Diese Klassenfahrt wird gesponsert von ExxonMobil

Wo sich die öffentliche Hand zurückzieht, wächst der Einfluss der Lobbyorganisationen

Lobbyismus ist heute allgegenwärtig. Deshalb überrascht es auch nicht, dass auch die Schulen ein wichtiges Testfeld für Lobbyarbeit diverser Firmen sind. Die Organisation Lobby Control will mit einem vor einigen Tagen veröffentlichten Papier über Lobbyismus in den Schulen die Diskussion anregen.

In einem offenen Brief an die Bildungsminister sämtlicher Bundesländer werden diese aufgefordert, sich der Lobbyarbeit in den Schulen entgegenzustellen. Dies dürfte allerdings kaum geschehen. Schließlich findet das Lobbying einen guten Nährboden, wenn die Gelder für Schulen gestrichen oder gekürzt werden und dann private Firmen als Lobbyisten einspringen. Dann haben sie einen großen Imagegewinn, der sich natürlich auch positiv auf die Firmenbilanzen auswirken kann, vor allen wenn jugendgemäße Waren und Dienstleistungen im Angebot sind. So dürfte sich eine von ExxonMobil gesponserte Klassenfahrt schnell amortisieren.

Aber es gibt auch noch direktere Formen von Lobbying an den Schulen, die auch mit der schlechten finanziellen Situation zu tun haben. Überarbeitete Lehrer und wenig Geld für Unterrichtsmaterialien führen dazu, dass gerne auf Broschüren zurückgegriffen wird, die von Firmen gespendet werden, die natürlich ihr Unternehmen dann in gutem Licht erscheinen lassen wollen. Schließlich wird niemand erwarten, dass in Broschüren, die von der Energiewirtschaft gesponsert werden, ein explizit AKW-kritischer Artikel veröffentlicht wird.

Wie verbreitet diese Art von Lobbying ist, zeigen einige Zahlen in der von Lobby Control verfassten Broschüre. Demnach besuchen 87,5 Prozent der 15-Jährigen in Deutschland eine Schule, an der Wirtschaft und Industrie Einfluss auf die Lehrinhalte nehmen. Ein wissenschaftliches Projekt an der Universität Augsburg hat untersucht, wie verbreitet diese Materialien tatsächlich sind, und ein Zwischenergebnis war, dass von den 20 umsatzstärksten Unternehmen 16 an der Produktion von Schulmaterialien beteiligt sind.

Lobbying mit Köpfchen

Oft ist Lobbyarbeit auf Langzeitwirkung ausgerichtet. Dazu gehört der Schülerwettbewerb des Energiekonzerns RWE mit dem Titel „Energie mit Köpfchen“. Er dient der Imagepflege bei einem Konzern, der auch im Zusammenhang mit der AKW-Energie und der Kohleförderung immer wieder in der Kritik gestanden hat.

Beispiele für die alltägliche Lobbyarbeit in den Schulen finden sich in Hülle und Fülle. Oft aber sehen die Betroffenen, seien es Lehrer oder Schüler, gar kein Problem darin, wenn die RWE einen Schülerwettbewerb sponsert und sich damit in ein gutes Licht rücken will. Damit profitieren diese Konzerne von einer weitgehend unpolitischen Jugend, die oft sehr modemarkenorientiert ist und es sogar als Auszeichnung empfinden würde, wenn die Schule eine solche Unterstützung von einer angesagten Marke wie Adidas und Nike bekäme.

Eine Kampagne dagegen, soll sie erfolgreich sein, müsste sich gerade an diese Jugendlichen wenden und an ihren Erfahrungshorizont anknüpfen. Denn, wenn staatliche Maßnahmen gegen Lobbying vorgeschlagen werden, ohne mit den Betroffenen in Kontakt zu kommen, könnten die gute Absicht schnell zum Bumerang werden. Wenn Jugendliche den Eindruck haben, dass über ihre Köpfe hinweg nach dem Staat gerufen wird, könnte das sogar zu Solidarisierungseffekten mit den Firmen führen.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154211
Peter Nowak

Lobbyismus in der Schule

Ein Schüler steht vor einer Tafel mit schwierigen Mathematikformeln und die Überschrift lautet »Energie mit Köpfchen«. Mit diesem Bild wirbt der Schülerwettbewerb des Energiekonzerns RWE, der das Ziel hat, andere Menschen zum Energiesparen zu motivieren. Schüler sollen so zum »Greenwashing« eines Unternehmens beitragen, dessen Anteil an erneuerbarer Energie beim Strommix bei gerade mal acht Prozent liegt. Bekannt gemacht hat den Fall die Organisation Lobby-Control in ihrer 16-seitigen Broschüre »Lobbyismus in der Schule«, die sie am vergangenen Dienstag veröffentlichte. RWE ist nur eines von zahlreichen dort dokumentierten Beispielen. »Lobbyisten haben die Schule als Handlungsfeld entdeckt. In den vergangenen Jahren hat die Einflussnahme von Unternehmen und Verbänden auf den Unterricht zugenommen und wird professionell organisiert«, heißt es in einem Protestbrief, den Lobby Control an die Bildungsminister aller Länder geschickt hat. Zu den Forderungen gehören ein vollständiges Werbeverbot an den Schulen und die Offenlegung der Finanzierung externer Schulmaterialien.

Wichtiger aber als diese Forderungen sind die Punkte, die sich in der Broschüre unter dem Stichwort Handlungsanweisungen finden. Dort wird eine Behandlung des Themas in der Schule angeregt. Wie beim Thema Bundeswehr sind auch beim Lobbying kritische Schüler gefragt, die die verschiedenen Formen der Einflussnahme von Unternehmen auf die Schule öffentlich machen. Doch viele Schüler, die mit begehrten Markenartikeln aufwachsen, empfinden dazu keinen Widerspruch. Die von Lobby Control veröffentlichten Materialien müssten hier ansetzen und dazu beitragen, dass das kritische Bewusstsein wächst.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/820428.lobbyismus-in-der-schule.html

Peter Nowak