Rauswurf aus dem Euro riskieren

Griechisches Linksbündnis Antarsya fordert grundlegend andere Krisenpolitik

Manos Skoufoglou ist Mitglied im Nationalen Komitee des linken griechischen Bündnisses Antarsya. Die »Antikapitalistische linke 
Zusammenarbeit für den Umsturz« wurde 2009 aus zehn Einzelorganisationen gegründet. Bei der letzten Wahl des griechischen Parlaments im Juni 2012 erhielt Antarsya 0,33 Prozent der Stimmen. 
Mit Skoufoglou sprach für »nd« 
Peter Nowak.

nd: Die griechische Regierung steht dieser Tage wieder unter besonderer Beobachtung der internationalen Kreditgeber. Der Protest gegen weitere Kürzungen und Sparmaßnahmen hat deutlich abgenommen. Hat sich die außerparlamentarische Bewegung kleinkriegen lassen?
Tatsächlich gab es nach den außerparlamentarischen Massenbewegungen von 2011 eine Ernüchterung und die Bewegung ging zurück. Doch in den letzten Wochen hat eine neue Welle begonnen. Teilweise sind Menschen wieder dabei, die schon 2011 auf der Straße waren. Aber auch neue Kräfte sind dazu gekommen. Viele der Menschen haben versucht, sich mit den Verhältnissen zu arrangieren. Aber sie haben erfahren müssen, dass ihnen immer neue Zumutungen abverlangt werden und sagen sich, dass es ihnen reicht.
nd: Welche Rolle spielen die Gewerkschaften heute in der Protestbewegung?
M.S.: Sie haben allein in diesem Herbst zwei Generalstreiks organisiert. Dass Problem ist aber, dass es nicht gelingt, längere Streiks zu organisieren, der  konkrete  Maßnahmen der Troika und der Regierung verhindern könnte. Ein Grund dafür ist, dass verschiedene  Gewerkschaften getrennt agieren und nicht zusammen arbeiten.
nd: Antarsya ist nicht im griechischen Parlament vertreten. Welche Rolle messen Sie sich selbst in der Opposition zur Krisenpolitik bei?
Bei Wahlen ist unser Einfluss begrenzt. Wir haben  keinen Abgeordneten im griechischen  Parlament, nur in einigen Bezirken und Städten haben wir einige wenige Sitze errungen. Doch unser Einfluss in der außerparlamentarischen Bewegung ist größer.  Schließlich arbeiten in dem in unserem Bündnis organisierten Gruppen  ca. 3000 Menschen kontinuierlich zusammen. Viele von ihnen sind in den sozialen Bewegungen  aktiv.
nd: Was ist das Ziel dieser Arbeit, wenn doch eine Regierungsbeteiligung zur Zeit ausgeschlossen ist?
Bei Antarsya  handelt sich nicht um  kein temporäres Bündnis, das nur  für eine Aktion oder Kampagne ausgerichtet ist. Wir sind aber auch keine Partei. Wir legen großen Wert auf dezentrale Strukturen.  Die Mitglieder von  Antarsya kommen  aus unterschiedlichen linken Traditionen und Hintergründen. Unser Ziel ist eine pluralistische, nichtreformistische Linke.
nd: Wie ist Ihr Verhältnis zu dem linken Bündnis Syriza?
Da wir bei den Wahlen eigenständig kandieren, sind wir hier Konkurrenten. Grundsätzlich würden  wir es natürlich begrüßen, wenn eine progressive Kraft die Regierung übernimmt und einem grundsätzlichen Bruch mit der bisherigen Politik einleitet. Das Problem ist nur, dass Syriza  ihre Versprechen nicht einhalten können wird, weil die Partei nicht zu einem grundsätzlichen Bruch mit dem Kapitalismus bereit ist.
nd.: Können Sie dafür Beispiele nennen?
Vor einigen Monaten unterstützte Syriza noch die antifaschistischen Proteste auf der Straße. Als nach dem Mord an dem linken Rapper Pavlos Fyssas zehntausende zur Zentrale der Neonazipartei Goldene Morgendämmerung zogen, haben sich sämtliche Parteien auch Syriza ferngehalten. Sie haben die Demonstration sogar im Vorfeld denunziert. Stattdessen schlug Syriza ein Treffen aller verfassungsmäßigen Parteien, einschließlich der Regierungsparteien gegen den Faschismus vor. Kürzlich stimmte Syriza einem Gesetz der Regierung zu, dass die Finanzierung von Parteien verbietet, denen Terrorismus vorgeworfen wird, obwohl hier eine Handhabe geschaffen wird, auch gegen linke Gruppierungen vorzugehen.
nd: Haben Sie auch Kritik daran, dass Syriza Griechenland in der Eurozone halten  will?
Ja, vor allem,  weil sich auch in dieser Frage die Rhetorik von Syriza gewandelt hat. Vor den letzten Wahlen wurde noch betont, dass die bisherigen  Troika-Verträge neu verhandelt werden müssen. Nun erklären führende Syriza-Politiker, sie werden alles tun, damit Griechenland den Euro behalten kann. Damit wird aber auch hier eine grundsätzliche Änderung der Politik ausgeschlossen.
nd: Fordert Antarsya einen Austritt aus der Eurozone?
M.S.:  In dieser Frage gibt es bei uns unterschiedliche Positionen. Es gibt eine Strömung bei uns,  die einen Austritt aus dem Euro fordert. Doch einig sind wir uns darin, dass wir eine Wirtschafts- und Sozialpolitik machen sollen, die mit einem Verblieb in der Eurozone nicht vereinbar ist. Wir würden es also darauf ankommen lassen, dass wir von den EU-Gremien aus der Eurozone geworfen werden. Im Rahmen eines solchen Konfliktes rechnen wir auch mit einer Solidarisierung von sozialen Bewegungen in anderen europäischen Ländern.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/917792.rauswurf-aus-dem-euro-riskieren.html
Interview: Peter Nowak