Sanieren statt Abreißen

Schöneberger Mieter wollen preiswerten Wohnraum retten

Heute Nachmittag wird mit einer Kundgebung vor dem Rathaus Schöneberg gegen die Verdrängung von Bewohnern mit geringen Einkommen aus dem Stadtteil demonstriert. Organisiert werden die Proteste von Mietern des Hauses Barbarossastraße 59. Denn heute soll in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) über den Bebauungsplan und damit die Zukunft des Gebäudes diskutiert werden, das 1964 im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus errichtet wurde und jetzt Lofts für Gutverdienende weichen soll.

Ein Großteil der ursprünglich 106 Mietwohnungen des Gebäudekomplexes steht bereits leer. Viele Wohnungstüren stehen offen. Dahinter sind teilweise gut erhaltene Wohnungen zu sehen, die aber für die Hochtief Projektentwicklung GmbH nicht profitabel genug sind. »Eine solch preiswerte Wohnung finde ich in Berlin nicht mehr«, erklärt Hannah Wiesniewska. Sie gehört zu den Mietern, die sich mit politischen und juristischen Mitteln gegen den Abriss wehren. So hatte sie mit weiteren Betroffenen zahlreiche Einwände gegen den von Hochtief vorgelegten Bebauungsplan eingereicht. Die Mieter kooperieren mit anderen Initiativen in der Stadt. Auch die Nachbarn wurden über die Abrisspläne unterrichtet.

Auf juristischer Ebene haben die Mieter sogar einen Heimvorteil. Mit Fred Skroblin gehört ein auf Mietrecht spezialisierter Rechtsanwalt zu den renitenten Bewohnern. Für ihn ist die Auseinandersetzung auf juristischer Ebene noch längst nicht verloren. Erst vor wenigen Wochen hat das Gericht einem Mieter Prozesskostenhilfe zuerkannt. Die Voraussetzung dafür ist, dass ein positiver Ausgang des Verfahrens zumindest möglich ist. Für Skroblin muss das Gericht letztlich eine politische Frage klären. »Steht der Wunsch eines Eigentümers nach hohen Gewinnen über den Mieterinteressen? Darum geht es bei der Frage Sanierung oder Abriss der Barbarossastraße 59.« Er rechnet mit einem langen Verfahren durch alle Instanzen.

Eine juristische Entscheidung für die Mieter wäre eine Ohrfeige für die Bezirkspolitik. Denn von der fühlen sich die Hausbewohner allein gelassen. »Wir haben immer wieder versucht, die BVV-Politiker davon zu überzeugen, dass eine Sanierung des Hauses sowohl aus sozialen als auch aus ökologischen Gründen die bessere Lösung ist«, erklärt Wiesniewska. »Doch wir wurden aufgefordert, bloß keine Polemik in die Auseinandersetzung zu bringen.«

Der Schöneberger Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) verteidigt den Abriss als Aufwertung des Stadtteils. Im Bebauungsplan ist davon die Rede, dass die »schrittweise und grundstücksbezogene Rekonstruktion oder Anlehnung an historische Baufluchten die Qualität des Viertels aufwerten und weiterentwickeln« soll. Besonders enttäuscht ist Wiesniewska von SPD und Grünen, die sich ihrer Meinung nach kaum für die Mieter einsetzen.

Hinter dem abrissgefährdeten Haus befindet sich ein kleiner Park mit fast 40 Jahre alten Bäumen. Die Mieterin fürchtet, dass diese grüne Lunge gefährdet ist. Auch Umweltschutzverbände haben sich schon für den Erhalt der Bäume eingesetzt.

Unterstützt werden die Mieter von der Linkspartei Tempelhof-Schöneberg. Mitte Juli hatte sie ein Solidaritätsfest im Hof des Hauses organisiert. Auch zahlreiche Nachbarn hatten sich eingefunden, um sich zu informieren oder ihre Unterstützung anzubieten. Denn die Angst vor Prenzlauer Berger Verhältnissen mit steigenden Mieten wächst auch in Schöneberg.

Die Kundgebung unter dem Motto »Zeigt den Baulobbyisten die Rote Karte« beginnt um 16 Uhr vor dem Schöneberger Rathaus.

sanieren-statt-abreissen.html

Peter Nowak

Wiedereinzug ausgeschlossen

RÄUMUNG MieterInnen des alternativen Hausprojekts Scharni 29 streiten vor dem Landgericht gegen eine Unternehmensgruppe. Die hatte 2010 die Räumung veranlasst, aber Teile des Gebäudes stehen noch immer leer

Der Streit zwischen den MieterInnen der Scharnweberstraße 29 und der Unternehmensgruppe Padovicz beschäftigt erneut die Justiz. Am Dienstag tagte die Zivilkammer des Berliner Landgerichts über eine Räumungsklage gegen MieterInnen des Hauses aus dem Jahr 2007. Der Termin war nötig geworden, weil der Bundesgerichtshof ein Räumungsurteil des Berliner Landgerichts, das Padovicz Recht gegeben hatte, im November 2010 aufhob. Die Karlsruher Richter monierten, das Landgericht habe den Grundsatz auf rechtliches Gehör der MieterInnen verletzt, weil es deren Einlassungen im Räumungsurteil ignoriert habe. Auch in der Sache hatte der BGH den MieterInnen Recht gegeben. Es ging um die Fristen bei Mietzahlungen, die im Grundsatz bis zum dritten Arbeitstag eines Monats überwiesen sein müssen.

Wenn der aber auf einen Samstag fällt, gilt der folgende Montag als Stichtag. In dem strittigen Fall hatte die Richterin den vom Anwalt der MieterInnen, Burkhard Dräger, vorgetragenen Einwand ignoriert und der Räumungsklage zugestimmt, weil die Miete erst am Fünften des Monats überwiesen worden war.

Ein anderer Streitpunkt ist die Frage nach dem Stichtag für den Mietzins, wenn eine Wohnung erst am 27. eines Monats bezogen wird. „Das ist juristisches Neuland. Da gibt es auch wenig Anhaltspunkte in der Literatur“, sagte Dräger gegenüber der taz. Deshalb wird ein Urteil auch erst am 9. August verkündet. Eine gütliche Einigung kam beim Termin im Zivilgericht nicht zustande, weil die Rechtsanwältin des Eigentümers betonte, dass für ihren Mandanten ein Wiedereinzug der gekündigten MieterInnen nicht infrage komme.

Dabei steht der erste Stock des Hauses seit der mit einem großen Polizeiaufgebot durchgesetzten Räumung im Oktober 2010 (taz berichtete) leer. Da die MieterInnen nach der Aufhebung des Räumungsurteils durch den BGH mit ihren Versuchen scheiterten, mittels einer einstweiligen Verfügung die Wohnungen wieder zu beziehen, kann Padovicz die Wohnungen wieder vermieten.

Dass die Räume bislang nicht vermietet wurden, dürfte auch die Bezirkspolitik beschäftigen. Für die Sanierung der Scharnweberstraße 29 hatte Padovicz Fördermittel im Rahmen der Sozialen Stadterneuerung erhalten. Die Vereinbarungen sehen vor, dass das Belegungsrecht für die Wohnungen beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg liegt. Daneben gehören eine Mietobergrenze und die Vermietung von Wohnungen an BesitzerInnen von Wohnberechtigungsscheinen zu den Förderbedingungen. Ein Verstoß gegen diese mit der Investitionsbank Berlin (IBB) abgeschlossenen Vereinbarungen kann mit einer Rückzahlung der Fördermittel geahndet werden. Diese Sanktionsmöglichkeiten wurden in der Vergangenheit kaum genutzt. Das hat sich zuletzt geändert: Mittlerweile werden von Padovicz Fördermittel bei anderen sanierten Häusern zurückgefordert, weil dort die in deVereinbarungen festgelegten Mietgrenzen überschritten wurden.

Peter Nowak

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2011%2F07%2F20%2Fa0148&cHash=7b03fde421

Party-Parade mit Rundumschlag

 

TACHELES Rund 800 Menschen demonstrieren, feiern und tanzen für den Erhalt der Kulturruine. In den Redebeiträgen geht es um alles Mögliche – nur nicht um das angekündigte Thema Mietsteigerungen

Technobeats schallen über den Alexanderplatz. Als dann noch Dr. Motte ans Mikrofon tritt, möchte man fast an ein Revival der Loveparade denken. Doch an diesem Samstag sind die UnterstützerInnen des Tacheles auf die Straße gegangen. Die Parade soll deutlich machen: „Für uns gibt es keine Sommerpause. Wir diktieren den PolitikerInnen unsere Forderungen an das Wahlprogramm“, sagt Martin Reiter von der KünstlerInneninitiative des Tacheles.

Trotzdem ist bei der Abschlussveranstaltung vor dem Roten Rathaus eher Party als Widerstand angesagt. Die rund 500 Menschen applaudieren zwar begeistert nach jedem Wortbeitrag, doch wenn die Beats wummern, ist die Begeisterung hörbar größer.

Die Zukunft der Kulturruine in Mitte ist weiterhin offen. Der Zwangsverwalter, die HSH Nordbank, versucht das Gelände seit geraumer Zeit erfolglos an den Mann zu bringen. Ein Termin zur Zwangsversteigerung war Anfang April 2011 kurzfristig abgesagt worden.

Schon am Samstagvormittag bewegt sich ein kleiner Zug mit 50 Leuten von Kreuzberg nach Mitte. Insgesamt nehmen rund 800 Menschen an verschiedenen Paraden durch das hochsommerliche Berlin teil. Für Reiter ist die Aktion ein Erfolg – auch wenn nicht die tausende Technofans gekommen sind, die im Vorfeld erwartet wurden. „Aber wenn alle von Kürzungen betroffenen Projekte so viele Menschen auf die Straße bringen, sind wir eine Million Menschen und können Wowereit unter Druck setzen“, sagt er der taz.

Paula P. Cay vom Verein electrocult setzt sich in ihrer kurzen Rede für bessere Arbeitsbedingungen für KünstlerInnen in prekärer Lage ein und will das Image der Stadt verbessern. „Kunst und Kreativität ist ein Berliner Exportartikel“, ruft sie ins Mikrofon. Dr. Motte, der auf der Demo seinen Geburtstag feiert, lässt in seiner Ansprache kaum ein politisches Thema aus und spart auch nicht mit populistischen Allgemeinplätzen. So warnt er vor „gewissenlosen Heuschrecken“, die den PolitikerInnen ihre Vorstellungen einflüstern, mokiert sich darüber, dass so viel Geld für die EU und Griechenland ausgegeben wird – und stellt den Kampf um den Erhalt des Tacheles in eine Reihe mit dem Volksbegehren gegen die Privatisierung des Wassers. Zudem wettert er über Neuzugezogene, die sich über den Lärm der Clubszene beschweren.

Nur von der Forderung, die Mieterhöhungen zu stoppen, mit der auf Plakaten und in Aufrufen für die Parade geworben wurde, ist nichts zu hören. „Ich bin zum Spaß und wegen der Musik dabei“: Dieses Statement von zwei jungen Männern, die sich im Rhythmus der Musik bewegen, ist keine Einzelmeinung.

Die Tacheles-Parade hat die Saison der Partys mit politischen Anliegen eingeläutet. Für kommenden Samstag ist eine Mediaspreeparade angekündigt. Drei Jahre nach dem Bürgerentscheid soll dabei die Forderung nach einem „Spreeufer für alle“ im Mittelpunkt stehen. Dass die Tacheles-UnterstützerInnen schon eine Woche vorher auf die Straße gegangen sind, sieht ein Mitorganisator der Mediaspreeparade nicht als Zersplitterung. Es sei sinnvoll, dass jeder Brennpunkt für sich selber mobilisiert. Zudem habe das Tacheles als subkultureller Ort eher mietendämpfend gewirkt, weil damit die Fundus-Bebauung blockiert wurde.

Allerdings gibt es bei MieterInneninitiativen auch Kritik daran, dass Kultureinrichtungen wie das Tacheles oder die Clubszene am Spreeufer gern die Parole „Mieten stoppen“ auf ihre Aufrufe schreiben, wenn sie für den Erhalt ihrer Einrichtungen werben – sich aber sonst wenig um das Thema kümmern.

 http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2011%2F07%2F11%2Fa0151&cHash=8344176190

Peter Nowak

Kiezler schießen auf Task Force

 

 Neuköllner Stadtteilinitiativen üben auf einer Veranstaltungsreihe scharfe Kritik am Quartiersmanagement.

Vor den vielen Nordneuköllner Kneipen waren am warmen Mittwochabend freie Tische rar. Im Kneipenkollektiv Tristeza an der Pannierstraße gab es allerdings auch drinnen kaum noch Platz: Über 100 Menschen drängten sich in dem Raum, wo drei ReferentInnen einen Kontrapunkt zum Kulturevent „48 Stunden Neukölln“ an diesem Wochenende setzen wollten – mit scharfer Kritik an der Quartiersmanagement-Politik.

 Das vom Bezirk organisierte 48-Stunden-„Spektakel“ habe die prekäre KünstlerInnenszene zum Thema, so ein Sprecher des Kneipenkollektivs. „Wir dagegen wollen auf die Politik der Ausgrenzung hinweisen, der einkommensschwache Menschen im Bezirk tagtäglich ausgesetzt sind.“ Der Abend eröffnete die zum vierten Mal stattfindende Veranstaltungsreihe „Dein Block, mein Kiez“ unter dem Motto „Solidarität statt Kiezmanagement“.

 Die seit längerem erhobenen Vorwürfe gegen die „Task-Force Okerstraße“ im Schillerkiez wurden von einem Referenten der Gruppe „Analyse Kritik Aktion“ noch einmal zusammengefasst: Besonders Roma aus Osteuropa, aber auch als Trinker stigmatisierte Menschen würden ausgegrenzt und kriminalisiert.
 Mit Kazim Yildirim, dem Geschäftsführer von Integra e. V., war der Vertreter einer Organisation anwesend, die Kritikern als „sozialarbeiterischer Arm der Task Force Okerstraße“ galt. Im Dezember 2010 wurde den SozialarbeiterInnen freilich gekündigt. Über die Hintergründe muss Yildirim am Mittwoch schweigen – eine einstweilige Verfügung verbietet ihm, Vorwürfe zu widerholen, die er im Februar gegen das Quartiersmanagement erhoben hatte: Dieses habe von Integra e. V. verlangt, persönliche Daten von Kiezbewohnern weiterzugeben.
 „Wir haben den Begriff ,Task Force‘ immer abgelehnt und waren auch nicht bereit, mit repressiven Mitteln zu arbeiten“, sagte Yildirim. Nicht ohne Erfolg habe man versucht, das Beste aus dem Konzept zu machen. So sei es gelungen, einer nicht versicherten Romafrau die Behandlung ihres Säuglings zu ermöglichen.
 Yildirim beklagte den Druck der Bezirkspolitik auf MigrantInnenorganisationen, die auf Förderung angewiesen seien. Ein Referent der Roma-Selbsthilfeorganisation Amaro Drom e. V. hatte am Mittwochabend kurzfristig abgesagt – ob dies ebenfalls auf Druck zustande kam, dazu nahm der Verein keine Stellung.
 Kerstin Schmiedeknecht vom Quartiersmanagement Schillerkiez wollte die auf der Veranstaltung erhobenen Vorwürfe gegenüber der taz nicht kommentieren: „Zu diesem Thema wurde alles gesagt.“ Sie verwies auf Presseartikel vom Februar.
 Im „Tristeza“ berichtete ein Aktivist des „Stadtteilkomitees gegen Ausgrenzung und Verdrängung“ aus dem Infoladen Lunte über Aktivitäten, die die Initiative in den letzten Monaten gegen die Ausgrenzung einkommensschwacher Menschen auf die Beine gestellt hatte. Dazu gehörten Stadtteilversammlungen ebenso wie die Kiezzeitung „Randnotizen“ und Aktionen, bei denen Erwerbslosen zum Jobcenter begleitet werden.
  Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist zwischen AktivistInnen der unterschiedlichen Neuköllner Stadtteilinitiativen offensichtlich vorhanden, das wurde bei der Veranstaltung deutlich. Am Samstag, den 18. Juni wird gefeiert: Zwischen 17 und 22 Uhr gibt es „Hip-Hop Open Air“. Am Sonntag um 21 Uhr endet „Dein Block, mein Kiez“ mit einem Film über aus Berlin abgeschobenen Kosovo-AlbanerInnen.

http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/kiezler-schiessen-auf-task-force/

Peter Nowak

Wem gehört Kreuzberg?

Im Chamissokiez wehren sich Mieter/innen gegen Verdrängung

„Leerstand verhindern“ und „Spekulanten raus“, solche Parolen prangten mehrere Wochen an der Fassade eines Wohnhauses in der Kopischstraße im Chamissokiez in Kreuzberg. Das hätte man in einer Gegend nicht erwartet, die mit charakteristischem Kopfsteinpflaster und altmodischen Laternen den Eindruck erweckt, als befinde man sich in einem Freilichtmuseum für das gründerzeitliche Berlin. Doch genau durch diese historische Kulisse sind die Probleme im Kiez gewachsen, denn immer mehr Immobilienfirmen zeigen Interesse an den Stuckaltbauten.
 
 
Die von Mieterhöhungen und Verdrängung betroffenen Mieter/innen beginnen sich zu organisieren. Anwohnertreffen sind überfüllt, und alle haben ähnliche Geschichten zu erzählen. „In der Arndtstraße 38 stehen von 9 Wohnungen 4 leer“, berichtet eine Mieterin aus diesem Gebäude. Die ALW-Immobilien GmbH aus Baden-Baden, die das Haus gekauft hatte, kündigte ihr wegen der verspäteten Zahlung der Kaution. Die gerichtliche Entscheidung steht noch aus. Auch die 27 Mieterparteien in der Katzbachstraße 17 sind nach einem Eigentümerwechsel zur Goldenzeil Immobilien GmbH verunsichert. Weil sich Alt- und Neueigentümer um die Ölrechnungen stritten und deswegen offenbar Rechnungen nicht beglichen wurden, fiel im letzten Winter mehrmals die Heizung aus, berichtet ein Mieter. Trotz der Größe des Hauses und der Unterschiedlichkeit der Mieter/innen habe es mittlerweile erste gemeinsame Treffen gegeben, berichtet er.
 

Wohnungen dem Spekulationsmarkt entziehen
 
Die Mieter/innen der Willibald-Alexis-Straße 34 (Wax34) sind da schon weiter. Nachdem ihr Haus im Herbst 2010 an die Willibald Alexis GmbH & Co. KG verkauft worden war, setzten sie sich zusammen und formulierten ihre Ziele. In einem offenen Brief an Politiker aller Parteien und den Senat heißt es: „Wir wollen das Haus mithilfe passender Projekt- und Finanzierungsstrukturen dem Spekulationsmarkt entziehen und gemeinschaftliches, kieznahes Wohnen organisieren. Wir sind im Gespräch mit Stiftungen, Genossenschaften und Mietshäuser Syndikat, die das Haus erwerben würden.“
 
Den Mieter/innen geht es dabei nicht nur um den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum in ihrem Haus, sondern sie haben auch ein erstes Mietertreffen im Chamissokiez mitorganisiert, bei dem die Initiative „Wem gehört Kreuzberg?“ gegründet wurde. „Dort treffen sich Menschen, die sich gegen den Verkauf von Wohnungen und die Verdrängung aus ihren Wohnquartieren in Berlin wehren“, beschreibt Wax34-Bewohner Stephan Thiele das Ziel der von ihm mitbegründeten Initiative.
 

Problem Ferienwohnung
 
In fünf Arbeitsgruppen recherchieren die Mieter/innen die Eigentumsverhältnisse von Häusern im Kiez und bereiten Veranstaltungen, juristische Beratungen und Stadtspaziergänge vor. Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit Ferienwohnungen. Nicht nur Mieter/innen sehen in der wachsenden Zahl von Ferienwohnungen eine Ursache für die Probleme im Stadtteil. „Da Touristen bereit sind, im beliebten Kiez in der Nähe der Bergmannstraße 50 Euro pro Nacht und mehr zu zahlen, werden schnell Gelddruckmaschinen aus Räumen, in denen sich aufgrund der hohen Miete keine Kneipe mehr wirtschaftlich betreiben lässt“, klagt ein Autor im Lokalblatt „Kiez und Kneipe“, in dem auch gleich zum „Kampf gegen die Touri-Monster“ aufgerufen wird. Doch Mitglieder der Kiezinitiative warnen davor, in den Ruf „Hilfe, die Touristen kommen“ einzustimmen. „Nicht die Touristen sind das Problem, sondern die Verwertung von Wohnraum, egal ob für teure Eigentums- oder Ferienwohnungen“, betont eine Stadtteilaktivistin. Im Frühsommer soll mit einem Kiezspaziergang die Forderung nach dem Erhalt bezahlbarer Wohnungen in Kreuzberg bekräftigt werden. An eine im Stadtteil altbewährte Protestform wurde im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung erinnert. Der Vorschlag „Wir können ja auch wieder Häuser besetzten“ erhielt spontan Beifall, und die Adressen von leer stehenden Gebäuden im Kiez wurden umgehend genannt.
 http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2011/detailansicht/article/wem-gehoert-kreuzberg.html

Peter Nowak

Initiative „Wem gehört Kreuzberg?“
www.wemgehoertkreuzberg.de
 
Mietergemeinschaft Willibald-Alexis-Str. 34
www.willibald-alexis-strasse34.blogspot.com
 
Mietshäuser-Syndikat
www.syndikat.org

Gebremster Bürgeraufstand

 

Geht es beim Widerstand gegen den Ausbau der Kastanienallee um Demokratie oder um ökonomische Interessen?

Wütend sind sie, die Anwohner/innen der Kastanienallee in Prenzlauer Berg, die sich in den letzten Wochen zur geplanten Umgestaltung der Straße geäußert haben. Sie beschworen den Stuttgarter Protest gegen den Bahnhofsneubau und nannten ihre Initiative „Stoppt K21“. In wenigen Wochen haben sie ca. 10.000 Unterschriften gesammelt und ein Bürgerbegehren gegen die Pläne durchgesetzt.

Der Bezirk will einen breiten Radstreifen am Fahrbahnrand und Parkbuchten im Bereich des Bürgersteigs einrichten. Die Einleitung einer Befragung der Anwohnerschaft zu den Bauplänen wurde von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) abgelehnt. Die Aktivisten der Bürgerinitiative bewerten die Entscheidung als Arroganz der Macht und kündigten Aktionen unter dem Motto „Reclaim Democracy“ bis zu den Abgeordnetenhauswahlen an. Mit ihrem Internetauftritt machen sie ihrem Ärger Luft, vor allem über die Grünen, die in der BVV gegen das Bürgerbegehren gestimmt hatten.
 

Kein Fahrradstreifen vorgesehen
 
Gegen eine Sanierung der holprigen Gehwege hat der Cafébesitzer und Stoppt-K21-Aktivist Till Harter grundsätzlich nichts einzuwenden. Dass die Straße aber zwei Jahre eine Baustelle bleiben soll, ärgert nicht nur ihn. Fast alle Ladenbesitzer befürchten Umsatzverluste durch die Bautätigkeiten. Allerdings wird bei der Begründung für den Protest darauf nicht so gerne verwiesen. Die Kastanienallee stehe für das Schräge und Schiefe, begründet Harter den Widerstand gegen die Baupläne. Die Argumentation erinnert nicht zufällig an den Widerstand von Anliegern, auch überwiegend Ladenbesitzer, gegen den Umbau der angrenzenden Oderberger Straße vor einigen Jahren. In beiden Straßen sind es neben den neu Zugezogenen vor allem die Gewerbetreibenden, die vehement eine Umgestaltung nach ihren Vorstellungen einfordern. Darin sind die Belange von Radfahrer/innen aber nicht berücksichtigt, denn nach den Vorstellungen von Stoppt-K21 soll es keinen Fahrradstreifen auf der Kastanienallee geben. Dafür sollen die breiten Gehwege erhalten bleiben, die Platz für die verschiedenen gastronomischen Angebote bieten.
 

Direkte Demokratie kein Selbstbedienungsladen
 
Kritisch kommentierte Uwe Rada in der taz die Vorstellungen der Stoppt-K21-Initiative: „Die Kastanienallee dagegen, das zeigte auch die Diskussion in der BVV, scheint bislang nur ihren Anwohnern und Fans zu gehören. Und die sollen nun über die Zukunft ihrer Straße abstimmen? Was für ein Quatsch. Dann kann man direkte Demokratie ja gleich zum Selbstbedienungsladen machen.“ Als Alternative zur Anwohnerbefragung schlug Rada eine Beteiligungsform vor, in der unterschiedliche Interessenvertreter derjenigen zu Wort kommen, die die Straße nutzen. Dieser Vorschlag wäre es tatsächlich Wert, ernsthafter diskutiert zu werden. Denn damit würde verhindert, dass die BVV die Interessen der Bewohner/innen übergeht, aber auch, dass eine Straße wie die Kastanienallee von einem Teil der Anlieger privatisiert wird.
 

Weitere Infos:
www.stoppt-k21.de

http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2011/detailansicht/article/gebremster-buergeraufstand.html

Peter Nowak

„Vorsicht Wohnungsnot!“

Bericht zur Konferenz der Berliner MieterGemeinschaft

Bei der gut besuchten Tageskonferenz der Berliner MieterGemeinschaft unter dem Titel „Vorsicht Wohnungsnot!“ am 16. April 2011 im DGB-Haus kamen Personen zusammen, die das Thema bezahlbares Wohnen wieder auf die Tagesordnung setzen wollen

Nicht besonders vorteilhaft waren die Spitzenkandidaten von SPD, Die Linke und B’90/Die Grünen für die Berliner Abgeordnetenhauswahl auf Postern abgebildet, die am Tag der Konferenz im Foyer des Berliner DGB-Hauses hingen. Damit machte ein Bündnis von Berliner Stadtteil- und Mieterinitiativen auf den ersten Blick deutlich, dass sie kein Vertrauen in die wohnungspolitischen Erklärungen dieser Parteien setzen. Wie begründet diese Distanz zu den Parteien ist, wurde auf der Tageskonferenz von verschiedenen Referent/innen ausgeführt.

Das Publikum im überfüllten Saal verfolgte die Ausführungen der Referent/innen aus Ökonomie, Gewerkschaften, Stadtteil- und Mieterinitiativen aus Berlin, Hamburg und Witten mit großem Interesse. Im ersten Themenblock der Konferenz ging es um die steuer- und finanzpolitischen Hintergründe der Berliner Wohnungspolitik. Der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Joachim Bischoff sieht in einer Haushaltspolitik, die Steuererleichterungen für Spitzenverdiener zum politischen Credo erhebt, die Ursache für die gigantischen Einnahmeverluste der Haushaltskassen.

Sozialer Wohnungsbau – den haben wir gerade abgeschafft

Im zweiten Themenblock wurde Kritik an der aktuellen Berliner Haushalts- und Wohnungspolitik geübt. Joachim Oellerich von der Berliner MieterGemeinschaft skizzierte, dass die Mieten seit 2007 in der gesamten Stadt spürbar gestiegen seien und der Wohnungsneubau seit der Jahrtausendwende nahezu zum Erliegen kam. „Immer mehr Haushalte tummeln sich auf einem tendenziell schrumpfenden Wohnungsmarkt. Die Wohnungsversorgung verschlechtert sich“, so Oellerich. Insbesondere wurde kritisiert, dass die Berliner Landesregierung noch immer eine Wohnungsnot in der Stadt leugne und stolz auf den Ausstieg aus dem Sozialen Wohnungsbaus sei. Als sich die niederländische Königin Beatrix Mitte April bei ihrem Berlin-Besuch erkundigte, ob Berlin Sozialen Wohnungsbau betreibe, antwortete der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) laut eines Berichts im Tagesspiegel: „Den haben wir gerade abgeschafft.“

Im letzten Themenblock ging es bei der Konferenz um Perspektiven für den Widerstand. Oellerich zufolge können diese nur auf außerparlamentarischer Ebene gesucht werden. Da alle Parteien unabhängig von ihren Versprechungen in der Wohnungspolitik die Vorgaben des Wirtschaftsliberalismus exekutierten, sei die Formulierung von Wahlprüfsteinen überflüssig. Mit dieser Einschätzung war er sich mit der großen Mehrheit der Konferenzteilnehmer/innen einig.

Obwohl sie für die SPD zur Abgeordnetenhauswahl kandidiert, erklärte Gerlinde Schermer, die sich in den letzten Jahren wiederholt gegen die unsoziale Senatspolitik engagierte, sich auf der Konferenz am richtigen Ort zu fühlen. Wie bereits andere Referent/innen verwies sie darauf, dass trotz der zahlreichen Verkäufe öffentlicher Unternehmen die Schulden gestiegen seien und die Probleme nicht gelöst wurden. Daraus schloss Schermer: „Die Privatisierungs- und Kürzungspolitik aller Senate seit 1990 ist gescheitert.“

Impulse für eine Mieterbewegung

Als es während der Abschlussdiskussion um praktische Widerstandsmöglichkeiten ging, riet Andreas Blechschmidt vom Hamburger Netzwerk „Recht auf Stadt“, das für viele Berliner Aktivist/innen Vorbildcharakter hat, zu dezentralen Aktionen. Solche wurden anschließend von Aktivisten aus unterschiedlichen Stadteilen vorgestellt. Stephan Thiele stellte das neugegründete Bündnis „Wem gehört Kreuzberg?“ vor, das schwerpunktmäßig den Verkauf von Wohnungen im Kiez verhindern will (siehe Seite 26).

Mieter/innen des abgewickelten Sozialen Wohnungsbaus schilderten ihre Erfahrungen. Und Bewohner/innen der vom Abriss bedrohten Barbarossastraße 59/60 berichteten, wie sie sich trotz großem Druck gegen die Neubaupläne wehren.

Dass die Konferenz zum richtigen Zeitpunkt stattfand, zeigte sich in den darauf folgenden Wochen. So spielte das Thema Wohnen bei vielen Aktivitäten rund um den 1. Mai eine zentrale Rolle. „Bei fast allen Protesten geht es um den Einsatz für Frei- und Wohnräume. Damit erlebt der Tag endlich eine Repolitisierung“, so die taz in einer Nachbetrachtung.

Großdemonstration gegen Mieterhöhungen und Verdrängung

Samira van Zeer von der Treptower Stadtteilinitiative „Karla Pappel“ berichtete auf der Konferenz von einer für den 3. September 2011 geplanten Großdemonstration gegen Mieterhöhungen und soziale Verdrängung, die von Stadtteil- und Mieterinitiativen vorbereitet wird. Konsens bei der Vorbereitung der Demonstration ist – wie auch auf dem Kongress – die Unabhängigkeit von allen Parteien.

Weitere Infos und Dokumentation:
www.bmgev.de/politik/konferenz

http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2011/detailansicht/article/vorsicht-wohnungsnot-1.html

Peter Nowak

Die Orphs geben Musikschule nicht auf

WEISSENSEE Gruppe hat Gebot für ehemalige Schule beim Liegenschaftsfonds abgegeben
„Wir wollen das Gebäude in der Falkenberger Straße 183 wieder beleben. Unsere Chancen stehen nicht schlecht“, glaubt Heike. Der Optimismus der Aktivistin der „Orphs“, eines Zusammenschlusses junger Menschen aus Weißensee, verwundert auf den ersten Blick. Schließlich wurde ihre Besetzung der ehemaligen Musikschule Weißensee vor zehn Tagen nach wenigen Stunden von der Polizei geräumt (taz berichtete). Doch sofort nach der Räumung hatte die Gruppe für einige Tage vor dem Gebäude in einem Zelt „eine ständige Vertretung der Orphs“ eingerichtet. „Uns ging es darum, die Nachbarn über unsere Pläne zu informieren“, so Heike. Mit der Resonanz ist sie zufrieden.

Auch auf der politischen Ebene sind die Orphs nicht untätig geblieben. Am Montag haben sie bei einer Kundgebung vor dem Liegenschaftsfonds ihr Gebot für das Gebäude abgegeben. Dabei wurden Linkspartei und SPD an ihre Erklärungen zur Förderung sozialer Belange bei der Vergabe von Grundstücken des Liegenschaftsfonds erinnert. Die Immobilie in Weißensee soll allerdings nach dem Willen des Fonds im Rahmen des Bieterverfahrens vergeben werden. Das sei auch politischer Wille des zuständigen Pankower Bezirksamts gewesen, betonte Liegenschaftsfonds-Pressesprecherin Irina Dähne gegenüber der taz.

Die Stellvertretende Pankower Bezirksbürgermeisterin Christine Keil (Die Linke) plädierte gegenüber der taz für einen differenzierten Umgang mit landeseigenen Immobilien. „Ich sehe die Vergabepolitik kritisch, allerdings ist die wirtschaftliche Verwertung von Landesimmobilien der Hauptauftrag des Liegenschaftsfonds.“ Sie verwies auf Erfolge, die sie an verschiedenen Stellen im Bezirk bei der sozialen Nutzung von Grundstücken erzielt habe. Zur ehemaligen Musikschule äußerte sie sich allerdings nicht.

Die Orphs haben auch Kontakt zum Humanistischen Verband Deutschland (HVD) aufgenommen, der sich um die frühere Musikschule beworben hat. HVD-Pressesprecher Thomas Hummitzsch reagierte positiv auf das Kooperationsangebot. „Auch der HVD will das Gebäude gesellschaftsdienlichen Zwecken zuführen. Wir sind ebenso gegen die Einrichtung von privaten Luxusapartments in dem Gebäude.“

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2011%2F05%2F21%2Fa0211&cHash=84c9c12a86

Peter Nowak

Ehemalige Schule soll kein Eigentum werden

 Linke Aktivisten besetzen kurzfristig eine frühere Schule in Weißensee. Die will der Liegenschaftsfonds an den Meistbietenden verkaufen – ohne soziale Kriterien einzubeziehen. Allein Geld und die Bonität der Bieter sollen darüber entscheiden, an wen die ehemalige Musikschule Weißensee geht.  
So ein Gedränge hatte der Liegenschaftsfonds wohl nicht erwartet: Zum Besichtigungstermin am Dienstag um 10 Uhr vormittags in der ehemaligen Musikschule Weißensee kamen mehr als 40 Interessenten. Doch nicht alle waren eingeladen, das seit Ende 2009 leer stehende Gebäude in der Falkenberger Straße 183 zu begehen. Rund 40 AktivistInnen der Gruppe Orphs nutzten den Termin für eine „Wiederbelebung des Gebäudes“, wie ein Transparent aus dem Fenster der 1. Etage verkündete.
 
Kaum hatte der Hausmeister die Tür aufgeschlossen, machten sie es sich in den Räumen mit Sekt und einem kleinen Imbiss gemütlich. Während im Erdgeschoss laute Musik aus dem Ghettoblaster schallte, spielte ein junger Mann auf einen Klavier, das die AktivistInnen vor der Eingangstür aufgebaut hatten. Am frühen Nachmittag wurde es von der Polizei abtransportiert. Schon gegen 13 Uhr wurden 13 Personen, die sich noch in dem Gebäude befunden haben, von der Polizei geräumt. Alle wurden nach einer Feststellung der Personalien sofort freigelassen und müssen mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs rechnen.
 

 Unter dem Namen Orphs firmiert eine Gruppe junger Menschen aus Weißensee, SchülerInnen, Auszubildende und Studierende, die sich im Stadtteil politisch engagieren. Für die ehemalige Schule haben sie ein Nutzungskonzept verfasst und im Internet veröffentlicht. Danach soll im Erdgeschoss ein Kunstraum und Treffpunkt für die Nachbarschaft eingerichtet werden. Auch den Garten hinter dem Haus wollen sie gemeinschaftlich bearbeiten. Die obere Etage des Hauses könnte als Wohnraum für rund 15 Menschen dienen. Als Rechtsform soll ein an dem Mietshäusersyndikat orientiertes Genossenschaftsmodell zur Anwendung kommen. „Das Haus kommt uns nicht zurück auf den Markt und gehört denen, die es nutzen“, so Orphs-Aktivistin Judith.
 
Auch über die Finanzierung haben sich die Orphs Gedanken gemacht. “ Wir werden ein sechsstelliges Gebot machen und dennoch darauf achten, dass wir bei bezahlbarem Wohn- und Gemeinschaftsraum ankommen“, sagt Enrico von den Orphs. Allerdings sei man nicht bereit, sich in einen Bieterwettbewerb mit einer Baugruppe zu begeben, die auf ihrer Homepage unter dem Motto „Eigentum bilden – aber richtig“ 300.000 Euro für das Gebäude bieten will.
 
Die Chancen, das Haus zu erwerben, stehen daher für die Orphs nicht so gut. „Die Gruppe kann gern mitbieten, das Verfahren läuft noch bis nächste Woche. Doch dabei sind der Höchstpreis und die Bonität der BewerberInnen die einzigen Bedingungen“, sagte die Pressesprecherin des Liegenschaftsfonds, Irina Dähne, der taz. Die Orphs hatten diese Vergabepolitik als unsozial kritisiert. Ihre Behörde sei jedoch die falsche Adresse für die Schelte, so Dähne. Es sei der politische Wille des Lenkungsausschusses des Liegenschaftsfonds, dieses Gebäude im Rahmen des Bieterverfahrens zu verkaufen, bei dem der Höchstpreis zählt – und in diesem Fall keine sozialen Kriterien aufzustellen.
 
Neben mehreren Senatoren ist im Lenkungsausschuss auch das für die Immobilie zuständige Pankower Bezirksamt entscheidungsbefugt. Die Stadträtin für Jugend um Immobilien in der BVV Christine Keil (Die Linke) war für eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. Wegen einer Sitzung habe sie auch keine Zeit gehabt, sich das Anliegen der Orphs während der Aktion erläutern zu lassen.
 
Lediglich Patrick Technau, der für die Linke in der BVV-Pankow sitzt, war als Privatperson während der Freiraumaktion vor Ort. Er betonte, dass der Bezirk durchaus die Möglichkeit habe, das Grundstück in eigener Regie zu nutzen.

http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/ehemalige-schule-soll-kein-eigentum-werden/

Peter Nowak

Protest ist manchmal die halbe Miete

WOHNEN Kongress der Mietergemeinschaft soll Start für mehr außerparlamentarische Bewegung sein

Von den Spitzenkandidaten der SPD, Linken und Grünen und deren wohnungspolitischen Positionen halten Berlins Mietaktivisten wenig – zumindest jene, die sich am Samstag im DGB-Haus zur Tagung „Vorsicht, Wohnungsnot“ kamen. Ökonomen, GewerkschafterInnen, Stadtteil- und MieterInnenaktvistInnen aus Berlin, Hamburg und Witten diskutierten über Modelle, wie Wohnen und Leben in der Stadt attraktiv und erschwinglich bleibt.

Im ersten Block ging es um die steuer- und finanzpolitischen Hintergründe der Berliner Wohnungspolitik. Der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Joachim Bischoff sieht in einer Haushaltspolitik, die Steuererleichterungen für SpitzenverdienerInnen zum politischen Credo erhebt, die Ursache für die gigantischen Einnahmeverluste in den Haushaltskassen.

Bewegung von unten

Die Folgen für den Wohnungsmarkt skizierte Joachim Oellerich von der Berliner MieterInnengemeinschaft. So seien die Mieten seit 2007 in der gesamten Stadt spürbar gestiegen, der Wohnungsneubau seit der Jahrtausendwende nahezu zum Erliegen gekommen. „Immer mehr Haushalte tummeln sich auf einem tendenziell schrumpfenden Wohnungsmarkt“, so Oellerich. Mit seiner wirtschaftsliberalen Wohnungspolitik habe die rot-rote Landesregierung den Wohnungsmarkt sich selbst überlassen. Besonders kritisiert wurde, dass die Landesregierung noch immer leugne, dass es eine Wohnungsnot gibt.

Am Nachmittag ging es um Widerstandsperspektiven, die für Joachim Oellerich nur auf außerparlamentarischer Ebene gesucht werden können. Die zur Wahl stehenden Parteien seien ununterscheidbar geworden. Auch Samira van Zeer von der Treptower Stadtteilinitiative Karla Pappel setzte auf die Bewegung von unten und berichtete von einer für den 3. September geplanten Großdemonstration gegen Mieterhöhungen.

Privatisierung gescheitert

Obwohl sie für die SPD zur Abgeordnetenhauswahl kandidiert, fühlte sich Gerlinde Schermer in der Runde sichtlich wohl. Sie werde auch im Abgeordnetenhaus ihre Meinung sagen, und die laute: „Die Privatisierungspolitik aller Senate seit 1999 ist gescheitert“.

Als es im letzten Kongressteil um praktische Widerstandsmöglichkeiten ging, riet Andreas Blechschmidt vom Hamburger Netzwerk „Netzwerk Recht auf Stadt“, das für viele Berliner AktivistInnen Vorbildcharakter hat, zu dezentralen Aktionen. Die haben sich auch in Berlin schon entwickelt. Stephan Thiele stellte das neue Bündnis „Wem gehört Kreuzberg“ vor, das schwerpunktmäßig den Verkauf von Wohnungen im Kiez verhindern will. Auf der Homepage www.sozialmieter.de vernetzen sich BewohnerInnen des abgewickelten sozialen Wohnungsbaus. Am 27. April wird ab 21 Uhr auf dem Boxhagener Platz in Friedrichshain eine Videokundgebung gegen die kapitalistische Verwertung am Arbeitsplatz und im Stadtteil organisiert.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2011%2F04%2F18%2Fa0122&cHash=18a9b45f43

PETER NOWAK

Bakuninhütte kann wieder genutzt werden

Die Bakuninhütte bei Meiningen darf wieder als Schutz- und Wanderhütte genutzt werden. Allerdings dürfen in dem in den 1920er Jahren errichteten Gebäude weder Essen noch Übernachtungen angeboten werden. Mit diesem Vergleich endete ein Streit über die Hüttennutzung am Oberverwaltungsgericht Thüringen zwischen dem Kreis der Wander- und Naturfreunde Meinigen e.V. und dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen (ND vom 5.1.2011). Das Haus war für die libertäre Bewegung in der Endphase der Weimarer Republik ein wichtiger Treffpunkt.

Der Verein ist erfreut über den Ausgang des Verfahrens: »Dies ist die Grundlage, um das historische Gebäude der Bakuninhütte zu erhalten und für Wanderfreunde und -freundinnen wieder zugänglich zu machen«, erklärte ein Vorstandsmitglied gegenüber ND.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/195347.bewegungsmelder.html

www.bakuninhuette.de

Peter Nowak

Modernisierung ist nicht das Problem

Initiativen wollen sich gegen Mietsteigerungen wehren / Konferenz am Wochenende

Die Passionskirche am Marheinekeplatz in Kreuzberg war gut gefüllt. Aber nicht die Seelsorge, sondern die Angst vor Mieterhöhung und Vertreibung hatte die Menschen zu dem Diskussionsabend mobilisiert. Eingeladen hatten verschiedene Mieterbündnisse, die sich seit Monaten regelmäßig treffen und verschiedene Arbeitsgruppen gegründet haben. Eine Recherchegruppe erforscht die Besitzverhältnisse bestimmter Häuser. Eine Politik-AG bereitet einen Spaziergang im Chamissokiez vor.

»Nicht die Modernisierung ist das Problem, sondern die folgenden Mietsteigerungen«, betonte Mieteranwalt Heinz Paul. Die Chancen für eine erfolgreiche Gegenwehr seien ungleich höher, wenn sich die Bewohner eines betroffenen Hauses möglichst frühzeitig und zahlreich zusammenfinden und organisieren, betonte der Jurist. Schließlich wollen die meisten Eigentümer zeit- und kostenaufwendige Gerichtsprozesse vermeiden und bevorzugen außergerichtliche Einigungen.

In der Diskussion wurde der Politik Benachteiligung der Mieter vorgeworfen. So berichtete eine Mieterin, dass ihr Wohnhaus von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gekauft worden sei. Diese Rechtsform ermögliche jedem Gesellschafter Kündigungen wegen Eigenbedarfs und trage so zur Aushebelung des Mieterschutzes bei. Die Wohnungspolitik des Senats wurde heftig kritisiert. So sei die Zweckentfremdungsverordnung aufgehoben, aber keine Rechtsverordnung für den Milieuschutz erlassen worden. Auch eine Verlängerung der Sperrfrist von Kündigungen nach der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen war eine Forderung aus dem Publikum.

Der Berliner Mieterverein, der Landesverband des Arbeitslosenverbandes e.V. und die »Kampagne gegen Zwangsumzüge nach Hartz IV« haben den Senat aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Jobcenter die Aufforderungen an Erwerbslose aussetzen, wegen zu hoher Mietkosten die Wohnung zu wechseln. Außerdem müsse der Senat unverzüglich regeln, welche Kosten der Unterkunft (KdU) angemessen sind.

Im vergangenen Jahr forderten die Berliner Jobcenter in 8770 Fällen Erwerbslose zur Senkung ihrer Mietkosten auf. In 3917 Fällen wurde eine Senkung der Kosten erreicht, in 428 Fällen durch einen Wohnungswechsel. In den übrigen Fällen mussten die Erwerbslosen durch Einsparungen an anderer Stelle oder durch Untervermietung die zusätzlichen Mietkosten aufbringen.

Die Mieterinitiativen wollen den Wahlkampf zum Abgeordnetenhaus nutzen, um für eine mieterfreundliche Politik zu werben. Dass dabei alle Parteien in der Kritik stehen, zeigte sich an Plakaten mit den gar nicht so freundlichen Konterfeis der Spitzenkandidaten. Der nächste Termin für die Protestkoordinierung steht schon fest. Am 16. April lädt die Berliner Mietergemeinschaft von 10.30 Uhr bis 18 Uhr unter dem Titel »Vorsicht Wohnungsnot« zu einer Konferenz ins DGB-Haus, Keithstraße 1/3.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/195416.modernisierung-ist-nicht-das-problem.html

Peter Nowak

Mieterinitiative gegen Zwangsumzüge

HARTZ IV Wohnpauschale für Erwerbslose ist zu niedrig, sagen Mieter- und Arbeitslosenvereine
Der Berliner Mieterverein und der Berliner Landesverband des Arbeitslosenverbandes e. V. fordern ein Ende der Zwangsumzüge von Hartz-IV-Beziehern. Der Senat müsse Sorge tragen, dass die Jobcenter die Aufforderungen an Erwerbslose aussetzen, wegen zu hoher Mietkosten die Wohnung zu wechseln. Außerdem müsse der Senat unverzüglich neu regeln, was als angemessene Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft (KdU) gelten kann. Die 2005 erlassene Verwaltungsvorschrift zur Wohnkostenübernahme sei wegen der gestiegenen Mieten in Berlin Makulatur und stehe im Widerspruch zu höchstrichterlichen Vorgaben. „Aber wir befürchten, dass SPD und Linke im Senat wegen Uneinigkeit die Frage einer Neuregelung bis nach den Abgeordnetenwahlen im Herbst hinauszögern will“, begründete der Geschäftsführer des Mietervereins Reiner Wild am Montag auf einer Pressekonferenz die Initiative.

„Eine weitere Verzögerung würde für Tausende von Bedarfsgemeinschaften trotz gestiegener Mieten und Heizkosten zu geringe Wohnkostenübernahmen bedeuten und hätte eine neue Klagewelle vor den Sozialgerichten zur Folge“, betont Wild. Unterstützt wird die Initiative von der „Berliner Kampagne gegen Zwangsumzüge nach Hartz IV“, die Erwerbslose berät, die zu Senkungen ihrer Miete aufgefordert werden. Kampagnen-Mitbegründerin Eva Willig erklärte, die Frage, ob Erwerbslose ihre Wohnung behalten können, sei für viele existenziell.

So forderten die Berliner Jobcenter 2009 in 8.770 Fällen Erwerbslose zur Senkung ihrer Mietkosten auf. In 3.917 Fällen wurde eine Senkung der Kosten erreicht, in 428 Fällen durch einen Wohnungswechsel. In den übrigen Fällen kommen die Erwerbslosen durch Einsparungen an anderer Stelle oder durch Untervermietung für die zusätzlichen Mietkosten auf.

Um die Koordinierung von MieterInnenprotesten wird es auch auf einer Konferenz gehen, zu der die Berliner Mietergemeinschaft am Samstag von 10.30 Uhr bis 18 Uhr ins DGB-Haus in die Keithstraße 1-3 einlädt

Mehr Infos: www.bmgev.de

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2011%2F04%2F12%2Fa0143&cHash=c028da55de

Peter Nowak

Bürger wehren sich gegen Verdrängung

Bei einem Straßenfest machen die MieterInnen zweier Häuser im Neuköllner Reuterkiez auf ihre Angst vor Verdrängung durch steigende Mieten aufmerksam. Auch Nachbarn berichten von Mieterhöhungen.

Aus einem Fenster des Hauses Weichselpatz 8/9 in Nordneukölln hängt ein Transparent: „Hier wehren sich Neuköllner MieterInnen.“ Gegenüber des Gebäudes haben sie am Sonntagnachmittag Info- und Essenstische aufgebaut. Etwa 100 Menschen kommen zum ersten Straßenfest gegen Verdrängung der Häuser Weichselplatz 8/9 und Fuldastraße 31/32.

Der Gebäudekomplex war im letzten Jahr von der neunköpfigen „Grundstücksgemeinschaft Weichselplatz“ gekauft worden, die die Häuser mit finanzieller Unterstützung der Kreditanstalt für Wiedeaufbau (KfW) nach ökologischen Gesichtspunkten modernisieren will. Viele MieterInnen befürchten nun, sich die Wohnungen danach nicht mehr leisten zu können.

Hartz-Aufstockerin Eva Möller* zahlt für ihre Wohnung bisher 470 Euro Miete im Monat. Nach der Modernisierung wären es 621 Euro. „Damit wäre ich über der Höchstgrenze, die das das Jobcenter übernimmt und müsste mir eine neue Wohnung suchten“, sagt Möller. Sie verweigerte die Unterschift unter der Modernisierungsvereinbarung und koordinierte sich mit ihren NachbarInnen.

Klaus Weins*, der ebenfalls am Weichselplatz 8/9 wohnt und dessen Miete nach der Modernisierung sogar bis zu 60 Prozent steigen könnte, ergänzt: „Seit acht Monaten treffen wir uns regelmäßig, haben uns bei einem Anwalt der Mietergemeinschaft informiert, machen uns gegenseitig Mut und besprechen unser gemeinsames Vorgehen.“

Andere Nachbarn erzählen auf dem Straßenfest von ähnlichen Problemen. „Ich wohne in der Weichselstraße 68. Auch dort versuchen wir uns gegen eine mit einer geplanten Modernisierung verbundene Mieterhöhung zu wehren“, sagt ein junger Mann. Die ersten Treffen seien auch positiv verlaufen. Allerdings seien einige MieterInnen mit geringen Einkommen aus Angst vor den Mieteröhungen inzwischen ausgezogen.

Wer sich wehren will, sollte allerdings erst einmal „keine Modernisierungsvereinbarung unterschreiben“, sagt Herrmann Wehrle von der Berliner MieterInnengemeinschaft. Mehr als die Hälfte der

MieterInnen des Weichselplatzes 8/9 und der Fuldaer Straße 31/32 folgten diesem Ratschlag. Als Totalabsage wollen sie das nicht verstanden wissen. „Wir können uns vorstellen, mit den EigentümerInnen ein sozialverträgliches Konzept für eine faire Modernisierung zu entwickeln“, so Weins. Allerdings müssten zuvor die Klagen zurückgenommen werden, die die EigentümerInnen auf Duldung der Modernisierung gegen drei MieterInnen gestellt haben.

In dieser Hinsicht zeigt sich Tim Lühning von der Grundstücksverwaltung zumindest gesprächsbereit. „Da es unser Wunsch ist, dass so viele MieterInnen wie möglich im Haus wohnen bleiben können, sind wir zu Kompromissen bereit. Allerdings müssen die in ihrer Gesamtheit für uns wirtschaftlich tragfähig sein“, erklärte er.

http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/buerger-wehren-sich-gegen-verdraengung/

Peter Nowak

Neuköllner Mischung bedroht

Am Weichselplatz formiert sich Mieterprotest gegen mögliche Verdrängung durch Sanierung

»Wir bleiben alle«. In verschiedenen Farben war die Parole auf schwarzen Stoff gemalt. Am 13. März flatterten die Fähnchen mit dem Motto an zahlreichen Fenstern der Häuser Weichselplatz 8/9 und Fuldastraße 31/32. Der Gebäudekomplex war im letzten Jahr von der Grundstücksgemeinschaft Weichselplatz gekauft werden. Sie besteht aus neun Personen, die es sich nach eigenem Bekunden zum Ziel gesetzt haben, die Häuser energiegerecht mit finanzieller Unterstützung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu sanieren. Man wolle keinen Mieter verdrängen und die in den Häusern bestehende Neuköllner Mischung erhalten, erklärten die Neubesitzer den Mietern.

Doch manche wollen den beruhigenden Worten nicht mehr so recht trauen. Das liegt vor allem an den drohenden Mietsteigerungen nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen. »Dann kann ich in dem Haus nicht mehr wohnen«, meinte Eva Möller (Name geändert) vom Weichselplatz 8. Bisher zahlt die Hartz-IV-Aufstockerin 470 Euro Miete, nach der Modernisierung wären es 621 Euro. Damit wäre sie aber beträchtlich über dem Mietzins, den das Jobcenter übernimmt. »Ich würde zur Senkung meiner Mietkosten aufgefordert, müsste also ausziehen«, meint Möller illusionslos.

Doch damit will sie sich nicht abfinden. Deswegen hat sie sich mit anderen Mietern zusammengesetzt. »Seit acht Monaten treffen wir uns regelmäßig, tauschen uns aus, informieren uns bei einem Anwalt der Mietergemeinschaft, machen uns gegenseitig Mut und besprechen unser gemeinsames Vorgehen«, meinte auch Klaus Weins (Name geändert). Die Angst vor der Verdrängung habe erst dazu geführt, dass sich die Hausbewohner besser kennengelernt haben, berichtet er. Zurzeit sei die Stimmung unter den Aktivisten überwiegend sehr gut. Das sei wegen der Unterschiedlichkeit der Bewohner nicht einfach gewesen.

In dem Haus wohnt die Studentin, die seit wenigen Jahren in einer Wohngemeinschaft in dem Haus lebt, neben der Rentnerin, die auf einige Jahrzehnte in dem Gebäude zurückblicken kann. Einige Mieter haben in den letzten Monaten auch gekündigt, weil sie sich dem Stress nicht gewachsen fühlten. »Schließlich bedeutet die Modernisierung, einige Monate auf einer Baustelle zu wohnen und hinterher noch mehr Miete zu zahlen«, so ein Bewohner.

Doch mehr als die Hälfte der Mieter hat die Modernisierungsvereinbarungen nicht unterschrieben. Beim angepeilten Baubeginn im November 2010 standen die Handwerker vor verschlossenen Türen. Mittlerweile haben die Eigentümer erste Klagen auf Duldung der Modernisierung an die Mieter verschickt. Die gerichtliche Entscheidung darüber steht noch aus.

Die aktiven Mieter wollen nicht klein beigeben. Am Sonntag sind sie erstmals mit Transparenten, Fahnen, Saft und Tee an die Öffentlichkeit gegangen. Mit einem Blog unter nk44.blogsport.de sind sie auch im Internet. Zuvor haben sie verschiedene Stadtteilinitiativen kontaktiert, die vor den gleichen Problemen stehen. Schließlich ist Nordneukölln ein bei Touristen, aber auch beim kulturinteressierten Mittelstand sehr beliebter Stadtteil, in dem die Mieten in den letzten Jahren im Berliner Vergleich besonders stark gestiegen sind.

Tim Lühning von der Grundstücksverwaltung Weichselplatz zeigte sich überrascht über die Mieterproteste. Es habe immer wieder Gespräche gegeben und man sei auch weiterhin zu Verhandlungen und außergerichtlichen Einigungen mit den Bewohnern des Hauses bereit.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/193070.neukoellner-mischung-bedroht.html

Peter Nowak