Befristete Arbeitsverträge an Universitäten

Der Frust mit der Frist

Befristete Jobs sind für junge Wissenschaftler an Universitäten der Normalfall. Doch gegen die prekären Arbeitsbedingungen regt sich Widerstand. Von

»Frist ist Frust« – so lautet das Motto eines Bündnisses aus Gewerkschaften, Hochschul- und Studierendengruppen sowie des »Netzwerks für gute Arbeit in der Wissenschaft«. Mit seiner Kampagne »Entfristungspakt 2019« will das Bündnis die laufenden Verhandlungen über den neuen Hochschulpakt beeinflussen, der am 3. Mai vom Bundesrat verabschiedet werden soll. Zum Kampagnenauftakt hatten die beteiligten Gruppen…

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Gegen den Entfristungswahn an den Hochschulen

Frist ist Frust

Ein Bündnis startet eine Kampagne für unbefristete Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft

Am 7.März startete die neue gemeinsame Kampagne „Frist ist Frust“ für eine Entfristung der Stellen in Hochschulen und Hochschulverwaltungen. Initiiert wurde die Kampagne vom Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft und den beiden im DGB organisierten Gewerkschaften GEW und ver.di.

„Mit den aktuellen Verhandlungen zum Hochschulpakt, der Anfang Mai neu aufgelegt und verstetigt werden soll, gibt es eine gute Möglichkeit, dem Befristungswahn endlich etwas entgegenzusetzen. Wir fordern die Bundes- und Landesministerien auf, diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen und alle aus dem Hochschulpakt finanzierten Stellen verbindlich zu entfristen“, heißt es in dem Aufruf.

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Prekäre an der Universität

Leben, nicht nur überleben

Kräftesammeln für ein Bündnis gegen befristete Arbeitsverhältnisse im Wissenschaftsbereich

Die Masken mit den traurigen Gesichtern lagen am Donnerstagnachmittag stapelweise auf den Tischen im Hörsaal der Berliner Humboldt-Universität. Sie sollten das Gefühl ausdrücken, das viele wissenschaftliche Mitarbeiter*innen an den Hochschulen angesichts ihrer befristeten Arbeitsverhältnisse haben. «Frist ist Frust»,

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Exzellente Ausbeutung

Beschäftigte beklagen unhaltbare Zustände an Hochschulen und Forschungseinrichtungen

Im Bundestagswahlkampf betonen alle Parteien, wie wichtig in einer globalisierten Welt die Unterstützung des Wissenschaftsstandorts Deutschland ist. Wer in der Wissenschaft arbeitet, fühlt sich jedoch alles andere als gut unterstützt. »Das deutsche Universitätssystem, das in politischen Sonntagsreden so hoch gelobt wird, basiert zu Teilen auf der Ausbeutung derer, die ohne Absicherung und ohne angemessene Bezahlung unterrichten«, sagt Ulrike Stamm, die als Gastprofessorin unter anderem am Institut für Literaturwissenschaft der Berliner Humboldt-Universität arbeitet. Sie gehört zu den MitbegründerInnen des »Netzwerks für Gute Arbeit in der Wissenschaft«, in dem sich zu Jahresbeginn über 100 Vertreter aus Hochschulen und wissensch

Befristungen von unter einem Jahr, die Unter- oder Nicht-Entlohnung von Lehrtätigkeit und der Verschleiß von hoch qualifiziertem wissenschaftlichem Personal seien inzwischen der Regelfall. 75 Prozent aller wissenschaftlich Beschäftigten haben dem Netzwerk zufolge befristete Arbeitsverträge. In Frankreich und Großbritannien seien hingegen lediglich ein Viertel, in den USA sogar nur ein Fünftel der wissenschaftlichen Arbeitsverträge befristet.

Am Donnerstag stellte der Zusammenschluss einen Forderungskatalog vor, wie die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft verbessert werden müssten. Dazu gehört die Abschaffung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, das mit seinen Kurzverträgen eine längere Berufsplanung für Akademiker erschwert. Darüber hinaus fordern die Wissenschaftler die Abschaffung von Lehrstühlen zugunsten demokratischer Strukturen in Fachbereichen und Instituten, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als Regelfall sowie unbefristete Beschäftigungsverhältnisse nach der Promotion.

Eine angemessene und flächendeckende Grundfinanzierung der Hochschulen wird von dem Bündnis als Voraussetzung für die Umsetzung dieser Forderungen gesehen. Denn die Grundfinanzierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen reiche immer weniger, um die Grundaufgaben der Hochschulen zu decken. Stattdessen fließe viel Geld in Exzellenzinitiativen und projektgebundene Forschungsförderung. Da gleichzeitig die Studierendenzahlen steigen, seien die Hochschulen gezwungen, immer mehr Lehre durch prekär beschäftigten Nachwuchs sowie unbezahlte PrivatdozentInnen und unterbezahlte Lehrbeauftragte zu bewältigen. Wie prekär die Situation ist, zeigte vor Kurzem die Antwort des Berliner Senats auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei. Danach geben an Berliner Hochschulen ca. 750 Privatgelehrte Seminare ohne Bezahlung. In anderen Hochschulen sieht es nicht besser aus.

Die größten Schnittmengen zu ihren Forderungen sieht das Netzwerk bei der LINKEN und in einigen Punkten bei den Grünen. Bei den Unionsparteien und der FDP finden sie hingegen kein Gehör, sagt Fabian Frenzel. Daher wollen sich die Beschäftigten im Wissenschaftsbereich weiter organisieren. »Ziel ist es, so gut aufgestellt zu sein, dass wir in einzelnen Hochschulen auch Arbeitskämpfe führen können«, meint Frenzel. Doch dazu müsse der Organisationsgrad unter den wissenschaftlich Beschäftigten verbessert werden. Die Kooperation mit Gewerkschaften mache Fortschritte, betont Frenzel. Unterstützung bekommt das Bündnis von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der GEW. Mit der Bildungsgewerkschaft bereitet das Netzwerk für November eine Tagung in Berlin vor. Gute Kontakte gibt es auch zu der im letzten Jahr an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main gegründeten Hochschulgewerkschaft Unterbau, die sich das Ziel gesetzt hat, Studierende und Beschäftigte an den Hochschulen gemeinsam zu organisieren.

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Peter Nowak