Populistische Kampagne

Die Gegner der Energiewende sammeln sich. Nicht immer zeigen sie ihre Opposition offen. Während aus der Wirtschaft über die Kosten geklagt und das Gespenst des Blackout an die Wand gemalt wird, finden sich in der Politik plötzlich merkwürdige Sachwalter der Interessen der Normalverbraucher. An vorderster Front dabei: Politiker von FDP und Union, die gegen jeden Beweis behaupten, einzig die Subvention Erneuerbaren sei an der Erhöhung der Strompreise schuld. Ausgerechnet die FDP entdeckt nun ihr Herz für die Geringverdiener und erklärt den Ausbau von Solar- und Windenergie zur Ursache einer zunehmenden Zahl von Stromabschaltungen in Haushalten von einkommensschwachen Menschen. Das ist eben die Partei, deren ehemaliger Vorsitzender Guido Westerwelle ein angebliches Anspruchsdenken der unteren Schichten mit der spätrömischen Dekadenz verglich. Doch die Häufung von Stromabschaltungen wegen unbezahlter Rechnungen ist auch eine Folge der politisch gewollten Verarmungspolitik mit Niedriglöhnen und Hartz IV.

Als Soforthilfe mit ökologischen Hintergrund hat die LINKE–Vorsitzende Katja Kipping eine Verschrottungsprämie für stromfressende Geräte vorgeschlagen. Dass solche Vorschläge von FDP und Union sofort abgelehnt wurden, verwundert nicht. Denn letztlich geht es ihnen nicht um von Stromabschaltungen betroffene Menschen. Die populistische Kampagne gegen die Erneuerbaren als angebliche Strompreistreiber macht aber deutlich, wie wichtig es ist, ökologische und soziale Fragen zu verbinden.

Der Kampf um Klimagerechtigkeit muss auch hierzulande geführt werden. Dazu gehört auch das Thema, dass den privaten Haushalten tatsächliche oder vermeintliche Kosten der Energiewende aufgebürdet werden, während die Industrie zum großen Teil davon befreit ist. Jeder Versuch hier Gerechtigkeit einzuführen wird schon im Ansatz mit dem Argument der gefährdeten Arbeitsplätze abgewürgt. Doch davon sollte sich eine linke Umweltbewegung nicht schrecken lassen.

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Peter Nowak

Alles streng wissenschaftlich

Die Bundesregierung hat eine Expertenkommission ernannt, die die Energiewende wissenschaftlich begleiten soll. Aufgabe dieses vierköpfigen Gremiums ist die Überprüfung, ob die Energiewende »dem Ziel einer umweltschonenden, zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung gerecht wird«, so Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).

Dieses Gremium hätte wohl kaum Aufmerksamkeit bekommen, wenn sich nicht an der Person des Vorsitzenden ein Streit entzündet hätte. Für Umweltorganisationen ist der Volkswirt Andreas Löschel zu industrienah. Regine Günther von der Umweltstiftung WWF wird in der Berliner »tageszeitung« zitiert: »Es ist höchst problematisch, wenn die Regierung jemanden zum Leiter einer Expertenkommission beruft, der zeitgleich solche Kriterien im Auftrag einer Interessenpartei entwickelt.«

Damit bezieht sie sich auf die Arbeitsgruppe »Konzept für ein Monitoring der energiepolitischen Zielerreichung«, die Löschel am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim leitete. Dabei wurden 25 Prüfsteine entwickelt und begleitend mit Politikern, Wissenschaftlern und Vertretern von Umweltverbänden diskutiert. Auftraggeber des Konzepts war der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Die Kritiker monieren, dass Löschel hier Kriterien entwickelt habe, die er nun als Leiter der Monitoringstelle anwende. Für Löschel geht es um eine »rein wissenschaftliche, unabhängige Arbeit«.

Nun ist es gerade in der Wirtschaftsforschung so eine Sache mit der unpolitischen Wissenschaft. Zumal bei einem Mann, der laut seiner wissenschaftlichen Vita Stipendiat der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung war und von der Körber-Stiftung den Deutschen Studienpreis für eine Diplomarbeit bekam, die »rein wissenschaftlich« die Zukunft der Alterssicherung in der kapitalgedeckten Rentenversicherung fand.

Ein Mann wie Löschel als Kontrolleur dürfte sicherstellen helfen, dass sich die Industrie keine Sorgen machen muss. Zumal der Bundeswirtschaftsminister voll und ganz hinter ihm steht.

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Peter Nowak