Anti-Antifa united


In Frankfurt am Main wollen Polizeigewerkschafter und extrem rechte Medien verhindern, dass eine antifaschistische Gruppe Räume des DGB nutzt. Diese Allianz gegen antifaschistisches Engagement hat eine Vorgeschichte.

»Gewerkschaft der Polizei stellt sich gegen Antifa«, freute sich das extrem rechte Internetportal PI News über eine Presseerklärung des hessischen Landesverbands der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die GdP nahm die öffentliche Diskussion über die Vergabe von Räumlichkeiten im Frankfurter DGB-Haus an die »Antifa United Frankfurt« zum Anlass, um auf Distanz zu ihrem Dachverband, dem DGB Hessen-Thüringen, zu gehen.

Die im Rhein-Main-Gebiet aktive antifaschistische Gruppe hatte sich, wie auch andere linke Organisationen, bereits öfter im Jugendclub des Frankfurter DGB getroffen. »Bildet Banden, werdet Teil einer neuen linksradikalen Gruppe in Frankfurt« – unter dieser Überschrift stand die Einladung der »Antifa United«. Darüber echauffierte sich die GdP genauso wie über ein in der Einladung benutztes Foto, auf dem die abgebildeten Personen sich mit Masken unkenntlich gemacht hatten.

Sollte die GdP nun ihre weitere Mitgliedschaft im DGB zur Disposition stellen, dürften linke Gewerkschafter ihr keine Träne nachweinen. Denn es ist nicht das erste Mal, dass die Gewerkschaft gegen die Arbeit antifaschistischer Gruppen in DGB-Häusern vorgeht.

Dass die Antifagruppe im DGB-Haus allerdings für den militanten Straßenkampf trainieren wollte, konnte man dem Einladungstext ebenfalls entnehmen: »Zusammen lernt ihr ähnlich denkende Leute kennen, mit denen ihr eure politischen Ideen und Vorstellungen in einem von euch selbstbestimmten Raum diskutieren und umsetzen könnt«, versprach die Gruppe den Teilnehmern. Offene Diskussionen, das Kennenlernen verschiedener linker Strömungen und das Bemühen um einen »solidarischen, selbstreflektierten Umgang miteinander« scheinen für die GdP und ihre poltischen Freunde bereits eine gefährliche Staatsfeindlichkeit zu signalisieren.

In dem GdP-Statement heißt es: »Wer sich öffentlich vermummt zeigt, sich selbst als radikal bezeichnet und damit bekundet, dass er die Vorschriften des Versammlungsrechts ignoriert, steht aus unserer Sicht außerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und stellt den Rechtsstaat nicht nur in Frage, sondern fordert ihn bewusst heraus!« Dass dies von einer Gewerkschaft kommt, deren Mitglieder sich gerne vermummt und behelmt der Öffentlichkeit präsentieren, und die vehement gegen das Tragen von Erkennungsnummern protestiert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Sollte die GdP nun ihre weitere Mitgliedschaft im DGB zur Disposition stellen, dürften linke Gewerkschafter ihr keine Träne nachweinen. Denn es ist nicht das erste Mal, dass die Gewerkschaft gegen die Arbeit antifaschistischer Gruppen in DGB-Häusern vorgeht. Erst vor wenigen Monaten versuchten GdP und die mit ihr konkurrierende Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), bejubelt von rechtslastigen Medien und der AfD, einen antifaschistischen Kongress im Münchner DGB-Haus zu verhindern. Der DGB zog die bereits erfolgte Kündigung allerdings wieder zurück, nachdem die Kongressorganisatoren sich ausdrücklich von Gewalt distanziert hatten.

Auch bei der Einschränkung von demokratischen Rechten ist die GdP eine treibende Kraft. Sie setzt sich für den Abbau des Datenschutzes ein und fordert weitere Einschränkungen des Demonstrationsrechts, obwohl SPD und Union rechtszeitig vor dem G20-Gipfel den Straftatbestand des tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte explizit herausgestellt haben.

Als empörend bezeichnete es der Hamburger GdP-Vorsitzende Gerhard Kirsch, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Anmelder der G20-Proteste eingestellt hat. Empört sind die Polizeigewerkschafter auch immer, wenn ihre eigenen Mitglieder ausnahmsweise einmal vor Gericht ­stehen. Doch es ist unwahrscheinlich, dass die alte linke Parole »Polizeigewerkschaft raus aus dem DGB« Realität wird. Ihre Präsenz im DGB kann als Zeichen für die vollständige Integration der Gewerkschaften in die Apparate des kapitalistischen Staates gelten.

https://jungle.world/artikel/2018/09/anti-antifa-united
Peter Nowak

Streit um Antifa-Treffen


In Frankfurt am Main wollen Polizeigewerkschafter eine linke Veranstaltung stoppen

»Organize! Wir gründen eine neue Gruppe.« So lautet das Motto einer Veranstaltung, zu der die Gruppe »Antifa United Frankfurt« Anfang Februar in den DGB-Jugendclub in der hessischen Mainmetropole eingeladen hatte. Es war nicht das erste Treffen der unabhängigen Antifagruppe, die für Bündnisse auch bis hinein ins gewerkschaftliche Spektrum bekannt ist.

Dass über diese Zusammenarbeit nun bundesweit gestritten wird, liegt an der Gewerkschaft der Polizei (GdP). In einer Presseerklärung teilte diese jüngst mit, dass sie die Überlassung von Räumlichkeiten im DGB-Haus für die Antifagruppe zum Anlass nehme, um auf Distanz zum DGB Hessen-Thüringen zu gehen. Weil auf dem Foto der Veranstaltungseinladung einige Personen ihre Gesichter mit Masken unkenntlich gemacht haben, bezeichnete die GdP die Antifagruppe zudem als »vermummte Einheit«. »Wer sich öffentlich vermummt zeigt, sich selbst als radikal bezeichnet und damit bekundet, dass er die Vorschriften des Versammlungsrechts ignoriert, steht aus unserer Sicht außerhalb des freiheitlich demokratischen Rechtsstaats«, heißt es in der GdP-Erklärung.

Zuvor hatte bereits der Vorsitzende der mit der GdP konkurrierenden Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Lars Maruhn, gegen das Antifatreffen im DGB-Haus polemisiert und der Gewerkschaft vorgeworfen, logistische Hilfestellung beim Kampf der Autonomen gegen den Staat zu bieten.

Dass nun Linke mit der Polizei nicht nur bei Demonstrationen in Konflikt geraten, zeigte sich vor einigen Monaten schon in München. Dort versuchten die GdP und die DPolG, bejubelt von rechtslastigen Medien und der AfD, einen antifaschistischen Kongress im DGB-Haus zu verhindern. Die danach erfolgte Kündigung der Räume wurde allerdings wieder zurückgezogen, nachdem die Kongressorganisatoren betont hatten, dass ihre Aktivitäten auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.

Der DGB-Bezirksvorsitzende von Frankfurt am Main, Michael Rudolph, erklärte gegenüber der »Frankfurter Neuen Presse«, dass der DGB grundsätzlich keine Räume an Gruppen gebe, die im Widerspruch zu ihren Grundsätzen stehen – zugleich distanzierte er sich aber auch nicht von der Antifa. »Der Vermieter hat auf Grund vergangener Mietverhältnisse keine Veranlassung dazu, die Räume an die Mieterin nicht zu vermieten«. Mitglieder unterschiedlicher Einzelgewerkschaften hoffen, dass der DGB dabei bleibt. Schließlich haben sich erneut rechte Gruppen hinter die Attacken der Polizeigewerkschafter gestellt.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1080867.repression-streit-um-antifa-treffen.html

Peter Nowak

Stimmung für die AfD

Wie ein Interview mit dem Präsidenten eines Fußballclubs die rechte Empörungsspirale antrieb, die auch ein Polizeigewerkschafter gut bedienen kann

Zum Jahresende, wenn der Politikbetrieb Winterpause macht, ist die Zeit für lange besinnliche Interviews in den Zeitungen. Auch das Gespräch[1], das zwei FAZ-Redakteure mit dem Präsidenten des Fußballvereins Eintracht Frankfurt Peter Fischer führten, gehört in diese Kategorie. Da geht es um Fischers Lebenswerk, seine Zukunft, seine Erdung in Frankfurt und ein klein wenig auch um Politik. Doch die wenigen Sätze machen nun Schlagzeilen. Schließlich wurden sie in der Überschrift für das Interview kurz und knapp zusammengefasst. „Wer die AfD wählt, kann bei uns kein Mitglied sein.“ Prompt echauffierte sich die rechte Internetgemeinde, schalt Fischer einen Antidemokraten, der schlimmer als die Stasi sei. Fischer propagiere das Ende der geheimen Wahl, wurde ebenfalls unterstellt.

Hätte jemand mal nachgelesen, was der Eintracht-Präsident eigentlich gemeint hat, wäre die ganze Aufregung überflüssig gewesen. Das soviel diskutierte Zitat steht unter einer Frage, die unter dem Stichwort Internationalität und Weltoffenheit steht

„Die Internationalität des Eintracht-Kaders hat für viele Diskussionen gesorgt. Bei Ihnen war von Anfang an klar zu erkennen, dass Sie es auch als Indiz für die Weltoffenheit der Eintracht werten. Fühlen Sie sich bestätigt?“

Ich traue niemandem mehr in diesem Land, wenn Nationalpopulisten 13 Prozent der Stimmen bekommen können. Ich werde auf der Mitgliederversammlung eine deutliche Position beziehen, dass es sich mit unserer Satzung nicht verträgt, AfD zu wählen. Es kann niemand bei uns Mitglied sein, der diese Partei wählt, in der es rassistische und menschenverachtende Tendenzen gibt. Wir als Eintracht Frankfurt sind als Gegner der Antisemiten bekannt und von unserer Geschichte geprägt, die jedem bekannt sein sollte, der sich mit uns identifizieren möchte: Wir wurden in der NS-Zeit als „Juddebube“ verunglimpft. Heute verlegen wir zusammen mit Matthias Thomas vom Eintracht Frankfurt Museum Stolpersteine in der Stadt. Ich habe aus Anlass der Erinnerung an die Befreiung der Häftlinge aus dem KZ Auschwitz vor der jüdischen Gemeinde Frankfurt gesprochen. Wir haben gegenwärtig Mitglieder aus mehr als 70 Nationen, bei uns gibt es in der Boxabteilung junge Israelis, die gegen Palästinenser im sportlichen Wettstreit antreten. Wir sind klar aufgestellt: Wir sind absolut weltoffen, Rassismus hat bei uns keinen Platz. Dafür stehe ich als Präsident ein.

Peter Fischer, FAZ

Hier ist also keineswegs die Rede davon, dass Fischer nun ermitteln will, wer AfD wählt, um diejenigen dann auszuschließen. Es geht ihm vielmehr um eine Haltungsfrage. Fischer hält eine Position für die AfD nicht mit dem von ihm geschilderten Engagement des Vereins vereinbar. Das wird in der Anschlussfrage der Journalisten und der Antwort des Vereinsvorsitzenden noch einmalig deutlicher: „Gehen Sie davon aus, dass es keine AfD-Wähler unter den Eintracht-Mitgliedern gibt?“

Ich bin nicht naiv und bin mir sicher, dass es auch bei uns AfD-Wähler gibt. Aber ich werde sehr deutlich klarmachen, was wir davon halten und dass der Verein für andere Werte und Ziele steht. Sport muss politisch sein, und zwar nicht nur sportpolitisch. Der Sport muss vielmehr auch ganz klar politisch sein und seine Stimme erheben gegen gesellschaftliche Fehlentwicklungen, wenn es angebracht und notwendig ist. Wir müssen immer wieder aufs Neue aufpassen. Ich will später nicht einmal hören, dass ich gesagt habe: Das wusste ich nicht oder habe ich falsch eingeschätzt. Ich komme aus einer Generation, die informiert ist, die lesen kann und die mitbekommt, was alles passiert. Das möchte ich umsetzen. Und da muss ich auch bereit sein, als Eintracht Frankfurt, als einer der größten und bedeutendsten Vereine in Deutschland, klare Kante zu zeigen und Position zu beziehen, um zu sagen: Es gibt Wichtigeres als zum Beispiel die Nachspielzeit oder ob der Ball jetzt vor oder hinter der Linie war. Ich bin mir selbst gegenüber verpflichtet zu sagen: Wehre dich, wenn du dich wehren musst. Wenn du gegen etwas sein musst, dann sei auch dagegen. Und sei dafür, wenn du sagst: Du musst dafür sein. Diese Einstellung gehört von jeher zu meinem Leben dazu, und das sind alles Dinge, die mich spannend auf eine nächste Amtszeit blicken lassen.

Peter Fischer, FAZ

Nun kann man kritisieren, dass Fischer recht naiv ist, dass er sich viel zu stark auf die AfD bezieht. Hat nicht die CDU unter Roland Koch 1999 einen Wahlkampf gegen die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts geführt? Wurde da nicht eine Unterschriftensammlung angeleiert, wo Menschen anstanden, weil sie „gegen die Ausländer“ unterschreiben wollten? Müsste nicht auch dazu ein Verein wie Eintracht Frankfurt Stellung beziehen?

Doch der Sturm der Entrüstung, der aufbrandete, ist scheinheilig und passt zu dem Versuch der AfD, sich als Opfer von angeblich rot-grün dominierten Institutionen zu inszenieren. Es ist klar, dass niemand für eine Wählerstimme reglementiert werden kann, weil ja gar niemand wissen kann, was jemand wählt.

Es ist auch bezeichnend, dass niemand von Fischers Kritikern auf den Kern seiner Ausführungen eingegangen ist, also dass die Haltung des Vereis den zentralen Forderungen der AfD widersprechen. Fischer hat auch explizit darauf verwiesen, wie der Verein als antisemitisch beschimpft wurde. Dazu schwiegen die rechten Wutbürger, die sich in letzter Zeit gerne als Freunde Israels gerieren, ohne ihren Antisemitismus wirklich abgelegt zu haben.

Der Shitstorm gegen Fischer erinnert an die Empörung, nachdem der Intendant des Berliner Friedrichsstadtpalastes nach der Bundestagswahl AfD-Wähler für unerwünscht erklärte[2]. Auch er meinte eine Haltungsfrage und hatte nie administrative Maßnahmen gefordert. Trotzdem bekam er zahlreiche Hassmalis und Drohungen. Schließlich distanzierte er sich von seinen Aussagen. Letztlich hat davon eher die AfD profitiert, die sich wieder einmal als Opfer von Verfolgungen gerieren konnte.

Es wäre vielleicht besser, wenn solche Institutionen wie Fußballvereine und Vergnügungshäuser durch praktische Maßnahmen dafür sorgen sollten, dass sich dort potentielle AfD-Wähler nicht wohlfühlen. Man könnte beispielsweise besonders Migranten ansprechen und einladen,

Ein Polizeigewerkschafter mit rechten Parolen

Nun war die Aufregung um das Fischer-Interview nicht die einzige Gelegenheit für die AfD, auf sich aufmerksam zu machen. Wie schon häufig erweist sich hier wieder einmal der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft[3] Rainer Wendt als Stichwortgeber. So kritisierte[4] er die Einrichtung einer Schutzzone für Frauen bei der Silvesterparty[5] als verheerendes Signal. Für ihn sind die Schutzzonen „ein Ende von Gleichberechtigung, Freizügigkeit und Selbstbestimmtheit“.

Es ist schon erstaunlich, wie klar sich Wendt hier gegen langjährige Forderungen von Frauenverbänden positioniert und damit auch im Gleichklang mit Parteien wie der AfD steht. Forderungen nach sicheren Räumen für Frauen sind nicht erst im Kampf gegen den Islamismus entstanden. Sie wurden bereits seit Jahren von der Frauenbewegung gefordert und durchgesetzt. Damit sollten Frauen Schutz vor gewalttätigen Männern erhalten. Die Forderungen nach speziellen Frauenschutzräumen wurden von verschiedenen rechten Gruppen bekämpft. In dieser Tradition steht Wendt, der viel Applaus von rechts bekommen hat.

Peter Nowak
https://www.heise.de/tp/features/Stimmung-fuer-die-AfD-3928795.html
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[1] http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/eintracht-praesident-fischer-wer-afd-waehlt-kann-bei-uns-kein-mitglied-sein-15360829.html
[2] http://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-der-bundestagswahl-friedrichstadt-palast-chef-will-keine-afd-waehler-im-haus/20419840.html
[3] http://www.dpolg.de/
[4] http://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2017/12/Frauen-Schutzzone-Polizeigewerkschaft-Berlin-Silvesterparty-Polizei-Womens-Safety-Area.html
[5] http://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2017/12/festmeile-silvester-brandenburger-tor-frauen-sicherheitszone.html