Elitenförderung statt Bafög für Alle?

Links

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http://www.studienstiftung.de/aktuelles.html?user_press[uid]=333&cHash=ad16bd91e585cc78f2e6c54f73db9e40

[2]

http://www.studienstiftung.de/pressemitteilungen.html?user_press[uid]=284

[3]

http://www.studienstiftung.de

[4]

http://www.jusohochschulgruppen.de//meldungen/neuigkeiten/neuigkeit.html?&object=2783

[5]

http://www.zeit.de/2009/40/C-Begabtenfoerderung

[6]

http://www.his.de/presse/news/ganze_pm?pm_nr=467

[7]

http://www.bafoeg-rechner.de/Hintergrund/art-1544-stipendien-buechergeld.php

[8]

http://www.stipendienkritik.de/

Extrageld für Privilegierte

Zum Wintersemester 2013/2014 wird das sogenannte Büchergeld für öffentlich geförderte Stipendiaten erneut erhöht. Bereits zum Sommersemester 2011 war es von 80 auf 150 Euro pro Monat angehoben worden. Wie damals gibt es auch bei der erneuten Erhöhung Kritik von einigen Geförderten. So bezeichnete die Vollversammlung der Stipendiaten der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Erhöhung als Teil der Eliteförderung der Bundesregierung.

Tatsächlich profitieren von den Stipendien vor allem die Kinder gut verdienender Akademiker. Die Zahl der Arbeiterkinder hingegen ist in diesen Kreisen äußerst gering. Schon 2009 kam die Wochenzeitung »Die Zeit« in Bezug auf die Nutznießer von Stipendien zu dem Fazit: Wer hat, dem wird gegeben. Bildungsforscher sprechen in Bezug auf das Stipendiatensystem denn auch von der Herausbildung von Eliten und der Selbstreproduktion des deutschen Bildungsbürgertums.

Während also hier von Seiten der Bundesregierung immer großzügig finanzielle Mittel locker gemacht werden, ist für eine Bafög-Erhöhung scheinbar kein Geld vorhanden. Sie war von Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) bereits im Frühjahr angekündigt worden. Umgesetzt wurde sie bis heute nicht, obwohl das Geld dafür sicherlich vorhanden ist. Gerade solche Maßnahmen wären die Voraussetzung dafür, dass sich mehr Kinder aus Arbeiterfamilien ein Studium überhaupt leisten können.

Stipendien für wenige statt Bafög und damit Studienfinanzierung für alle, auf diese Formel lässt sich die Politik der Bundesregierung herunterbrechen. Erkämpfte und einklagbare studentische Rechte werden so von einer Politik der Gnade abgelöst.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/831778.extrageld-fuer-privilegierte.html

Peter Nowak

Zweiklassen-System am Gymnasium

Ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat den Gegnern der verkürzten Gymnasialausbildung neue Argumente geliefert. Die Richter wiesen die Klage eines 16-jährigen G8-Gymnasiasten aus Frankfurt am Main ab, der mit einem Hauptschulabschluss entlassen wurde und gerichtlich einen Realschulabschluss durchsetzen wollte. Die Richter stellten in der Urteilsbegründung dem Gesetzgeber frei, G8- und G9-Schüler unterschiedlich zu behandeln.

Die stellvertretende Landesvorsitzende der hessischen GEW, Birgit Koch, sieht sich durch das Urteil, das faktisch ein Zweiklassensystem im Gymnasium rechtfertigt, in ihrer ablehnenden Haltung gegen das Abitur nach 12 Schuljahren bestätigt. Ihr Argument »Gute Bildung braucht Zeit« teilen auch die Initiatoren des von Lehrern, Schülern und Bildungsexperten unterzeichneten »Marburger Bildungsaufrufs«. Schüler bräuchten Zeit für ihre persönliche Entwicklung, anstatt durch die Schule gehetzt zu werden, wird darin der verkürzten Gymnasialausbildung eine Absage erteilt. Das G8-Projekt, für das sich die schwarz-gelbe Landesregierung in Wiesbaden seit Jahren einsetzt, wird in den Kontext einer weiteren Ökonomisierung des Bildungswesens gestellt. Diese sieht in Schulen primär Wirtschaftsunternehmen und in Schülern Humankapital. Der Aufruf aus Marburg spricht sich dagegen für eine demokratische Bildung unter Beteiligung aus.

Das Dilemma für die Verteidiger einer anderen Bildungspolitik besteht allerdings darin, dass der derzeitige Schulstress schon ohne das G8 wenig Zeit für Bildungsstreiks und -proteste lässt. Es sei denn, die Situation wird für die Betroffenen so unerträglich, dass sie nicht mehr bereit sind, diese Zustände hinzunehmen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/830411.zweiklassen-system-am-gymnasium.html

Peter Nowak

Mensa für Alle

Informationsstände vor Universitätsmensen gehören zum Hochschulalltag. Schließlich ist es der beste Ort, um viele Kommilitonen anzusprechen. Doch kürzlich ging es Studierenden an der Goethe-Universität in Frankfurt (Main) mit ihren Informationsstand vor der Mensa um ein Thema, dass auch am Campus selten verhandelt wird. »Mensa für Alle« lautete das Motto, mit denen man auf die Situation an der Universität aufmerksam machen wollte. Die Zahl der Sitzplätze in der Studenten-Kantine sei zu knapp bemessen und die Preise seien zu hoch, lauteten die Kritikpunkte. Von diesen Missständen ist nicht nur die Mensa an der Frankfurter Uni betroffen. Tatsächlich häufen sich auch an anderen Hochschulen die Klagen über die Preise in den Mensen und Cafeterias. Allerdings sollte sich die Kritik nicht nur an die Studentenwerke richten, die die Mensen betreiben. Schließlich kann ökologisch wertvolle Nahrung nicht zu Niedrigpreisen verkauft werden und die Mensa-Beschäftigten sollten nach Tariflohn bezahlt werden. Dass die Preise für viele Studierende zu hoch sind, liegt auch daran, dass sich der Niedriglohnsektor auch unter Studierenden ausbreitet und dass zudem die Bafög-Sätze nicht ausreichen. Daher müsste die Forderung nach einer sozialen Mensa ein Einkommen für Studierende einschließen, das auch ökologische Ernährung einschließt. Sollte der Slogan »Mensa für Alle« ernst gemeint sein, müsste auch die Forderung aufgenommen werden, dass auch Menschen ohne Studienausweis dort essen können. In vielen Städten waren Mensen lange eine günstige Alternative für Einkommensschwache. Dass wird aber immer schwieriger, weil heute der Mensakonsum überwiegend vom Studienausweis abhängt. Eine Mensa für Alle sieht anders aus.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/823638.mensa-fuer-alle.html
Peter Nowak

Burschenschaften unter Druck


Im gesellschaftlichen Abseits sind sie längst angekommen. Wie weit geht ihr Rechtskurs?

Bereits vor Beginn des diesjährigen Burschentags, des alljährliche Treffen der Deutschen Burschenschaften in Eisenach, brandete eine alte Diskussion wieder auf. Eine Neuauflage des Ariernachweises sei dort geplant, berichtete Spiegel-Online mit Verweis auf Materialien, die der Redaktion zugespielt worden waren.

Der Streit darüber hält nun bereits zwei Jahre an und hat die Burschenschaften an den Rand der Spaltung gebracht. Es streiten sich dort ein rechtskonservativer Flügel, der seine Kontakte in die Unionsparteien nicht aufgeben will, und ein völkischer Flügel, der sich auf die verschiedenen politischen Kräfte rechts von der Union beziehen möchte und dafür auch bereit ist, einen gesellschaftlichen Einflussverlust in Kauf zu nehmen. Hauptstreitpunkt zwischen den beiden Flügeln ist die Frage, wer überhaupt Mitglied der Burschenschaft werden darf. Vor zwei Jahren wollte ein aus Asien stammender Studierender Mitglied werden, was dem völkischen Flügel nicht passte, der sich auch durchsetzte.

In diesem Jahr gibt es nun eine Neuauflage der Auseinandersetzung. Der rechte Flügel hat Anträge zur Mitgliedschaft vorbereitet. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins soll nicht mehr nur zwischen „deutscher“ und „nicht-deutscher“ Abstammung, sondern zwischen „deutscher“, „abendländisch-europäischer“ und „nicht-abendländisch-europäischer“ Abstammung unterschieden werden. Wenn sich jemand aus letzterer Gruppe bewirbt, soll eine „Einzelfallprüfung durch den Rechtsausschuss der Deutschen Burschenschaft“ nötig sein.

„Die Struktur dieser Regelung führt fast zwangsläufig zu ähnlichen Kriterien, wie sie die Nürnberger Rassengesetze von 1935, auch ‚Ariergesetze’genannt, vorsahen. Nach denen durfte im Dritten Reich ’nur Volksgenosse sein, wer arischen oder artgleichen Blutes war'“, kommentierten die Spiegel-Online-Journalisten den erneuten Vorstoß. In einer Pressemitteilung bestätigt die Burschenschaft indirekt die Mitteilungen von Spiegel-Online:

„Bereits wenige Minuten nach Abschluß der Pressekonferenz titelte Spiegel online ‚Burschenschafter planen Neuauflage des ‚Ariernachweises“. Der bei der Pressekonferenz anwesende Redakteur hat sich dabei auf ihm illegal zugespielte Unterlagen berufen. Seine Anfragen während der Pressekonferenz zu geplanten Änderungen der Aufnahmekriterien in die Deutsche Burschenschaft waren von den beiden Vertretern der Deutschen Burschenschaft nicht beantwortet worden. Als Grund wurde angegeben, daß entsprechende Anträge noch nicht diskutiert und auch nicht beschlossen wurden.“

Plädoyer für einen Rechtskampf

Doch nicht nur in der Frage der Mitgliedschaft zeigt sich der extrem rechte Kurs der Deutschen Burschenschaft. So hat mit Hans-Helmuth Knütter ein Mann die diesjährige Festrede unter den bezeichnenden Titel „Vom Rechtsstaat zum Linksstaat“ gehalten, der selber laut Informationen von Panorama seit Jahren in extrem rechten Kreisen aktiv sein soll und die in diesen Kreisen beliebte Webseite Links-enttarnt gegründet hat.

Er hat in seiner Rede zur Gründung eines Rechtskampf-Fonds zu mehr rechter Einigkeit und patriotischem Selbstbewusstsein aufgerufen. Allerdings ist mittlerweile nicht mehr zu übersehen, dass die Burschenschaften genauso wie ihr Referent Knütter im gesellschaftlichen Abseits stehen. Das zeigt sich in erster Linie nicht nur an Erklärungen des fzs (freier zusammenschluss von studentInnenschaften), der seit Jahren eine Auflösung der Burschenschaften fordert, sondern auch an anderen Entwicklungen: ein guter Seismograph für den Bedeutungsverlust ist die Entlassung des Berliner Staatssekretärs für Soziales, Michael Büge, durch einen CDU-Senator, weil Büge trotz starken Druck nicht bereit war, die Burschenschaft Gothia zu verlassen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/15431
Peter Nowak

Lobbyismus in der Schule

Ein Schüler steht vor einer Tafel mit schwierigen Mathematikformeln und die Überschrift lautet »Energie mit Köpfchen«. Mit diesem Bild wirbt der Schülerwettbewerb des Energiekonzerns RWE, der das Ziel hat, andere Menschen zum Energiesparen zu motivieren. Schüler sollen so zum »Greenwashing« eines Unternehmens beitragen, dessen Anteil an erneuerbarer Energie beim Strommix bei gerade mal acht Prozent liegt. Bekannt gemacht hat den Fall die Organisation Lobby-Control in ihrer 16-seitigen Broschüre »Lobbyismus in der Schule«, die sie am vergangenen Dienstag veröffentlichte. RWE ist nur eines von zahlreichen dort dokumentierten Beispielen. »Lobbyisten haben die Schule als Handlungsfeld entdeckt. In den vergangenen Jahren hat die Einflussnahme von Unternehmen und Verbänden auf den Unterricht zugenommen und wird professionell organisiert«, heißt es in einem Protestbrief, den Lobby Control an die Bildungsminister aller Länder geschickt hat. Zu den Forderungen gehören ein vollständiges Werbeverbot an den Schulen und die Offenlegung der Finanzierung externer Schulmaterialien.

Wichtiger aber als diese Forderungen sind die Punkte, die sich in der Broschüre unter dem Stichwort Handlungsanweisungen finden. Dort wird eine Behandlung des Themas in der Schule angeregt. Wie beim Thema Bundeswehr sind auch beim Lobbying kritische Schüler gefragt, die die verschiedenen Formen der Einflussnahme von Unternehmen auf die Schule öffentlich machen. Doch viele Schüler, die mit begehrten Markenartikeln aufwachsen, empfinden dazu keinen Widerspruch. Die von Lobby Control veröffentlichten Materialien müssten hier ansetzen und dazu beitragen, dass das kritische Bewusstsein wächst.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/820428.lobbyismus-in-der-schule.html

Peter Nowak

Halbherziger Ausstieg aus der Unimaut?

Groß war der Jubel bei den studentischen Gegnern der Studiengebühren, als Anfang des Jahres CDU und FDP in Niedersachsen, die stets für die Unimaut waren, abgewählt wurde. Zuvor hatte der bayerische Ministerpräsident Seehofer sogar lieber einen Krach mit seinen Koalitionspartner FDP riskiert, als mit den Studiengebühren in den kommenden Landtagswahlkampf zu ziehen. Nun hat die bayerische Landesregierung einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Hochschulgesetzes in den zuständigen Landtagsausschuss eingebracht, um die gesetzlichen Grundlagen für die Gebührenbefreiung zu schaffen und die studentischen Gebührengegner melden sich mit Kritik zu Wort. Erik Marquardt vom Vorstand des Studentenverbands fzs moniert vor allem, dass eine vollständige Gebührenbefreiung damit nicht erreicht werde. So sollen bestimmte Masterstudiengänge ebenso kostenpflichtig bleiben wie das Zweitstudium. Das fzs-Vorstandsmitglied Dorothea Hutterer spricht sogar von einem Rückschlag für die Gebührengegner.

Dabei darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass auch Bundesländer, in denen die SPD gemeinsam mit den Grünen die Studiengebühren abgeschafft haben, solche Hintertürchen für ein Bezahlstudium offen gelassen haben. Zudem bleiben auch nach der Abschaffung der Studiengebühren die finanzielle Notlage vieler Kommilitonen und die damit verbundenen Studienabbrüche weiterhin ein großes Problem. Studienverbände wie der fsz sollten daher nach der weitgehenden Abschaffung der Studiengebühren die soziale Lage der Studierenden in einer unsozialen Gesellschaft insgesamt in den Fokus nehmen. Daraus könnten sich auch Perspektiven für weitere Forderungen ergeben.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/818440.halbherziger-ausstieg-aus-der-unimaut.html

Peter Nowak

Schockstrategie in Griechenland

In Berlin berichtete die Schulleiterin Alexandra Ioannidou, wie sich die Krise auf das Bildungssystem auswirkt
Auf Einladung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) berichtet eine Athener Schulleiterin in Berlin, wie in der Krise das Bildungssystem in Griechenland zerstört wird.
Nur knapp ein Dutzend Zuhörerkamen am Montagabend ins Büro der Berliner GEW zum Vortrag der Athener Pädagogin Alexandra Ioannidou. Er hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Denn Ioannidou beschrieb sehr anschaulich die Folgen der Troika-Programme für das griechische Bildungssystem.
„Was sich in den letzten Monaten abspielt, könnte durchaus ‚die Chronik eines angekündigten Todes‘ genannt werden“, erklärte die Referentin. Der Anteil der Bildungsausgaben sei in Griechenland in den letzten 3 Jahren von 3 auf 2, 3 % des Bruttosozialprodukts zurückgefallen. Die Folgen sind vor allem für Kinder aus einkommensschwachen Familien erschreckend. Klassenräume, die für maximal 30 Kinder ausgestattet sind, werden mittlerweile von bis zu 40 Schülern belegt. Viele Fächer fallen ganz aus, weil die Lehrer fehlen. In einer besonders armen Gegend im Norden Griechenland mussten während der Wintermonate die Schulen sogar bei Temperaturen unter Null Grad schließen. Weil kein Geld für Heizöl vorhanden war, blieben die Klassenräume ungeheizt. Schüler aus abgelegenen Dörfern haben oft keine Möglichkeit mehr die Schule zu besuchen. Aus Geldmangel haben die Kommunen die Bustransporte abgeschafft. Selbst der Hunger hat wieder in griechischen Schulen Einzug gehalten. Betroffen sind dabei vor allem Bildungseinrichtungen in ärmeren Stadtteilen der griechischen Großstädte.
Die ersten Meldungen über Schüler, die ohne Frühstück zum Unterricht kommen und sogar ohnmächtig werden, hätte die Regierung noch mit dem Kommentar reagiert, dass sei linke Propaganda, erklärt Ioannidou. Doch nachdem sich diese Vorfälle häuften, habe die Regierung einräumen müssen, dass die Angaben den Tatsachen entsprechen. Mittlerweile werde an bestimmten Problemschulen Essen ausgegeben, damit die Schüler den Unterricht folgen können. Vorteile hätten die Menschen, die auf dem Land wohnen. Weil dort Nahrung angebaut wird, sei zumindest der Hunger dort noch unbekannt. Nicht wenige Menschen, die in den Städten ihre Arbeit verloren, sind deshalb mittlerweile wieder auf das Land gezogen. Für die Kinder der Binnenflüchtlinge bedeutet das oft den Schulabbruch. Der habe in den letzten Jahren stark zugenommen. Die hingen meist mit den Auswirkungen der Krise zusammen. Junge Leute ohne Geld und Perspektive verlassen die Schule ohne Abschluss, um als Kellner oder Taxifahrer wenigstens etwas Geld zu verdienen. Andere sehen ihre Zukunft nicht mehr in Griechenland. Viele hoffen in den EU-Ländern, vor allem in Deutschland, auf eine besser bezahlte Arbeit.
Neben der desolaten sozialen Situation macht Ioannidou der rasante Aufstieg der faschistischen Goldenen Morgenröte besonders große Sorgen. Selbst in den Schülerverwaltungen hätten die Neofaschisten, die aus ihrer Begeisterung für Hitler keinen Hehl machen, ihren Einfluss ausgebaut. Viele Lehrer seien verunsichert, wie sie mit der ansteigenden faschistischen Welle unter den Jugendlichen umgehen sollen, betont Ioannidou. Für zusätzliche Unruhe unter den Lehrern sorgt ein Gesetz der Regierung, nachdem alle Beamten suspendiert werden, wenn gegen sie juristische ermittelt wird. Sollte keine Anklage erhoben werden, können sie wieder in ihren Beruf zurück. Doch das kann Jahre dauern. So wurde eine Lehrerin vom Dienst suspendiert, die von einem Mitglied der Neofaschisten angezeigt wurde, weil albanische Kinder Flaggen ihres Heimatlandes im Malunterricht zeichneten.
Ioannidou spricht in Bezug auf die Zerstörung des griechischen Bildungswesens von einem Schockstrategie, mit der die Etablierung von Privatschulen vorangetrieben wird, auf die die wohlhabenden Eltern ihre Kinder schicken würden. Schockstrategie hieß es auch der Bestseller der globalisierungskritischen Publizistin Noami Klein. Dort beschrieb sie am Beispiel von Chile und anderen Ländern, wie ein Katastrophen-Kapitalismus ganze Länder reif für die neoliberale Unterwerfung geschossen hat. Wenn man Ioannidou zuhört, könnte man denken, dass sich dieses Szenario in Griechenland dieser Tage wiederholt, nicht nur im Bildungswesen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/817125.schockstrategie-in-griechenland.html
Peter Nowak

Esoterik, staatlich gefördert

In Hamburg soll im nächsten Schuljahr die erste Waldorfschule in staatlicher Regie eingerichtet werden, Waldorflehrer sollen dort gemeinsam mit staatlich ausgebildeten Pädagogen unterrichten. Das dürfte ganz im Sinne jener sein, die die Waldorfpädagogik als Alternative zum herkömmlichen Schulsystem schätzen. Widerstand hingegen kommt von der »Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften« (GWUP). Die Organisation beschäftigt sich kritisch mit den verschiedenen Formen von Esoterik und Aberglauben. In diese Reihe stellt die GWUP auch die von Rudolf Steiner entwickelte Anthroposophie, die die weltanschauliche Grundlage für die Waldorfpädagogik bildet. Mit einer Online-Petition wollen die Skeptiker, wie sich die GWUP-Aktivisten selber bezeichnen, die Waldorfschule in staatlicher Regie noch verhindern. Damit werde antiaufklärerisches und antiwissenschaftliches, im schlimmsten Fall sogar rassistisches Gedankengut in das staatliche Schulsystem eingespeist, befürchten die Initiatoren.

Bei aller Kritik an dem allzu empathischen Bezug auf Wissenschaft und Rationalität beim GWUP, ihre Initiative im Fall der Waldorfschulen ist zu begrüßen. Viele Eltern favorisieren bei den Waldorfschulen vor allem den fehlenden Notendruck und den hohen Stellenwert musischer und kultureller Fächer. Solche positiven pädagogischen Elemente sollten allerdings von den staatlichen Schulen übernommen werden, ohne sich die anthroposophische Ideologie in die Schule zu holen. Damit wäre auch gewährleistet, dass diese pädagogisch sinnvollen Maßnahmen allen Kindern zur Verfügung stehen und nicht von der sozialen Situation der Eltern abhängig sind.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/815037.esoterik-staatlich-gefoerdert.html
Peter Nowak

Bekennender Deutschnationaler


Rechtslastiger Wissenschaftler bewirbt sich um Professur an der Technischen Universität Berlin.

Zahlreiche Studierende besuchten am vergangenen Donnerstag den Vorstellungsvortag von Reinhard Kienberger an der Technischen Universität Berlin (TU), wo er sich um eine Physik-Professur beworben hat. Die meisten Anwesenden interessierte allerdings mehr die politische Vita Kienbergers, der seit 1990 Mitglied der „Akademischen Burschenschaft Österreichischer Germanen Wien“ ist und zeitweise deren Sprecher war. Die „Germanen Wien“ gehören innerhalb der Deutschen Burschenschaft der ultrarechten Burschenschaftlichen Gemeinschaft an.

Während der Antrittsvorlesung berief sich Kienberger auf die Trennung von Wissenschaft und Politik, bekräftigte aber sein Bekenntnis zum Deutschnationalismus. In einem Interview mit dem Salzburger Magazin „Echo“ wurde Kienberger 2009 deutlicher. „Ich möchte als erstes feststellen, dass ich deutschnational bin … aber eben alles andere als rechtsradikal oder rechtsextrem“, betonte er. Seine Ablehnung des Nationalsozialismus begründet er so: „Ich als nationaler Mensch lehne ihn aber auch deswegen ab, weil der Nationalsozialismus eben nicht national war.“

„Von Linksextremisten gegründete Privat-Stasi“

In dem „Echo“-Interview verteidigt Kienberger auch seinen Burschenschaftsbruder Gerhard Pendl, der wegen einer Rede am Grab des bekennenden Nationalsozialisten Walter Nowotny sogar von der ÖVP-FPÖ-Regierung aus dem Universitätsrat entlassen worden war, was Kienberger „eine vollkommen falsche Entscheidung“ nennt. Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) in Wien, das sich das Gedenken an die Opfer des NS-Regimes widmet, bezeichnet Kienberger als „eine von Linksextremisten gegründete Privat-Stasi“.

Der Allgemeine Studentenausschuss der Technischen Universität Berlin ruft die Hochschulgremien auf, sich gegen eine Berufung von Reinhard Kienberger zu entscheiden.
Blick nach Rechts
http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/bekennender-deutschnationaler

Peter Nowak

Konfessionslos in der Schule?

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten(IBKA) hat eine bundesweite Kampagne für eine Schule ohne Religionsunterricht angekündigt. Dazu soll das religionskritische Buch »Konfessionslos in der Schule« des IBKA-Vorsitzende Rainer Ponitka an Bildungspolitiker in den Landesparlamenten verschickt werden. Zudem sind Diskussionsveranstaltungen mit Lehrern und Schülern über den Einfluss der Religion auf die Schule geplant. Dort sollen sich die Schüler auch über Möglichkeiten informieren lassen können, wie sie sich vom Religionsunterricht befreien lassen können. Dieses Recht ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt. So können sich in Nordrhein-Westfalen Schüler mit Erreichen des 14. Lebensjahrs auch ohne Einwilligung der Eltern vom Religionsunterricht befreien lassen. In Saarland und Bayern ist das erst mit dem Beginn der Volljährigkeit möglich. Ponitka plädiert für die Abschaffung des Religionsunterrichts. Als Ersatz soll es einen Ethikunterricht jenseits aller Konfessionen geben.

Für das IBKA-Konzept einer religionsfreien Schule gibt es viele Gründe. Aber ein Argument wird vom IBKA bisher zu wenig verwendet. In vielen Schulen in Deutschland geht die Zahl der Kinder mit christlichem Hintergrund zurück, während die Anzahl der Schüler mit islamischen Glauben steigt. Ein gemeinsamer Ethikunterricht könnte verhindern, dass an den Schulen jede Religion ihre eigene Domäne verteidigt. Das Konzept einer säkularen Schule muss aber nicht nur gegen die großen christlichen Kirchen, sondern auch islamische Organisationen verteidigt werden, die es als größte Errungenschaft sehen, wenn sie eigenen Religionsunterricht durchführen können.

http://www.heise.de/tp/blogs/6/153561
Peter Nowak

Bafög-Stau auflösen

Kurz vor Weihnachten hat die Berliner GEW-Vorsitzende Sigrid Baumgardt in einer Pressemitteilung Alarm geschlagen. Weil die Bafög-Anträge von Tausenden Schülern und Studierenden trotz rechtzeitiger Abgabe noch nicht bearbeitet wurden und die bisher gewährten Vorab-Abschlagszahlungen Ende Dezember auslaufen, sei die Situation der Betroffenen dramatisch.

Es ist völlig richtig, wenn die GEW nun fordert, dass zumindest der Abschlag unbürokratisch über die vier Monate hinaus gewährt werden muss, ohne dass die Betroffenen weitere Anträge stellen müssen. Viele wissen nicht, wie sie die nächste Miete bezahlen sollen. Zudem haben sich viele Betroffene verschuldet. Denn von den Abschlagszahlungen, die nur 80 Prozent des Bafög betragen, kann man kaum über die Runden kommen.

Der Bafög-Stau ist aber keine Frage persönlichen Versagens einzelner Behördenmitarbeiter, sondern die Folge des politisch gewollten Personalabbaus im öffentlichen Dienst, der sich in Zeiten der Schuldenbremse noch verstärken dürfte. Die Folgen sind verstärkter Stress bei den verbliebenden Beschäftigten, der bis zum Burnout führen kann, und eine Verschlechterung der Service-Leistungen, wofür der Bafög-Stau nur ein Beispiel ist. Eine Anfrage der bildungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Regina Kittler, ergab, dass allein im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf noch 2700 bis 3000 Anträge auf Schüler-Bafög und etwa 600 aus dem Auslandsförderbereich unbearbeitet sind. Das Bafög-Amt Charlottenburg-Wilmersdorf ist für sieben Bezirke zuständig und seit Oktober geschlossen, um den Abarbeitungsstau zu beheben.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/808847.bafoeg-stau-aufloesen.html
Peter Nowak

Deutschland kann von russischen Bildungserfolgen lernen

Nicht alle wollen in das Lob auf die deutsche Bildungspolitik einstimmen

Die meisten deutschen Bildungspolitkern lobten die beiden Grundschulstudien IGLU und TIMMS, die am Dienstag vorgestellt wurden. Sie sahen diese Studien als Beweis, dass die deutsche Bildungspolitik auf dem richtigen Weg ist. Weniger euphorische Stimmen kamen dagegen kaum durch.

Licht und Schatten

Ausgewogen war die Stellungnahme der Bildungsgewerkschaft GEW:

„Die gute Nachricht: Viertklässler in Deutschland zeigen im internationalen Vergleich überdurchschnittliche Leistungen in Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften. Die schlechte Nachricht: In der Tendenz gehen die Leistungskurven nach unten, die Zahl der Risikoschüler hat gegenüber 2006 zugenommen.“

So die Erklärung der Stellvertretenden GEW-Vorsitzenden Marianne Demmer. Sie kritisierte, dass fast sämtliche Bildungspolitiker die Ergebnisse der Studie schönreden würden. Die gewerkschaftliche Bildungsexpertin bewertete es als Alarmsignal, dass der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit schwachen Leistungen unter Kompetenzstufe III gegenüber 2006 von 13, 2 auf 15,4 Prozent angewachsen ist. Gleichzeitig sei der Anteil der Spitzenleser im letzten Jahr von 10,8 auf 9,5 Prozent in 2011 gesunken.

„Schwarzer Tag für die deutsche Bildungspolitik“

Wesentlich kritischer als die GEW bewertet der Bildungsexperte des Deutschlandfunks Manfred Götzke die Studie und spricht in einem Kommentar gar vom „Schwarzen Tag für die deutsche Bildungspolitik“.

Wie Demmer bewertet auch er als Alarmsignal, dass der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit schwachen Leistungen unter Kompetenzstufe III gegenüber 2006 wieder angewachsen ist. Anders als alle die Bildungspolitiker, die nach der Studienveröffentlichung das Selbstlob über die so erfolgreiche deutsche Bildungspolitik gar nicht laut genug formulieren konnten, hält es Götzke auch nicht für naturgegeben, dass 15 Prozent der Viertklässler nicht richtig lesen können, wenn sie die Grundschule verlassen, weswegen der Anteil der Analphabeten in Deutschland weiter auf hohem Niveau ist.

Die russische Bildungspolitik hat gezeigt, dass solche Daten durchaus veränderbar sind. Vor zehn Jahren haben dort auch 20 Prozent der Kinder die Grundschule verlassen, ohne richtig lesen zu können. Heute liegt der Anteil bei acht Prozent und Russland ist IGLU-Spitzenreiter.

Götzke erinnert auch daran, dass die Studie das bürgerliche Bildungsmonopol in Deutschland erneut bestätigt hat. Kinder aus bildungsnahen Familien sind Kindern aus bildungsfernem Milieu in Mathematik und Lesekompetenz fast ein Jahr voraus. Selbst wenn Arbeiterkinder gute Noten haben, bekommen sie oft keine Gymnasialempfehlung. Kinder eines Arztes oder eines Rechtsanwaltes haben eine dreimal so große Chance, eine Gymnasialempfehlung zu bekommen, wie die Kinder von Handwerkern. In den 70er Jahren hatte es sich eine Reformpädagogik zum Ziel gesetz , mit Gesamt- und Kollegschulen das bürgerliche Bildungsprivileg abzubauen. Diese Bemühungen wurden schnell zurechtgestutzt und abgebogen.

Der Bildungsforscher Wilfried Bos vom Institut für Schulentwicklungsforschung an der Dortmunder Universität relativiert den hochgelobten Fortschritt bei der Bildung von in Deutschland lebenden Kindern mit Migrationshintergrund. Obwohl Migrantenkinder in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt hätten, ist der Leistungsvorsprung der Kinder aus Familien ohne Migrationshintergrund weiterhin erheblich, betont Bos.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/153351
Peter Nowak

Leiden an der Hochschule

Das Studium an deutschen Hochschulen ist für viele Kommilitonen nur mit Pillen und Tabletten zu ertragen. Zu diesem Schluss muss man kommen, wenn man die Auswertung einer Studie der Techniker Krankenkasse (TK) liest, die kürzlich veröffentlicht wurde. Danach ist der Pharmakagebrauch von Studierenden zwischen 2006 und 2010 um 55 Prozent gestiegen. Kamen vor sechs Jahren statistisch auf jeden Kommilitonen 8,7 Tagesdosen Psychopharmaka, waren es vor zwei Jahren bereits 13,5 Tagesdosen. Der Gebrauch dieser Medikamente ist bei gleichaltrigen Nichtstudenten wesentlich niedriger. Bei studierenden Frauen wird mehr als doppelt so häufig wie bei Männern ein psychisches Leiden diagnostiziert. Die Ergebnisse der TK-Studie decken sich mit Befragungen, die zu ähnlichen Ergebnissen kommen. So klagen bei einer vor wenigen Monaten veröffentlichten Forsa-Umfrage 75 Prozent der Studenten in NRW über Nervosität und Unruhe, 23 Prozent gaben an, Phasen tiefster Verzweiflung zu spüren und 13 Prozent leiden unter wiederholten Panikattacken. Quer durch die Republik machen Studenten Prüfungsstress und Zeitdruck durch die verschärften Studienbedingungen für ihre Leiden verantwortlich.

Das ist das einzige positive Element bei den Umfragen. Die Betroffenen sehen die Ursachen ihrer Leiden in einer von der Politik gewollten Ökonomisierung der Hochschulen und nicht bei sich selber. Hier gäbe es auch Ansatzpunkte für eine kollektive Gegenwehr, die auch zu einem Rückgang der individuellen Leiden führen könnte. »Nicht wir sind krank, die Gesellschaft ist es«, war Ende der 60er Jahre häufig zu hören. Diese Diagnose kann trifft auf die aktuelle Hochschulpolitik auf jeden Fall zu.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/805867.leiden-an-der-hochschule.html

Peter Nowak

Sind deutsche Hochschulen nur mit Psychopharmaka zu ertragen?

Die Bologna-Reform hat nach Umfragen die psychosozialen Leiden bei Studenten ansteigen lassen
Das Studium an deutschen Hochschulen ist für viele Kommilitonen nur mit Pillen und Tabletten zu ertragen. Zu diesem Schluss muss man kommen, wenn man die Auswertung einer Studie der Techniker Krankenkasse liest, die kürzlich veröffentlicht wurde. Sie untersuchte die gesundheitliche Situation von Kommilitonen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren. Demnach erhielt ein Student im Jahr 2010 durchschnittlich 13,5 Tagesdosen Psychopharmaka und Co.. Vier Jahre vorher waren es 8,7 Tagesdosen – eine Steigerung um 55 Prozent. Erwerbspersonen in dieser Altersgruppe bekamen 2010 statistisch gesehen 9,9 Tagesdosen verschrieben und damit „nur“ 39 Prozent mehr als 2006 (7,1 Tagesdosen). Insgesamt wurden jedem Kommilitonen im Jahr 2010 Medikamente für 65 Tage verordnet, einem erwerbstätigen Altersgenossen dagegen 72 Tagesdosen. Bei studierenden Frauen wird nach der Studie mehr als doppelt so häufig ein psychisches Leiden diagnostiziert wie bei Männern. Diese Diagnose nimmt bei Studierenden beiderlei Geschlechts mit dem Alter zu.

Mehr Burnout durch Bologna
Die Ergebnisse der Studie korrelieren mit einer aktuellen Forsa-Umfrage unter tausend Studierenden in Nordrhein-Westfalen im Mai 2012. 64 Prozent der Befragten klagen über Prüfungsdruck, 55 % über Zeitdruck und 36 % über finanzielle Probleme. Frauen sind davon in allen drei Punkten deutlich höher betroffen. Doch die am Schluss der Studie empfohlenen Kurse „Stressfrei durch die Prüfung“ und die beworbene Stress-Hotlinie können allerhöchstens Symptome lindern, aber nicht die Ursachen bekämpfen.

Die liegen in einer Bildungspolitik, die die weitere Ökonomisierung der Hochschulen zur Folge hat. Mehr Burnout durch Bologna ist eine Soziologie-Diplomarbeit an der TU Chemnitz überschrieben, die ein Ansteigen der psychosozialen Leiden feststellt. Für die Arbeit wurden 36 Mitarbeiter von psychologischen Beratungsstellen des Studentenwerkes aus der ganzen Republik befragt. 83 % konstatieren eine Zunahme von Überlastung und psychischer Erschöpfung bei den Studierenden und ziehen einen Zusammenhang mit der aktuellen Bildungspolitik und dem allgemein verschärften Leistungsdruck in der Gesellschaft. Besonders die Umstellung auf das Bachelor-Master-Studiensystem habe zu massiven Zeitdruck und dem Verlust von Freiräumen geführt. Die Folge seien Lernblockaden, die auch zu vermehrten Studienabbrüchen führen.

Funktionieren bis zum Burnout
Die Zahlen der unterschiedlichen Befragungen ergeben eine klare Diagnose: Eine Bildungspolitik, die schon vom ersten Semester an den Studierenden zur unternehmerischen Ich-AG erzieht, macht krank. Die Zahlen gaben auch den Studierenden recht, die sich in den letzten Jahren mit verschiedenen Aktionen gegen den Bologna-Prozess in den deutschen Hochschulen wehrten.

Dabei haben sie zunehmend mit dem Problem zu kämpfen, dass der mit der Reform verbundene Leistungsdruck vielen Kommilitonen keine Zeit mehr zum Protest lässt. Auch immer mehr selbstverwalteten Projekten an den Hochschulen, seien es selbstorganisierte Tutorien oder von den Fakultäten getragene Cafés, droht die personelle Austrocknung, weil die Kommilitonen im Zeitalter von Bologna keine Zeit mehr für ein solches gesellschaftliches Engagement haben. Daher ist es umso wichtiger, dass zumindest in der Frage der Studiengebühren die Bildungsproteste der letzten Jahre einen deutlichen Erfolg erzielten, wenn sogar die CSU mit der Campusmaut nicht mehr vor die Wähler treten will.

Schließlich verschärfen die Studiengebühren die sozialen Probleme der Kommilitonen noch. Davon können auch die letzten treuen Befürworter der Unimaut, wozu der Taz-Bildungsredakteur Christian Füller gehört, nicht hinwegtäuschen. Die Zunahme des Medikamentenkonsums und der psychischen Diagnosen sind der Preis einer Bildungspolitik, die das Ziel hat, dass alle nur noch funktionieren sollen. Wenn der Körper streikt, sollen Medikamente helfen, bis dann das Burnout kommt.
http://www.heise.de/tp/blogs/6/153282
Peter Nowak