Liebig-Fans besetzen Schule

BewohnerInnen und UnterstützerInnen des von Räumung bedrohten Hausprojekts Liebig 14 haben am Donnerstagnachmittag eine leerstehende Schule in in Mitte besetzt. Sie fordern ein Ersatzobjekt, falls die Räumung des Hausprojekts nicht mehr verhindert werden kann. „Die PolitikerInnen haben uns erklärt, dass keine geeigneten Gebäude in städtischem Besitz zur Verfügung stehen. Mit der Besetzung haben wir das Gegenteil bewiesen“, so eine Sprecherin der AktivistInnen. Sie forderte die Politiker auf zu verhandeln, wenn sie „eine friedliche Alternative zur Räumung“ wollen. Die Besetzung in der Adalbertstraße 53 ist der Start von Aktionstagen, mit denen für den Erhalt der Liebig 14 protestiert wird.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2011%2F01%2F28%2Fa0142&cHash=3b25ba5421

Peter Nowak

Die freie Hütte

Historischer Ort für politische Wanderfreunde
Die Bakunin-Hütte bei Meiningen ist ein seltenes Zeugnis der anarchistischen Arbeiterbewegung. Ein Verein kümmert sich um ihren Erhalt. Doch noch hat er mit den Behörden zu kämpfen
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Bakunin-Hütte in Thüringen – Fritz Scherer war hier Hüttenwart, ein Verein will das historische Gebäude erhalten.
Foto: Wanderverein Bakuninhütte
»Da lag sie, die schöne Bakunin-Hütte, ein festes und massiv erbautes Haus.« So beschrieb der anarchosyndikalistische Buchbinder Fritz Scherer seinen ersten Besuch 1930 in der Bakunin-Hütte in der Nähe des thüringischen Meinigen. Der Wanderbursche Scherer war von der Hütte so begeistert, dass er dort für einige Monate als Hüttenwart arbeitete. Schließlich fühlte er sich dem nach einem russischen Revolutionär und Anarchisten benannten Ort auch politisch eng verbunden. Das Haus war von Mitgliedern der Freien Arbeiterunion Deutschland (FAUD), einer anarchosyndikalistischen Gewerkschaft, 1926 zur Erholung für Arbeiter und Erwerbslose errichtet worden. In der Endphase der Weimarer Republik wurde die Hütte zu einem wichtigen Ort der libertären Bewegung. Auch Erich Mühsam war dort mehrmals zu Gast. Im Nationalsozialismus wurde die Hütte enteignet und der SS übergeben.

Nach 1945 hätte Scherer wieder Hüttenwart werden können. Sein ehemaliger anarchosyndikalistischer Mitkämpfer Otto Walz war inzwischen in die KPD eingetreten und dort in den Vorstand gewählt worden. Doch Scherer, entschiedener Antikommunist, lehnte dessen Angebot ab. In der DDR gehörte die Hütte zeitweise zum Energiekombinat Suhl, zwischendurch wurde sie auch von jungen Naturforschern genutzt.

Seit 2006 kümmert sich der Wanderverein Bakuninhütte um den Erhalt des Hauses. »Die Bakunin-Hütte soll wieder ein Treffpunkt für Wanderfreunde aus Nah und Fern werden«, meint Vereinsmitglied Enrico Knorr. Doch noch sind die Verhandlungen mit den Behörden nicht beendet. Die Bauaufsicht des Landkreises Meinungen hat den Aufenthalt von Personen und alle Baumaßnahmen untersagt. Das Gebäude sei »illegal«, denn selbst wenn in den 20er Jahren eine Baugenehmigung vorgelegen habe, sei diese durch die jahrelange Nutzungsunterbrechung verwirkt. Es gibt jedoch auch Anlass zur Hoffnung. So soll ein außergerichtlicher Ortstermin mit dem Landrat und beteiligten Amtsvertretern im Februar Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.

Trotz des Streits um die Zukunft des Gebäudes hat der Wanderverein Bakuninhütte mit der Aufarbeitung der Geschichte des Anarchosyndikalismus in Deutschland begonnen. So hat er eine Gedenkschrift für Fritz Scherer herausgegeben. Darin findet sich auch ein in Gedichtform verfasster Bericht seiner Wanderjahre, in dem Scherer beschreibt, wie Wanderburschen in manchen Orten wie Kriminelle eingesperrt und verjagt wurden. Neben der Polizei beteiligten sich daran auch die damals »Stempelstellen« genannten Arbeitsämter. Der 1988 in Berlin Neukölln mit 86 Jahren verstorbene Scherer beteiligte sich bis ins hohe Alter an Aktivitäten der libertären Bewegung. Er hat auch die weitgehend unbekannte Geschichte der Bakunin-Hütte der Nachwelt erhalten.

Wanderverein Bakuninhütte e.V.: »Rebellen Heil« – Fritz Scherer: Vagabund, Wanderer, Hüttenwart, Anarchist, 63 Seiten plus DVD, 19,80 Euro. Auch bestellbar über: www.bakuninhuette.de.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/187784.die-freie-huette.html

Peter Nowak

Aus Kreuzkölln wird Prenzlkölln

Während es in Neukölln für ALG-II-Beziehende kaum noch bezahlbare Wohnungen gibt, boomt der Sektor für 1-Euro-Jobs

Der Kiezspaziergang führte an Ladenlokalen vorbei, die von Künstler/innen im Schillerkiez zwischengenutzt werden. Aufgrund der steigendenen Mieten dürfte Nord-Neukölln für diese jedoch nur eine weitere Station auf der Suche nach bezahlbarem Wohn- und Arbeitsraum bleiben.

Trotz nasskaltem Wetter trafen sich am 24. Oktober fast hundert Personen zum Kiezspaziergang vor dem Neuköllner Stadtteilladen Lunte. Der Spaziergang war von Stadtteilinitiativen vorbereitet worden und sollte über Umstrukturierung und steigende Mieten im Schillerkiez informieren. Schon nach wenigen Metern verwies ein Aktivist der Vorbereitungsgruppe auf mehrere leer stehende Läden. „Hier war ein Eiscafé, dort ein Laden mit afrikanischen Spezialitäten, sie mussten wegen der steigenden Mieten schließen“, erklärte er. Dafür hätten in der letzten Zeit in der Gegend Beschäftigungsgesellschaften für 1-Euro-Jobs geöffnet. Die BBJ Servis gGmbH betreibt im Kiez eine Werkstatt für Möbel und Fahrräder. Die Beschäftigungsgesellschaft Tandem BQG berät Jugendliche, die sich auf Stellensuche befinden. Gleich mehrere Projekte im Schillerkiez unterhält die Bequit-Beschäftigungs- und
Qualifizierungsgesellschaft, beispielsweise 1-Euro-Jobber/innen, die als Aufsichtskräfte für mehr Sicherheit und Sauberkeit eine tägliche Tour durch den Kiez machen.

Hartz IV geht raus aus Neukölln“
Während tariflich bezahlte Arbeitsplätze verschwinden, boomen die 1-Euro-Jobs in Neukölln. Gleichzeitig können sich Menschen unter solchen Arbeitsbedingungen oft keine Wohnung mehr in dem Stadtteil leisten. „Hartz IV geht raus aus Neukölln“, bringt es der Immobilienmakler Cemal Düz, der im südlichen Schillerkiez ein Büro betreibt, diese Entwicklung auf den Punkt. Mieter- und Schuldnerberatungen rund um den Schillerkiez bekräftigen: Hartz-IV-Beziehende hätten kaum noch Chancen, Wohnungen
zu finden. Deswegen hat der Stadtteil schon wieder einen neuen Spitznamen bekommen. Kreuzkölln war gestern, heute wird schon von Prenzlkölln gesprochen. Die Entwicklung der Mieten lässt solche Vergleiche durchaus plausibel erscheinen: 9 Euro/qm und mehr sind bei Neuvermietungen in der Weisestraße keine Seltenheit. Bei Wohnungsbesichtigungen ist der Andrang groß, da sich viele Mieter/innen die noch höheren Mieten in Prenzlauer Berg oder in Friedrichshain nicht mehr leisten können.
Deshalb spricht der Stadtsoziologe Sigmar Gude davon, dass in Neukölln die weniger Armen mit den ganz Armen um Wohnraum streiten. Künstler/innen oder Akademiker/innen in prekären Arbeitsverhältnissen haben den Stadtteil entdeckt. Auf dem Spaziergang wurde auf Ladenlokale hingewiesen, die von Künstler/innen auf der Basis von Zwischennutzungsvereinbarungen als Arbeitsraum genutzt werden. Viele dieser Künstler/innen sind in den letzten Jahren in verschiedenen Stadtteilen von einer Zwischennutzung in die nächste gezogen. Auch in Neukölln dürfte ihr Bleiben nur von kurzer Dauer sein. Die ersten Ateliers sind schon wieder geschlossen.

Mietverträge nicht anerkannt

Wie sehr auch Künstler/innen von der Umstrukturierung in Neukölln betroffen sind, zeigte sich am Beispiel der Lichtenrader Straße 32. Dort führte der Kiezspaziergang direkt auf die Großbaustelle im Hinterhof. Dort wandelt die Immobilienfirma Tarsap, die das Haus neben vielen anderen im Schillerkiez erworben hat, die Fabriketagen in Eigentumswohnungen um. Mehrere Wohnungen sind schon verkauft, unter anderem an einen Filmproduzenten aus Prenzlauer Berg. In den Verträgen verpflichtet sich die
Tarsap gegenüber den Käufern, die Wohnungen mieterfrei zu machen, aber bislang wohnen in dem Haus noch einige junge Künstler mit gültigen Verträgen. Sie sind seit Monaten zahlreichen Schikanen wie abgestellten Heizungen oder ausgetauschten Schlössern ausgesetzt. Anfang 2011 werden die Gerichte über die Räumungsklagen entscheiden.

„Zum Zweck der Sanierung umfänglich entmietet“

Dieses Problem hat der Immobilienhändler Henning Conle, dem zahlreiche Häuser in Berlin und in anderen Städten gehören, beim Vorderhaus der Weisestraße 47 nicht mehr. Seit im August 2010 der letzte Mieter ausgezogen ist, steht das vierstöckige Haus komplett leer. Im Hinterhaus wohnen noch drei Mieter. Das Haus werde „zum Zweck der Sanierung umfänglich entmietet“, heißt  es in einem Prospekt, der sich an potenzielle Käufer von Eigentumswohnungen richtet. Einem alternativen Wohnprojekt, das das Haus kaufen wollte, wurde nach mehrmonatigen Verhandlungen von Henning Conle mitgeteilt, dass er das Gebäude selbst  sanieren wolle. Die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen, dafür wurden am Haus zeitweise Transparente angebracht, deren Verfasser sich „gegen den spekulativen Leerstand“ und „für die Wiedervermietung der Wohnungen“ aussprechen.

Erwerbslose und Mieter zusammen
All das verdeutlicht, wie Mieter/innen in der Gegend die Aufwertungstendenzen rund um den Schillerkiez registrieren, dokumentieren und auch dagegen zu intervenieren versuchen. Im Stadtteilladen Lunte in der Weisestraße 53 finden monatlich Mietertreffen statt. „Dieser Treffpunkt gibt die Möglichkeit, dass sich Aktivisten verschiedener sozialer Bewegungen koordinieren“, betont Anne Seeck. Sie ist seit Jahren in der Erwerbslosenbewegung aktiv, die regelmäßig vor dem Jobcenter Neukölln Materialien verteilt, ALGII-Beziehende berät und auf Wunsch auch ins Jobcenter begleitet. Die Verbindung von Erwerbslosen- und Mieteraktivist/innen ist besonders wichtig in einem Stadtteil, in dem Hartz-IV-Beziehende kaum noch Wohnungen finden und gleichzeitig die 1-Euro-Jobs boomen.
Weitere Infos und Kontakt:
Stadtteilinitiative Schillerkiez
c/o Stadtteilladen Lunte
Weisestraße 53
E-Mail:
smashtaskforce@freenet.de
Internet: www.nk44.blogsport.

http://www.bmgev.de/mieterecho/mepdf/me344heft.pdf

Peter Nowak

Inszenierter Bürgerkrieg in Ostberlin

Video zur Räumung der Mainzer Straße erschienen

»Sie kommen/Hörst du sie schon/ Keine Todesschwadron/Nur eine Räumungsaktion« – so lautet die letzte Strophe des Songs »Mainzer Straße«, den die Rostocker Punkrock-Band »Dritte Wahl« 1992 veröffentlichte. Damals war die Erinnerung an den zweitgrößten Polizeieinsatz der Nachkriegszeit, mit dem am 14. November 1990 13 besetzte Häuser in der Mainzer Straße in Berlin-Friedrichshain geräumt wurden, noch frisch. Eine Fülle von Filmen und Ausstellungen sind unmittelbar danach entstanden. Doch 20 Jahre später gibt es in der politischen Linken kaum Spuren der Erinnerung. Nur das 40-minütige Video »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag – die Mainzer Straße wird geräumt!« der ehemaligen Hausbesetzerin und Filmemacherin Kathrin Rothe erinnert an die bewegten Tage. Doch anders als bei den ersten Filmen gibt es dort nur wenig Originalmaterial.

 In der Dokumentation werden sechs Personen befragt, die in die Ereignisse des November 1990 involviert waren. Dazu gehörte Arne Seidel, der als damaliger Bezirksverordneter des Neuen Forums in Berlin-Lichtenberg von der Polizei durch die geräumten Häuser geführt wurde, obwohl er selbst Hausbesetzer in der Pfarrstraße war. Seidel gehörte zu den DDR-Oppositionellen, die in den leerstehenden Häusern Ostberlins Kneipen eröffneten und Wohnungen besetzten. Osswaldt Buss lebte als Student in Westberlin und sah in den Altbauten im Osten der Stadt ein großes Experimentierfeld für ein anderes Leben. Er hat ein Haus in der Jessener Straße besetzt, in der er noch heute lebt. Buss hat mit der Räumung der Mainzer Straße nach eigenen Aussagen seinen Pazifismus begraben. Bastian Krondorfer, der heute als Wissenschaftler in der Aids-Forschung tätig ist, lebte als einziger Interviewpartner in der Mainzer Straße und baute dort mit anderen Westberliner Schwulen das sogenannte Tuntenhaus auf.

Ein martialisches Polizeiaufgebot
Krondorfer ist der Einzige, der offen ausspricht, dass die Räumung bei vielen Besetzern Spuren hinterlassen hat. Das martialische Aufgebot der Polizei ließ viele Aktivisten resignieren. Ihr politischer Rückzug war oft mit persönlichen Krisen verbunden. Mit dieser als Bürgerkrieg inszenierten Räumung sollte der bis dahin starken Ostberliner Besetzerbewegung das Rückgrat gebrochen werden. Buss erinnert sich, dass die Bewohner der umliegenden Häuser aus Angst, als nächste geräumt zu werden, Pacht- und Mietverträge mit oft schlechten Bedingungen abschlossen hatten.

Die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley wollte die Räumung verhindern. Im Interview, wenige Monate vor ihren Tod, kann sie noch immer nicht verstehen, dass Polizisten aus der BRD nach Ostberlin kamen, um junge Leute aus den von ihnen besetzten Häusern zu vertreiben. Wenn sie von den Freiräumen der Wiedervereinigung spricht, die dadurch verloren gegangen seien, irrt sie. Während in der DDR Wohnungsbesetzungen durchaus nicht ungewöhnlich waren, wurde mit der Räumungsaktion nur fünf Wochen nach der Wiedervereinigung demonstriert, dass solche Verstöße gegen die Ordnung des kapitalistischen Eigentums künftig nicht mehr geduldet werden. Es war ein Signal nicht nur an die Hausbesetzer in der angeschlossenen DDR.

Die Dokumentation »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag – die Mainzer Straße wird geräumt!« kann unter www.goodmovies.de bestellt werden.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/184309.inszenierter-buergerkrieg-in-ostberlin.html

Peter Nowak

Attacken auf die „grüne Patin“

 

POLIT-BASHING Der Wahlkampf hat schon begonnen: FDP und „B.Z.“ kritisieren die Grünen für Mietgarantien in einem Kreuzberger Wohnhaus. Die basieren auf einem Vertrag von 1990

Grüne Klientelpolitik in Kreuzberg auf Kosten der Steuerzahler“, so lautet der Titel einer kleinen Anfrage, die der FDP-Abgeordnete Sebastian Czaja gestellt hat. Es geht um das Wohnhaus in der Reichenberger Straße 63a, mit dessen Bewohnern die damalige Kreuzberger Baustadträtin Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) im Jahr 1990 Verträge abgeschlossen hat, die ihnen günstige Mieten garantieren. Der Hauseigentümer, die Immobilienfirma Heymann und Kreuels (H&K), erhält allerdings die ortsübliche Miete. Für die Differenz kommt das Bezirksamt auf.

Der seit 20 Jahren bekannte Vertrag dient FDP und B.Z. jetzt als Munition im Vorwahlkampf: Ihm werde angst und bange bei dem Gedanken, dass die Grünen nach einem Wahlsieg vielleicht schon 2011 über den gesamten Berliner Landeshaushalt bestimmen könnten, erklärt Czaja dem Springerblatt. Und für B.Z.-Kommentator Gunnar Schupelius ist Eichstädt-Bohlig die „Patin der Hausbesetzer“.

„Ich stehe noch heute dazu“, erklärt die Grünen-Politikerin gegenüber der taz. Die Durchsetzung einer behutsamen Stadterneuerung habe ihren politischen und beruflichen Werdegang bestimmt. Diese Politik sei auch mit dem damaligen Senat abgestimmt gewesen. „Es ging in Kreuzberg darum, Umsetzwohnungen für Menschen aus Sanierungsgebieten zu schaffen und Konflikte mit HausbesetzerInnen zu befrieden.“ Diesem Ziel habe auch der mit den BewohnerInnen der Reichenberger 63a geschlossene Mietvertrag gedient. Allerdings habe sie nur bis 1990 als Baustadträtin amtiert – für die Zeit danach könne sie nicht sprechen, betonte die Politikerin.

Moderate Mieterhöhung

Der Sprecher der Grünen in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg, Daniel Wesener, bestätigte gegenüber der taz, dass nach einer kürzlich getroffenen Gerichtsentscheidung die mit dem Verein „Trottke e. V.“ abgeschlossenen Verträge für das Hinterhaus der Reichenberger 63a gültig sind und nicht einseitig gekündigt werden können. Dort ist eine günstige Miete bis 2020 festgeschrieben. Die werde aber nicht zu halten sein, so Wesener. „Wir haben den jetzigen MieterInnen deutlich gemacht, dass es angesichts des absehbaren Wegfalls der Fördermittel nicht bei der derzeitigen durchschnittlichen Miethöhe von 3,31 Euro pro Quadratmeter bleiben kann. Eine moderate Erhöhung muss drin sein, sonst geht die niedrige Miete für die BewohnerInnen mittelfristig zu Lasten anderer sozialen Leistungen.“ Nach der beabsichtigten Erhöhung würden sich die Mieten zwischen 3,21 und 4,54 Euro pro Quadratmeter bewegen. Es habe bei Gesprächen mit den MieterInnen Anzeichen von Entgegenkommen gegeben, so Wesener.

„Wir setzen weiter auf eine einvernehmliche Lösung und kämpfen sowohl gegen die populistische Stimmungsmache der B.Z. als auch gegen Mieterhöhungen von bis zu 25 Prozent“, erklärt Benno Cors, der in der Reichenberger Straße 63a wohnt. „Würde die Subventionierung durch den Bezirk wegfallen, müssten die meisten von uns wegziehen“, befürchtet Cors und präsentiert einen anderen Lösungsvorschlag zum Defizitausgleich: „Wenn der Eigentümer weniger Geld bekommen würde, wäre die Subventionierung unserer Miete nicht mehr nötig.“

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F11%2F13%2Fa0225&cHash=9c93982226

Peter Nowak

Wird der Hirschhof privatisiert?

Anwohner/innen wollen, dass die Grünfläche in der Hofanlage nicht mehr öffentlich zugänglich ist

„Eine Straße mit brüchigem Charme und aufmüpfiger Vergangenheit“, charakterisierte Die Zeit vor einigen Jahren die Oderberger Straße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Das ist lange her. Schon seit Jahren geben dort die Eigenheimbesitzer den Ton an, und sie haben wenig Verständnis für die letzten Reste der aufmüpfigen Vergangenheit. Das zeigt sich sehr deutlich am Streit um die Nutzung des Hirschhofs, der sich bereits über mehrere Jahre hinzieht. Erst wurde um den Zugang, jetzt über eine mögliche Privatisierung gestritten.

Hirschhof ist der Name einer zusammenhängenden Hofanlage an der Oderberger Straße. Noch zu DDR-Zeiten legten Anwohner/innen dort einen Garten an, der ab Mitte der 80er Jahre zu einem Treffpunkt der alternativen Szene in Prenzlauer Berg wurde. Da die Verantwortlichen in der DDR diese Entwicklung nicht gerne sahen, sollten die Altbauten abgerissen werden. Doch die Mieter/innen wehrten sich mithilfe der Wohnbezirksausschüsse (WBA) erfolgreich. Auch nach der Wende blieben die Bewohner/innen der Gegend rebellisch, und Proteste wurden unter dem Kürzel WBA organisiert. Doch dahinter verbarg sich dann die Initiative „Wir bleiben alle“, die die ersten Ostberliner Proteste gegen die Verdrängung der Bevölkerung mit
geringem Einkommen organisierte. Trotz allem konnte die Aufwertung nicht aufgehalten werden und die meisten Mietwohnungen wurden in Eigentumswohnungen umgewandelt.

Kein Gemeinschaftsprojekt hinter dem Haus

Nicht wenige der recht jungen Bewohner dürfte die Nähe des Mauerparks motiviert haben, in die Oderberger Straße zu ziehen. Auch die breiten Gehwege mit den in Eigenleistung von Mieter/innen angelegten Begrünungen machen die Straße attraktiv. Im vergangenen Jahr, als die Sanierung der Oderberger Straße anstand, haben die Anwohner/innen die Bäume, Blumenbeete und Sitzecken nicht ohne Erfolg verteidigt. Doch mit einem Gemeinschaftsgarten hinter dem eigenen Haus können sich nicht alle
anfreunden. Im Oktober 2004 sperrte der Besitzer der Oderbergerstraße 15 den Zugang zum Hof. „Deshalb hat sich das Bezirksamt die Flächen der Oderberger Straße 19 vom Liegenschaftsfonds gesichert und von dort zunächst den Zugang zum inneren Bereich des Hirschhofs geschaffen und kann nun dort auch an der Erweiterung des Hirschhofs bauen“, erklärte der Bezirksbürgermeister von Pankow Matthias Köhne dem MieterEcho. Auf dem Gelände des Hirschhofs soll eine öffentliche Grünfläche entstehen, die vor
allem Kleinkindern, Kindern bis 12 Jahren, Familien und Senioren Nutzungsräume bieten soll. Obwohl die Bauarbeiten schon begonnen haben, ist der Zugang zum Hirschhof weiter umstritten. Die Besitzer von Eigentumswohnungen aus den angrenzenden Häusern klagen gegen das Bezirksamt Pankow, weil sie einen Teil des Geländes eingezäunt haben wollen. In der ersten Instanz haben sie gewonnen. Das Bezirksamt ist in Berufung gegangen und will nachweisen, dass sich auf dem Areal auch früher schon eine Grünanlage befand. Dann würde das Grünanlagengesetz gelten und die öffentliche Nutzung wäre legitim. Sollte das Bezirksamt auch in der zweiten Instanz unterliegen, könnte zumindest ein Teil des Hirschhofs für die Allgemeinheit verschlossen bleiben und endgültig privatisiert werden.

http://www.mieterecho.de/mieterecho/mepdf/me343heft.pdf

Peter Nowak

aus:  ME 343 / November 2010

Kampf um Mitte

Auf dem Linienhof soll ein Baugruppen-Projekt entstehen

Lange Zeit hat der Linienhof in der Kleinen Rosenthaler Straße 9 in Berlin-Mitte kaum Schlagzeilen gemacht. Seit 1991 schrauben Anwohner/innen mit Einwilligung des damaligen Besitzers auf dem Grundstück an ihren Autos und Fahrrädern. Auch Kulturprojekte proben dort. Doch seit eine Baugruppe auf dem Gelände ein Mehrgenerationenhaus errichten will, ist es mit der Ruhe vorbei. Die Nutzer/innen des Linienhofs wollten das Domizil nicht räumen, verkündeten sie auf Transparenten.

Nach Ansicht von Linienhofnutzer Jürgen Leineweber müssten zumindest einige Mitglieder der Baugruppe dieses Anliegen verstehen.
Denn zu ihnen gehört etwa der Publizist Mathias Greffrath, der sich mit seinen globalisierungskritischen Texten im Umfeld der Organisation attac positioniert hat. Doch dieser weist jede Kritik zurück. Als die Baugruppe
2007 das Gelände kaufte, hätten dort lediglich einige alte Autos herumgestanden und man habe den Nutzer/innen finanzielle Umzugshilfen angeboten. Zudem moniert Greffrath, dass sich niemand namentlich
zu erkennen gegeben habe.
Rechtsanwalt Moritz Heusinger erklärte dem MieterEcho, er habe sowohl Herrn Greffrath als auch der zuständigen Polizeidienststelle mitgeteilt, dass er die Nutzer/innen juristisch vertritt. „Es handelt sich um ein Nutzungsverhältnis, das regulär gekündigt werden muss“, beschreibt Heusinger die rechtliche Situation. Schließlich seien die Nutzer/innen
Anfang der 90er Jahre von damaligen Eigentümer zur Nutzung des Grundstücks ermuntert werden, damit es nicht brach liege.
Bei einer formellen Kündigung müsste auch die Baugruppe die Namen aller Mitglieder benennen, was bisher nicht geschehen sei,betont Heusinger.

 Baugruppen in der Kritik

Der Konflikt um den Linienhof hat die Rolle der Baugruppen stärker in den Mittelpunkt gerückt. „Sie werden in den letzten Jahren vom Berliner Senat zunehmend zumindest ideell gefördert, um eine finanzkräftige Mittelschicht in den zentral gelegenen Stadtteilen zu etablieren“, erklärt ein Teilnehmer einer Protestveranstaltung auf dem Linienhof.
„Während Mitglieder von Baugruppen von der Aufwertung eines Stadtteils wegen der Wertsteigerung ihres Eigentums profitieren,wird für Mieter das Wohnen teurer.“
Und eine Aktivistin der Alt-Treptower Stadtteilinitiative Karla Pappel ergänzt: „Die Folge sind oft Mieterhöhungen in der Nachbarschaft und damit verbunden eine Verdrängung von Bewohnern mit geringen Einkommen.“
In Treptow haben sich mehrere Baugruppen angesiedelt. Es sei durchaus keine
Seltenheit, dass Mitglieder von Baugruppen früher Hausbesetzer/innen waren oder wie Greffrath in sozialen Bewegungen aktiv sind, stellte die Aktivistin fest. Deshalb würden viele Baugruppen mit Begriffen wie „kollektives Wohnen“ hantieren, die im Umfeld von sozialen Bewegungen entstanden seien. Damals sei es um Aneignung gegangen, heute gehe es um Eigentumsbildung.

 http://www.mieterecho.de/mieterecho/mepdf/me343heft.pdf

Peter Nowak

aus:  ME 343 / November 2010

Bezirksamt klagt gegen Randnotiz

Mietvertrag für Haus in der Reichenberger Straße soll juristisch legitimiert werden

Im Rathaus Kreuzberg tagt heute ab 17 Uhr die Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Schon um 16.30 Uhr wollen sich soziale Initiativen und Mieterorganisationen vor dem Rathaus treffen, um gegen Mietsteigerungen in dem Stadtteil protestieren. Der konkrete Anlass  sind drohende Mieterhöhungen in der Reichenbergerstraße 63a um bis zu 25 %. Dabei haben die Bewohner bis 2020 gültige Verträge, die ihnen einen niedrigen Mietzins garantieren.  Die Vereinbarung wurde 1990 während des ersten SPD-AL-Senats zwischen dem Bezirksamt und dem Verein der Bewohner geschlossen. Doch das Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain klagt gegen den  Vertrag und beschuldigt einen mittlerweile pensionierten Mitarbeiter, die Befristung auf 2020 eigenmächtig handschriftlich eingefügt zu haben. Es fordert eine Neuverhandlung  mit höheren Mieten und kürzeren Fristen. 
Der Kreuzberger  Bezirksbürgermeister Franz Schulz führt finanzielle und  juristische Gründe für die Klage  des Bezirks und die Forderung nach Neuverhandlungen an.  
Während mit den Hausbewohnern ein niedriger   Mietzins  vereinbart sei,  bekommen die Hauseigentümer, die   Immobilienfirma Heymann und Kreuels (H&K),  die  ortsübliche Miete. Die Differenz zahle das Bezirksamt. Schulz sieht darin eine Subventionierung, die auch  vom  Landesrechnungshof beanstandet werden könnte.
„ Sollte das Gericht entscheiden, dass der Vertag bis 2020 gilt, werden wir das selbstverständlich akzeptieren. Aber dann haben wir  Rechtssicherheit“, betont Schulz.
Die Bewohnerin der Reichenbergestraße Julia Plöger äußert  gegenüber ND  ihr Erstaunen, dass das Bezirksamt gegen einen vom ihm selber abgeschlossenen Vertrag vor Gericht geht und dabei noch ehemalige Mitarbeiter im Regen stehen lässt.  „Der günstige Vertrag war auch ein Ergebnis der Instandbesetzerbewegungen in den 80er Jahren. Die drohenden Mietererhöhungen hingegen sind ein Beispiel für die rapide steigenden Mieten im Stadtteil Kreuzberg. “ Ein anderer Hausbewohner betont, dass viele der jetzt in der Reichenbergestraße 63 wohnenden Bewohner sich die neuen Mieten nicht leisten können. Deswegen setzen sie auf Gegenwehr im Stadtteil und vernetzten sich mit anderen Initiativen. Am kommenden Sonntag soll mit einem  Kreuzberger Kiezspaziergang gegen Mietsteigerungen protestiert werden. Treffpunkt ist um 14 Uhr an der Ohlauer Brücke. Eine der Stationen wird die Reichenbergerstraße 63 sein.  
    
https://www.neues-deutschland.de/artikel/182822.bezirksamt-klagt-gegen-randnotiz.html?sstr=Reichenbergerstraße

Peter Nowak

Dem Haus am Kleistpark droht die Entwurzelung

 

KUNST Die Schöneberger Einrichtung erhält immer weniger Geld. Ihr möglicher Umzug sorgt für Proteste

Die Bezirksverordneten von Schöneberg-Tempelhof erwartet zur BVV-Sitzung am heutigen Mittwoch eine besondere Begrüßung: Vor dem Rathaus Schöneberg spielen AbsolventInnen der Musikschule Leo Kestenberg.

„Wir wollen die Politiker an ihre Verantwortung für die akut bedrohte Musikschule erinnern“, sagt Christiane Lange von der Elterninitiative der Musikschule. Bereits 2010 seien die Honorarmittel um 100.000 Euro gesenkt worden, 2011 soll es der doppelte Betrag sein. Es herrscht Aufnahmestopp. Viele Eltern fragen sich auch, ob die Schule im Haus am Kleistpark bleiben kann.

Das 1880 errichtete Gebäude beherbergt seit 1967 ein Kulturzentrum. Der Bezirk will es verkaufen, um 2,3 Millionen Euro für Reparaturen und Infrastruktur einzusparen. Für die jetzigen MieterInnen müssten neue Räume gefunden werden. Betroffen wären auch eine Galerie, mehrere Ateliers und das Kulturamt.

Jetzt wächst der Widerstand gegen den Verkauf. „Der kulturpolitische Schaden für Berlin und den Bezirk wäre viel größer als der erzielbare Spareffekt. Es würde Jahre dauern, einen neuen Standort zu etablieren“, warnt der Vorstandsvorsitzende des Berufsverbands Bildender Künstler (bbk), Herbert Mondry. Die kürzlich gegründete „Initiative Pro Haus am Kleistpark“ (Initiative proHaK) sammelte in wenigen Tagen über 1.000 Unterschriften, der Regierende Bürgermeister sprach sich für den Erhalt des Hauses aus.

Renovieren statt sanieren

Auch aus der Bezirkspolitik kommt Unterstützung für das Haus: SPD und Grüne wollen es erhalten und kostengünstige Varianten für die nötige Instandhaltung prüfen. Sinnvoller als die „Komplettsanierung“ sei eine Renovierung, die nur die gefahrlose Nutzung gewährleiste, erklärte der Fraktionschef der Schöneberger Grünen, Jörn Oltmann. Das Problem fehlender Toiletten ließe sich etwa mit einem Container lösen. Positives Beispiel für Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, so Oltmann, sei die schon beschlossene Installation von Rauchmeldern und Entrauchungsklappen, Kostenpunkt zirka 140.000 Euro.

Der Widerstand scheint Wirkung zu zeigen. Gegenüber der taz erklärte Kulturstadtrat Dieter Hapel (CDU), ein Verkauf stehe aktuell nicht an, es gebe noch nicht einmal InteressentInnen. Das fehlende Geld für die Sanierung sei aber weiterhin ein großes Problem. Man wolle prüfen, ob ein Stiftungsmodell eine Lösung darstelle.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F10%2F27%2Fa0155&cHash=7a754c3d2f

PeterNowak

Haus am Kleistpark

Kampf um Kulturhaus

Das Bezirksamt Tempelhof / Schöneberg muss sparen. Deswegen will der zuständige Stadtrat für Bildung, Schule und Kultur, Dieter Hapel (CDU), eine über die Bezirksgrenzen hinaus bekannte Kultureinrichtung verkaufen.

Das Haus am Kleistpark in der Schöneberger Grunewaldstraße wurde 1880 als Königlich Botanischer Garten errichtet. Im Jahr 1967 wurde es zu einem Kulturzentrum umgewandelt. In der Galerie im Obergeschoss werden jährlich fünf Ausstellungen mit Werken internationaler Künstler präsentiert. Zudem haben in dem Gebäude die Musikschule, verschiedene Kulturvereine, Ateliers sowie das Kulturamt des Bezirks ihr Domizil. Sollte das Haus verkauft werden, müssten die Einrichtungen umziehen. Doch die Kulturinitiativen befürchten, dass die in Jahrzehnten gewachsenen Strukturen dadurch auseinander gerissen werden. Die Befürworter eines Verkaufs wollen die jetzigen Mieter auf Einrichtungen im gesamten Bezirk verteilen.

Doch mittlerweile formiert sich der Protest gegen den Verkauf. »Unklug und kurzsichtig«, nennt der Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlin (bbk), Herbert Mondry, die Pläne des Bezirksamtes. »Der kulturpolitische Schaden wäre um vieles größer als der damit zu erreichende geringe Spareffekt. Es würde Jahre dauern, um einen neuen Standort zu etablieren«, warnt Mondry.

Doch nicht nur die Interessenverbände der Künstler wenden sich gegen den Verkauf. Denn die Einrichtungen in dem Haus werden von den Bewohnern intensiv genutzt. So setzt sich eine Elterninitiative für den Verbleib der Musikschule in dem Gebäude ein. Auch der Quartiersrat Schöneberger Norden hat sich für den Erhalt des Hauses ausgesprochen.

Mittlerweile haben sich auch die politischen Parteien der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu dem drohenden Verkauf positioniert. Während LINKE und Grüne eindeutig dagegen sind, legt sich die SPD nicht endgültig fest. In einem Antrag fordert die SPD, zu prüfen, wie die Kultureinrichtung erhalten und trotzdem Geld eingespart werden kann. Als Vorbild wird das Kulturhaus Bethanien in Kreuzberg genannt. Dort gibt es keine Zuwendungen mehr vom Bezirk. Reparaturen sollen aus Mieteinnahmen bezahlt werden. Wie damit die etwa 600 000 Euro aufgebracht werden können, die laut Haus am Kleistpark für Renovierungsarbeiten und behindertengerechte Zugänge notwendig wären, bleibt allerdings unbeantwortet.

Am morgigen Donnerstag um 17 Uhr will sich der Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr der BVV Tempelhof / Schöneberg im Schöneberger Rathaus mit den Perspektiven des Hauses am Kleistpark befassen. Auch die Gegner eines Verkaufs haben sich angekündigt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/182253.haus-am-kleistpark.html

Peter Nowak

Vor die Tür gesetzt

FRIEDRICHSHAIN Teilräumung eines Hausprojekts in der Scharnweberstraße. Die Kündigungen gehen weiter

Die Kündigungen gehen weiter
„Wir bleiben alle“, schallte es am frühen Donnerstagmorgen durch die Scharnweberstraße in Friedrichshain. An die 40 Personen hatten sich vor dem Eingang der Nummer 29 versammelt. Sie versuchten dem Gerichtsvollzieher den Weg zu versperren. Ein großes Polizeiaufgebot räumte die Blockade und im Anschluss die erste Etage des Hausprojekts. Vier BewohnerInnen und ein Kleinkind mussten die Wohnung verlassen, danach wurden die Schlösser ausgetauscht.

Der Gerichtsvollzieher räumte im Auftrag der dem Kaufmann Gijora Padovicz gehörenden Immobilienfirma Siganadia Grundbesitz GmbH & Co KG. Der hatte gegen sämtliche MieterInnen des linken Hausprojekts Kündigungen ausgesprochen (taz berichtete). Gerichte wiesen die meisten davon zurück, lediglich die Kündigungen in der ersten Etage wurde bestätigt. Weil eine Revision ausgeschlossen wurde, klagen die BewohnerInnen vor dem Bundesgerichtshof. Aufschiebende Wirkung hat dieser Schritt aber nicht.

Auch die Räumung wird ein juristisches Nachspiel haben. „Es wurde ein Untermieter geräumt, der einen gültigen Vertrag vorweisen konnte und gegen den kein Räumungstitel vorlag“, kritisierte Hausbewohner Tim Zülch gegenüber der taz. „Dabei verbietet ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in diesem Fall eine Räumung.“

Vermittlung durch Bezirk

Mittlerweile hat Padovicz die Räume im Erdgeschoss des Hauses gekündigt, in denen auch der Schenkladen Systemfehler untergebracht ist. Eine gerichtliche Entscheidung steht noch aus.

Die BewohnerInnen wollen nun, dass sich die Bezirkspolitik in den Fall einschaltet. „Schließlich hat das Land Berlin im Rahmen des Programms Soziale Stadterneuerung einen Teil der Sanierungskosten für das Haus übernommen“, so Bewohner Kai Schmitz. Gegenüber der taz erklärte der Bürgermeister von Kreuzberg-Friedrichshain, Franz Schulz, seine Bereitschaft zu einer Vermittlung.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F10%2F08%2Fa0229&cHash=46ea5af536

Peter Nowak

Zittern in der ersten Etage

FRIEDRICHSHAIN Hausprojekt droht Teilräumung am Donnerstag

Einem ehemals besetzen Haus in Friedrichshain droht am Donnerstag die Teilräumung. Der Kaufmann Gijora Padovicz, dem in Friedrichshain zahlreiche Häuser gehören, hat vor Gericht die Herausgabe der ersten Etage der Scharnweber Straße 29 durchsetzen können, die nun vollzogen werden darf.

Das Haus war wie viele in Ostberlin 1990 besetzt worden. Im Jahr 2001 hatte es Padovicz‘ Firma Siganadia gekauft. Die BewohnerInnen bekamen zwar Verträge, die den Fortbestand des Hausprojekts auch nach der Sanierung sichern sollten. Doch die Konflikte setzten sich fort, als die BewohnerInnen wieder in das Haus zurückgezogen waren, beklagt Mieter Kai Schmitz.

„Padovicz hat jeden Antrag auf MieterInnenwechsel abgelehnt und wegen illegaler Untervermietung gekündigt“, so Schmitz. Um Beweise zu sammeln, seien von MitarbeiterInnen der Hausverwaltung Möbeltransporte fotografiert worden. Einem in dem Haus wohnenden Pressefotografen wurde wegen Kontakten zur Friedrichshainer Besetzerszene gekündigt, weil er bei einem Konflikt in der Liebigstraße 34, die damals ebenfalls Padovicz gehörte, vor Ort war.

Teilerfolg vor Gericht

Die meisten Kündigungen wurden von Gerichten zurückgewiesen, nur nicht die für die erste Etage. „Weil die Richterin gegen die Entscheidung eine Revision ausgeschlossen hat, klagen wir vor dem Bundesgerichtshof“, sagt der MieterInnenanwalt Burkhard Dräger. Eine aufschiebende Wirkung habe das nicht.

Die BewohnerInnen hoffen nun auf ein Eingreifen der Politik. Schließlich habe das Land Berlin einen Teil der Sanierungskosten für das Haus übernommen, betont Schmitz. Der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz, hat sich als Vermittler angeboten. „Ob der Bezirk wegen der Sanierungsbeihilfen besondere Einflussmöglichkeiten hat, hängt aber von den konkreten Formulierungen im Vertrag ab“, betonte Schulz.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F10%2F05%2Fa0146&cHash=8ed4b8dec4

Peter Nowak

Hausprojekt verliert langen Rechtsstreit

KIEZ Der Nachbarschaftsladen A6 in der Kreuzberger Adalbertstraße muss schließen. Eigentümer klagte
Die MieterInnen der Adalbertstraße 6 erwarten in den nächsten Tagen Besuch vom Gerichtsvollzieher. Er soll im Auftrag der T. Akar Hausverwaltung die Erdgeschosswohnung des Hauses übernehmen. Dort befand sich mehrere Jahre ein Nachbarschaftsladen, in dem Stadteilinitiativen zu Treffen und Partys einluden. Die MieterInnen haben einen langen Rechtsstreit um den Bestand ihres Ladens verloren.

Mit der Gewerbesiedlungs-Gesellschaft GSG wurden Mitte der 80er Jahre in dem ehemals besetzten Haus nicht nur Etagenmietverträge abgeschlossen. Man handelte zudem Vereinbarungen über die gemeinschaftliche Hausreinigung, über die Hofbegrünung und außerdem über die Nutzung der Erdgeschosswohnung als Nachbarschaftsladen aus. Doch im Jahr 2005 ging die Adalbertstraße 6 in den Besitz der T. Akar Hausverwaltung über, der in Kreuzberg bereits zahlreiche Mietshäuser gehören.

Seitdem gab es Konflikte mit den MieterInnen, für deren Vorstellungen von gemeinschaftlichem Wohnen die neuen Gesellschafter offenbar wenig Verständnis hatten. „Akar und Hasan Durak haben uns gegenüber deutlich gemacht, das sie jetzt bestimmen, was im Haus geschieht“, erinnert sich Bewohner Jörg Pleha. So seien die Hofbegrünung und die Kompostanlage zerstört und auch der Zugang zum Dach gesperrt worden. Darüber hinaus sei den MieterInnen die Nutzung des Nachbarschaftsladens untersagt worden.

Anfangs Erfolg vor Gericht

Dagegen zogen die MieterInnen mit Verweis auf die mit der GSG geschlossenen Verträge vor Gericht und hatten zunächst Erfolg. In letzter Instanz gab das Berliner Landgericht nun aber den Eigentümern mit der Begründung recht, es habe sich bei der Vereinbarung zwischen der GSG und den BewohnerInnen um einen leicht kündbaren Gewerbevertrag gehandelt. Gegen die Entscheidung ist keine Berufung möglich.

Die BewohnerInnen befürchten auch in Zukunft weitere Konflikte mit den Eigentümern. In der Vergangenheit sei es mit Unterstützung von MieterInnenorganisationen gelungen, mehrere Abmahnungen und Mieterhöhungen als unwirksam zurückzuweisen.

Von der T. Akar Hausverwaltung wollte sich gegenüber der taz niemand zu den Vorwürfen äußern.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F09%2F22%2Fa0152&cHash=df457043f3

PETER NOWAK

Nächste Instanz

KREUZBERG Streit um die Reiche 63a geht weiter

Weil im Streit zwischen dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und den BewohnerInnen des Hinterhauses der Reichenberger Straße 63a eine außergerichtliche Einigung nicht möglich scheint, wird das Berliner Landgericht das letzte Wort haben.

Die BewohnerInnen sehen nicht ein, warum sie einen für sie günstigen Vertrag neu verhandeln sollen, der 1990 mit dem Bezirksamt geschlossen wurde und bis 2020 gilt. Das Bezirksamt vertritt den Standpunkt, diese Befristung hätte ein Mitarbeiter, der dazu gar nicht berechtigt gewesen sei, handschriftlich in den Vertrag eingefügt, und fordert eine Neuverhandlung.

Dahinter stecken finanzielle Gründe. Während das Bezirksamt mit den BewohnerInnen einen niedrigen Mietzins vereinbart hat, sieht der Vertrag mit den HauseigentümerInnen, der Immobilienfirma Heymann und Kreuels (H&K), die Zahlung der ortsüblichen Miete vor. Die Differenz trägt das Bezirksamt. Der Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) sieht darin „eine nicht mehr zu rechtfertigende Subventionierung“.

„Wir sehen keinen Grund, auf dieses Angebot einzugehen, weil wir uns weder einen Kündigungstermin setzen noch die Miete erhöhen werden“, begründet Bewohnerin Julia Plöger die Ablehnung des Angebots. Den BewohnerInnen gehe es um den langfristigen Erhalt des Wohnprojekts, in dem auch Menschen mit geringen Einkommen leben. Das wäre aber durch höhere Mieten und eine kürzere Laufzeit des Vertrags gefährdet.

Wenn es bis Ende September zu keiner Einigung kommt, muss das Landgericht entscheiden. „Sollte es sich die Version der BewohnerInnen zu eigen machen, werden wir das selbstverständlich akzeptieren. Aber dann haben wir Rechtssicherheit“, erklärt Franz Schulz der taz. Er fürchtet, dass der Landesrechnungshof wegen der Mietzahlungen an die Eigentümer intervenieren könnte. Mit einem gültigen Gerichtsentscheid könne er dem gelassen entgegensehen.

Die BewohnerInnen sehen sich unterdessen nach anderen BündnispartnerInnen um. „Wir sehen unsere Auseinandersetzung mit dem Bezirksamt als Teil eines gemeinsamen Kampfes gegen steigende Mieten und profitorientierte Immobilienpolitik“, betont Plöger. Sie fände es auch gut, wenn sich BezirkspolitikerInnen gegen Mietsteigerungen einsetzen, ist aber pessimistisch. „Leider nehmen wir in unserem Fall das Bezirksamt eher als Erfüllungsgehilfen bei der Verdrängung wahr.“

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F09%2F18%2Fa0243&cHash=904d218085

 PETER NOWAK

 

Debatte ohne Baugruppen

Linke Strukturen beklagten drohende Verdrängung
Noch immer ist die Zukunft des Linienhofes offen. Das Gelände in der Linienstraße in Mitte wird von unkommerziellen Handwerkern und Künstlern für ihre Arbeiten genutzt. Nun will eine Baugruppe, die das Gelände gekauft hat, mit der Errichtung eines Mehrfamilienhauses beginnen. Anfang August sollten die Bauarbeiten starten und die Nutzer des Linienhofes mobilisierten ihre Unterstützer. Doch die Bagger sind bisher nicht angerollt.

Seitdem herrscht Funkstille zwischen Platznutzern und Baugruppe. Bei der Diskussionsveranstaltung unter dem Motto »Baugruppen und gewachsene linke Strukturen im Interessenkonflikt« am Montagabend in dem Berliner Cafe Morgenrot war kein Baugruppenmitglied anwesend. Ob fehlende Bereitschaft oder Kommunikationsprobleme der Grund waren, ist unklar. Das Baugruppenmitglied Mathias Greffrath erklärte der ehemaligen Baustadträtin von Mitte, Karin Baumert, die die Veranstaltung moderierte, er habe die per Mail verschickte Einladung zu spät erhalten.

Wäre Greffrath anwesend gewesen, hätte er sich manche Kritik anhören müssen. »Baugruppen sind eine Form der Eigentumsbildung, die denen verschlossen bleibt, die nicht das nötige Eigenkapital zum Einstieg mitbringen. Ihre Mitglieder kommen aus kreditfähigen Mittelklassehaushalten«, erklärte ein Vertreter des Bündnisses »Steigende Mieten stoppen«. Weil die Grundstücke, auf denen Baugruppen ihre Häuser errichten, für einen sozialen Wohnungsbau nicht mehr zur Verfügung stehen und sich durch das Konsumverhalten der Baugruppenmitglieder teure Läden und Restaurants in der Umgebung ansiedeln, tragen sie auch zur Verdrängung von Menschen mit wenig Einkommen bei.

Das bestätigte Karla Pappel, eine Aktivistin der Alt-Treptower Stadtteilinitiative, wo sich mehrere Baugruppen angesiedelt haben. Sie trügen zu Mietsteigerungen in der Umgebung bei. Die Stadtteilaktivistin kritisierte zudem, dass die Baugruppen Begrifflichkeiten verwenden, die in sozialen Bewegungen entwickelt worden sind. So sei das Schlagwort vom kollektiven Wohnen oder die Parole »Die Häuser denen, die drin wohnen«, in den 80er Jahren von der Hausbesetzerbewegung kreiert worden. »Damals ist es aber um Aneignung und nicht um Eigentumsbildung gegangen«, betonte sie. Die Nutzung der Begriffe sei aber nicht zufällig. Nicht wenige der Baugruppenmitglieder waren in ihrer Jugend Hausbesetzer oder sind noch heute in sozialen Bewegungen aktiv. So hat sich Mathias Greffrath publizistisch im Umfeld von Attac gegen eine unsoziale Globalisierung positioniert.

Dass es bei dem Konflikt um die Baugruppen um unterschiedliche Interessen geht, machte der Stadtsoziologe Andrej Holm deutlich. »Mitglieder von Baugruppen profitieren von der Aufwertung eines Stadtteils, weil der Wert des Eigentums steigt. Für Mieter hingegen wird dadurch das Wohnen teurer.« Dieser reale Interessenkonflikt bestehe auch dann, wenn sich die Mitglieder der Baugruppe als politisch links definieren und sich sogar, wie in Alt-Treptow geschehen, als Gegner der Gentrifizierung bezeichnen. Der Grund der vor allem ideellen Förderung der Baugruppen durch den Berliner Senat liegt für Holm in dem Interesse, eine wohlhabende Mittelschicht in den Stadtteilen zu etablieren. Die Diskussion soll fortgesetzt werden. Eine größere Veranstaltung auch mit Mitgliedern der Baugruppen ist in Planung. Dann wird sich vielleicht auch die Perspektive für den Linienhof geklärt haben.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/179203.debatte-ohne-baugruppen.html?sstr=Linienhof|Baugruppen

Peter Nowak