Razzia bei der IG Knast

JUSTIZ In Tegel werden Zellen zweier Insassen durchsucht, die eine Gewerkschaft gründen

Die Leitung der Justizvollzugsanstalt Tegel hat die Zellen zweier Häftlinge durchsuchen lassen, die zuvor den Aufruf zur Gründung einer Gefangenen-Gewerkschaft verbreitet hatten. Dies bestätigte Justizsprecherin Lisa Jani am Donnerstag der taz. Auf dem mit einer Unterschriftenliste verbundenen beschlagnahmten Aufruf sei die Einführung des Mindestlohns für Gefangene sowie deren Aufnahme in die Rentenversicherung gefordert worden.

„Gefangene haben bisher keine Lobby. Die schaffen wir uns mit der Gefangenen-Gewerkschaft nun selber“, erklärt ihr Sprecher Oliver Rast in der Presseerklärung zur Gründung. Rast, dessen Zelle durchsucht wurde, war wegen Mitgliedschaft in der linksautonomen militanten gruppe (mg) zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe Gefangener hatte er die Gewerkschaftsgründung bereits seit mehreren Monaten vorbereitet.

Grundrechte im Knast

Der Rechtsanwalt Sven Lindemann, der Rast juristisch vertritt, kritisierte die Durchsuchung und betonte, dass die gewerkschaftlich engagierten Häftlinge lediglich ihr Grundrecht wahrnehmen: Schließlich sei das in Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes verankerte Recht auf Koalitionsfreiheit auch im Gefängnis nicht aufgehoben.

Justizsprecherin Jani erklärte hingegen, dass jedwede politische Aktivitäten, wozu auch das Sammeln von Unterschriften gehöre, zuvor mit der Anstaltsleitung abzusprechen seien, „um der Gefahr vorzubeugen, dass es zu einer Aufwiegelung“ komme. Das Vorgehen gegen die Gefangenen begründete Jani mit dem Verstoß gegen diese Regel. Es sei nicht darum gegangen, die Gründung einer Gefangenen-Gewerkschaft zu verhindern.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2014%2F05%2F30%2Fa0128&cHash=28f7f56f23fcc4491657adb6e3b5706c

Peter Nowak

PETER NOWAK, PLUTONIA PLARRE

Tegeler Gefangene gründen Gewerkschaft

Häftlinge der Justizvollzugsanstalt fordern einen Mindestlohn für Inhaftierte und eine Rentenversicherung

»Gefangene haben bisher keine Lobby. Die schaffen wir uns mit der Gefangenengewerkschaft nun selber«, erklärte Oliver Rast in der Presseerklärung zur Gründung der Gefangenengewerkschaft in der JVA Tegel. Rast war wegen Mitgliedschaft in der linksautonomen militanten gruppe (mg) zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Gemeinsam mit einer Gruppe Gefangener hat er die Gewerkschaftsgründung seit Monaten vorbereitet. Mit der Struktur eines nichtrechtsfähigen Vereins soll der Bestand der Gewerkschaft längerfristig gesichert werden, betont Rast. In der Vergangenheit waren kurzfristige Gewerkschaftsgründungen meist schnell beendet, wenn die Gründer das Gefängnis verließen. Aus diesen Erfahrungen haben die jüngsten Gewerkschaftsgründer gelernt. Den Versuch, so viele Gefangene wie möglich mit einzubeziehen, sieht Rast als erfolgreich an.

Die Gründungserklärung der Knastgewerkschaft sei von zahlreichen Gefängnisinsassen in Tegel unterzeichnet worden. Zu der Unterstützung dürfte beigetragen haben, dass sich die neue Gewerkschaft auf zwei zentrale Forderungen konzentriert: einen Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde und eine Rentenversicherung für Gefängnisinsassen. Diese Forderungen werden auch von vielen zivilgesellschaftlichen Gruppen außerhalb der Gefängnismauern unterstützt. Damit soll verhindert werden, dass Häftlinge nach einem längeren Gefängnisaufenthalt mittellos und ohne soziale Absicherung entlassen werden.

Doch wie bei Gewerkschaftsgründungen außerhalb der Gefängnismauern stößt auch die Interessenvertretung in der JVA nicht überall auf Sympathie. Nach der Veröffentlichung der Gründungserklärung wurden in den Zellen von Rast und einem weiteren Gewerkschaftsaktivisten bei einer Zellenrazzia zahlreiche Unterlagen zur Gewerkschaftsgründung beschlagnahmt. Der Leiter des Bereichs Öffentlichkeitsarbeit der JVA Tegel, Lars Hoffmann, wollte auf Nachfrage gegenüber »nd« zu der Gewerkschaftsgründung und der Durchsuchung keine Stellungnahme abgeben.

Der Berliner Rechtsanwalt Sven Lindemann, der Rast juristisch vertritt, betont, dass die gewerkschaftlich engagierten Häftlinge nur ihr Grundrecht wahrnehmen. Schließlich gelte das in Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes verankerte Recht auf Koalitionsfreiheit auch im Gefängnis. Auch der Gefangenenbeauftragte des zivilgesellschaftlichen Komitees für Grundrechte und Demokratie, Christian Herrgesell, sieht in der Gewerkschaftsgründung die Wahrnehmung eines Grundrechts. Allerdings zeige die Erfahrung immer wieder, dass die Anstaltsleitungen häufig mit der Wahrung von Sicherheit und Ordnung in der JVA argumentieren, um Grundrechte in Bezug auf die politische Willensbildung im Gefängnis einzuschränken. Daher sei es immer wichtig, dass solche Initiativen hinter Knastmauern von außen unterstützt werden.

In der Gründungserklärung der Knastgewerkschaft werden ausdrücklich verschiedene gewerkschaftliche Strukturen angesprochen. »Wir erhoffen uns von DGB-Einzelgewerkschaften und den verschiedenen basisgewerkschaftlichen Initiativen eine konkrete Unterstützung«, heißt es dort. Kritisiert wird in der Erklärung, dass bei der aktuellen Debatte über den Mindestlohn Inhaftierte vergessen werden, »obwohl Zehntausende von ihnen in den Haftanstalten u.a. für externe Konzerne Produkte fertigen und für staatliche Stellen arbeiten.« Die Unterstützung der Knastgewerkschaft könnte so auch verhindern, dass Gefängnisse als gewerkschaftsfreie Zonen zum Lohndumping beitragen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/934432.tegeler-gefangene-gruenden-gewerkschaft.html

Peter Nowak

Die Rote Hilfe in der BRD

In den letzten Wochen haben Häftlinge in Bremen und Thüringen mit Hungerstreiks gegen die aus ihrer Sicht unzumutbaren Haftbedingungen protestiert. Auch die linke Öffentlichkeit nahm wenig Notiz davon. Schließlich handelte es sich nicht um politische Gefangene, die in der Regel Unterstützergruppen haben. Dabei gibt es auch bei sognannten sozialen Gefangenen eine Tradition von Kämpfen um ihre Rechte.Angespornt durch den politischen Aufbruch infolge der 68er Bewegung, als die Zahl der Gefangenen aus politischen Gründen anwuchs, politisierten sich auch soziale Gefangene. Sie wollten nicht einsehen, dass die politischen Gruppen Solidaritätsaktionen vor den Knästen organisierten und dort nur die politischen Gefangenen grüßten. Für die sozialen Gefangenen, die ebenso sehnsüchtig an den Gitterstäben standen und die Nachrichten von draußen anhörten, war das eine Provokation. Sie gründeten in vielen Knästen Gefangenenräte. Der Mannheimer Knastrat wurde im Januar 1974 sogar bundesweit bekannt, als er aufdeckte, wie der 25jährige Häftling Hans Peter Vast in der Nacht zum 27.Dezember 1973 in einer Zelle von Wärtern totgeschlagen wurde. Doch seine Bekanntheit konnte nicht verhindern, dass auch der Gefangenenrat kriminalisiert, zerschlagen und dann vergessen wurde.

Der Publizist Friedrich Burschel hat die Geschichte rekonstruiert und unter dem Titel Das Prinzip Solidarität im Laika-Verlag veröffentlicht. In zwei Bänden haben 20 Autoren eine andere Geschichte der linken Bewegung aus den Jahren 1968–1980 geschrieben, die flüssig zu lesen und informativ ist.

Die Autoren haben die unterschiedlichen Facetten der politischen Fundamentalopposition und ihrer Solidaritätsarbeit untersucht, ohne diese zu denunzieren. Die verschiedenen maoistischen Gruppen, die in den 70er Jahren nebeneinander existierten und gelegentlich gegeneinander agierten, werden politisch kritisiert. Ihre politische Arbeit wird aber aus ihrer Zeit heraus erklärt. Ebenso gehen verschiedene Autoren mit der Solidaritätsarbeit der Gefangenen aus der Rote Armee Fraktion (RAF) und anderen Guerillagruppen in den 70er Jahren um. Deren Taktik in der Gefangenenarbeit war unterschiedlich, was sich auch auf die Solidaritätsarbeit auswirkte.

Michael März zeigt am Beispiel des Internationalen Komitees zur Verteidigung politischer Gefangener in Westeuropa auf, wie alle Bemühungen um humane Haftbedingungen staatlicherseits unter Terrorismusverdacht gestellt wurde. Eine wahre Fundgruppe sind die Aufsätze über die Solidaritätsarbeit außerhalb der Großstädte. So erinnert die AK Heimatgeschichte an die Unterstützungsarbeit mit den Ramstein 2 in Zweibrücken. Die  Veranstaltungen und Solidaritätsdemonstrationen mit zwei Mitgliedern der Black Panther Party, die für ihre Ziele unter US-Soldaten in Ramstein werben wollten und kriminalisiert wurden, sorgte in der Provinz 1971/72 monatelang für Aufruhr. Kaum bekannt ist, dass 1976 ein Verfahren wegen der Broschüre Der Tod der Ulrike Meinhof jahrelang ausgerechnet in der erzkatholischen CDU-Hochburg Fulda in Osthessen geführt worden ist.

Der Beitrag von Barbara Sichtermann kritisierte den Trend in der linken Solidaritätsbewegung der 70er Jahre, Richter, Staatsanwälte und Justizpersonal in ihren Publikationen als Schweine oder andere Tiere zu karikieren. Sichterman erinnert daran, dass die Springerpresse die Protestierenden in ihren Presseorganen entmenschlicht hatte, und stellt die Frage, was die Oppositionsbewegung dazu brachte, dieses Mittel nun ebenfalls gegen die Gegner anzuwenden. Das Buch macht die linke Theorie und Praxis, die kriminalisiert wurde lebendig. Die Autoren lassen sich dabei weder von ideologischen und geografischen Grenzen einengen, was es zu einer besonderen Fundgrube macht. Es endet mit einem wütenden Gedicht des Politbarden Walter Mossmann, dessen Zeilen auch heute noch aktuell sind: «Sehr viel schlimmer als das Fressen, / im Gefängnis ist die Wut, / dass die draußen dich vergessen, / wenn sich drinnen nichts mehr tut.»

Das Prinzip Solidarität. Zur Geschichte der Roten Hilfe in der BRD (Hrsg. Bambule). Hamburg: Laika, 2013. 2 Bd., je Band 21 Eur

Die Rote Hilfe in der BRD

von Peter Nowak

Hungern für einen schöneren Knast

In Bremen protestieren Gefangene für bessere Haftbedingungen.

Seit mehr als zwei Wochen befinden sich Gefangene der JVA Oslebshausen in Bremen in einem Hungerstreik. Die Häftlinge protestieren gegen die schlechte Qualität des Essens, monieren mangelnde Bildungsmöglichkeiten innerhalb der JVA und klagen über das Fehlen separater Besucherräume und einer Schuldnerberatung.

Den Gefangenen geht es darum, unmittelbare Verbesserungen für ihren Gefängnisalltag durchzusetzen. Weitergehende politische Forderungen erheben sie nicht. Doch in der Öffentlichkeit wird ihr Protest ignoriert oder abgelehnt. So erklärte der Sprecher des Bremer Justizsenators, Thomas Ehmke: »Die Haftbestimmungen werden vom Gesetzgeber geregelt und sind keine Verhandlungssache zwischen Inhaftierten und Anstaltsleitung.« In der Taz wird Carsten Bauer, der Direktor der JVA Oslebshausen, mit der Äußerung zitiert: »Ich nehme das nicht ernst.« Seiner Ansicht nach geht es den Inhaftierten lediglich »um eine kurzfristige Aufmerksamkeit«.

Über die genaue Zahl der Hungerstreikenden gibt es unterschiedliche Angaben. Zu Beginn sollen sich elf Häftlinge beteiligt haben. Nach Angaben Bauers haben die meisten Häftlinge den Hungerstreik wieder abgebrochen. Auch vom überwiegenden Teil der linken Szene wird der Protest der Bremer Häftlinge ignoriert. Zu einer Solidaritätskundgebung vor der JVA Oslebshausen fanden sich am 28. März gerade mal sechs Menschen ein. Auch Kontakte mit den Gefangenen gibt es kaum. Das führt dazu, dass die Erklärungen der JVA-Leitung nicht überprüft werden können. Dabei sind Hungerstreiks in deutschen Gefängnissen gar nicht so selten. Erst Mitte März hatten sieben Insassen der Thüringer JVA Hohenleuben im Landkreis Greiz zu dieser Protestform gegriffen. Auch sie forderten bessere Haftbedingungen. Der Hungerstreik wurde nach wenigen Tagen abgebrochen, ohne eine größere Öffentlichkeit erreicht zu haben.

Die protestierenden Gefangenen in Bremen und Thüringen, die für bessere Haftbedingungen kämpfen, stehen in der Tradition eines Kampfes in Gefängnissen, der auch in den siebziger und achtziger Jahren nicht nur von politischen Gefangenen getragen wurde. Die kürzlich im Laika-Verlag vom Kollektiv »Bambule« unter dem Titel » Das Prinzip Solidarität« herausgegebene Historiographie der linken Solidaritätsbewegung richtet den Blick auch auf wenig bekannte Facetten des Knastkampfs. Der gesellschaftliche Aufbruch der späten sechziger und frühen siebziger Jahre machte auch vor den Gefangenen nicht halt, wie Friedrich Burschel im Buch am Beispiel des Frankfurter Gefangenenrats beschreibt, in dem sich auch Häftlinge ohne politischen Hintergrund organisierten. Das Verhältnis zu den sich politisch verstehenden Gefangenen war nicht immer ungetrübt. Die »sozialen Gefangenen« warfen vielen linken Solidaritätsgruppen vor, wegen der Konzentration auf die politischen Gefangenen ihre Si­tuation zu ignorieren. Der Gefangenenrat sorgte bundesweit für Schlagzeilen, als er aufdeckte, wie Gefängniswärter am 27. Dezember 1973 den 25jährigen Untersuchungshäftling Hans Peter Vast in der JVA Mannheim so schwer misshandelten, dass er in seiner Zelle starb. Die kurzzeitige Popularität konnte nicht verhindern, dass der Gefangenenrat kriminalisiert und schließlich zerschlagen wurde. Es ist erfreulich, dass nach fast 40 Jahren an Versuche einer autonomen Gefangenenorganisation erinnert wird. Vor allem, weil sie immer noch aktuell sind, wie die Häftlingsproteste in Bremen und Thüringen zeigen.

Der in Berlin wegen angeblicher Mitgliedschaft in der »Militanten Gruppe« zu einer Haftstrafe ­verurteilte Oliver R. bemüht sich um eine gewerkschaftliche Organisierung der Gefangenen. Angesichts der Ausweitung der Lohnarbeit auch in deutschen Gefängnissen könnte dies durchaus aussichtsreich sein. Doch Oliver R. warnt auch vor Illusionen, wenn er beschreibt, dass der Knast kein bevorzugtes Terrain für Selbstorganisation und Emanzipation ist. »Der Realismus nötigt es einem aber regelrecht auf, tiefzustapeln und keine allzu großen Erwartungen zu hegen«, beendet er seine jüngsten Betrachtungen aus dem Knast­alltag.

http://jungle-world.com/artikel/2014/15/49662.html

von Peter Nowak

Wichtiger Film zur rechten Zeit

»MUMIA: Long Distance Revolutionary«
Über Mumia Abu Jamal ist auch im Sprachrohr schon öfter berichtet worden. Eine weltweite Solidaritätsbewegung verhinderte, dass der schwarze US-Radiojournalist auf dem elektrischen Stuhl landete. Er war von einer weißen Jury wegen eines Polizistenmordes zum Tode verurteilt worden. Er hat die Tat immer bestritten, und es gibt zahlreiche Beweise, die die Version der Anklage erschüttern. Trotzdem soll Mumia bis zu seinem Lebensende im Gefängnis bleiben, denn das Todesurteil wurde in eine lebenslängliche Haftstrafe umgewandelt. Er kämpft mit seinen Anwälten und Unterstützern für eine Neuauflage des Verfahrens und seine Freilassung. Sein Fall darf auch
nach Aufhebung des Todesurteils nicht in Vergessenheit geraten. Daher
kommt ein Dokumentarfilm zur rechten Zeit, der deutlich macht, warum
Mumia seit fast drei Jahrzehnten im Gefängnis sitzt. Der ungeklärte Kriminalfall wird nur am Rande erwähnt. Vielmehr interviewt Filmemacher
Stephen Vittoria Freunde und Kollegen, die über Mumias früh einsetzende

Politisierung berichten. Inspiriert vom Kampf der Black Panther und anderer linker Bewegungen, wurde er bereits mit 14 Jahren zum Aktivisten. Er protestierte mit Gleichgesinnten gegen rassistische Politiker und wurde von weißen Polizisten verprügelt. Hier liegen die Anfänge  des Films »Long Distance Revolutionary «. Darin wird deutlich, wie Mumia bereits als Jugendlicher Journalismus und politisches Engagement verband. Seine ersten journalistischen Erfahrungen machte er bei einer Black Panther-Zeitung, später arbeitete  er für ein Communitiy-Radio. In der schwarzen Community wurde  er bewundert, weil er die wirtschaftliche Ausbeutung und Polizeibrutalität, denen schwarze Menschen in den USA ausgesetzt sind, öffentlich machte. Gehasst wurde er von den Politikern und der Polizei. Die versuchte ihn auszuschalten, weil er die Armen, die Obdachlosen, die Hungernden zu Wort kommen ließ. Damals bekam er den Beinamen »Stimme
der Unterdrückten«. Der Film vermittelt einen Einblick in Mumias Biographie und die sozialen Kämpfe, die ihn prägten. Zudem trägt er dazu bei, dass Mumia und sein Kampf nicht vergessen werden. Es bedarf weiterhin einer weltweiten Solidaritätsbewegung, um seine Freiheit zu erkämpfen. In den USA sorgte der Film für ein großes Presseecho. In Deutschland, wo er am 4. Oktober 2013 im Berliner Kino Babylon Premiere hatte, ist die Resonanz noch verhalten.

Stephen Vittoria, »MUMIA – Long Distance
Revolutionary«, 120 Minuten. Der Film kann
unter https://vimeo.com/monoduo/freemumia
kostenpflichtig heruntergeladen werden.
Ab Frühjahr kann er als DVD beim
Jump Up Versand http://www.jump-up.de/
bestellt werden.

aus: Sprachrohr 1/2014

http://medien-kunst-industrie-bb.verdi.de/service/sprachrohr

Peter Nowak

„Bitte unterlassen Sie das Anlegen von Vermummung“

Demonstration gegen Repression

800 Teilnehmer hatte die lange vorbereitete Aktion gegen Gefahrengebiete und staatliche Überwachung

»Das ist ja hier wie am 1. Mai in Kreuzberg«, meinte eine Frau, als sie am Samstagnachmittag aus dem S-Bahnhof Bellevue stieg. Überall standen Polizeiwannen und Absperrgitter, auch Wasserwerfer parkten am Rand. Der Grund für das große Aufgebot in Moabit war eine Demonstration autonomer Gruppen, die bereits seit Tagen in Berlin für Aufregung sorgte. Unter dem Motto »Gefahrengebiete überwinden« plante ein linkes Bündnis diese Demonstration mehrere Monate. Die Route sollte an Gebäuden von Institutionen vorbeiziehen, die nach Ansicht der Veranstalter für unterschiedliche Formen der Repression verantwortlich sind. Dazu sollte das Bundesinnenministerium ebenso gehören, wie Polizeidienststellen und die Justizvollzugsanstalt. Die Polizei untersagte einen Teil der Route.

Die Demonstration war eingebettet in einen Aktionstag gegen Repression für den bundesweit nach Berlin mobilisiert wurde. Doch schon bei der Auftaktkundgebung in Moabit zeigte sich, dass die bundesweite Unterstützung eher gering war. Die etwa 800 Menschen (laut Polizei 1300), die sich dort eingefunden hatten, kamen überwiegend aus Berlin und Umgebung sowie aus Magdeburg. Auf der Kundgebung wurde eine Grußadresse von Andrea Stauffacher verlesen. Die Aktivistin des »Revolutionären Aufbaus« aus der Schweiz verbüßt eine 17-monatige Haftstrafe unter anderem wegen Sachbeschädigung bei Demonstrationen. In einem Redebeitrag berichteten Flüchtlinge aus dem Camp am Oranienplatz, wie sie tagtäglich mit den verschiedenen Formen der Repression konfrontiert sind. Einige Teilnehmer kritisierten, dass nicht mehr linke Gruppen im Stadtteil Moabit in die Vorbereitung einbezogen wurden. Schließlich gebe es dort aktive Mieter, die sich gegen Verdrängung wehren. Der Demonstrationszug, der gegen 17 Uhr begann, war indes kürzer als geplant. Bereits gegen 18 Uhr wurde er von der Anmelderin aufgelöst. Zuvor hatte es mehrere Festnahmen unter anderem wegen Vermummung gegeben.

Um 22 Uhr trafen sich rund 200 Anhänger (laut Polizei etwa 400) der autonomen Szene in Kreuzberg. Kurzfristig war über Internet zu einer Spontandemonstration unter dem Motto »Unerlaubt durchs Gefahrengebiet« mobilisiert worden. Doch ein großes Polizeiaufgebot hatte den Moritzplatz und die umliegenden Straßen abgesperrt.

Nach einer ersten Bilanz der Berliner Polizei seien 17 Menschen festgenommen worden, hieß es am Sonntag. 60 weiteren hätten die Beamten Platzverweise erteilt beziehungsweise deren Personalien aufgenommen. Es gab 39 Strafanzeigen, etwa wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, Landfriedensbruchs, Widerstandes sowie Körperverletzung. Die Polizei prüfte am Sonntag, ob der Brand von mehreren Lastern auf dem Gelände einer Umzugswagenvermietung in der Kreuzberger Prinzenstraße im Zusammenhang mit den Protesten stehen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/927891.demonstration-gegen-repression.html

Peter Nowak

Vor neuen Protesten in der Türkei?

[1]

http://www.taz.de/!133339

[2]

http://www.gulenmovement.com/

[3]

http://www.akparti.org.tr/english

[4]

http://www.chp.org.tr/

[5]

http://www.sueddeutsche.de/politik/neue-partei-der-tuerkischen-protestbewegung-waehlt-gezi-park-1.1803861

[6]

http://www.labournet.de/internationales/tuerkei/arbeitskaempfe-tuerkei/kazova-textil-fur-ein-leben-ohne-chefs/

Solidemo für Berliner Antifaschisten

»Freiheit für Josef« lautet das Motto einer Demonstration, die heute um 16:30 Uhr vom Potsdamer Platz in Berlin zur Österreichischen Botschaft ziehen soll. Gefordert wird die Freilassung eines Berliner Antifaschisten, der am 24. Januar in Wien bei Protesten gegen den Wiener Akademikerball, eines Treffens der europäischen Rechten, festgenommen wurde. Die Justiz wirft ihm Rädelsführerschaft der aus Deutschland angereisten Antifaschisten vor. Mitglieder von Solidaritätsgruppen, die sich in Wien, Jena und Berlin gegründet haben, befürchten, dass die Justiz ein Exempel statuieren will.

soli2401.blogsport

http://www.neues-deutschland.de/artikel/923811.solidemo-fuer-berliner-antifaschisten.html

Peter Nowak

Snowdenium und die deutsche Lethargie

Links

[1]

http://www.deutschlandfunk.de/ueberwachung-aus-den-usa-digitale-inquisition.858.de.html?dram:article_id=276957

[2]

http://tinyurl.com/nq8cced

[3]

http://jungle-world.com/artikel/2014/05/49236.html

[4]

http://www.bild.de/politik/inland/gerhard-schroeder/interview-zur-nsa-abhoeraffaere-34553370.bild.html

[5]

http://www.michael-hartmann-spd.de/

[6]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/155821

[7]

http://www.presseportal.de/pm/30621/2657510/rheinische-post-spd-fordert-gegenspionage-deutschlands-gegen-die-usa

[8]

http://jungle-world.com/artikel/2014/05/49246.html

[9]

http://ennopark.de/uber-mich/

[10]

http://demonstrare.de/termine/01-02-idp14-international-day-privacy-berlin/

[11]

http://www.v-r.de/de/title-0-0/ueberwachtes_deutschland-1007436/

»Nicht der richtige Weg«

Die Arbeitsagentur Ulm hat Ende Januar Marcel Kallwass, einem 22jährigen Studenten der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA), fristlos gekündigt. Dem Rauswurf waren Auseinandersetzungen vorausgegangen. Kallwass hat mit der Jungle World gesprochen.

Was war der Anlass für Ihren Rauswurf?

Ich habe den hochschulinternen Mailverteiler genutzt, um mein zweites Flugblatt zu verschicken und eine Debatte unter den Studierenden anzustoßen. Inhaltlich argumentiere ich im Flugblatt, dass es eine Illusion ist, zu glauben, dass der Job beim Arbeitsamt und Jobcenter sozial ist. Der genaue Inhalt kann auf meinem Blog http://kritischerkommilitone.wordpress.com nachgelesen werden.

Wie wurde Ihre Kündigung begründet?

Wie bei den zwei Abmahnungen Ende vergangenen Jahres wurden mir Beleidigung des Arbeitgebers, Verletzung der Loyalitätspflicht und Verstoß gegen interne Vorschriften vorgeworfen. Die Agentur betrachtet die Nutzung des hochschulinternen Verteilers als rechtswidrig, da eine private Nutzung nicht erlaubt sei.

Warum haben Sie ein Studium an der HdBA begonnen?

Ich wollte Berufsberater werden, weil ich damit die Vorstellung verbunden habe, junge Menschen zu unterstützen. An der HdBA hat mir vor allem die Verbindung zwischen der akademischen Ausbildung und der Praxis gefallen.

Wann haben Sie begonnen, Kritik zu äußern?

Ich habe im Rahmen des Studiums im Jobcenter Ulm hospitiert. Dort habe ich zweimal mitbekommen, wie Erwerbslose sanktioniert wurden. Mir war sofort klar, dass es nicht der richtige Weg ist. Ich habe in der Hochschule Diskussionen über die Sanktionen angeregt. Dabei musste ich feststellen, dass viele Kommilitonen die Sanktionen befürworten.

Haben Sie deshalb die Auseinandersetzung auch außerhalb der Hochschule geführt?

Nachdem ich viele Diskussionen in der Hochschule geführt hatte und dabei an eine Grenze gestoßen war, begann ich, meine Kritik auf meinem Blog zu veröffentlichen. Damit wollte ich auch meine Solidarität mit der Hamburger Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann ausdrücken, die wegen ihrer Kritik am Hartz-IV-System vom Dienst suspendiert wurde.

Wie reagieren Sie auf die Kündigung?

Proteste gegen den Rausschmiss sind in Mannheim und Ulm geplant. Am 20. Februar wird es in Mannheim eine Diskussionsveranstaltung zum Widerstand gegen Hartz IV geben.

http://jungle-world.com/artikel/2014/06/49292.html

Small Talk von Peter Nowak

Die Suche nach revolutionären Zellen

Immer häufiger werden Linke zur Abgabe einer DNA-Probe für polizeiliche Ermittlungen aufgefordert. Wer nicht freiwillig zum Speicheltest antritt, muss mit einer DNA-Entnahme unter Zwang rechnen.

»Unsere DNA könnt ihr uns nehmen, unseren Willen brecht ihr nicht!« So lautete das trotzige Motto, das bei einer kleinen Kundgebung, die Mitte Januar in Berlin stattfand, auf einem großen Transparent zu lesen war. Zuvor waren zwei linke Aktivisten von der Polizei zu einer DNA-Entnahme gezwungen worden. Auch in Stuttgart fand unter Zwang eine DNA-Entnahme statt. Die Betroffenen werden beschuldigt, an der Herstellung der Zeitschrift Radikal beteiligt gewesen zu sein und die Revolutionären Aktionszellen (RAZ) unterstützt zu haben. Bundesweit ermittelt die Bundesanwaltschaft (BAW) in diesem Zusammenhang gegen neun Personen. Sie wurden von den Ermittlungsbehörden schriftlich aufgefordert, freiwillig eine DNA-Probe abzugeben, was diese jedoch ablehnten. In der kommenden Zeit muss daher mit weiteren Zwangsvorführungen zur Speichelabgabe gerechnet werden.

Das Netzwerk »Freiheit für alle politischen Gefangenen« möchte diese Vorfälle dazu nutzen, größeren gesellschaftlichen Widerstand gegen die DNA-Entnahme zu organisieren. Der Zeitpunkt scheint günstig gewählt, schließlich müssen sich derzeit auch Umweltschützer und Antimilitaristen mit der DNA-Entnahme beschäftigten, die als Ermittlungsmethode gegen sie eingesetzt wird.

Am 21. Januar sollte sich beispielsweise ein Antimilitarist aus Stendal im Polizeirevier von Salz­wedel zur Speichelentnahme einfinden. Gegen ihn wird wegen »Sabotage gegen Wehrmittel« im Rahmen des antimilitaristischen Camps ermittelt, das im September 2012 in der Altmark aus Protest gegen das Gefechtsübungszentrum (GÜZ) und den Bau der militärischen Übungsstadt Schnöggersburg auf dem Gelände des GÜZ stattfand. Der Antimilitarist lehnte die Abgabe einer DNA-Probe ab und rechnet nun mit einer baldigen Zwangsvorführung. Auf einem bundesweit verbreiteten Plakat, das zwei zerbrochene Wattestäbchen zeigt, wird unter dem Motto »DNA-Sammelwahn – das könnt ihr knicken« zum Widerstand gegen diese Ermittlungsmethode aufgerufen.

Die Expansion der DNA-Datenbanken kommt keineswegs überraschend, wurde aber von einem großen Teil der außerparlamentarischen Linken lange Zeit ignoriert. Während sich seit Jahren eine große Protestbewegung gegen die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland engagiert, beschränkte sich das Interesse an der Datenentnahme per Wattestäbchen bisher auf einen kleinen Kreis von Experten.

Feministische Gruppen beschäftigen sich seit den frühen achtziger Jahren mit der Gen- und Reproduktionstechnologie, dabei kritisierten sie auch immer wieder die DNA-Untersuchungsmethoden. In dieser Tradition steht auch das »Gen-ethische Netzwerk« (GEN), das 2011 eine Kampagne unter dem Motto »DNA-Sammelwut stoppen« initiierte. In einem offenen Brief beschrieb Susanne Schultz vom GEN damals die Dimension, die bei der Sammlung von DNA-Proben als Bestandteil polizeilicher Ermittlungen mittlerweile erreicht worden ist: »Seit ihrer Einrichtung 1998 wächst die DNA-Datenbank beim Bundeskriminalamt (BKA) beständig. Derzeit umfasst sie bereits 921 657 DNA-Profile – davon fast 730 000 Personendatensätze, der Rest sind Spurendatensätze (Stand: Juni 2011).«

Schultz widmete sich in ihrem Brief auch dem beliebten Argument, diese Untersuchungsmethode diene in erster Linie der Bekämpfung von Schwerstkriminalität. »Längst geht es nicht mehr nur um Kapitalverbrechen wie Mord oder Vergewaltigung. DNA-Proben werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit entnommen. Jeden Monat kommen über 8 000 DNA-Profile neu hinzu.«

Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) werden bei dieser Praxis sehr großzügig ausgelegt. Das BVerfG hatte in Urteilen von 2000 und 2009 entschieden, dass eine DNA-Untersuchung nur erfolgen darf, wenn prognostiziert werden kann, dass gegen die Betroffenen weiterhin Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sind. Diese juristische Bestimmung hat sich in der polizeilichen Praxis als probates Mittel zur Legitimation erwiesen. Mittlerweile haben Aktivisten aus den unterschiedlichsten politischen Gruppierungen Post erhalten, mit der sie zur DNA-Abgabe aufgefordert wurden.

Da sich derzeit mehr Menschen aus persönlicher Betroffenheit für die DNA-Untersuchungen interessieren, könnte auch ins Blickfeld des öffentlichen Interesses geraten, worauf das GEN bereits vor drei Jahren hingewiesen hat, nämlich dass im Jahr 2014 der Abgleich der DNA-Daten mit »sicheren Drittstaaten« wie den USA und der Aufbau einer transatlantischen Kartei von »travelling violent offenders« geplant ist. Dazu sollen gewalttätige Fußballfans ebenso zählen wie politische Aktivisten.

Im Rahmen der Kampagne »DNA-Sammelwut stoppen« wurden Aufrufe und öffentliche Briefe verfasst und Seminare zum Thema angeboten. Mit dem überlebensgroßen Wattestäbchen »Willi Watte« wurde auf Demonstrationen und Kundgebungen bundesweit um Aufmerksamkeit geworben. Mit einer Kundgebung vor der Europäischen Kommission am 26. August 2011 machte das Bündnis darauf aufmerksam, dass an diesem Tag die Vernetzung aller DNA-Datenbanken in Europa technisch abgeschlossen wurde.

Auf der Homepage der Kampagne »Finger weg von meiner DNA« findet man zwar immer noch viele wichtige Dokumente über die DNA-Datenprofile und die Geschichte des internationalen Protests gegen DNA-Datenbanken, Informationen über die derzeitige Debatte erhält man dort allerdings nicht. Die Homepage der Kampagne wird seit 2012 nicht mehr betreut. »Wir hätten gerne weitergemacht, aber die Bewegungsstiftung, die unsere Arbeit finanzierte, hat uns signalisiert, dass andere Themen wichtiger sind«, sagt Alexander Schwerin vom GEN im Gespräch mit der Jungle World. Vor allem die außerparlamentarische Linke habe das Thema vor drei Jahren noch weitgehend ignoriert. Dagegen haben bürgerrecht­liche Gruppen schon lange vor Grundrechtseinschränkungen mittels Wattestäbchen gewarnt.

»Seit die DNA-Analyse möglich und relativ einfach handhabbar ist – gerade steht wieder eine Beschleunigung der Analysezeiten an –, ist ihre Anwendung umstritten. Je mehr der Staat und seine Organe über die Bürger und Bürgerinnen wissen, umso besser können sie jederzeit eine ›Tat‹ verfolgen. Umso größer ist zugleich die Macht des Staates«, sagte die Soziologin Elke Steven vom Komitee für Grundrechte.

Die jahrelange Vorarbeit könnte für den Protest, der sich derzeit gegen die DNA-Untersuchungen formiert, von Vorteil sein. Das GEN möchte in den kommenden Monaten eine Broschüre zur Geschichte der DNA-Datenbanken und zum Widerstand dagegen herausgegeben. Jüngere Aktivisten müssen mit der Recherche also nicht ganz von vorne anfangen, leider wurden die gründlichen Vorarbeiten, die oft von feministischen Gruppen zur Bedeutung der DNA-Analyse geleistet wurden, allzu lange ignoriert.

http://jungle-world.com/artikel/2014/06/49278.html

Peter Nowak

Hartz-IV-Kritiker

Marcel Kallwass wurde für seine 
Kritik an den Hartz-IV-Sanktionen gekündi

Marcel Kallwass’ Berufswunsch war bereits als Schüler Berufsberater. Daher hat er ein dreijähriges Studium bei der Bundesanstalt für Arbeit in Mannheim begonnen, das er in wenigen Monaten beendet hätte. Doch am 27. Januar kündigte die Arbeitsagentur Ulm dem 22-Jährigen fristlos. Begründung: Er habe seine Loyalitätspflichten verletzt und den Arbeitgeber beleidigt.

Überraschend kam das nicht. Bereits Ende November 2013 war Kallwass zweimal von der Hochschule abgemahnt worden. Der Konflikt begann während seiner Hospitanz im Jobcenter Ulm. »Dort habe ich zweimal mitbekommen, wie Erwerbslose sanktioniert wurden. Mir war sofort klar, dass es nicht der richtige Weg ist«, berichtet Kallwass. Daraufhin versuchte er, unter seinen Kommilitonen Diskussionen über die Sanktionen anzuregen – mit mäßigem Erfolg. Zu radikal erschien die Kritik, die Kallwass auch auf seinem Blog kritischerkommilitone.wordpress.com veröffentlichte.

Zusätzlich solidarisierte er sich mit der Hamburger Jobcenter-Mitarbeiterin und Hartz-IV-Kritikerin Inge Hannemann. Sein Engagement blieb der Hochschulverwaltung nicht verborgen. Ein Gespräch mit dem Leiter der Hochschule im August 2013 verlief noch relativ moderat. Bald jedoch wurde der Ton rauer. Als Kallwass in einem offenen Brief an den Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit Vorschläge für eine Berufsberatung ohne Sanktionen machte, wurde ihm von der Regionaldirektion Baden-Württemberg erstmals mit einer Abmahnung gedroht.

Nachdem er an der Hochschule kritische Flugblätter verteilt hatte, bekam er zwei Abmahnungen. In diesen wurde ihm Beleidigung des Arbeitgebers und Störung des Betriebsfriedens vorgeworfen. Unmittelbarer Anlass für die Kündigung war dann das Versenden eines sanktionskritischen Flugblatts über den hochschulinternen Mailverteiler. In den nächsten Tagen sind verschiedene Solidaritätsaktionen für Marcel Kallwass geplant. Die LINKE.SDS Mannheim solidarisierte sich bereits mit ihm.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/922594.hartz-iv-kritiker.html

Peter Nowak

Arbeitsagentur feuert Kritiker

Hartz-IV-Sanktionen

Marcel Kallwass wollte Berufsberater werden. Aber er kritisierte die Hartz-IV-Sanktionen. Das ging der Bundesagentur für Arbeit zu weit.

„Dicht dran sein am Arbeitsmarkt, das wünschen sich viele junge Menschen, die ein Studium beginnen.“ Mit diesem Slogan wirbt die Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) in Mannheim für ihr dreijähriges Studium.

Für Marcel Kallwass schien die Ausbildung ideal. Schon als Schüler wollte er Berufsberater werden. In wenigen Monaten hätte der 22-Jährige sein Studium an der HdBA beendet. Doch am 27. Januar wurde ihm vom zuständigen Jobcenter Ulm fristlos gekündigt. Die Begründung: Er habe seine Loyalitätspflichten verletzt und den Arbeitgeber beleidigt.

http://www.taz.de/Hartz-IV-Sanktionen-/!132053/

Peter Nowak

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Der Konflikt begann, als Kallwass im Rahmen seines Studiums im Jobcenter Ulm hospitierte. „Dort habe ich zweimal mitbekommen, wie Erwerbslose sanktioniert wurden. Mir war klar, das ist nicht der richtige Weg“, sagt Kallwass. Er begann an der Hochschule Diskussionen über eine sanktionsfreie Beratung im Jobcenter. „Manche KommilitonInnen begannen nachzudenken, doch viele verteidigten die Praxis“, beschreibt Kallwass die Reaktionen. Viele warnten ihn, dass er mit seiner Kritik seine Ausbildung gefährde.

Kallwass’ Engagement blieb der Hochschulverwaltung nicht verborgen. Das erste Gespräch sei noch moderat abgelaufen, so Kallwass. Doch bald sei der Ton rauer geworden.

Kallwass hatte auf dem Blog Kritischer Kommilitone konkrete Vorschläge für eine sanktionsfreie Berufsberatung publiziert und die Auseinandersetzungen an der HdBA darüber dokumentiert. Im November 2012 wurde er innerhalb weniger Wochen zweimal abgemahnt, nachdem er an der Hochschule Flugblätter verteilt hatte.

Flugblatt über den Mailverteiler

Ende Januar erfolgte mit der dritten Abmahnung der Rausschmiss aus der Hochschule, nachdem Kallwass ein sanktionskritisches Flugblatt über den hochschulinternen Mailverteiler versandt hatte. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) betrachtet die Verwendung des Mailverteilers für politische Zwecke als rechtswidrig.

Unterstützung erhält Kallwass von Erwerbslosengruppen und der Mannheimer Hochschulgruppe Die Linke.SDS. Deren Sprecher Julien Ferrat bezeichnete es als unerträglich, dass Kallwass drei Monate vor dem Ende seines Studiums gekündigt wird, weil er an der Hochschule Diskussionen angeregt hat.

„Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Ausbildungscharakter war für die Bundesagentur für Arbeit aus verschiedenen Gründen nicht mehr vertretbar“, erklärte hingegen BA-Sprecherin Ilona Mirtschin gegenüber der taz. Einzelheiten könne sie aber nicht nennen.

Syrien, die Folter und Heuchelei

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