Kritik und Selbstkritik bei Online-Aktionskonferenz: "Der 24. Februar war eine große Niederlage" – viele rechneten bis zuletzt nicht mit dem russischen Angriff auf die Ukraine

Krieg von ungewohnter Seite: Friedensbewegung sucht Weg aus der Schockstarre

Kritik und Selbstkritik bei Online-Aktionskonferenz: "Der 24. Februar war eine große Niederlage" – viele rechneten bis zuletzt nicht mit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Als Beispiel verwies Nagler auf eine Friedenskundgebung in Leipzig, wo zu Geldspenden für die ukrainische Armee aufgerufen wurde. Gleichwohl betonte Nagler, er werde an diesem Sonntag auf keinen Fall bei der Campact-Demonstration in Berlin hinter ukrainischen Fahnen herlaufen. Dem widersprach eine Antimilitaristin aus Frankfurt am Main – sie wolle die vielen Menschen, die jetzt gegen den Krieg in der Ukraine auf die Straße gehen, nicht der Hegemonie von Aufrüstungsbefürwortern aus den Reihen von SPD und Grünen überlassen. Daher plädierte sie für eine Teilnahme an der Großdemonstration.

Für politisch aktive Menschen, die schon gegen den Irak-Krieg und seither immer wieder auf die Straße gegangen sind, um gegen Krieg und Militarismus zu protestieren, ist es eine ungewohnte Situation: Die Informationen westlicher Geheimdienste, denen sie aufgrund von Erfahrungswerten mindestens skeptisch gegenüberstanden, haben dieses Mal in wichtigen Punkten gestimmt – jedenfalls wenige Tage nach dem zuerst genannten Datum hat das russische Militär tatsächlich auf breiter Front die Ukraine angegriffen. Nun sind deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine beschlossen. Erst sollten nur 5000 Helme geliefert werden, was in „Sozialen Netzwerken“ für tragikomisch befunden wurde, jetzt kommen laut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) 1000 Panzerabwehrwaffen und 500 Stinger-Raketen hinzu. Die Online-Aktionskonferenz der Friedensbewegung war schon für Samstag, den 26. Februar geplant, als sich die Eskalation rund um die Ukraine zuspitzte. Ziel sollte sein, …

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Linkspartei muss in Brandenburg weiter regieren

Und steht damit vor einer Zerreißprobe. Eine „linke Tragödie“?

In Brandenburg deutet alles auf eine Neuauflage der Koalition zwischen SPD und Linkspartei hin. Der Landesvorstand der dortigen SPD hat gestern einstimmig beschlossen, Koalitionsgespräche mit den Linkssozialdemokraten aufzunehmen, mit denen sie bereits in der letzten Legislaturperiode regierte. Die SPD konnte als stärkste Partei entscheiden, ob sie die bisherige Koalition fortsetzt oder ein Bündnis mit der Union eingeht.

Sie hat mit 31,9 Prozent der Stimmen 30 Sitze, die CDU mit 23 Prozent 21 Sitze und die Linkspartei mit 18,6 Prozent 17 Sitze im Potsdamer Landtag. Zuvor hat die SPD auch mit der CDU, dem Koalitionspartner in der vorletzten Legislaturperiode, Sondierungsgespräche geführt. Die Entscheidung gegen die CDU begründete der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke [1] mit personellen Entscheidungen der Konservativen. Er habe mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass der Brandenburgische CDU-Vorsitzende und Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen auch bei einer rot-schwarzen Koalition keinen Ministerposten anstreben, sondern sich auf seine Parteiarbeit konzentrieren wolle.

Woidke sieht deshalb nicht gewährleistet, „dass die CDU-Führung bereit und in der Lage ist, Regierungsverantwortung für unser Land zu übernehmen“, so seine reichlich populistische Begründung. Schließlich ist es nicht ungewöhnlich, dass Spitzenpolitiker einer Partei nicht in eine Koalition eintreten und vom Gesichtspunkt der Minimierung einer Ämterhäufung ist ein solches Splitting sicher nicht besonders kritikwürdig.

Was in Woidkes Statement allerdings deutlich wird, ist die sicher nicht falsche Einschätzung, dass die Linkspartei der pflegeleichtere Koalitionspartner als die Christdemokraten ist. Zudem scheint er auch nicht zu befürchten, dass – besonders dann, wenn sich, wie zu erwarten, die SPD bei den Koalitionsverhandlungen mit ihren Vorstellungen durchsetzen kann – eine parteiinterne Opposition in der Linkspartei gegen eine erneute Regierungsbeteiligung stimmt. Besonders die Braunkohleförderung hat die Linke vor eine Zerreißprobe gestellt [2].

Eigentlich war die Linkspartei gegen die weitere Förderung von Braunkohle, konnte sich damit aber bei der SPD nicht durchsetzen. Auch ein Volksbegehren gegen neue Tagebaue [3] fand wenig Unterstützung in der Bevölkerung. Nun steht allerdings die Linkspartei in der Kritik von Umweltschützern [4] und Bevölkerung in der von der Abbaggerung betroffenen Region.

Auch andere Themen bewegen die Wähler in Brandenburg, dass zeigte der Überraschungserfolg der Freien Wähler, denen durch das Direktmandat des Flughafengegners Christoph Schulze eine Fraktionsbildung möglich wurde.

Wie mit den starken Verlusten umgehen?

Dabei machen die lebhaften Diskussionen in der Linkspartei nach dem für sie desaströsen Wahlergebnis in Brandenburg deutlich, dass die Verunsicherung in der Partei groß ist. Schließlich hat die Partei nach einer Legislaturperiode der Mitverwaltung mehr als die Hälfte ihrer Wähler verloren [5].

Wie stark die Nervosität bei den Linkssozialdemokraten ist, zeigten die parteiinternen Reaktionen auf ein Interview [6] mit der langjährigen Politikerin von PDS und Linkspartei, Kerstin Kaiser. Dort stellt sie eine Entfremdung zwischen Partei, Fraktion und Wählern fest, mahnt zur Selbstkritik und empfiehlt ihren Genossen die Trennung von Regierungs- und Parteiämtern, also genau das, was Woidke an der CDU kritisiert.

Obwohl Kerstin Kaiser in dem Interview betonte, dass ein Großteil der Linksparteiwähler den Kurs des Mitregierens unterstützt, musste sie nach dem Interview innerparteilich klarstellen, dass sie damit keineswegs Stellung gegen eine weitere Regierungsbeteiligung der Linken in Brandenburg genommen habe. Kaiser hat aber ganz klar diagnostiziert, wie das Mitregieren eine oppositionelle Partei verändert:

Praktisch wurde die Partei den Erfordernissen der Regierung untergeordnet und so wahrgenommen. Wir müssen als erstes die Vermischung und Verknotung der Verantwortungen auflösen.

Auch das Vorstandsmitglied der Linksjugend, Solid Isabelle Vandre, die nach den Wahlen daran erinnerte, dass die Linke nur in eine Koalition eintreten sollte, wenn bestimmte Grundsätze erfüllt sind, musste gleich klarstellen, dass sie keineswegs eine neue Koalition mit der SPD in Frage stelle. Schließlich könnte sie als Landtagsabgeordnete dagegen stimmen.

Lediglich die Strömung Antikapitalistische Linke [7] in und bei der Linkspartei erinnert daran, dass Mitregieren und eine grundsätzliche Opposition ein Widerspruch ist. Ihr Fazit der fünfjährigen Mitverwaltung in Brandenburg ist ernüchternd:

Ein bisschen mehr soziale Tunke, aber ansonsten die gleiche politische Entmündigung der Menschen und Vollstreckung der Interessen der Herrschenden. Das ist IMMER der Auftrag an eine bürgerliche Regierung und nicht eine Sekunde wurde in Brandenburg daran gezweifelt. DAS ist die linke Tragödie – die selbst durch die dicksten Diäten nicht erträglicher wird.

So könnte man die Tatsache, dass die SPD weiter mit der Linken regieren will, auch so kommentieren: „Der Kelch ist nicht an ihnen vorbeigegangen.“

http://www.heise.de/tp/news/Linkspartei-muss-in-Brandenburg-weiter-regieren-2402875.html

Peter Nowak 

Links:

[1]

http://www.stk.brandenburg.de/cms/detail.php/lbm1.c.375532.de

[2]

http://www.rbb-online.de/wirtschaft/thema/kohle/welzow/beitraege/welzowentscheidungkabinettbraunkohle.html

[3]

http://www.lausitzer-braunkohle.de/volksini.php

[4]

http://www.taz.de/!139225/

[5]

http://www.neues-deutschland.de/artikel/945964.brandenburg-linke-verliert-mehr-als-die-haelfte-der-stimmen.html

[6]

https://www.taz.de/Ex-Fraktionschefin-der-Linkspartei/!146332/

[7]