Am 31.März und im Mai: auf nach Frankfurt/Main


Am 21. und 22.Januar fanden in Frankfurt am Main zwei Vorbereitungstreffen statt, um die Krisenproteste für dieses Jahr zu planen.

Bereits im letzten Jahr hatte das Ums-Ganze-Bündnis von Gruppen aus der BRD und Österreich die Initiative zu einem europäischen antikapitalistischen Aktionstag ergriffen. Mittlerweile hat sich ein internationales Netzwerk gebildet, dem weitere Gruppen aus der BRD, u.a. die anarchosyndikalistische Gewerkschaft FAU sowie lokale Zusammenhänge, und Gruppen aus Griechenland, Polen, Italien und Belgien angehören.
Nach anfänglichen Gesprächen auch mit der Interventionistischen Linken (IL) über die Durchführung eines gemeinsamen Aktionstags in der BRD, hatte sich die IL schließlich entschlossen, (zusätzlich) eine eigene Demo mit Aktionstagen Mitte Mai anzustreben, und für den 22.Januar zu einem Ratschlag eingeladen.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac schlägt dagegen vor, aus Anlass der Aktionärsversammlung der Deutschen Bank am 31.5., Ende Mai als Termin für Demonstration und Aktionstage zu nehmen.
In Bezug auf den europäischen Aktionstag, der in die Warnstreikphase der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst fällt, steht fest, dass dieser am 31.März in verschiedenen europäischen Ländern stattfinden soll. Zusätzlich zu den oben genannten Ländern werden u.a. noch Gespräch mit der Gewerkschaft SUD in Frankreich sowie mit den spanischen Gewerkschaften CNT, CGT und Solidaridad Obrera geführt. Auch erste Kontakte zu Mitgliedern von DGB-Gewerkschaften in der BRD wurden hergestellt; bei Labournet wurde eine Internet-Seite zu M31 (31.März) erstellt: www.labournet.de/diskussion/arbeit/aktionen/2011/
occupy.html.
In der BRD soll es am 31.März eine zentrale Demonstration in Frankfurt/Main und anschließende kreative Aktionen zur effektiven Beeinträchtigung der Arbeiten auf der Baustelle für ein neues Gebäude der Europäischen Zentralbank geben.
Für die Mai-Aktionen sind die Vorbereitungen noch nicht soweit gediehen – was allerdings nicht tragisch ist, da bis dahin ja auch noch mindestens sechs Wochen mehr Zeit sind. Der nächste Schritt dafür wird eine Aktionskonferenz vom 24. bis 26.Februar, wiederum in Frankfurt, sein, die gemeinsam mit Gruppen aus dem M31-Netzwerk vorbereitet wird. Auf dieser Aktionskonferenz soll der endgültige Termin für die Aktionen im Mai festgelegt und über die politischen Inhalte der Protest Mitte bzw. Ende Mai gesprochen werden.
In den nächsten Wochen wird es jetzt darum gehen, den 31.März als Auftakt der diesjährigen Protestagenda zu einem Erfolg zu machen. In verschiedenen Städten bilden sich Aktionsgruppen, die sich nicht nur um die Organisierung von Mitfahrgelegenheiten nach Frankfurt kümmern, sondern auch Veranstaltungen in verschiedenen Städten organisieren. Die Stärke dieses Aktionstags ist die europaweite Vorbereitung und die klar antikapitalistische Stoßrichtung. Ein Erfolg könnte auch positive Auswirkungen auf alle weiteren Aktionen haben.

Detlef Georgia Schulze, Peter Nowak
aus Sozialistische Zeitung, SoZ, 2/2012
http://www.sozonline.de

Mit Kiezläden aus der Demo-Krise

WIDERSTAND Linke Aktivisten suchen nach Gründen für die mangelnde Protestbereitschaft der Berliner
Am vergangenen Mittwoch diskutierten im gut besuchten Friedrichshainer Stadtteilladen Zielona Gora VertreterInnen verschiedener linker Gruppen aus Berlin über Gründe für die aktuelle Protestflaute. Bei den Protesten gegen das Sparprogramm der Bundesregierung waren am 26. November gerade einmal 3.000 Menschen in der Nähe des Abgeordnetenhauses auf die Straße gegangen. Die Aktion sollte der Höhepunkt eines „heißen Herbstes“ sein, zu dem linke Gruppen aufgerufen hatten. Michael Prütz vom Berliner Antikrisenbündnis übte Selbstkritik.

 Die AktivistInnen hätten zu wenig berücksichtigt, dass die Krise in der Bevölkerung sehr unterschiedlich angekommen sei. „Die Menschen, die sich am wenigsten wehren können, sind am stärksten betroffen gewesen“, meinte der Aktivist mit Blick auf die Erwerbslosen. Zudem fehle bei vielen Menschen die Überzeugung, durch Proteste überhaupt etwas erreichen zu können. Prütz datierte die letzten großen Erfolge einer sozialen Bewegung vierzig Jahre zurück, als die Gewerkschaften in Westdeutschland den Kampf für die 35-Stunden-Woche geführt haben. Anne Seeck vom Erwerbslosentreffpunkt im Neuköllner Stadtteilladen Lunte betonte ebenfalls die Wichtigkeit politischer Erfolge für das Selbstbewusstsein von AktivistInnen.

Solche Erfolge könnten etwa durch gemeinsame Aktionen in Jobcentern und Arbeitsagenturen erzielt werden, wenn sich Erwerbslose gemeinsam gegen Streichungen von Geldern und andere Sanktionen wehrten, sagte Seeck. Dafür sei allerdings der Aufbau einer Infrastruktur in den Stadtteilen notwendiger als Großdemonstrationen. Holger Marcks von der anarchosyndikalistischen Freien ArbeiterInnen Union (FAU) betonte die Wichtigkeit der Basisorganisierung an den Arbeitsplätzen. „Wenn der Betriebsfrieden in Deutschland nicht gebrochen wird, sind auch keine größeren sozialen Proteste auf der Straße zu erwarten.“

Wie es im neuen Jahr mit den Sozialprotesten weitergeht, wird das Berliner Antikrisenbündnis bei einem Treffen am kommenden Dienstag beraten. Aber auch weitere Proteste sind bereits angekündigt. Unter dem Motto „Krach schlagen statt Kohldampf schieben“ wollen Erwerbslosengruppen anlässlich der Landwirtschafts-Messe Grüne Woche am 22. Januar dafür demonstrieren, dass sich auch Hartz-IV-EmpfängerInnen gesunde Ernährung leisten können. Treffpunkt für alle Protestierwilligen ist um 12 Uhr am Hauptbahnhof.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2011%2F01%2F07%2Fa0153&cHash=9ea92309be

Peter Nowak

Rote Karten an der Siegessäule

Nach der geringen Resonanz bei den Aktionen gegen das Sparprogramm der Bundesregierung stellt sich die Frage nach der Zukunft der Krisenproteste
„Ohne die Beteiligung der Schüler wäre die Aktion ein totales Desaster geworden“ – das Urteil eines Erwerbslosenaktivisten mag hart klingen. Nach der nur mäßig besuchten Protestaktion anlässlich der Verabschiedung des schwarz-gelben Haushalts im Bundestag am Freitag teilten allerdings viele Teilnehmer die ernüchternde Einschätzung. Mehrere Tausend Menschen hatten zunächst an einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor teilgenommen, später setzte sich noch ein Demonstrationszug in Richtung Großer Stern in Bewegung. Ein Drittel der etwa 3.000 Teilnehmer waren Berliner Schüler, die dem Aufruf des Bündnisses „Bildungsblockaden einreißen“ gefolgt sind.
 Angesichts der geringen Resonanz konnte von einer Bundestagsbelagerung an diesem Tag keine Rede sein. Alle Versuche, auch nur in die Nähe des Gebäudes zu kommen, wurden von der massiv auftretenden Polizei verhindert. Am Ende wurden in der Nähe der Siegessäule rote Karten gegen das Sparpaket hochgehalten. Als dann noch von einem Lautsprecherwagen fälschlich verkündet worden war, dass die unweit gelegene Bundeszentrale der CDU besetzt worden sei, machte sich eine große Polizeiarmada auf den Weg – immerhin konnte rund 1.000 Menschen mit einer weiteren Kundgebung den freitäglichen Autoverkehr für einige Zeit lahmlegen.

Soll das der Höhepunkt des monatelang vorbereiteten heißen Herbstes des sozialen Bewegungen gewesen sein? Die misslungene Bundestagsbelagerung dürfte vorerst der letzte Versuch gewesen sein, unter dem Label „Krisenproteste“ auf die Straße zu mobilisieren. Im Frühjahr 2009 waren die ersten Aktionen unter dem Motto „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ organisiert worden. Die Resonanz war nicht berauschend, aber die Organisatoren hielten sie für ausbaufähig. Immerhin hatten zu jener Zeit auch die bürgerlichen Medien außerhalb des Feuilletons mitunter Marx zitiert und entdeckt, dass der Kapitalismus ein Verfallsdatum haben könnte.

Harmlose Gewerkschaften

Doch schnell zeigte sich, dass die Mehrheit der Gewerkschaften bei den Krisenprotesten nicht mitziehen würde. Vor allem die IG Metall propagierte im Schulterschluss mit den Unternehmern die Standortverteidigung, setzte auf Abwrackprämie und Kurzarbeiterregelung. Derweil übten sich die Organisatoren der Krisenproteste in Zweckoptimismus und redeten sich ein, die Bewegung werde doch noch wachsen, wenn die Krise bei den Menschen angekommen ist und die Bundesregierung endlich die Sparprogramme vor legen würde, die sie wegen der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen lange in den Schubläden behalten hatte.

Im November 2010 muss dies als Selbsttäuschung erkannt werden. Die Bundesregierung hat mit der Gesundheitsreform und dem Sparpaket Maßnahmen eingeleitet, die Millionen Menschen in Zukunft massiv belasten werden. Der Protest dagegen wurde jedoch kaum wahrgenommen. Selbst Demonstrationen mit einer fünfstelligen Teilnehmerzahl – im Rahmen der Aktionswochen des DGB gegen das Sparpaket – fanden auf den Medien nur auf hinteren Seiten Platz. Was nicht zuletzt daran lag, dass die Aktionen derart konstruktiv angelegt waren, dass sie den Medien zu harmlos schien. Das Krisenbündnis musste auf seine eigenen Kräfte zurückgreifen – und die sind,  wie sich nicht erst am 26. November zeigte, sehr schwach.

Frustrierte Aktivisten

Das zeichnete sich schon ab, als die monatelang vorbereitete und für den 18. Oktober geplante Blockade von Großbanken in Frankfurt/Main wegen zu geringer Resonanz abgesagt werden musste. Bis auf einige hämische Artikel gab es in linken Medien und Internetforen kaum eine Auseinandersetzung darüber. Dafür wuchs der Frust bei den Aktivisten, die viel Zeit und Kraft in die Vorbereitung gesteckt hatten. Wie die Bankenblockade hatte auch die Bundestagsbelagerung das Ziel, die sozialen Proteste zu radikalisieren und Möglichkeiten des Widerstands jenseits von Demonstrationen aufzuzeigen. In beiden Fällen ist man nicht näher gekommen.

Auf einer Konferenz des bundesweiten Krisenprotestbündnisses wurde im Anschluss an die Berliner Demonstration am Freitag eine selbstkritische Analyse angemahnt. Man müsse jetzt ernsthaft darüber reden, warum es der sozialen Bewegung nicht gelungen sei, in diesem Herbst einen Punkt zu setzen, forderte Guido Grüner von der Arbeitslosenselbsthilfe. Ein Gewerkschafter bemängelte die überholte Krisenanalyse des Bündnisses. Den raschen Wirtschaftsaufschwung habe vor einem Jahr niemand für möglich gehalten. Statt der Krise komme nun mit sinkenden Arbeitslosenzahlen und weniger Kurzarbeit der Aufschwung „bei den Menschen in den Betrieben“ an – ein Aufschwung, der allerdings erkauft ist mit der Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen und Niedriglöhnen, die mit Hartz IV aufgestockt werden müssen. Für viele Erwerbslose wiederum findet die Krise nicht auf dem Börsenparkett statt, sondern bei Schikanen in Jobcentern und Beschäftigungsmaßnahmen. Ein Bündnis gegen diese Krisen im Leben vieler Menschen ist bisher nicht in Sicht.

http://www.freitag.de/politik/1047-rote-karten-an-der-siegessaeule

Peter Nowak

Der heiße Herbst ist ausgefallen

Nach den geringen Teilnehmerzahlen bei den Protesten gegen das Sparprogramm der Bundesregierung beginnt die Fehleranalyse
Ca. 3.000 Menschen haben gestern in der Nähe des Berliner Abgeordnetenhauses gegen das Sparpaket der Bundesregierung protestiert, das an diesem Tag beschlossen wurde.

Erst am Vortag wurde die geplante Demonstration gerichtlich genehmigt. Sie war wegen der Teilnahme von zwei antifaschistischen Gruppen verboten worden, weil das Landeskriminalamt befürchtete, dass ein Teil der Demonstranten in die Bannmeile eindringen könnte, um in die Nähe des Parlaments zu kommen. Diese Versuche gab es auch. Doch zur großen Überraschung der Polizei tauchte ein Teil der Demonstranten vor der Parteizentrale der CDU auf. Auch wenn ein großes Polizeiaufgebot den Zugang verhinderte, äußerten sich viele Aktivisten zufrieden mit dieser Aktion. Zumal die anderen Ziele des Protestes nicht wurden. Der Bundestag konnte nicht, wie angekündigt, belagert werden. Das Zücken von Roten Karten mehr als 2 Kilometer entfernt davon, war nicht einmal eine symbolische Aktion.

Die Gesamtbilanz des Aktionstages fällt noch viel negativer aus, wenn man berücksichtigt, dass der 26. 11. der Höhepunkt des heißen Herbstes der sozialen Bewegungen gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung sein sollte Er begann mit einer lautstarken Erwerbslosendemonstration in Oldenburg. Doch schon die für den 18.Oktober geplante Bankenblockade in Frankfurt/Main musste wegen zu geringer Beteiligung abgesagt werden.

Im Rahmen der gewerkschaftlichen Aktionswochen gegen die Politik der Bundesregierung gab es in den letzten Wochen durchaus Demonstrationen mit einer Teilnehmerzahl im fünfstelligen Bereich. Auch an regionalen Protesten gegen die Sparpolitik, beispielsweise in Dresden, nahmen viele Menschen teil. Darauf wiesen Redner auf der Aktionskonferenz des bundesweiten Sozialprotestbündnisses in Berlin hin, das im Anschluss an die Demonstration begann. Dort äußerten viele Aktivisten ihre Ratlosigkeit angesichts der ausbleibenden Sozialproteste in Deutschland.

Selbstkritische Analyse angemahnt

Guido Grüner von der Oldenburger Arbeitslosenselbsthilfe plädierte dort für eine gründliche, selbstkritische Analyse der Krisenproteste. Ein Gewerkschafter wies darauf hin, dass ein Grund für die Protestflaute auch in der schnellen Erholung der Wirtschaft in Deutschland liege. Es handele sich dabei nicht nur um Propaganda der Bundesregierung, wie der Rückgang der Zahlen für die Kurzarbeit zeigt.

Auf diesen Aspekt wies auch das Bündnisprojekt Avanti in seiner Auswertung hin. „Bislang ist der Versuch, die ökonomische in eine politische Krise zu überführen, gescheitert. Bedeutsam hierfür war die relative Stabilität der bundesdeutschen Wirtschaft und die im weltweiten Vergleich enormen Finanzreserven, aber auch die geschickte Verzögerung der ‚gefühlten Krise‘ durch die Regierung.“ 
 
http://www.heise.de/tp/blogs/8/148822

Peter Nowak

Den Protest auf die deutsche Straße bringen

Soziale Verbände und Gewerkschaften mobilisieren gegen das Sparprogramm
Manchmal haben soziale Initiativen einfach Glück. Als das Protestbündnis „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ vor einigen Monaten auf einem bundesweiten Treffen am 12. Juni eine Doppeldemonstration in Stuttgart und Berlin beschloss, glaubten selbst die Initiatoren nicht an einen großen Erfolg.

Damals wollte niemand mehr etwas von der Krise hören und die Medien redeten gar von einem neuen Boom. Nach der Griechenland- und Eurokrise sowie dem „massiven Sparprogramm“ der Bundesregierung ist nicht nur das mediale Interesse für die Krisenproteste groß: „Die Zahl der Zugriffe auf unsere Homepage hat sich in der letzten Woche vervielfacht, und auch über die Politik empörte Briefe aus der Bevölkerung erreichen uns“, so die Sprecherin des Krisenbündnis Christina Kaindl gegenüber Telepolis.

Am Samstag wird sich nun zeigen, ob die heftige Kritik von sozialen Verbänden und Gewerkschaften an den Sparplänen auf der Straße seinen Niederschlag findet und sich damit Deutschland auf EU-Standard bewegt. In Griechenland, aber auch in Italien, Frankreich und Spanien sind in den letzten Wochen Zigtausende gegen die Sparprogramme auf die Straße gegangen. Dort wurde häufig die deutsche Niedriglohnpolitik als ein zentrales Problem kritisiert, weil sie die Ökonomien der europäischen Nachbarländer unter einen besonderen Konkurrenzdruck stellen.

SPD als Kritikerin des Sparprogramms?

Auf der Krisendemonstration in Stuttgart, auf der unter anderen der verdi-Vorsitzende Frank Bsirske teilnimmt, werden alle Oppositionsparteien, also auch die SPD, ein kurzes Grußwort halten. Das kommt allerdings nicht bei allen Organisatoren gut an.

Sie erinnern an die Rolle der SPD bei den vorherigen Sparprogrammen und verweisen auch darauf, dass der sozialdemokratische Finanzpolitiker Werner Gatzer in den Zeiten der großen Koalition wesentliche Elemente des aktuellen Sparprogramms konzipiert hatte.

Mehr auf inhaltliche Schärfe setzen in Zeiten der Krise Wissenschaftler und „soziale Aktivisten“, die sich am vergangenen Samstag auf einem Workshop in Berlin um „eine Kapitalismuskritik auf der Höhe der Zeit“ bemühten, wie es ein Organisator formulierte. Dort wurden Parolen, nach denen die Verursacher der Krise zur Kasse gebeten sollen, als verkürzt kritisiert. Es müssten vielmehr Wege gefunden werden, wie der kapitalistische Verwertungszwang, zu dem Krisen gehören, überwunden werden kann.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147793

Peter Nowak

Warum noch Krisen-Proteste?

Am Wochenende tagte das Bündnis »Wir zahlen nicht für Eure Krise« / Christina Kaindl aus Berlin ist Mitbegründerin des bundesweiten Anti-Krisen-Bündnisses
 ND: Sie haben am vergangenen Samstag eine bundesweite Aktionsberatung in Wiesbaden durchgeführt. Was war der Inhalt dieser Konferenz?
Kaindl: An dem Treffen haben mehr als 80 Personen teilgenommen. Es gab Referate zu den ökonomischen Aspekten der Krise und zur Stimmung in der Bevölkerung. Ein weiterer Schwerpunkt war die Vorbereitung der beiden bundesweiten Anti-Krisen-Demonstrationen, die am 12. Juni in Stuttgart und Berlin stattfinden werden.

Unter welchem Motto werden die stehen?
Wir haben uns darauf verständigt, das Motto »Wir zahlen nicht für Eure Krise«, unter dem bereits die bisherigen Demos standen, beizubehalten. Der Untertitel wird lauten: »Gemeinsam gegen Erwerbslosigkeit, Kopfpauschale und Bildungsabbau«. Damit wollen wir uns auf die Bildungsproteste beziehen, die Anfang Juni geplant sind. Auch der Protest gegen die geplante Kopfpauschale soll in die Mobilisierung zu den Demonstrationen einfließen. Wie schon im vergangenen Jahr werden auch zum 12. Juni regionale Bündnisse mit eigenen Aufrufen mobilisieren. So heißt das Motto des Berliner Bündnisses »Die Krise heißt Kapitalismus«.

Ist angesichts der vielen Meldungen von einem Ende der Wirtschaftskrise eine Anti-Krisendemo nicht anachronistisch?
Die Probleme der Kapitalverwertung, die zu der Krise geführt haben, sind nicht gelöst; die Regulation der Finanzmärkte ist unterblieben. Auf den Wirtschaftsseiten mancher Zeitungen wird vor neuen Spekulationsblasen gewarnt. Bernd Riexinger von ver.di Stuttgart hat sich auf der Konferenz ausführlich mit den ökonomischen Hintergründen der Krise auseinandergesetzt und beschrieben, dass auch in den Belegschaften die Unruhe wächst. Die Probleme von Erwerbslosigkeit, Kurzarbeit und Sozialabbau brauchen Widerstand von unten.

Aber hat sich nicht ein großer Teil der Bevölkerung mit den von der Bundesregierung favorisierten Maßnahmen wie der Kurzarbeit abgefunden?
Mit diesen Maßnahmen wurde das Problem nur verschoben, aber nicht gelöst. In Zukunft können Firmenzusammenbrüche, die mit Entlassungen verbunden sind, nicht mehr ausgeschlossen werden. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ist ja in vielen Umfragen belegt. Verlängerung der Kurzarbeit geht für die Betroffenen auch mit der Befürchtung einher, nie wieder das frühere Lohnniveau erreichen zu können.

Eine weitere Folge der Krise ist die immense Verschuldung der Kommunen. Mehreren Städten im Ruhrgebiet droht die Insolvenz. Sie können dann keinen eigenen Haushalt mehr beschließen. Gebührenerhöhungen und Schließungen von städtischen Einrichtungen drohen ebenso wie weitere Privatisierungen. Das wird die Spaltung in diejenigen, die sich die privatisierten Dienstleistungen leisten können, und diejenigen, die es nicht können, verschärfen.

Muss nicht trotzdem damit gerechnet werden, dass die Demonstrationen eher klein werden?
Ich bin nach der Aktionskonferenz wieder optimistischer. Die Demonstrationen stehen ja auch im Zusammenhang mit den Klimaprotesten am 5. Juni in Bonn und den Bildungsprotesten am 9. Juni. In Süddeutschland haben sich viele Gewerkschafter gegen eine Verschiebung der Proteste auf den Herbst mit den Worten gewandt, wie lange wir noch warten sollen. In den nächsten Wochen wird viel von der Mobilisierung vor Ort abhängen. Demnächst wird es Mobilisierungsmaterial und eine Autobusbörse auf der zentralen Homepage kapitalismuskrise.org geben.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/169530.warum-noch-krisen-proteste.html

Fragen: Peter Nowak