»Einer der Männer schlug mich«

Viele Medien berichteten, als vor zwei Wochen ein Video aus dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) öffentlich wurde. Darin ist zu sehen, wie private Wachleute brutal auf zwei Geflüchtete einschlagen. Hussein Adi M. ist einer der beiden.

Wie lief der Angriff genau ab?

Ich stand am 1. Oktober mit vielen anderen Flüchtlingen im Hof des Lageso und wartete wie so oft auf einen Termin. Ohne besonderen Grund schrieen uns die Sicherheitsleute an, stießen mich und andere gegen die Brust. Dann schlug mich einer der Männer mit der Faust auf Augen und Nase.

Haben Sie sich die Verletzungen ärztlich attestieren lassen?

Ich konnte nicht zum Arzt gehen. Denn meine Bescheinigung für die Kostenübernahme durch das Amt war gerade einen Tag vorher abgelaufen. Ich hätte also für einen Arztbesuch Geld bezahlen müssen, das ich nicht habe.

Wurden Sie von der Veröffentlichung des Videos informiert?

Nein, mit mir hat niemand gesprochen. Ich habe nicht einmal gewusst, dass der Angriff aufgenommen wurde.

War dieser Angriff für Sie eine Ausnahme?

Nein, ich habe in den letzten Monaten in Berlin häufig erlebt, wie Flüchtlinge angeschrieen, bedroht und wie Tiere behandelt wurden. Dabei sind für mich aber die Wachleute nicht das zentrale Problem. Schließlich gibt es beim Lageso viel zu wenig Personal und alle sind überfordert. Zudem müssen die Flüchtlinge Stunden um Stunden vor den Ämtern warten, nur um dann wieder weggeschickt und auf die nächsten Tage verwiesen zu werden. Ich weiß nicht mehr, wie viele Stunden ich dort schon gewartet habe.

Sind Sie mittlerweile anerkannt?

Leider nein. Weil meine Akte im Büro verschwunden ist, muss das ganze Prozedere bei mir noch einmal wiederholt werden. Erst kürzlich hatte ich wieder einen Termin am Amt.

Kann es sein, dass Sie dann den Wachleuten, die Sie geschlagen haben, erneut begegnen?

Sie waren bei meinem Besuch zumindest nicht zu sehen. Obwohl ich sofort nach dem Angriff Anzeige wegen Körperverletzung gestellt habe, wurde ich nicht darüber informiert, ob die Männer noch im Amt sind. Auffällig ist aber, dass Begleitpersonen nicht mehr mit ins Lageso dürfen und dort nur Deutsch gesprochen wird, was die meisten Geflüchteten nicht verstehen.

http://jungle-world.com/artikel/2015/45/52949.html

Interview: Peter Nowak