Führte deutsche Amtshilfe zur Festnahme in Kabul?

Auch nach der Freilassung eines Deutsch-Afghanen aus dem US-Militärgefängnis in Bagram bleiben viele Fragen offen
Haddid N. konnte in den letzten Wochen keine Vorlesungen in der Fachhochschule der Stadt Frankfurt/Main besuchen. Der Student des Bauingenieurswesens war am 8.Januar in Kabul von US-Militärs festgenommen worden und war bis zum 28. Januar im Militärgefängnis Bagram inhaftiert. Die US-Behörden erklärten, die Verhaftung habe sich in Einklang mit Kriegsvölkerrecht befunden.

Am letzten Freitag wurde N. aus der Haft entlassen und den deutschen Behörden übergeben. Erst wenige Tage zuvor war sein Fall in Deutschland bekannt geworden. Seine Schwester und sein Anwalt hatten auf einer Pressekonferenz in Frankfurt/Main darüber informiert. Erste Petitionen zur schnellen Freilassung von N. waren vor wenigen Tagen am Campus der FH Frankfurt aufgetaucht.

Auch nach seiner Freilassung bleibt die Frage offen, wie die US-Behörden in Afghanistan auf N. aufmerksam geworden sind, der in Kabul in den Weihnachtsferien seinen Vater besucht hatte. Gab es vor der Festnahme Hinweise deutscher Behörden auf die Anwesenheit von N. in Afghanistan? Die Angehörigen des Studenten haben diese Vermutungen öffentlich geäußert.

Es wird jetzt zu klären sein, ob und wie die US-Behörden von einem Ermittlungsverfahren erfahren hatten, dass die deutsche Justiz gegen N. angestrengt hatte. Im Oktober 2009 war er am Flughafen Frankfurt/Main festgenommen worden, als er nach Bahrain fliegen wollte. Gegen N. war ein Ausreiseverbot erlassen worden, weil es Vermutungen gab, dass er die Reise nutzen wollte, um sich in einem Terrorcamp ausbilden zu lassen. Im Zuge der Ermittlungen war auch sein Pass eingezogen worden. Weil sich der Verdacht nicht erhärtete, wurde das Verfahren im Juli 2010 eingestellt. Auch der Vorwurf, N. habe sich in den Informations- und Serviceleistungen] islamistisch geäußert, ließ sich nicht erhörten. Das Bundeskriminalamt hat bisher bestritten, Informationen über Ermittlungen gegen N. an die USA weitergeleitet zu haben, was nicht alle überzeugt.

Ungeklärter Drohnenangriff

Schnell werden Parallelen zu Bünyamin E. gezogen. Er ist mit anderen vermeintlichen Islamisten am 4. Oktober 2010 bei dem Drohnenangriff der USA in Nordpakistan getötet worden. Auch hier bleibt die Frage, ob deutsche Behörden den Aufenthaltsort von E. weiter verbreiteten.

Der Richter Thomas Schulte-Kellinghaus hat mittlerweile Anzeige gegen BKA-Chef Ziercke wegen Beihilfe zum Mord erstattet. Er will damit klären lassen, ob es im Vorfeld des Drohnenangriffs einen Datentransfer aus Deutschland gegeben hat.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/149174

Peter Nowak