Ist Zeitungsverkauf Terrorismus?

Kundgebung für türkische Aktivistin am Sonntag geplant
Für diesen Sonntag planen Antirassismusgruppen eine Kundgebung vor der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Berlin-Lichtenberg. Dort sitzt seit Ende Oktober 2011 Gülaferit Ünsal in Untersuchungshaft. Die Justizbehörde beschuldigt die Frau, »Rädelsführerin« der in der Türkei und in Deutschland verbotenen marxistischen »Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front« (DHKP-C) zu sein. Diese in den 70er Jahren gegründete Organisation hatte in den Armenvierteln großer türkischer Städte und in den Universitäten ihre Basis.

Nach dem Vorbild von Che Guevara propagierte sie eine Kombination von legaler politischer Arbeit und militanten Aktionen. Mittlerweile wurden mehrere angebliche DHKP-C-Aktivisten in Deutschland zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die juristische Handhabe liefert der Paragraf 129 b, der die strafrechtliche Verfolgung von ausländischen Organisationen in Deutschland ermöglicht. Auch gegen Ünsal wird nach diesem Paragrafen ermittelt. Die Bundesanwaltschaft beschuldigt sie, für den Verkauf von Zeitschriften und die Organisation kommerzieller Veranstaltungen zuständig gewesen sein und Spendenkampagnen der DHKP-C koordiniert zu haben. Aus ermittlungstechnischen Gründen gibt die Bundesanwaltschaft keine weiteren Auskünfte.

Ünsal lebte in den letzten Jahren in Griechenland, von wo sie auf Betreiben der deutschen Generalbundesanwaltschaft ausgeliefert wurde. Ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Gruppen hatte im Sommer 2011 dagegen protestiert. Im Mittelpunkt ihrer Kritik stand der Paragraf 129 b. So heißt es in einer Stellungnahme der griechischen Juristenorganisation »Gruppe der Anwälte für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten«: »Auf Grundlage eines Haftbefehls der deutschen Behörden wird Gülaferit Ünsal der Mitgliedschaft in einer ›terroristischen Organisation‹ beschuldigt.

Die einzige Grundlage dafür ist ihre legale politische Aktivität, der Verkauf von Zeitschriften und ihre Teilnahme an Solidaritätskampagnen für türkische politische Gefangene.« Auch Karin Wegener vom Berliner Initiativkreis Gülaferit Ünsal kritisiert, dass mit den Paragrafen 129 a und b legale politische Aktivitäten in einen terroristischen Kontext gesetzt werden. Deshalb soll auf der Kundgebung die Abschaffung von genau diesen Paragrafen gefordert werden.

Wegener rechnet auf Unterstützung durch Teilnehmer der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration, die ganz in der Nähe der JVA Lichtenberg endet. Um 13 Uhr treffen sich LL-Demonstranten, die auch an der Kundgebung teilnehmen wollen, am U-Bahnhof Lichtenberg (Ausgang Siegfriedstraße). Die Kundgebung beginnt um 13.30 Uhr vor der JVA-Lichtenberg in der Alfredstraße 11.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/215637.ist-zeitungsverkauf-terrorismus.html
Peter Nowak

Soli-Demo für inhaftierte deutsch-türkische Linke


PARAGRAF 129 B Linke Aktivistin seit Monaten wegen politischer Aktivitäten in der Türkei in U-Haft

Ein kürzlich gegründeter Initiativkreis setzt sich für die linke Aktivistin Gülaferit Ünsal ein, die seit 21. Oktober in der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Lichtenberg in Untersuchungshaft sitzt. Die Gruppe bereite eine Kundgebung vor der JVA am 15. Januar vor, sagt Mitorganisatorin Karin Wegener. Man wolle der Gefangenen im Anschluss an die Rosa-Luxemburg-Demo Grüße vorbeibringen.

Ünsal war auf Betreiben der Bundesanwaltschaft aus Griechenland nach Deutschland ausgeliefert werden. Die Justizbehörde beschuldigt die 38-jährige Frau, „Rädelsführerin“ der in der Türkei aktiven marxistischen „Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front“ (DHKP-C) zu sein. Diese in den 70er Jahren gegründete Organisation hatte in den Armenvierteln der großen Städte sowie an den Universitäten der Türkei ihre Basis. Nach dem Vorbild von Che Guevara propagierte die Organisation eine Kombination von legaler politischer Arbeit und militanten Aktionen. Sie ist sowohl in der Türkei als auch in Deutschland verboten.

Mittlerweile wurden zahlreiche DHKP-C-Mitglieder in Deutschland zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die juristische Handhabe liefert der Paragraf 129 b, der die strafrechtliche Verfolgung von im Ausland aktiven Organisation in Deutschland ermöglicht. Auch gegen Ünsal wird nach diesem Paragrafen ermittelt.

„Die Beschuldigte soll von Oktober 1999 bis August 2008 an der Spitze der Organisation in Europa gestanden haben“, heißt es in einer Erklärung der Bundesanwaltschaft. Danach soll sie vor allem für den Verkauf von Zeitschriften und die Organisation kommerzieller Veranstaltungen zuständig gewesen sein und Spendenkampagnen der DHKP-C koordiniert haben. Aus ermittlungstechnischen Gründen gibt die Bundesanwaltschaft derzeit keine weiteren Auskünfte.

In Griechenland hatte ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Gruppen monatelang gegen Ünsals Auslieferung nach Deutschland mobilisiert. So heißt es in einer Stellungnahme der griechischen Juristenorganisation „Gruppe der AnwältInnen für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnnen“: „Die einzige Grundlage dafür ist ihre legale politische Aktivität, das heißt der Verkauf von Zeitschriften und ihre Teilnahme an Solidaritätskampagnen für türkische politische Gefangene.“

Auch in Deutschland kritisieren Bürgerrechtsorganisationen, dass mit den Paragrafen 129 a und b legale politische Aktivitäten in einen terroristischen Kontext gesetzt werden.
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=
bl&dig=2012%2F01%2F06%2Fa0145&cHash=5802a53f8a
Peter Nowak