Ein Herzensanliegen

Die deutschen Polizeigewerkschaften machen gegen Linke mobil.

Dass aktive Linke in Deutschland öfter mal mit der Polizei in Konflikt geraten, ist nun wahrlich nichts Neues. Doch in letzter Zeit bekommen sie immer öfter Ärger mit der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die gehört innerhalb des DGB zu den kleineren Organisationen, was sie allerdings nicht daran hindert, ein Getöse zu veranstalten, wenn ihr Berufsstand in die Kritik gerät. „Jagdszenen aus Hamburg – der G20-Gipfel und die Folgen“ lautete der Titel einer Veranstaltung, zu der Ende März linke Gewerkschaftler, kritische Juristen und der Republikanische Anwältinnen und Anwälteverein die Hamburger Juristin Gabriele Heinecke ins Berliner IG-Metall-Haus eingeladen hatten. Für die GdP war die Veranstaltung ein klarer Fall von unsachlicher Polizeikritik. Ihre Intervention hatte Erfolg. Der Vorstand der Berliner IG-Metall teilte den Organisatoren mit, dass die Räume in ihrem Gewerkschaftshaus für diese Veranstaltung nicht zur Verfügung stünden. Kurzfristig wurde noch ein kleinerer Ausweichort gefunden und wegen des Raumverbots war der Andrang besonders groß. „Es ist noch nicht vorgekommen, dass eine Veranstaltung von Grundrechtsorganisationen und kritischen Juristen von einer DGB-Gewerkschaft die Räume gekündigt wurden, empörte sich der Jurist Hans Eberhard Schultz. Bundesweit spielt sich die GdP schon länger als Schutzwall gegen linke Bestrebungen in den Räumen des DGB auf. In Frankfurt/Main war es ein Workshop der Gruppe Antifa United Frankfurt in den Räumen des örtlichen DGB-Hauses, der die Kollegen Polizeigewerkschafter erzürnte. Zuvor hatte bereits der Vorsitzende der rechtslastigen, mit der GdP konkurrierenden Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG, ) Lars Maruhn gegen das Antifatreffen im DGB-Haus polemisiert und dem Gewerkschaftsbund vorgeworfen, logistische Hilfestellung beim Kampf der Autonomen gegen den Staat zu leisten. Im Oktober 2017 versuchten GdP und DPolG, angefeuert von rechtslastigen Medien und der AfD, einen antifaschistischen Kongress im Münchner DGB-Haus zu verhindern. Die Kündigung der Räume wurde zurückgezogen, nach dem die Kongressorganisatoren versicherten, dass sie auf dem Boden der freiheitlichen Grundordnung stehen. Eigentlich wäre es an der Zeit, die alte linke Parole „Polizeigewerkschaft raus aus dem DGB“ wieder zu reaktivieren. Doch dazu wird es nicht kommen. Schließlich ist die Präsenz der GdP im DGB ein Zeichen für die vollständige Integration der gewerkschaftlichen Apparate in den kapitalistischen Staat. Und das ist den deutschen Gewerkschaften leider ein Herzensanliegen.

aus: Konkret 6/2018

https://konkret-magazin.de/hefte/id-2018/heft-62018.html
Von Peter Nowak

Anti-Antifa united


In Frankfurt am Main wollen Polizeigewerkschafter und extrem rechte Medien verhindern, dass eine antifaschistische Gruppe Räume des DGB nutzt. Diese Allianz gegen antifaschistisches Engagement hat eine Vorgeschichte.

»Gewerkschaft der Polizei stellt sich gegen Antifa«, freute sich das extrem rechte Internetportal PI News über eine Presseerklärung des hessischen Landesverbands der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die GdP nahm die öffentliche Diskussion über die Vergabe von Räumlichkeiten im Frankfurter DGB-Haus an die »Antifa United Frankfurt« zum Anlass, um auf Distanz zu ihrem Dachverband, dem DGB Hessen-Thüringen, zu gehen.

Die im Rhein-Main-Gebiet aktive antifaschistische Gruppe hatte sich, wie auch andere linke Organisationen, bereits öfter im Jugendclub des Frankfurter DGB getroffen. »Bildet Banden, werdet Teil einer neuen linksradikalen Gruppe in Frankfurt« – unter dieser Überschrift stand die Einladung der »Antifa United«. Darüber echauffierte sich die GdP genauso wie über ein in der Einladung benutztes Foto, auf dem die abgebildeten Personen sich mit Masken unkenntlich gemacht hatten.

Sollte die GdP nun ihre weitere Mitgliedschaft im DGB zur Disposition stellen, dürften linke Gewerkschafter ihr keine Träne nachweinen. Denn es ist nicht das erste Mal, dass die Gewerkschaft gegen die Arbeit antifaschistischer Gruppen in DGB-Häusern vorgeht.

Dass die Antifagruppe im DGB-Haus allerdings für den militanten Straßenkampf trainieren wollte, konnte man dem Einladungstext ebenfalls entnehmen: »Zusammen lernt ihr ähnlich denkende Leute kennen, mit denen ihr eure politischen Ideen und Vorstellungen in einem von euch selbstbestimmten Raum diskutieren und umsetzen könnt«, versprach die Gruppe den Teilnehmern. Offene Diskussionen, das Kennenlernen verschiedener linker Strömungen und das Bemühen um einen »solidarischen, selbstreflektierten Umgang miteinander« scheinen für die GdP und ihre poltischen Freunde bereits eine gefährliche Staatsfeindlichkeit zu signalisieren.

In dem GdP-Statement heißt es: »Wer sich öffentlich vermummt zeigt, sich selbst als radikal bezeichnet und damit bekundet, dass er die Vorschriften des Versammlungsrechts ignoriert, steht aus unserer Sicht außerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und stellt den Rechtsstaat nicht nur in Frage, sondern fordert ihn bewusst heraus!« Dass dies von einer Gewerkschaft kommt, deren Mitglieder sich gerne vermummt und behelmt der Öffentlichkeit präsentieren, und die vehement gegen das Tragen von Erkennungsnummern protestiert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Sollte die GdP nun ihre weitere Mitgliedschaft im DGB zur Disposition stellen, dürften linke Gewerkschafter ihr keine Träne nachweinen. Denn es ist nicht das erste Mal, dass die Gewerkschaft gegen die Arbeit antifaschistischer Gruppen in DGB-Häusern vorgeht. Erst vor wenigen Monaten versuchten GdP und die mit ihr konkurrierende Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), bejubelt von rechtslastigen Medien und der AfD, einen antifaschistischen Kongress im Münchner DGB-Haus zu verhindern. Der DGB zog die bereits erfolgte Kündigung allerdings wieder zurück, nachdem die Kongressorganisatoren sich ausdrücklich von Gewalt distanziert hatten.

Auch bei der Einschränkung von demokratischen Rechten ist die GdP eine treibende Kraft. Sie setzt sich für den Abbau des Datenschutzes ein und fordert weitere Einschränkungen des Demonstrationsrechts, obwohl SPD und Union rechtszeitig vor dem G20-Gipfel den Straftatbestand des tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte explizit herausgestellt haben.

Als empörend bezeichnete es der Hamburger GdP-Vorsitzende Gerhard Kirsch, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Anmelder der G20-Proteste eingestellt hat. Empört sind die Polizeigewerkschafter auch immer, wenn ihre eigenen Mitglieder ausnahmsweise einmal vor Gericht ­stehen. Doch es ist unwahrscheinlich, dass die alte linke Parole »Polizeigewerkschaft raus aus dem DGB« Realität wird. Ihre Präsenz im DGB kann als Zeichen für die vollständige Integration der Gewerkschaften in die Apparate des kapitalistischen Staates gelten.

https://jungle.world/artikel/2018/09/anti-antifa-united
Peter Nowak