Keine offenen Türen für Mietervertreter

WOHNEN Mieterbeiräte wollen am Mietspiegel mitwirken – und stoßen auf wenig Gegenliebe

In knapp drei Monaten wird der neue Mietspiegel veröffentlicht, der für jede Berliner Adresse die „ortsübliche Vergleichsmiete“ angibt. ExpertInnen rechnen mit einem Mietanstieg im zweistelligen Prozentbereich gegenüber dem letzten, 2011 erschienenen Mietspiegel. Schon dieser hatte mit einer durchschnittlichen Steigerung um 8 Prozent die Mietpreis-Diskussion vorangetrieben. Nun fordern Lichtenberger Mieterbeiräte mehr Mitspracherechte bei der Erstellung des Mietspiegels.

In der dafür zuständigen „Arbeitsgruppe Mietspiegel“ sind derzeit neben Verbänden der WohnungseigentümerInnen der Mieterverein, die MieterGemeinschaft und der Mieterschutzbund vertreten. Doch die Mieterbeiräte wollen sich nicht repräsentieren lassen. „Wir kennen uns im Wohngebiet am besten aus und wollen gehört werden“, begründet Horst Baer den Vorstoß. Der Vorsitzende des Mieterbeirats im Wohngebiet Frankfurter Allee Süd verweist darauf, dass es in Berlin eine solche Beteiligung gab, die Mitte der 90er Jahre abgeschafft wurde. In München und anderen Städten werde dies bis heute praktiziert.

Auf ein Schreiben, in dem die Mieterbeiräte ihre Vorschläge darlegten, antwortete die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, eine Beteiligung einzelner Mieterbeiräte oder -vertreter sei in Berlin nicht vorgesehen. „Bei den als Interessenvertreter der Vermieter bzw. Mieter anerkannten Berliner Verbänden, die in der Arbeitsgruppe Mietspiegel mitarbeiten, wird davon ausgegangen, dass diese nicht nur ihre Klientel bestmöglich vertreten, sondern auch über langjährigen Sachverstand verfügen, der die erforderliche Gesamt-Berliner Sichtweise einschließt“, heißt es in dem Schreiben.

Zwei Preise in einem Haus

Die Beiräte überzeugt das nicht. Baers Kollege Frank Mißbach begründet die Initiative mit konkreten Erfahrungen aus dem Wohngebiet: „Wir wurden stutzig, als der Mietspiegel von 2009 die ersten drei Aufgänge in einem langen Neubaublock als einfache Wohnlage einstufte, die nächsten als bessere Wohnlage und die letzten wieder als einfache. Das hatte unterschiedliche Mietpreise im selben Haus zur Folge.“

Die Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Petra Rohland, sagte der taz, Berlin gehe zur Erarbeitung des Mietspiegels einen anderen Weg als München: „Der Interessenausgleich zwischen Mietern und Vermietern hat sich seit 20 Jahren bewährt.“ Im Grundsatz ausschließen will sie die Vorschläge der Mieterbeiräte allerdings nicht. Prinzipiell sei eine Mitarbeit möglich, rechtliche Hürden gebe es dafür nicht, so Rohland.

Bei den in der Arbeitsgruppe Mietspiegel vertretenen MieterInnenverbänden ist das Echo auf den Vorschlag der Beiräte geteilt. „Eine Ausweitung des Gremiums halten wir nicht für sinnvoll“, betonte der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wildt, gegenüber der taz. Die Interessen der MieterInnen seien durch die drei vertretenen Verbände „ausreichend abgedeckt“. Wildt befürchtet, dass bei einer Ausweitung des Gremiums auch Vermieter eine weitere Präsenz fordern könnten.

Unterstützung finden die Mieterbeiräte dagegen bei Joachim Oellerich von der Berliner MieterGemeinschaft: „Wir begrüßen es sehr, wenn MieterInnen direkte Beteiligung einfordern“, so Oellerich. „Eine Konkurrenz zu den Verbänden sehen wir darin nicht.“
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F02%2F28%2Fa0167&cHash=3ecb294569c898f22bb1c72db49316a7
Peter Nowak