Gestern fand der erste BND-Spaziergang in Berlin statt
Wo in Berlin die Stadtteile Mitte und Wedding zusammentreffen, wächst seit Monaten ein Gebäudekomplex in den Himmel, der schon von weitem wie eine Trutzburg aussieht. Kameras finden sich an allen Ecken und der Wassergraben auf der Rückseite des Areals verfestigt noch mehr den Eindruck, dass der BND-Neubau [1] als Burg des 21. Jahrhunderts konzipiert ist.
Obwohl der Bau fast fertig ist, gab es bisher im protesterfahrenen Berlin bisher kaum kritische Interventionen zu diesem Neubau. Erst der NSA-Skandal und die damit verbundene Sensibilisierung für Überwachungs- und Geheimdienstpraktiken rückten jetzt auch die BND-Zentrale im Bau in den Fokus einer kritischen Öffentlichkeit. Für den Abend des 29. Juli hatten Überwachungskritiker zum „ersten großen BND-Spaziergang“ [2] eingeladen. Groß war der von der Digitalen Gesellschaft [3] und dem touristischen Arm der Hedonistischen Internationale [4] initiierte Spaziergang schon zu Beginn nicht. Als dann doch eine Regenfront über Berlin zog, suchten viele Teilnehmer vorzeitig das Weite. Das angekündigte Picknick bei Sonnenuntergang auf der Wiese vor der Baustelle fiel so ins Wasser. Wegen des starken Regens wurden die Picknickkörbe erst gar nicht ausgepackt.
So beschränkte sich die angekündigte Aktion auf einen Spaziergang rund um das Gebäude. Der vorher groß beworbene Fun- und Eventfaktor war allerdings vorhanden. Einige Teilnehmer richteten ihre aus schwarzen Karton selbst gebastelten BND-TV-Geräte auf die Fenster des noch leeren Gebäudes.
Parteidrohne statt Parteifahne
Für die meiste Aufmerksamkeit sorgte wieder einmal die Titanic-Gründung „Die Partei“ [5], die mit einer selbstgebastelten Drohne auflief und sie über den Zaun des BND-Areals ausfuhr. Auf der Rückseite der Drohne stand noch einmal das Logo „Die Partei“. Sie konnte so auch die Ankündigung der Veranstalter unterlaufen, die im Vorfeld bekannt gaben, dass Parteifahnen auf der Aktion nicht willkommen sind. Für Parteidrohnen gab es schließlich kein Verbot. Die „Partei“-Vertreter machten auch gleich deutlich, dass sie auch auf diesen Event gegen den Strom schwimmen: „Die anderen wollen hier gegen Überwachung demonstrieren, wir wollen zeigen, dass Überwachung und Drohnenproduktion billiger zu haben sind.“
Eher seicht waren hingegen die Parolen, die bei der Aktion vorgetragen wurden. Bei Wortspielen wie „Geh heim Dienst“ musste man schon ein Gähnen unterdrücken. Die Frage wird sein, ob dieser Spaziergang ein einmaliger Event war oder ob die Aktion in den nächsten Wochen wiederholt wird. Dann könnten auch noch mehr Inhalte über die Geschichte des BND und die Aufgaben und Funktion der hier geplanten zweitgrößten Abhörzentrale vermittelt werden.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/print/154712
Peter Nowak 30.07.2013