Jobcenter-Mitarbeiter gegen Befragung

Personalräte befürchten Stellenabbau

Eine Erhebung soll demnächst die Personalausstattung in den Jobcentern flächendeckend erfassen. Doch die Mitarbeiter wehren sich.

Noch bis Donnerstag treffen sich in Berlin die Personalräte der Jobcenter aus ganz Deutschland. Dort wird auch darüber diskutiert, wie die Mitarbeiter der Leistungsabteilung mit einer demnächst anstehenden Befragung  zur Personalbemessung umgehen sollen.  Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)  in Auftrag gegebene Projekt soll Hilfestellung bei der Personalbemessung in den Leistungsabteilungen der Jobcenter geben.  „Der entscheidende Grund für die flächendeckende Erhebung von Daten in allen gemeinsamen Einrichtungen sind deren verschiedene organisatorische und sozioökonomische Rahmenbedingungen, die die notwendige Personalkapazität beeinflussen“, heißt es auf der Homepage des Projekts.  Dort wird auch betont,  wie wichtig es ist, dass alle Jobcenter-Mitarbeiter sich an der Befragung beteiligen, damit eine Arbeit mit den Daten, die Ende 2014 zur Verfügung stellen sollen, möglich ist.  Es sollen empirisch belastbare  Resultate mit einem  hohen Akzeptanzwert erzielt werden“,  heißt es in einer Beschreibung des Projekts.

Doch genau  diese Akzeptanz scheint bei den Mitarbeitern der Jobcentern, die befragt werden sollen, noch längst nicht gesichert. Im Gegenteil. „Am  Anfang war die Euphorie groß. Mittlerweile wird die Befragung kritischer gesehen“, erklärte der Personalratsvorsitzende eines Jobcenters gegenüber nd, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.  Die Kritik entzündet sich vor allem an der Beraterfirma  Steria Mummert Consulting, die vom BMAS mit der Befragung beauftragt worden ist. So stellen die kritischen Personalräte die Frage,  ob man in ein Unternehmen Vertrauen haben kann, dass mit Rüstungsfirmen kooperiert und zu den Anbietern von „Human Capital Management Solutions“ gehört, mit dem der europäische Schengenraum vor Flüchtlingen gesichert werden soll.  Die zentrale Kritik der Personalräte bezieht sich allerdings auf die Funktion  der Steria Mummert Consulting beim Abbau von Arbeitsplätzen bei Befragungsprojekten in der Vergangenheit.   Sie verweisen dabei auf eine heftige Kritik des ver.di Bezirks Berlin-Brandenburg an einer von der Firma zu verantworteten Befragung zur Personalausstattung der Berliner Jugendämter im Jahr 2009. Sie habe zum Ökonomisierung der Arbeitsabläufe und zum Ablauf von Personal geführt, lautet die Kritik der Gewerkschaft.

In einem Brief an den ver.di-Bundesvorstand  mahnen die Personalräte   von der Gewerkschaft eine Positionierung zur Frage der Personalbemessung in den Jobcentern und dem beauftragten Unternehmen  an.  „Für den Fall, dass die Bundesregierung und das BMAS von den beauftragten Unternehmen nicht Abstand nehmen wird bzw. es vertraglich nicht kann, ist ver.di – ähnlich wie im Bezirk Berlin-Brandenburg – bereit, die Ergebnisse der Untersuchung kritisch durch ein zu beauftragendes alternatives Unternehmen zu begleiten?“  lautet eine der Fragen.  Bisher haben die Personalräte vom ver.di-Bundesvorstand keine Antwort erhalten. „Auf dem Treffen der Personalräte wird auch die Gewerkschaft  unseren Fragen nicht mehr ausweichen können,“ gibt ich einer der Kritiker überzeugt.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/917705.jobcenter-mitarbeiter-gegen-befragung.html

Peter Nowak

»Touristen« im Jobcenter“

Kommen Touristen jetzt auch zur Sightseeing-Tour ins Jobcenter? Dieser Eindruck musste sich zunächst aufdrängen, als am Donnerstagvormittag eine kleine Gruppe im Jobcenter Storkower Straße auftauchte. Eine Frau hatte einen Berlin-Guide in der Hand, ein Mann hielt eine Kamera in die Luft, die sich erst beim zweiten Blick als Attrappe erkennen ließ. Doch schnell entpuppten sich die vermeintlichen Touristen als Aktivisten der Berliner Erwerbsloseninitiative Basta. Seit mehr als zwei Jahren begleitet sie Erwerbslose aufs Amt, organisiert Proteste gegen Sanktionen und informiert Betroffene über ihre Rechte.

Dazu diente auch die Aktion am Donnerstag. Eine Frau wiederholte beim Rundgang durch das Jobcenter immer wieder die Sätze: »Jeder fünfte Erwachsene und jedes vierte Kind in Berlin lebt von Hartz IV. Viele haben Mietschulden«. Andere verteilten Flugblätter an die wartenden Erwerbslosen mit den Forderungen von Basta. Dazu gehört die Übernahme von Mietkautionen in Form von Bürgschaften statt wie bisher durch Darlehen und die Übernahme von Miet- und Energieschulden durch die Jobcenter. Zudem wurde an die Politik die Forderung gerichtet, eine berlinweite Mietobergrenze von vier Euro je Quadratmeter einzuführen und die pauschalen Grenzen für Miete und Energie abzuschaffen.

Nur wenige Wartende verweigerten das Informationsmaterial, viele vertieften sich sofort in die Lektüre und nickten zustimmend. »Da hätten die Wahlen anders ausgehen müssen«, rief ein Mann. Weniger freundlich reagierte das Sicherheitspersonal des Jobcenters. Es forderte mehrere Aktivisten zum sofortigen Verlassen des Hauses auf und drohte mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruch. Dazu kam es allerdings nicht. Bevor die Polizei eintraf, waren alle Basta-Aktivisten verschwunden.

»Wir setzten auf Selbstorganisation statt auf Wahlen«, erklärte Gitta Schulz von Basta. Gegenüber »nd« erklärte sie, dass die Aktion auch auf den bundesweiten Aktionstag »Keine Profite mit der Miete« am kommenden Samstag hinweisen soll. Unter dem Motto »Wem gehört Berlin« wird an diesem Tag um 14 Uhr eine Demonstration am Lausitzer Platz starten. Die Erwerbslosengruppe Basta wird dort mit Transparenten und Informationsmaterial anwesend sein.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/834404.touristen-im-jobcenter.html

Peter Nowak

Reise zum unbekannten Kontinent Jobcenter

Eine neue Kampagne will aus einem politischen Konflikt eine Serviceleistung machen

Niemand soll sagen, dass die Piraten nicht die Politik verändern. Schließlich hat die Lektüre eines über die [http://www.heise.de/tp/blogs/8/152639 Probleme des Geschäftsführers der Piratenpartei Ponader sogar einige Leser zu einer neuen Initiative animiert. Weil Ponader dort berichtete, dass Erwerbslose, die sich zum Jobcenter begleiten lassen, eine bessere Gesprächsatmosphäre haben und ihre Forderungen auch oft besser durchsetzen können, kamen sie auf die Idee, die Initiative „Wir gehen mit“ zu gründen. Nach dem Vorbild der Internet-Mitfahrzentralen suchen auch die Mitläufer Interessenten, die sich dann mit den Begleitung suchenden Erwerbslosen kurzschließen sollen. Die Initiative betont ihre parteipolitische Neutralität, doch wer sich durch die Protokolle klickt, wird feststellen, dass die Piratenparte dort einen wichtigen Einfluss hat.

Zu den Zielen der Initiative gehört die „moralische Unterstützung für den der Verwaltungsmaschine ausgelieferten Menschen“. „Es ist ein Geben und Nehmen und beruht auf Gegenseitigkeit. Die Begleiter möchten selbst erfahren, wie unser Sozialsystem von innen aussieht“, heißt es auf Homepage. Diese Formulierung hört sich so an, als hätte ein bis dato von den sozialen Realitäten in unserem Land uninformierter FAZ-Leser über den Umweg über das Schicksal von Herrn Ponader erfahren, dass es in Deutschland Armut und die vielfältigen Zumutungen des Hartz IV-Regimes gibt. Das Mitlaufen wäre dann eine Art Ausflug zu den unbekannten Kontinent Jobcenter, so wie in den 60er Jahren junge weiße Studierende in den USA die Aktivisten der Bürgerrechtsbewegung unterstützt und dadurch von der Realität von Rassismus und struktureller Gewalt überzeugt wurden. Solche Erfahrungen können tatsächlich das Bewusstsein verändern, wie es eben bei vielen jungen Akademikern in den USA in den 60er Jahren der Fall war. Ob allerdings die Mitläufer dazu bereit sind, muss offen bleiben.

Mitläufer oder solidarische Begleiter?

Denn auffällig ist, dass jeder Hinweis darauf ausgeblendet wird, dass es Begleitaktionen zum Jobcenter nicht erst seit der Gründung der Mitläufer gibt. Nach Einführung von Hartz IV haben viele Selbsthilfegruppen und Erwerbsloseninitiativen Erwerbslose zum Jobcenter begleitet. Sie mussten über die soziale Realität nicht aus der FAZ erfahren, sondern sind oft selber aktive Erwerbslose, die sich seit Jahren gegen Schikanen am Amt wehren und sich mit der Begleitung mehr Solidarität erhoffen.

Ein Unterschied zwischen den Mitläufern und den sozialen Begleitern fällt schon bei einem Blick auf die Internetseiten auf. Während Letztere ganz klar Stellung gegen das Hartz IV-Regime nehmen, bleiben die Mitläufer hier äußerst vage. Bis auf einige Klagen über Ungerechtigkeiten und fehlenden Datenschutz im Amt findet sich keine Position zu Hartz IV. „Uns geht es nicht um die politische Dimension der Sache, sondern um die direkte Hilfe und moralische Unterstützung für die Hilfesuchenden und um die Deeskalation der Situation im Gespräch“, so der Initiator der Mitläufer Till Riebeling.

Menschliches Sozialsystem mit Hartz IV?

Wie das menschliche Sozialsystem aussehen soll, das auf der Internetseite postuliert wird, bleibt unklar. Während Begleitaktionen eindeutig parteiisch auf Seiten der Erwerbslosen sind, lautet das Credo der Mitläufer: „Unsere Arbeit kommt beiden Seiten zugute. Sie hilft, die Gesamtsituation zu entspannen, was sowohl für den Sachbearbeiter als auch für den Hilfesuchenden zu einer besseren und damit konstruktiveren Atmosphäre und besseren Ergebnissen für alle Beteiligten führt.“ Damit wird das Machtgefälle zwischen den Jobcentermitarbeiter und den Erwerbslosen ausgeblendet.

Wenn eine Seite darüber entscheiden kann, ob dringend benötigte Gelder angewiesen werden oder nicht, ob Sanktionen verhäng werden oder eine Aufforderung zur Mietsenkung verschickt wird, dann wird der Ruf nach einem fairen Umgang schnell zum Hohn. Deswegen kritisieren auch viele aktive Erwerbslose die neue Initiative. „Ich möchte kein Mitläufer sein und würde es auch niemand raten“, erklärte ein Berliner Erwerbsloser, der seit Jahren selber Begleitungen anbietet und sich auch selber begleiten lässt. Dass die neue Initiative Zulauf bekommt, überrascht den Mann nicht. Schließlich fehlt in großen Teilen Deutschlands eine soziale Infrastruktur, die Menschen mit wenig Kontakten eine solidarische Begleitung ermöglicht. Dann werden auch Serviceinitiativen als Rettungsanker gesehen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/153132
Peter Nowak

Ist Kritik an Situation in Jobcenter gleich ein Fall für die Justiz?

Die Mail einer Regionaldirektorin der BA wirft Fragen auf

Der gewaltsame Tod einer Jobcentermitarbeiterin aus Neuss vor einer Woche sorgt weiter für heftige Diskussionen unter aktiven Erwerbslosen. Ein Erwerbsloser hatte die Mitarbeitern mit einem Messer angegriffen und tödlich verletzt, nachdem er bei einem anderen Mitarbeiter gegen seinen Willen eine Vereinbarung unterschreiben musste, die auch seinen Datenschutz tangierte. Der Mann wollte nach einer Bedenkzeit seine Unterschrift unter die Einwilligung zurückziehen, traf aber den zuständigen Mitarbeiter nicht mehr an.

Der tödliche Angriff wurde von den Erwerbslosen verurteilt, aber in Foren wurde auch über die Zustände in den Jobcentern diskutiert, die solche Bluttaten erst möglich machen. Diese Diskussionen ebenso wie die Presseberichte zum Thema scheinen beim zuständigen Jobcenter auf Unmut zu stoßen. Das Erwerbslosenforum Deutschland hat nun eine Mail bekannt gemacht, die von der Vorsitzenden der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesanstalt für Arbeit, Christiane Schönefeld, an alle Mitarbeiter der Arbeitsagenturen und Jobcenter in NRW geschickt wurde. Gleich zu Beginn wird Medienschelte geübt: „Der traurige Anlass hat bundesweit Bedeutung. Von einem Teil der Medien wird der Tod unserer Kollegin in der Berichterstattung zum Anlass genommen, Missstände und gesellschaftliche Verwerfungen anzuprangern.“

Zudem scheint die BA systematisch Internetforen und Blogs auf mögliche strafbare Äußerungen im Zusammenhang mit dem Tod der Mitarbeiterinnen zu kontrollieren. Schönefeld schreibt in der Mail von „verharmlosenden, verfälschenden und sogar menschenverachtenden Beiträgen“ und kündigt an: „Wir werten diese Beiträge bundesweit auf justiziable Äußerungen aus und die Verfasser werden gerichtlich belangt.“

Werner Marquis, der bei der Regionaldirektion der Bundesanstalt für Arbeit für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, bestätigte gegenüber Telepolis die Echtheit des Schreibens. Die vom Erwerbslosenforum veröffentlichte Version sei allerdings nur ein Ausschnitt des Schreibens, das Schönefeld bereits am 1. Oktober verfasste. Mit der Veröffentlichung habe man keine Probleme, weil die BA davon ausgehe, dass von ihr verschickte Mails gestreut würden, betonte Marquis. Zur Art der Kontrolle der Internetbeiträge konnte er sich nicht äußern. Es werde aber alles dokumentiert, und es seien auch erste Anzeigen in Fällen gestellt worden, in denen die Äußerungen strafrechtlich relevant waren.

Kooperation angemahnt

Im Erwerbslosenforum seien Beiträge, in denen Verständnis für die Bluttat gezeigt wurde und das Opfer zum Täter gemacht wurde, konsequent gelöscht worden, betont Martin Behrsing gegenüber Telepolis. Auch Postings aus dem rechten Umfeld, in dem die nichtdeutsche Herkunft des Täters zum Anlass für offen rassistische Hetze genutzt wurde, seien ebenfalls sofort entfernt worden. Doch auch über die Diktion von Schönefelds Schreiben zeigt er sich befremdet. Schließlich könnten auch Berichte von Betroffenen, die über ihre Erfahrungen am Jobcenter berichten, in die Nähe von Straftaten gerückt werden. Schließlich hat das ELO bereits Erfahrungen mit juristischen Ermittlungen, nachdem Erwerbslose eine Entführung in einem Aachener Jobcenter diskutiert und kommentiert hatten.

„Wir wünschen uns, dass es ein Nachvollziehen für viele betroffene Erwerbslose gibt, die durch nicht zu rechtfertigende Sanktionen bzw. Zahlungseinstellungen kaum noch Verständnis für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufbringen können“, betont Behrsing und sprach sich für mehr Kooperation zwischen Erwerbslosen und Jobcentermitarbeitern aus .

Vor allem die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter der Jobcenter müssten ein Interesse daran haben, dass eine Diskussion über die Zustände und den Druck in den Jobcentern beginnt. Schließlich klagen auch Jobcenter-Mitarbeiter in persönlichen Gesprächen, dass sie selber Druck von ihren Vorgesetzen ausgesetzt sind, den sie wiederum an die Erwerbslosen weitergeben sollen oder müssen. In Frankreich hatte sich vor einigen Jahren die Mitarbeiterin eines Arbeitsamtes persönlich verpflichtet, keinen Druck auf Erwerbslose auszuüben. Erwerbslose haben in Deutschland unter dem Motto „Fabienne gesucht“ Unterstützung von Jobcenter-Mitarbeitern angemahnt. Das Schreiben von Schönfeld vermittelt hingegen ein ganz anderes Signal.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/152945
Peter Nowak

Erwerbslose zum Bombenräumen?

Aufregung in Pirna – Jobcenter nimmt Hartz-IV-Jobverpflichtung zurück
Im Hammerpark in Pirna werden noch immer Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet. Nun sollten Erwerbslose das Gelände vom Gehölz befreien, um einer Bombenräumtruppe besseren Zugang zu dem Gelände zu verschaffen.

Bombenentschärfungen bringen immer Schlagzeilen. Jüngstes Beispiel: Die Sprengung einer US-Fünf-Zentner-Fliegerbombe, die bei Bauarbeiten im Münchener Stadtteil Schwabing entdeckt wurde. Tausende Menschen aus den umliegenden Häusern mussten einen Tag lang evakuiert werden. Weil auch die aus Brandenburg und Thüringen geholten Sprengmeister zu dem Ergebnis kamen, dass bereits ein Hammerschlag reichen könnte, um den Blindgänger zur Explosion zu bringen, wurde er unter Verwendung von Strohballen als Dämmstoff kontrolliert gesprengt – was zahlreiche Gebäude in der Umgebung in Brand setzte.
Melderecht

Weil solche Darstellungen erst vor kurzen über Bildschirme flimmerten, sorgte ein bombiges Jobangebot in Pirna auch schnell für Aufregung. Für das vom Plauener Jobcenter initiierte Projekt Zukunft e.V. wurden neun Erwerbslose zum Roden des Waldes verpflichtet.

Weil für sie als Hartz-IV-Empfänger eine Ablehnung des Jobs mit Sanktionen verbunden gewesen wäre, kann von einer Freiwilligkeit keine Rede sein. »Wer sich weigert, entsprechende Maßnahmen seitens des Jobcenters durchzuführen, muss mit massiven Sanktionen in Form von Leistungsentzug rechnen«, schreibt auch eine Anti-Hartz-Initiative.

Nach Kritik ruderten die Jobcenter-Mitarbeiter zurück und erklärten alles zu einem großen Missverständnis. Den Mitarbeitern des Jobcenter seien die Gefahren nicht bekannt, gewesen. »Hätten wir von den Bomben gewusst, hätten wir der Aktion nie zugestimmt.«

http://www.neues-deutschland.de/artikel/800332.erwerbslose-zum-bombenraeumen.html
Peter Nowak

Tod im Jobcenter bleibt ohne juristische Folgen

Das Verfahren gegen eine Polizistin, die vor einem Jahr eine Hartz-IV-Empfängerin erschossen hat, wird eingestellt
Warum schoss eine Polizistin auf eine Hartz-IV-Empfängerin? Die Staatsanwaltschaft verweist auf Notwehr, eine Initiative fordert dagegen weiter eine Klärung vor Gericht.

Der Fall sorgte kurzzeitig für Schlagzeilen. Am 19.Mai 2011 starb Christy Schwundeck, eine deutsche Staatsbürgerin nigerianischer Herkunft, an einer Schussverletzung in einen Jobcenter in Frankfurt/Main an einer Schussverletzung. Das tödliche Projektil kam aus der Waffe einer Polizistin.
Schwundeck, die auf Hartz IV angewiesen war, hatte zuvor vergeblich einen kleinen finanziellen Vorschuss verlangt, weil sie mittellos und ihr Antrag noch nicht bearbeitet war. Nachdem der zuständige Fallmanager eine Barauszahlung verweigert hatte und darauf bestand, dass das Geld nur auf ein Konto überwiesen werden kann, protestierte Schwundeck heftig. Nachdem darauf die Polizei gerufen wurde, eskalierte die Situation weiter. Angehörige und Freunde der Getöteten erhofften sich von einer Gerichtsverhandlung die Klärung der Frage, wie es zu dem Schuss kommen konnte.
Doch diese Möglichkeit wird es wohl nicht geben . Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main hat das Ermittlungsverfahren wegen Verdacht des Totschlages gegen die Todesschützin eingestellt. Nach Auswertung aller Zeugenaussagen habe sich gegen die Polizistin „kein hinreichender Tatverdacht bezüglich der Begehung einer Straftat“ ergeben, begründete ein Sprecher der Behörde die Entscheidung. Er qualifizierte den Schuss als „zulässige Notwehrhandlung“. Die Verteidigungshandlung sei notwendig gewesen, weil Christy unkontrolliert mit einem Messer um sich schlagend agiert habe und auf Aufforderungen, das Messer niederzulegen, nicht reagiert habe.
Ob damit juristisch das letzte Wort gesprochen ist, bleibt noch offen. Christy Schwundecks Bruder lässt die juristischen Erfolgsaussichten einer Beschwerde gegen die Einstellungsentscheidung des Gerichts prüfen.
Empört über die Einstellung des Verfahrens zeigte sich die „Initiative Christy Schwundeck“, in der sich Erwerbslosengruppen und Aktivisten aus antirassistischen Zusammenhängen zusammengeschlossen hatten.
„Wir fordern nach wie vor, dass es zu einem Gerichtsverfahren kommt und unterstützen den Bruder von Christy Schwundeck bei weiteren rechtlichen Schritten“, erklärte ein Sprecher der Initiative gegenüber ND.
Auch die Gewerkschaftliche Arbeitsloseninitiative Darmstadt (Galida) wehrt sich dagegen, dass der Tod im Frankfurter Jobcenter ohne juristische Folgen bleiben soll.
„Unserer Überzeugung ist die Einstellung ein falscher und fataler Entschluss, der dem berechtigten und nötigen Interesse an einer restlosen und zweifelsfreien Aufklärung der Geschehnisse zuwider läuft und das Vertrauen auch in unser Rechtssystem weiter untergräbt, erklärt Galida-Aktivist Thomas Rindt gegenüber Nd. Er stellt auch an das Jobcenter kritische Fragen zu dem Umgang mit den Erwerbsosen. Schließlich sei Schwundeck mit der Verzweiflung über „die Aussicht auf ein Wochenende ohne jegliche Geldmittel“ nicht allein.
ttps://www.neues-deutschland.de/artikel/219213.tod-im-jobcenter
-bleibt-ohne-juristische-folgen.html
Peter Nowak