Jahr 1926: „Wir haben durch die Rationalisierung 50 Prozent, darunter zwei Drittel unserer aktiven Genossen, verloren. Durch die fortgesetzte Akkordpreissenkung und die Einführung des Fließbandsystems haben unsere Genossen nicht mehr die Zeit und die Möglichkeit, eine größere mündliche Agitation während der Arbeitszeit betreiben zu können“ (S. 418). Zudem ging die ADGB-Bürokratie in der Endphase der Weimarer

 

Zeit verstärkt dazu über, Kollegen durch ihre Unterschrift bestätigen zu lassen, dass sie die Gewerkschaftspolitik der KPD nicht unterstützten. Wer sich weigerte, konnte ausgeschlossen werden. Die Zahl der Ausgeschlossenen  stieg schnell, als infolge der Weltwirtschaftskrise die Angriffe auf die Löhne und die erkämpften sozialen Rechte der Lohnabhängigen von Seiten der Wirtschaft und der Politik zunahmen. Als sich im  Herbst 1930 die staatlichen Schlichtungsstellen auf die Seite des Unternehmerlagers stellten und Lohnkürzungen festlegten, die vom ADGB akzeptiert wurden, war das der unmittelbare Anlass für die Gründung des Einheitsverbands der Metallarbeiter Berlin (EVMB), des ersten RGO-Verbands. Heinz weist nach, dass die Initiative zur Gründung nicht von der KPD-Führung oder der KI, sondern von der Basis ausging. Viele vom ADGB ausgeschlossene GewerkschafterInnen hatten schon lange auf eine eigene kommunistische Gewerkschaft gedrängt.

Kritik aus der KPD

Vor allem die vom ADGB Ausgeschlossenen und Gemaßregelten standen im EVMB auch für einen Kurs der strikten Abgrenzung von den alten Gewerkschaften und zogen sich damit schnell den Unmut der KPD zu. Vor allem, nachdem sich bald herausstellte, dass dem linken Verband eine massenhafte Abwerbung von Mitgliedern aus der alten Gewerkschaft nicht gelingen würde und dass vom EVMB organisierte Streiks deshalb bis auf seltene Ausnahmen erfolglos abgebrochen werden mussten, begann eine Auseinandersetzung mit den KPD-Gremien, die sich bis in die Phase der Illegalität beider Organisationen während des NS hinzog. Die Parteigremien warfen den roten Verbänden vor, die Bündnisarbeit mit den noch unorganisierten Kollegen zu vernachlässigen. „Ich habe in Berlin kontrolliert, dass die Funktionäre der EVMB seit Monaten nicht die reformistischen Zeitungen gelesen haben. Sie haben keinen Dunst, wie man die reformistischen Gewerkschaftsmitglieder für die Oppositionsarbeit im DMV gewinnen will“ (S.231), lautete die Kritik auf einer Sitzung der Kommunisten im Reichskomitee der KPD. Dabei handelte es sich um politische Gegensätze. Während die KPD eine linke Fraktionstätigkeit im DMV nicht aufgeben wollte, wurde eine solche Option immer unwahrscheinlicher, je mehr sich der EVMB als eigenständiger roter Gewerkschaftsverband verstand. Diese Auseinandersetzung sollte 1933/34 noch einmal an Schärfe gewinnen. Während die KPD die Taktik des trojanischen Pferdes propagierte und einen Eintritt von linken GewerkschafterInnen in die nazistische Deutsche Arbeitsfront vertrat, lehnten viele EVMBAktivistInnen diesen Schritt vehement ab. Der rote Verband hatte sich nach der Zerschlagung des ADGB in der Illegalität zunächst konsolidiert. Doch durch mehrere Verhaftungswellen wurden in den Jahren 1933 und 1934 die Strukturen des Verbandes empfindlich geschwächt. Im Zuge der von der KPD verfolgten Volksfrontpolitik, die eine Kooperation mit den Sozialdemokraten propagierte, wurde der EVMB von der KPDFührung schließlich aufgelöst, vor allem weil er die Volksfrontpolitik und den taktischen Eintritt in die DAF nicht mitmachen wollte. Doch viele der AktivistInnen setzten ihren Widerstand fort. Heinz zieht Verbindungen bis zur Uhrig-Gruppe, die während des zweiten Weltkrieges kommunistische Widerstandszellen in vielen Berliner Betrieben aufgebaut hatte. Nachdem die Gestapo ihnen auf die Spur gekommen waren, wurden viele ihrer Mitglieder hingerichtet.

Widerspenstige Genossen

Stefan Heinz hat in seinem Buch die Geschichte einer Generation von ArbeiteraktivistInnen  nachgezeichnet, die im Widerstand gegen die Kriegspolitik des ersten Weltkriegs politisiert, in den Wochen der Novemberrevolution radikalisiert wurden und die syndikalistische Tradition auch in der Auseinandersetzung mit den KPD-Strukturen verteidigt haben. „Ihr im ›roten Metallarbeiterverband‹ praktiziertes, oft widerspenstiges Verhalten gegenüber der eigenen Partei wandten einige Personen später auch in der SED an. Es führte nach den Worten Peschkes (eines EVMB-Aktivsten, P.N.) dazu, dass manche frühere EVMB-Führungskräfte wie er nur ungern als ›erste Garnitur‹ der Partei- und Staatsführung verwendet wurden“ (S. 474). Kennzeichnend  für die EVMB-Aktivisten sind nach Heinz unter anderem „Elemente syndikalistischer Politik, der radikale Anspruch und der sozialrevolutionäre Bewegungscharakter, die Forderung nach eigener Entscheidungsfreiheit, die Verweigerungshaltung bei Eingriffen von Außen“ (S. 475). Mit der gründlichen historischen Rekonstruktion dieser linken Gewerkschaftsopposition liegt eine gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Krise verdienstvolle und interessante Studie vor – auch wenn das Buch aufgrund seines wissenschaftlichen Stils oft nicht ganz leicht zu lesen ist. Mit seinem Blick auf die Akteure vor Ort beantwortet Stefan Heinz zugleich auch die Frage des Titels: Das waren keine Söldner Moskaus – wie die RGO-AktivistInnen noch heute gerne dargestellt werden.

erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 12/10

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Peter Nowak

Dunkelziffer dürfte viel höher sein

Wolf-Dietrich Molzow unterstützt die Klage gegen Bayer-Schering
  
ND: Was fordern Sie von Bayer-Schering?
Molzow: Die Firma soll die Verantwortung übernehmen und für die Schäden aufkommen, die durch die Anwendung von Duogynon entstanden sind. Als erstes muss die Firma die Akten öffentlich machen, die vorhanden sein müssen.

Gibt es Schätzungen über die Zahl der Betroffenen?
Es haben sich in der letzten Zeit bei André Sommer etwa 200 Menschen gemeldet. Die Dunkelziffer dürfte aber viel höher sein. Viele Betroffene scheuen die Öffentlichkeit. Zudem dürfte in vielen Fällen der Zusammenhang zwischen körperlichen Schädigungen und der Einnahme von Duogynon noch gar nicht bekannt sein.

Wann haben Sie selber Ihre Missbildungen – ca. 30 cm lange knielose Beine mit nur einem gebogenen Knochen, mangelhaft ausgebildete Hüftgelenke und verkürzte Oberarme – mit dem Medikament in Verbindung gebracht?
Nachdem der Gynäkologe meiner Mutter seine Praxis aus Altersgründen geschlossen hatte, sprach dessen Sprechstundenhilfe meine Mutter auf der Straße an und sagte, das seien die Folgen der Duogynon-Injektion. Meine Mutter hat allerdings nichts unternommen.

Sind Sie in der Angelegenheit aktiv geworden?
Ein Rechtsanwalt, der auf Fälle von Schädigungen durch Medikamente spezialisiert ist, gab mir die Auskunft, ich müsse mir einen Gutachter suchen, der den Zusammenhang zwischen meiner Schädigung und der Einnahme von Duogynon durch meine Mutter bestätigt. Dies dürfte aber sehr schwierig sein. Mittlerweile ist das öffentliche Interesse an den Folgen von Ärzte- und Medikamentenfehlern jedoch gewachsen.

Der Contergan-Skandal ist immer noch der bekannteste Fall.
Er ist auch ein trauriges Beispiel. Das Verfahren wurde gegen die Zahlung einer Geldsumme eingestellt, die bei 1000 Betroffenen über 50 Jahre verteilt für monatlich knapp 200 DM ausgereicht hätte. Man hatte nicht gedacht, dass es so viele Opfer dieses Medikaments gibt und dass sie so lange leben.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/185344.dunkelziffer-duerfte-viel-hoeher-sein.html

Interview: Peter Nowak

Marx statt Mohammed

Eine Anatomie des kurdischen Freiheitskampfes

PKK – diese drei Buchstaben stehen für die kurdische Arbeiterpartei, die in Deutschland noch immer mit Gewalt und Fanatismus in Verbindung gebracht wird. Die Partei und alle ihre ihr nahestehenden Organisationen sind in Deutschland verboten. Und immer wieder werden deren Aktivisten zu hohen Haftstrafen verurteilt.

Wer sich über die Hintergründe der kurdischen Nationalbewegung informieren will, kann jetzt auf ein umfangreiches wie informatives Buch zurückgreifen, das von zwei Autoren verfasst wurde, die sich seit Jahren mit der kurdischen Frage und dem kurdischen Freiheitskampf befassen: von der Karlsruher Rechtsanwältin Brigitte Kiechle und dem Berliner Historiker Nikolaus Brauns.

Brauns geht ausführlich auf die Vorgeschichte und Gründung der PKK ein, die ihre Wurzeln in der radikalen Linken der 60er und 70er Jahre hat. Von Anfang an war Abdullah Öcalan die zentrale Figur der Bewegung. 1972 war er beim Verteilen linker Flugblätter verhaftet und musste sieben Monate in einem Militärgefängnis verbringen, wo er seine endgültige politische Prägung erfuhr. Nach der Haft verkündete der junge Öcalan: »Mohammed hat verloren, Marx hat gewonnen.«

Brauns berichtet, wie sich die PKK nach dem Militärputsch von 1980 politisch festigen konnte, während die Linke weitgehend zerschlagen wurde. Vor allem junge Aktivisten mit proletarischem Hintergrund stießen damals zur PKK. Darin sieht der Historiker auch eine Begründung für die Militanz, mit der diese auf vermeintlichen Verrat reagierte. Dutzende junger Männer und Frauen, die sich der PKK anschließen wollten, wurden willkürlich als vermeintliche Spione getötet. Darunter waren auch ein Dutzend Studierende aus Eskisehir, die nach ihrer Ankunft im Guerillacamp exekutiert wurden, nur weil eine junge Frau unter ihnen als Tochter eines Polizisten ausgemacht wurde. Mittlerweile ist ein großer Teil der Mitbegründer der PKK ermordet, einige von den eigenen Genossen. Es spricht für das Buch, dass dieses dunkle Kapitel in der PKK-Geschichte nicht verschwiegen, zugleich jedoch die kurdische Bewegung nicht auf diese oder andere Verbrechen reduziert wird.

Brauns verweist darauf, wie der Kampf der PKK auch die unterdrückte kurdische Bevölkerung in Syrien und Iran mobilisierte. Aktivisten der iranischen Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) sind vom Mullah-Regime in Teheran besonders bedroht. Mehrere der in den letzten Monaten hingerichteten Oppositionellen sollen dieser Strömung nahegestanden haben. Während das iranische Regime die PJAK als von den USA gesteuert diffamiert, bekämpft die Administration in Washington diese wiederum wegen mangelnder Distanz zur PKK.

Ausführlich setzen sich Brauns und Kiechle mit der islamischen AKP-Regierung auseinander. Sie diskutieren, wie sich ein EU-Beitritt der Türkei auf die Lage der Kurden auswirken würde. Sie zeigen sich im Gegensatz zu anderen Autoren diesbezüglich skeptisch. Im letzten Kapitel bilanzieren Brauns und Kiechle, dass die kurdische Bewegung die Inhaftierung Öcalans und nachfolgende innerparteiliche Machtkämpfe, Umbenennungen und Neugründungen relativ gut überstanden habe. Eine Emanzipation der Kurden hält das Autorenduo jedoch nur im Rahmen einer internationalen antikapitalistischen Bewegung für möglich. Brauns und Kiechle verweisen darauf, dass zahlreiche kurdische Organisationen innerhalb der türkischen Linken eine wichtige Rolle spielen. Das aktuelle Wiederaufleben der Kämpfe in Kurdistan ist auch eine Folge der Enttäuschungen über die gegenwärtige Politik in Ankara.

In einem speziellen Kapitel geht Brigitte Kiechle auf die Rolle der Frauen in der kurdischen Bewegung ein. Ihr Fazit: »Im Vergleich zu anderen Parteien und politischen Strömungen in der Türkei, in Kurdistan und in dem gesamten Nahen und Mittleren Osten fällt die PKK durch eine hohe Beteiligung von Frauen im politischen und militärischen Bereich und eine intensive Diskussion über die Geschlechterverhältnisse und die Befreiung der Frau auf.« Dies ist nur ein Aspekt, der in der hierzulande üblichen einseitigen Beurteilung des kurdischen Freiheitskampfes ignoriert wird oder schlichtweg nicht bekannt ist.

Nikolaus Brauns/Brigitte Kiechle: PKK – Perspektiven des kurdischen Freiheitskampfes. Zwischen Selbstbestimmung, EU und Islam. Schmetterling Verlag, Stuttgart 2010. 510 S., geb., 26,80 €.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/183357.marx-statt-mohammed.html

Peter Nowak

Jung, muslimisch, gewalttätig?

Sanem Kleff über die angebliche »Deutschenfeindlichkeit« an Schulen / Die Pädagogin leitet das Projekt »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage«

ND: Waren Sie überrascht über die aktuelle Debatte zur Deutschenfeindlichkeit an manchen Schulen? Kleff: Die Debatte hat mich überrascht, weil es sich hier um ein altbekanntes Phänomen handelt. Überall, wo es Mehrheiten und Minderheiten gibt, können solche Diskriminierungserfahrungen beobachtet werden. Dabei ist die Zusammensetzung dieser Gruppen beliebig. Wenn beispielsweise in einer Schule sehr viele Dänen und die Deutschen in der Minderheit sind, kann es  ebenso zu Mobbings kommen.

2.)   Hat man zulange Migranten nur als Opfer von Diskriminierung wahrgenommen?

         S.K.: Nein, denn man darf bei das gesellschaftliche Umfeld nicht vergessen. Es gibt  wenige Schulen, in denen Jugendliche mit migrantischen Hintergrund in der Mehrheit sind. In den meisten Schulen sind sie in der Minderheit und oft selber Diskriminierungen ausgesetzt ist.      

3.)   Was stört Sie an der aktuellen Debatte?                                                                                

 S.K.: Was mir nicht gefällt ist, dass sich ausgerechnet jetzt, wo das ganze Land scheinbar auf dem Sarrazin-Trip ist, Lehrer in dieser Weise zu Wort melden. Sie schreiben über altbekanntes mit dem Gestus, das wird man doch sagen dürfen. Sie verwenden den Begriff der Deutschenfeindlichkeit, der lange Zeit von der neuen Rechten gebraucht wird. Und sie verknüpfen das von ihnen kritisierte Verhalten mit dem angeblichen moslemischen Hintergrund der Schüler. Damit finden sie sich im Einklang mit einer veröffentlichten Meinung, wie sie von Sarrazin bis zu Alice Schwarzer und Hendrik M. Broder  vertreten wird.

4.)   Warum sollte die Religion aus der Debatte keine Rolle spielen?                                

S.K.: Weil es keine empirischen Belege für eine  besondere Gewalttätigkeit der Jugendlichen mit moslemischem Hintergrund gibt.      Es wird oft fälschlich der Eindruck erweckt, als wenn sich Jugendliche mit migrantischen Hintergrund in den Klauen von antiwestlichen, islamistische Gruppen befinden würden. Ich frage mich, welche Konsequenzen wir eigentlich daraus ableiten sollen, wenn eine Religion für ein bestimmtes FehlVerhalten verantwortlich gemacht wird.   

5.)   Wird die Schule wirklich immer mehr zur Kampfzone, wie manche Boulevardmedien suggerieren?            

S.K.: Es trifft nicht  zu, dass die Gewalt in den Schulen immer mehr um sich greift. Die Gewalt ist in den Schulen im letzten Jahrzehnt  zurück gegangen, wie durch Polizeiberichte belegt werden kann.       Zugenommen haben dagegen Mobbings und andere Diskriminierungen. So sind an manchen Schulen  „Jude“ oder  „du Opfer“ zu häufige Schimpfworten geworden. Eine Debatte über die angebliche Deutschenfeindlichkeit trifft das Problem dagegen nicht.

6.)     Wie können Pädagogen an den Schulen gegen solche Diskriminierungen von Minderheiten vorgehen?                                              

                                               S.K.:    Indem wir alle Formen von Diskriminierung ernst nehmen und die Elemente in den Schulen stärken, die sich dagegen zur Wehr setzen, Das Projekt Schule gegen Rassismus hat es deshalb immer abgelehnt, einzelne Diskriminierungsphänomene wie Antisemitismus, Homophobie,  Rassismus isoliert wahrzunehmen. Es gibt sehr viele pädagogische Instrumente um hier einzugreifen. Ich nenne hier nur stichwortartig den Einsatz von Streitschlichtern und Konfliktlotsen, aber auch den Aufbau  von Räumen und Zeiten, in denen die Auseinandersetzung mit den Schülern und ihren Problemen möglich ist.

Peter Nowak                                                      

„Krach statt Kohldampf“

Guido Grüner von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg über Hartz IV, ausreichende Ernährung und den Protest der Betroffenen
Der Freitag: Die Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV machten vor einigen Jahren über Wochen Schlagzeilen. Seither gibt es kaum noch Proteste – wird sich das in diesem herbst ändern?

Guido Grüner: Hartz IV ist Unterversorgung und Ausgrenzung mit System ist. Das war so seit Einführung 2005. Und das ist es heute umso mehr, weil der Kaufkraftverlust die reale Leistungshöhe eingedampft hat. Besonders krass traf es Kinder, Familien mit Kindern. Die Leistungen für Kinder wurden gegenüber der alten Sozialhilfe mit Hartz IV direkt gekürzt. Hiergegen regte sich schon lange Widerstand – durchaus mit ersten Erfolgen. 2008 wurde eine Schulbeihilfe von 100 Euro im Jahr eingeführt, in diesem Jahr die Erhöhung des Kinderzuschlags um rund 35 Euro.

Ein Erfolg von Protesten?

Ohne die Aktionen der organisierten Erwerbslosen und ihrer Unterstützer hätte es dies nicht gegeben. Andere klagten vor dem Bundesverfassungsgericht – das den Gesetzgeber verpflichtete, die Leistungen realitätsgerecht und nachvollziehbar neu festzusetzen. Die politische Diskussion darüber wollen wir jetzt nutzen, um unsere Forderungen in die Öffentlichkeit zu tragen. Wir haben uns entschieden, einen ganz bestimmten Bedarfsbereich des täglichen Lebens herauszugreifen, um an diesem deutlich zu machen, dass Hartz IV nicht geht, dass die Leistungen deutlich angehoben werden müssen.

Was sind Ihre Forderungen?

Ganz konkret fordern wir 80 Euro mehr für Ernährung. Denn mit den bisher knapp 120 Euro, die im Regelsatz eines Erwachsenen für Essen enthalten sind, kann sich niemand ausreichend, geschweige denn gesund ernähren. Für 200 Euro im Monat lässt sich wenigstens der Kalorienbedarf eines Erwachsenen sichern, der sich auch mal bewegt und sein Essen nicht nur von Billigstanbietern bezieht.

Das klingt dennoch eher bescheiden.

Die Kritik hören wir immer wieder: Warum fordert ihr „nur 80 Euro”? Wer aber unsere Forderung wirklich verstanden hat und sich über das politische Umfeld im Klaren ist, wird das anders sehen.

Warum?

Die dominierende Politik zielt auf weiter sinkende Einkommen, die Bundesrepublik soll verfestigt werden als Exportstandort mit einer immer mehr unter der Hungerknute und Verarmungsängsten stehenden Arbeitnehmern. Und so lange die Leistungen für Erwerbslose – so wie es heute geschehen soll – von dem immer weiter sinkenden Verbrauch der untersten Einkommensgruppen abgeleitet wird, bleibt es bei dieser Abwärtsspirale. Denn sinkende Leistungen für Erwerbslose setzen wiederum die Arbeitnehmer unter Druck – ein Elend ohne Ende. Diese Entwicklung wollen wir durchbrechen. Unsere konkret durchsetzbare Forderung stellt mehr in Frage, sie beschränkt sich nicht nur auf den Sozialhilfebereich, sondern legt den Finger in die Wunde untragbarer Zustände. Es geht uns eben auch um die schikanösen und armseligen Arbeitsverhältnisse bei Discountern und Lebensmittelproduzenten – nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit.

Was haben Sie konkret geplant?

Wenn Anfang Oktober der Gesetzgebungsprozess zur Neuregelung von Hartz IV anläuft, gehen wir in Oldenburg auf die Straße. Wir wollen laut genug für alle unsere Forderungen verbreiten, wollen die Abgeordneten und die Bundesregierung in eine Lage bringen, in der sie ihre Entscheidungen zu rechtfertigen haben. „Krach schlagen statt Kohldampf schieben“ wird die zentrale Demonstration, bei der die Auseinandersetzung um das Existenzminimum von Millionen Menschen, nicht nur in der Bundesrepublik, ganz direkt zum Thema gemacht und mit einer konkreten Forderung versehen wird.

Wie ist bisher die Resonanz?

Gut. Im Internet haben viele unseren Aufruf sehr positiv aufgenommen und weiter verbreitet. Und in Oldenburg haben wir eine sehr breite Unterstützung – von unseren Milchbauern über zahlreiche Gewerkschaften, Sozialverbände und auch autonome Gruppen bis hin zu einigen Gliederungen von Parteien.

Für den Herbst sind inzwischen eine ganze Reihe von Protesten gegen das schwarz-gelbe Sparpaket, die Sozialpolitik und die Gesundheitsreform angekündigt. Die Gewerkschaften bereiten Aktionswochen vor, es soll zentrale Demonstrationen geben – und dezentrale Proteste. Gibt es da eine politische Gesamtdramaturgie oder eher Konkurrenz zwischen den verschiedenen Bündnissen?

Je eher sich Menschen im Alltag wehren, dabei Erfahrungen sammeln und Erfolge erzielen, desto eher trauen sich auch andere, für ihre Interessen offensiv aufzutreten. Und je eher wir bei zentralen, von den Medien stark wahrgenommenen Aktionen selbstbewusst und unverkennbar unsere Vorstellungen von einer gerechten Welt vorbringen können, umso besser können sich Menschen auch regional und vor Ort der zahlreichen Ungerechtigkeiten und Demütigungen des Alltages erwehren. Zentrale und dezentrale Erfolge könnten sich gegenseitig verstärken. Wir sollten das nicht destruktiv gegeneinander stellen. Auch sollten wir lernen, uns über unsere Strategien und Handlungsziele auszutauschen und zu verständigen. Dazu geben gute Aktionen die nötige Kraft und Ausdauer.

 

Hintergrund
Guido Grüner ist Mitarbeiter der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg und Mitorganisator der bundesweiten Erwerbslosendemonstration „Krachschlagen statt Kohldampf schieben“, die am 10. Oktober in Oldenburg stattfindet

http://www.freitag.de/wochenthema/1038-201ekrach-statt-kohldampf201c?searchterm=Guido+Gr%C3%BCner+ALSO

Interview: Peter Nowak

80 Euro mehr für Ernährung


Diskussion um neue Regelsätze für Hartz IV motiviert Erwerbslosengruppen
Die Debatte um die Höhe Hartz IV-Regelsätze hat begonnen. Das Bundesarbeitsministerium will in den nächsten Tagen Zahlen vorlegen. Doch schon jetzt ist klar, dass nach dem Willen der Regierung die Reform nicht teuer werden soll. Die Regelsätze sollen an die Lohn- und Preisentwicklung gekoppelt werden. Der paritätische Wohlfahrtsverband und die Oppositionsparteien kritisieren die Regierungspolitik. Am Ende könnte wieder die Justiz entscheiden.
   

Das Bundesverfassungsgericht hatte schon im Februar 2010 entschieden, dass die Hartz IV-Sätze neufestgelegt werden müssen, ohne sich auf konkrete Zahlen festzulegen. Die Diskussion um die Neufestsetzung der Hartz IV-Sätze hat auch die Erwerbslosenbewegung wieder zu neuen Aktivitäten motiviert.

In den letzten Jahren konzentrierten sich die Aktivisten vor allem auf lokale aber durchaus nicht erfolglose Proteste, die auch jetzt wieder in verschiedenen Städten vorbereitet werden. So soll am 1.Oktober vor dem Neuköllner Jobcenter in Berlin ein temporäres soziales Zentrum errichtet werden.

Demo in Oldenburg

Schon unmittelbar nach der Karlsruher Entscheidung trafen sich Initiativen aus unterschiedlichen Spektren der Erwerbslosenbewegung. Dort verständigte man sich auf die Organisierung einer bundesweiten Demonstration in Oldenburg am 10. Oktober. Sie wird unter dem Motto „Krach schlagen statt Kohldampf schieben“ stehen. Die Organisatoren rufen dazu auf, Kochtöpfe und Kochlöffel mit zu bringen, um das Motto auch in die Tat umzusetzen.

Dass Oldenburg als Demonstrationsort ausgewählt wurde, liegt an der jahrelangen Aktivität der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO), die in der Lage ist, die nötige Logistik für eine solche Aktion zu stellen. Telepolis sprach mit Guido Grüner von der ALSO über das Konzept der Demonstration und die weiteren Planungen.

„Wir wollen die Armutsspirale durchbrechen“

 Nach den Anti-Hartz-Protesten gab es kaum noch bundesweite Proteste von Erwerbslosen. Beginnt sich das mit der Demo zu ändern?

Guido Grüner: Hartz IV ist Unterversorgung und Ausgrenzung mit System. Das war so seit Einführung zum 1.1.2005. Und das gilt heute umso mehr, als der Kaufkraftverlust die reale Leistungshöhe eingedampft hat. Besonders krass traf es Kinder und Familien mit Kindern. Die Leistungen für Kinder wurden gegenüber der alten Sozialhilfe mit Hartz IV direkt gekürzt. Hiergegen regte sich schon lange Widerstand. Dieser brachte Erwerbslosen 2008 und 2009 erste Erfolge: Die Schulbeihilfe von 100 EUR jährlich zum 1.8. und ein monatlicher Zuschlag für Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren um rund 35 EUR seit dem 1.7.09. Ohne die Aktionen der organisierten Erwerbslosen und ihrer Unterstützer hätte es dies nicht gegeben.

Andere Erwerbslose klagten gegen Hartz IV und gingen bis zum Bundesverfassungsgericht. Dort wurde dem Gesetzgeber die Verletzung der Menschenwürde durch Hartz IV und dessen unzureichende Leistungen vorgehalten. Die Leistungen müssen daher zum 1.1.2011 neu festgesetzt werden: realitätsgerecht und nachvollziehbar, wie die Richter formulierten.

Damit wurde den Regierungsparteien ein Gesetzgebungsverfahren aufgezwungen, das Erwerbslosennetzwerke nutzen wollen. Wir gehen Anfang Oktober auf die Straße, weil dann der Gesetzgebungsprozess anlaufen wird. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes für die Regelsatzfestsetzung sollen bis Ende September 2010 ausgewertet vorliegen. Anfang Oktober beginnen die parlamentarischen Prozeduren. Wir wollen laut genug für alle unsere Forderungen verbreiten, wollen die Parlamentarier in eine Lage bringen, wo sie ihre Entscheidungen zu rechtfertigen haben.

 Was sind Ihre Forderungen?

Guido Grüner: Wir haben uns entschieden, einen ganz bestimmten Bedarfsbereich des täglichen Lebens herauszugreifen, um daran deutlich zu machen, dass die Leistungen deutlich angehoben werden müssen. Ganz konkret fordern wir 80 Euro mehr für Ernährung. Denn mit dem knapp 120 Euro, die im Regelsatz eines Erwachsenen fürs Essen enthalten sind, kann sich niemand ausreichend, geschweige denn gesund ernähren. Wir fordern 80 Euro mehr, also rund 200 Euro für Ernährung im Monat, damit zumindest der Kalorienbedarf eines Erwachsenen gesichert werden kann, der sich auch mal bewegt und sein Essen nicht nur von Billiganbietern bezieht.

 Was sagen Sie zu der Kritik einiger Erwerbslosengruppen, dass diese Forderungen zu bescheiden sind?

Guido Grüner: Viele kritisieren uns, da wir „nur 80 Euro“ fordern. Aber ich glaube, dass sie unsere Forderung noch nicht verstanden haben, sich vielleicht gar über das politische Umfeld unserer Forderung im Unklaren sind.

Denn die dominierende Politik zielt auf weiter sinkende Einkommen. Die BRD soll verfestigt werden als Exportstandort mit immer mehr unter der Hungerknute oder Verarmungsängsten stehenden Arbeitnehmer. Und so lange die Leistungen für Erwerbslose, so wie es heute geschehen soll, von dem immer weiter sinkenden Verbrauch der untersten Einkommensgruppen abgeleitet werden sollen, bleibt es bei dieser Abwärtsspirale. Denn sinkende Leistungen für Erwerbslose setzen wiederum die Arbeitnehmer unter Druck – ein Elend ohne Ende.

Diese Entwicklung wollen wir durchbrechen, wie schon mit der Forderung nach mehr Leistungen für Kinder in den letzten Jahren. Deshalb fordern wir ein höheres Einkommen, die wir jedem anhand der heutigen Unterversorgung im Bereich der Ernährung konkret erklären können. Wenn wir diese Forderung durchsetzen, stellen wir mehr in Frage. Wir gehen damit über eine bloße ‚mehr Sozialhilfe-Forderung‘ hinaus. Wir legen den Finger in die Wunde der gesellschaftlich untragbaren Zustände der schikanösen und armseligen Arbeitsverhältnisse bei Discountern oder bei den Lebensmittelproduzenten, seien sie hier oder in anderen Teilen der ganzen Welt.

Nicht nur Belange der Erwerbslosen

 Es geht also nicht nur um Belange der Erwerbslosen?

Guido Grüner: Nein, wir ordnen unsere Forderung ein in einen Kampf für ein menschenwürdiges Leben, für existenzsichernde Leistungen, für Mindestlöhne oberhalb der Armutsgrenze. Die Forderung nach 80 Euro mehr für Ernährung steht zudem nicht gegen Forderungen nach einer insgesamt noch deutlich höheren Regelleistung oder einer repressionsfreien Grundsicherung.

Denn wir sagen mit der Forderung für den Ernährungsanteil des Regelsatzes noch gar nichts darüber, welche Zuschläge bei den anderen Bedarfsbereichen für ein menschenwürdiges Leben nötig wären. Wir setzen lediglich einen thematischen Schwerpunkt, wollen hier für unsere Forderung gesellschaftliche Mehrheiten gewinnen und uns Bündnismöglichkeiten eröffnen.

 Wie hat sich die Zusammenarbeit innerhalb den doch sehr heterogenen Erwerbslosenbewegung entwickelt?

Guido Grüner: Die Forderung und die Ausrichtung unserer Kampagne sind Ergebnis regelmäßiger Treffen von fünf Erwerbslosennetzwerken und zwei Erwerbsloseninitiativen mit überregionaler Bedeutung in der ersten Jahreshälfte 2010. Dort wurde zum einen an die Zusammenarbeit bei der Kampagne „Gemeinsam gegen Kinderarmut“ oder zur Ämterbegleitung „Keiner muss allein zum Amt“ angeknüpft, die spektrenübergreifend Erfolge brachten. Dazu hat die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Erwerbslosengruppen erheblich beigetragen.

Zum anderen wurde eine Brücke geschlagen zur sog. „Triade“, der Forderung nach 500 Euro Regelleistung, 10 Euro Mindeststundenlohn und 30 Stunden höchste Wochenarbeitszeit. Denn die Forderung 80 Euro mehr für Ernährung greift ein zentrales Moment der Triadenargumentation auf.

Es spielte dabei, das sei hier aus Sicht der ALSO ausdrücklich betont, keine Rolle, ob die Erwerbslosenzusammenhänge den eher gesellschaftlich etablierten Spektren wie den Gewerkschaften nahe stehen oder eher der neueren sozialen Bewegungen zuzurechnen sind

 Sind nach der Demo weitere Erwerbslosenaktionen geplant?

Guido Grüner: Wir wollen in Oldenburg unseren Anliegen Gehör verschaffen. Das wird umso wichtiger, als Politiker sich heute scheinbar jeder Rechtfertigung und Debatte entziehen wollen. Und die diesjährige Auseinandersetzung um die Höhe der Regelleistung fängt erst an.

Armut und Elend werden üblicherweise in der BRD unsichtbar gemacht. Wenn wir auffällig werden, wollen sie uns in die kriminalistische oder psychiatrische Schublade stecken. Da machen wir nicht weiter mit. Wir stehen laut auf, wollen daran arbeiten, dass dies Menschen immer und überall tun, wo unsere gemeinsamen Anliegen unter den Teppich gekehrt werden sollen. Überall wo Vertreter der vorherrschenden Politik in diesem Herbst auftreten, können wir ihnen mit unseren Forderungen laut entgegen treten.

 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33357/1.html

Peter Nowak