DDR-Anschluss war Modellprojekt

Manifest für ein solidarisches Europa als Beitrag zur linken Debatte

Zur linken Debatte über ein anderes Europa wurde jetzt ein Manifest mit dem Motto »Für ein solidarisches Europa« veröffentlicht. Dafür werden seit dem 1. Juni im Internet Unterschriften gesammelt.

Der Titel geht auf ein Buch zurück, das der Hamburger Historiker Karl Heinz Roth und der griechische Soziologe Zissis Papadimitriou demnächst im Nautilus-Verlag veröffentlichen. Die beiden Aktivisten der außerparlamentarischen Linken ihrer Länder liefern nicht nur eine schonungslose Analyse des Euroraumes, sondern schlagen Alternativen vor.

Die Wurzeln der »exportgetriebenen Niedriglohnpolitik der deutschen Hegemonialmacht und ihrer kerneuropäischen Verbündeten« verorten die beiden Autoren in den frühen 90er Jahren. Sie sehen in dem Anschluss der DDR an die BRD ein Modellprojekt für den Umgang des von Deutschland angeführten Kerneuropa mit der europäischen Peripherie.

In einem eigenen Kapitel wird im Manifest kritisch auf verschiedene linke Europa-Konzepte eingegangen. Der Austritt eines oder mehrerer Länder der europäischen Peripherie aus der Eurozone würde die soziale und wirtschaftliche Misere nach Überzeugung der Verfasser verschärfen.

Sie halten das Konzept des Mehrheitsflügels der größten griechischen Oppositionspartei Syriza für unrealistisch, innerhalb der EU ein Schuldenmoratorium und andere Reformen durchsetzen zu können. Als Alternative werden im Manifest radikale Veränderungen auf wirtschaftlichen und sozialen Gebiet vorgeschlagen.

Dazu gehört eine völlige Abkehr vom Wirtschaftsliberalismus. Gesetzt wird auf Arbeitszeitverkürzung, eine allgemeine Grundsicherung, die spürbare Anhebung der Kapital- und Vermögenssteuer sowie die Verhinderung der Kapitalflucht. Gefordert werden eine Sozialisierung von Banken und zentralen Schlüsselindustrien, die Gleichstellung der Frauen und ein beschleunigter europaweiter ökologischer Umbau.

Die Ablehnung des Schengener Grenzregimes und die Beendigung der Politik der Abschiebung und Diskriminierung von Flüchtlingen gehört zu einem antifaschistischen Vermächtnis. Das wird angesichts des Anwachsens rechter und rassistischer Bewegungen in verschiedenen europäischen Ländern im Manifest aktualisiert. Hergestellt wird der Bezug zu Erklärungen linkssozialistischer Widerstandsorganisationen wie der Gruppe »Neu Beginnen«. Sie forderten zu Beginn der 1940er Jahre eine Föderative Republik Europa als Gegenmittel gegen den zerstörerischen Nationalismus.

Als nächster Schritt wird im Manifest ein europäisches » Netzwerk selbstbestimmt und selbstverantwortlich handelnder Initiativen« vorgeschlagen, die eine »Assoziation Egalitäres Europa« begründen. Aufgerufen dazu sind Aktivisten des sozialen Widerstands, Protagonisten der Alternativökonomie sowie linksoppositionelle Strömungen in Gewerkschaften und Parteien.

www.egalitarian-europe.com
http://www.neues-deutschland.de/artikel/823630.ddr-anschluss-war-modellprojekt.html

Peter Nowak