Erwerbslosenarbeit nicht gemeinnützig?

Finanzamt Frankfurt am Main entzieht Verein die Förderungswürdigkeit
Das Frankfurter Finanzamt hält die Unterstützung von Arbeitslosen nicht für gemeinnützig und schneidet den Verein Zusammen e. V. so von Spendengeldern ab.
Ist Stadtteilarbeit, Beratung von Erwerbslosen und Unterstützung von migrantischen Jugendlichen für das Finanzamt Frankfurt am Main nicht förderungswürdig? Diese Frage stellen sich viele Nutzer des Vereins Zusammen e. V., der im August 2006 in dem Stadtteil Rödelheim mit dem Ziel gegründet wurde, die sozial benachteiligten Bewohner über ihre Rechte zu informieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Die vom Verein initiierte Kampagne gegen Kinderarmut im Stadtteil wurde auch von vielen Lehrern aufgegriffen, die Materialen anforderten.

Trotzdem hat das Finanzamt am 19. Januar 2011 dem Verein nach einem fast einjährigen Papierkrieg die Gemeinnützigkeit entzogen. Seitdem kann er keine Spendenquittungen mehr ausstellen und muss auf die Unterstützung von Stiftungen verzichten, die auf Grund ihrer Satzung nur an gemeinnützige Vereine spenden können. Das Mitglied des Vereinsvorstands Philipp Kissel sieht in der Maßnahme einen Angriff auf die politische Arbeit von Zusammen e. V. »Da wir unabhängig von staatlichen Geldern sind und bleiben wollen, sind die Spenden neben den Mitgliedsbeiträgen die Grundlage der Finanzierung und der Unabhängigkeit«, betont er.

Das Finanzamt begründet den Entzug der Förderungswürdigkeit mit den sozialpolitischen Aktivitäten. Dort heißt es: »Schwerpunkt des Vereins ist nach eigener Darstellung die Förderung von Arbeitslosen und die moralische Unterstützung bei Ämtern. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine gemeinnützige Tätigkeit im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts (…)«. Zudem moniert das Finanzamt, die Nutzung der Vereinsangebote käme nur den Mitgliedern zugute. Dieser Vorhalt ist für Kissel unverständlich, weil das auf die überwiegende Mehrheit der gemeinnützigen Vereine zutrifft.

Zusammen e. V. will sich gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit mit juristischen und politischen Mitteln wehren. Ein Anwalt hat beim Finanzgericht Widerspruch eingelegt. Das Verfahren kann mehrere Jahre dauern und hat keine aufschiebende Wirkung. Zudem will der Verein durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit die Rücknahme der Aberkennung der Gemeinnützigkeit erreichen. Schließlich ist er kein Einzelfall, so Kissel. So wurde Anfang 2010 dem Frankfurter Dritte-Welt-Haus die Gemeinnützigkeit aberkannt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/190376.erwerbslosenarbeit-nicht-gemeinnuetzig.html

Peter Nowak

Freiheit für „Meinungsdissidenten“

Online-Petition für Horst Mahler stößt auf wenig Solidarität in rechtsextremen Kreisen.

Unter dem Motto „Freilassung für den Meinungsdissidenten Horst Mahler“ haben extrem rechte Kreise eine Online-Petition an den Bundestag initiiert. In der Begründung wird der Holocaust-Leugner Mahler mit dem chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo verglichen. Nach der Nobelpreisverleihung an Liu Xiaobo hatten die Rechtsextremisten Ursula Haverbeck und Rigold Henning einen Brief an verschiedene Justizbehörden verfasst, in dem eine Revision des Mahler-Urteils gefordert wurde.

Mahler war im Februar 2009 vom Landgericht München II zu einer sechsjährigen Haftstrafe wegen Volksverhetzung verurteilt worden, die er in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg verbüßt. Während Mahler seine Prozesse mediengerecht inszenierte, war es in der jüngsten Zeit ruhig um ihn geworden, was auch auf der rechten Internetplattform Altermedia mehrmals beklagt wurde.

Die Online-Petition dürfte ein Versuch sein, Mahler und sein Gedankengut wieder stärker in die Öffentlichkeit zu bringen und vor allem in den eigenen Kreisen Solidarität einzufordern. Bisher mit wenig Erfolg. Die Petition wurde bis zum 7. Februar von 59 Personen unterzeichnet. Dazu gehören das ehemalige Vorstandsmitglied des Bundes der Vertriebenen Paul Latussek sowie der Kölner Arzt Benedikt Frings, der mehrmals für die NPD kandierte und im Dezember 2006 an einer Konferenz von Holocaust-Leugnern in Teheran teilgenommen hat.

http://www.bnr.de/content/freiheit-fuer-ae-meinungsdissidenten-ae

Peter Nowak

Muss Ex-US-Präsident Bush in Europa Strafverfahren fürchten?

Bush hat seinen  Besuch in der Schweiz lieber einmal abgesagt
Warum hat der ehemalige US-Präsident Bush seinen für die kommende Woche geplanten Besuch in der Schweiz abgesagt? Wegen befürchteter Krawalle, wie Mitarbeiter des ehemaligen US-Politikers behaupten, oder aus Angst vor Protesten und einer drohenden Strafverfolgung, wie die juristische Menschenrechtsorganisation ECCHR schreibt?

Sie hatte gemeinsam mit ihrer US-US-amerikanischen Partnerorganisation im Namen von zwei Opfern des US-Folterprogramms nach dem 11.September 2011 in Genf Strafanzeigen gegen Bush vorbereitet, die von Menschenrechtsorganisationen in aller Welt unterstützt worden waren. Da sie seit Jahren dafür kämpfen, dass Menschenrechtsverletzungen bis auf der höchsten politischen Ebene juristisch verfolgt werden, hätte ein Strafverfahren gegen Bush für sie daher einen hohen symbolischen Wert.

Sie sehen sich im Einklang mit der UN-Antifolterkonvention, die alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, mutmaßliche Täter zu verfolgen, unabhängig davon, ob es sich um den ehemaligen Präsidenten, Regierungs- oder Geheimdienstmitarbeiter, Soldaten oder Polizisten handelt.

„Solange die US-Justiz keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der europäischen Länder gefordert“, begründete der ECCHR-Generalsekretär und Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck die Vorbereitungen zur Anklageerhebung in der Schweiz. Die juristischen Menschenrechtsorganisationen haben nicht nur den Ex-Präsidenten im Visier. Schon Ende Januar haben sie die spanische Justiz aufgefordert, gegen führende, das Guantanamo-System stützende Militärs und Juristen vorzugehen, darunter den ehemaligen befehlshabenden Offizier in Guantanamo, Generalmajor Geoffrey Miller. „Jede Europa-Reise solle für die US-Entscheidungsträger zu einem unkalkulierbaren Risiko werden“, so Kaleck.

Auch Amnesty International hatte die Schweizer Staatsanwaltschaft aufgefordert, gegen Bush ein Verfahren wegen Folter einzuleiten und ihn festzunehmen. Erst danach cancelte er die Reise. Die Beweisführung gegen Bush dürfte nicht schwer sein. In seinen vor einigen Monaten veröffentlichen Memoiren hat er sich selbst belastet, indem er zugab, als Präsident gewisse Foltermethoden, wie das sogenannte Waterboarding, autorisiert zu haben.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/149212

Peter Nowak

Widerstand Ost

Protest gegen Castoren für Lubmin
»Castor stoppen in Rostock« lautete das Motto, mit dem das Anti-Atombündnis Nordost am 5. Februar in der norddeutschen Hansestadt an die Öffentlichkeit getreten ist. Es war der Auftakt für den Widerstand gegen einen Castortransport, der dieses Mal nicht ins Wendland, sondern ins Zwischenlager Nord bei Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern rollen soll. Er wird hochradioaktiven Abfall aus der stillgelegten Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) enthalten, der quer durch den Nordosten der Republik rollen soll. Nach Angaben der Energiewerke Nord GmbH (EWN) handelt es sich dabei um 140 sogenannte Glaskokillen, etwa 60 Kubikmeter in Glas eingeschmolzenen stark strahlenden Atommüll.

 Obwohl der Termin noch geheim gehalten wird, ist mittlerweile durchgesickert, dass der Transport wohl für den 16. und 17. Februar geplant ist. Darauf wollte das Anti-AKW-Bündnis am Samstag in Rostock hinweisen und um regionale Unterstützung für die Proteste werben. Am 12. Februar soll mit einem Streckenaktionstag in Greifswald die heiße Phase der Protesttage beginnen. Höhepunkte wird es dann am 15. und 16. Februar geben, wenn der Transport mit vielfältigen Aktionen möglichst auf der gesamten Stecke behindert werden soll.

Diese Protestagenda ist umso ambitionierter, wenn man weiß, dass die Anti-AKW-Gegner erst im Dezember 2010 mit ihren Aktionen gegen einen Castortransport bundesweit für Aufsehen sorgten. Dieser Erfolg verschaffte den regionalen Initiativen so viel Rückenwind, dass sie knapp zwei Monate später den zweiten Streich wagen. Dadurch könnten sich auch AKW-Gegner an Standorten wie Ahaus ermutigt fühlen, die Atommülltransporte in ihrer Region stärker in das Blickfeld zu rücken. Damit würde das Bekenntnis »Gorleben ist überall« in die Realität umgesetzt.

Infos im Internet unter: lubmin-nixda.de

http://www.neues-deutschland.de/artikel/190266.widerstand-ost.html

Peter Nowak

»Es war mir in Deutschland zu stille«

 

Dora Dick – eine wahrhaftige Jahrhunderzeugin

Die weißhaarige Frau hat die Augen geschlossen. Man hat den Eindruck, sie würde schlafen und die Musik gar nicht hören. Doch plötzlich ist sie hellwach, bewegt ihren Kopf im Rhythmus und summt den Text mit. »Roter Wedding« und das »Solidaritätslied« – das sind die Lieder die Dora Dick mit ihren Freunden und Genossen Ende der 20er Jahre gesungen hat.

In jungen Jahren hat sie oft ihren Bruder begleitet, wenn dieser zu dem von ihrem Wohnhaus im Berliner Scheunenviertel nicht weit entfernten Bülowplatz ging. Hier trafen revolutionäre Politik und avantgardistische Kunst zusammen: Auf der einen Seite des Platzes befand sich die Parteizentrale der KPD, auf der anderen die Volksbühne. Die junge Dora lauschte den Reden der Kommunisten mit ebenso großer Begeisterung, wie sie die Auftritte der Schauspieler verfolgte. Mit einer Schaupielerin freundete sie sich an. Sie weckte das Interesse der jungen Dora für die Marxistische Abendschule (MASCH).

Auch als Dora eine Lehre als Modellschneiderin am Berliner Nollendorfplatz aufnahm, blieb sie der Muse treu, besuchte das dortige Theater. Es hatte sich unter der Leitung des Regisseurs Erwin Piscator zu einer der avantgardistischsten Bühnen Deutschlands entwickelt. An die Aufführung von »Hoppla wir leben« von Ernst Toller kann sie sich noch gut erinnern. Die Eltern allerdings waren gar nicht so begeistert, dass die Tochter lieber ins Theater ging, als sich an den jüdisch-religiösen Zeremonien zu beteiligen.

Wenn Dora Dick heute, am 5. Februar, ihren 100. Geburtstag feiert, wird keiner von ihren Jugendfreunden mehr dabei sein. Fast alle sind schon verstorben, viele sind von den Nazis ermordet worden. Als Jüdin und als Linke war Dora Dick selbst in Nazideutschland doppelt gefährdet. Ihr Bruder wurde von den Nazis 1938 wie viele Tausend längst eingebürgerte ehemalige jüdische Einwanderer aus Polen an die Grenze zurück deportiert und abgeschoben. Danach verlor sich seine Spur. Die Schwester merkte immer mehr, wie allein die NS-Gegner waren. »Es war mir in Deutschland zu still.« Dora Dick ging nach Prag und publizierte in der Exilpresse. Ins Gedächtnis eingebrannt hat sich ihr der Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Als tschechische Bäuerin verkleidet, beobachtete sie, wie Panzer auf Panzer über die großen Straßen in die Innenstadt der tschechischen Hauptstadt einfuhren. Sie wusste, dass es für sie jetzt um Leben und Tod ging, Sie hatte keine Illusionen über den Umgang der Nazis mit emigrierten Deutschen.

Auf abenteuerliche Weise gelang ihr die Flucht nach Großbritannien. Dort war sie Mitbegründerin des »Freien Deutschen Kulturbundes (FDKB). Oscar Kokoschka, John Heartfield und Jürgen Kuczynski gehörten zu ihren Mitstreitern. In England kam auch ihr einziger Sohn zur Welt, mit dem sie nach dem Zweiten Weltkrieg zurück nach Deutschland zog. Sie setzte sich für einen demokratischen Neubeginn ein, engagierte sich in der Gewerkschaft und wurde Vorsitzende des Frauenausschusses der Westberliner IG Textil- Bekleidung.

Auch im hohen Alter verfolgt sie noch das politische Geschehen. 2007 stritt sie für die Umbenennung der nach den antisemitischen Historiker Treitschke benannten Straße in Berlin-Steglitz. Mit Sorge beobachtet sie Anzeichen von neuem Antisemitismus. »Eine Welt ohne Juden kann man sich nicht vorstellen«, sagt sie immer wieder. Sohn Antonin Dick arbeitet zur Zeit an einem Erinnerungsband, in dem er die Flucht und das Exil seiner Mutter als ihr Vermächtnis an die Nachwelt dokumentiert will.

Peter Nowak

http://www.neues-deutschland.de/artikel/190178.es-war-mir-in-deutschland-zu-stille.html?sstr=Dora|Dick

Unterstützer von Berliner Hausprojekt „besetzen“ Onlineshops

 

Mit der „Aktion 101 Websites defaced“ wollten sich Hacker mit dem am Mittwoch geräumten Hausprojekt Liebig 14 solidarisch erklären

Wer sich am Donnerstag beim Juweliershop Elze online über die Preise für Schmuck informieren wollte, dürfte sich gewundert haben. Auf der Website fand sich eine Erklärung zur Räumung des Berliner Hausprojekts Liebigstraße 14 am Mittwoch.

Der gleiche Text fand sich auch auf Online-Shops, die Hochzeitsdeko anbieten, auf den Seiten von Online-Sexshops oder bei Online-Autovermittlern. Sie gehören zu den 101 Webseiten, die Hacker in der Nacht zum 3. Februar virtuell besetzt und mit einer Solidaritätserklärung für das Hausprojekt versehen haben. In einer auf Indymedia veröffentlichten kurzen Erklärung der heißt es:

„Im Rahmen der Soli-Aktionen haben wir in dieser Nacht auf 101 Internetseiten einen Text platziert um auf die Räumung der Liebig 14 hinzuweisen und um klarzumachen das wir auf allen Ebenen kämpfen werden!“

 Schon im Vorfeld der Räumung hatten die Bewohner des Projekts und die Unterstützer angekündigt, dass 101 weitere Projekte entstehen werden, wenn das Haus geräumt wird. In der letzten Woche gab es aus dem Kreis der Unterstützer zahlreiche kurzfristige Besetzungen von leerstehenden Gebäuden in Berlin. Nach der Räumung kam es zu Protestaktionen in deutschen und europäischen Städten, selbst im peruanischen Iquitos.

Dass die Unterstützer des Hausprojekts auch zum Internetprotest griffen, war denn doch überraschend. Schließlich gehört das „Defacement“ von Webseiten, also das unautorisierte Veröffentlichen von Inhalten, bisher nicht zu den vorherrschenden Protestformen in Deutschland. Zuletzt wurde die Aktionsform bekannt, als Ende 2010 auf dem Jahreskongress des Chaos Computer Clubs in Berlin eine Reihe von Internetseiten gehackt wurden, unter anderem der Online-Shop der FDP. Dort wurde das Angebot so umgebaut, dass unter den zu kaufenden Produkten auch ein Heißluft-Handtrockner erschien, der angeblich eine Rede von Guido Westerwelle wiedergeben sollte.
http://www.heise.de/tp/blogs/6/149199 
Peter Nowak

Ziviler Ungehorsam vor Gericht

AKW-Gegner müssen in Frankreich 21 000 Euro an die Bahn bezahlen
Die Meldung hatte Anfang November bei den Castorgegnern im niedersächsischen Gorleben großen Jubel ausgelöst: Blockade der atomaren Fracht schon in Frankreich, der Transport verzögert sich! Mitglieder einer gewaltfreien französischen Anti-AKW-Initiative hatten sich am 5. November in der Normandie an den Gleisen gekettet. Es dauerte einige Zeit, bis sie von der Polizei entfernt wurden, die dabei laut Augenzeugen nicht besonders zimperlich vorging. Einige AKW-Gegner trugen Verletzungen davon. Eine Klage wegen »Gewalt von Vertretern der Staatsmacht« wurde von den französischen Gerichten nicht angenommen. Dagegen kommen nun auf die Aktivisten gravierende juristische Folgen zu.

 Vergangene Woche verurteilte das Landgericht Caen einen deutschen und sechs französische AKW-Gegner zu – im Vergleich zu Deutschland – ungewöhnlich hohen Strafen. Sämtliche Angeklagte wurden zu Geldstrafen von 1000 bis 1500 Euro pro Person sowie zu einer Haftstrafe von einem Monat auf Bewährung verurteilt. Zudem müssen sie gemeinsam der Staatsbahn SNCF eine Entschädigung von 21 000 Euro zahlen. Die Staatanwaltschaft hatte nur geringfügig höhere Geldstrafen gefordert. Die Argumente der Umweltschützer, die ihre Aktion als Teil des zivilen Ungehorsams und als legitime Notwehr gegen umweltgefährdende Castor-Transporte bezeichneten, fanden bei dem Gericht kein Gehör.

Ein Sprecher der Umweltgruppe erklärte, dass für ihn nicht nur die Tatsache schockierend sei, dass mit dem Urteil eine gewaltfreie Aktion kriminalisiert werde, sondern auch die Unverhältnismäßigkeit durch die Höhe der Strafe. Er betonte, dass sich die Atomkraftgegner nicht von weiteren Protesten abhalten lassen werden. Allerdings müsse künftig über die Aktionsformen diskutiert werden. Schon nach dem Tod eines Aktivisten, der 2004 von dem vorbeifahrenden Castor-Zug erfasst und getötet wurde, gab es in Frankreichs Umweltbewegung Diskussionen über die Grenzen des AKW-Widerstands.

Ob die juristischen Folgen des zivilen Ungehorsams für die Einzelnen tragbar sind, hängt auch davon ab, wie groß die Solidarität ist. Die deutsche Anti-Castor-Bewegung, die die französischen Aktionen im letzten Herbst laut beklatscht hat, hat bisher noch nicht auf das Urteil reagiert. Ein Berliner meinte allerdings, dass in der nächsten Zeit mit dem Spendensammeln begonnen werde.

Für die in Deutschland erwarteten Verfahren und Strafbefehle ist die Unterstützung bereits angelaufen. So ruft die Rote Hilfe Greifswald zu Solidarität mit den Atomkraftgegnern auf, die im Dezember gegen den Castor-Transport nach Lubmin protestiert haben, und hat bereits ein Spendenkonto eingerichtet. Peter Nowak

GSL-Bank, Kto-Nr.: 400 723 83 07, BLZ 430 609 67, Stichwort: »Soli-Castor Lubmin«

http://www.neues-deutschland.de/artikel/189922.ziviler-ungehorsam-vor-gericht.html

Peter Nowak

Mieterkampf oder Revival der Instandbesetzer?

Eine Häuserräumung in Berlin-Friedrichshain sorgt für Diskussionen

Am 2. Februar hatte man in dem Stadtteil Berlin-Friedrichshain den Eindruck, die Instandbesetzerbewegung der frühen 90er Jahre würde ein Revival erfahren. Mehrere Polizeihundertschaften räumten die Liebigstraße 14, in dem Haus hatten sich 9 Bewohner verbarrikadiert. Erst fünf Stunden, nachdem die Polizei sich auf dem Dach des Hauses präsentiert hatte, gelang es ihr die Menschen herauszutragen. Sie wurden unter dem Verdacht des Widerstands und schwerer Körperverletzung vorläufig festgenommen.

Die bevorstehende Räumung des Hauses hatte wochenlang für Schlagzeilen, zunächst in der Berliner, in den letzten Tagen auch in den überregionalen Medien wie der Faz gesorgt. Dabei fehlt selten der Hinweis auf die Instandbesetzerbewegung, die in Westberlin in den frühen 80er und in Ostberlin in den frühen 90er Jahren die Berliner Stadtpolitik wesentlich mitbestimmte. Doch diese Reminiszenzen stimmen für das am Mittwoch geräumte Haus nur bedingt. Es war in den 90er Jahren besetzt wurden, doch die Bewohner hatten schon wenige Jahre danach Mietverträge bekommen.

Erst einige Jahre später wurde es von dem Duo Suitbert Beulker und Edwin Thöne gekauft. Seitdem gab es Konflikte zwischen den Eigentümern und den Mietern. Ihr Ziel, diese loszuwerden, erreichten sie mit einer gerichtlich bestätigten Kündigung, weil ohne die Einwilligung der Eigentümer eine Zwischentür und ein Boiler eingebaut worden war. Der Stadtforscher Andrej machte darauf aufmerksam, dass solche Kündigungen gegen Mieter in Berlin heute längst nicht mehr selten sind. Der Wohnraum wird knapp, der soziale Wohnungsbau ist in der Stadt ganz zum Erliegen gekommen und die Mieten steigen, was Menschen mit geringen Einkommen unter Druck setzt.

„Doch nur selten leisten Menschen, die unter gekündigt wurden, Widerstand. Sie ziehen meist aus, bevor es zu einer Räumung kommt“, meinte das Mitglied einer Berliner Mieterorganisation gegenüber Telepolis. Kritisiert wird, dass nicht nur in den Medien, sondern auch in der Mobilisierung der Hausbewohner oft von Besetzern gesprochen und geschrieben wird. Dadurch bleibt oft unbeachtet, dass erst durch die gerichtlich bestätigten Kündigungen zwangsweise Mieter wieder zu Besetzern geworden sind. Die durch das Label Hausbesetzer erwünschte Solidarität dürfte trotzdem begrenzt sein. Auf eine Anfrage der Taz erklärten mehrere Westberliner Ex-Hausbesetzer, bei ihnen spiele die Liebigstraße keine Rolle. Manche hatten sogar noch nie von dem Haus gehört. 
 
http://www.heise.de/tp/blogs/8/149192

Peter Nowak

Waffen made in Germany für das ägyptische Regime

Friedensorganisationen kritisieren, dass die Waffenlieferungen zwischen 2008 und 2009 für Ägypten verdoppelt worden sind
Werden die Proteste in Ägypten auch mit Waffen aus Deutschland unterdrückt? Diese Frage stellt sich, nachdem Friedensorganisationen in einer gemeinsamen Presseerklärung darauf hingewiesen haben, dass das Land am Nil zu den bedeutenden Importeuren von Waffen aus Deutschland gehört.

Die Waffenexporte hätten sich im Zeitraum zwischen 2008 und 2009 verdoppelt, kritisieren die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, die Kampagne gegen Rüstungsexport bei Ohne Rüstung Leben und das RüstungsInformationsBüro. „Ägypten ist als Entwicklungsland bedeutendster Empfänger deutscher Waffen“, heißt es in der Mitteilung.

Der Wert der von Deutschland gelieferten Waffen habe sich von 33,6 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 77,5 Millionen Euro 2009 „dramatisch gesteigert“, präzisierte der Rüstungsexperte Jürgen Grässlin die Vorwürfe. Er monierte explizit die Einzelgenehmigungen für Kleinwaffen, die „aufgrund der hohen Opferzahlen besonders folgenschwer“ seien. Die ägyptische Polizei verfüge über von Heckler & Koch entwickelte Maschinenpistolen des Typs MP5. Wegen Waffenlieferungen in Krisengebiete in Mexiko war das Unternehmen vor einigen Monaten ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten, die Bundesregierung hat die Verkäufe gestoppt.

Zudem seien dem ägyptischen Regime Panzerteile gepanzerte Fahrzeuge, militärische Landfahrzeuge und Kommunikationsausrüstung geliefert worden. Die Friedensorganisationen werfen Bundesaußenminister Westerwelle Heuchelei vor, wenn er als Mahnung an die ägyptische Regierung in einem Interview erklärte, dass „der Weg zur Stabilität über die Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte“, führe, die Waffenlieferungen an das Land aber nicht erwähnt und schon gar nicht infrage stellt. Die Friedensorganisationen hingegen fordern in ihrer Erklärung einen sofortigen Stopp von Waffenlieferungen und Rüstungsgütern an Ägypten und andere diktatorische Regime.

Bisher wird Ägypten auf den Webseiten von Großunternehmen wie Siemens als attraktiver Partner dargestellt und die Zusammenarbeit als ausbaufähiges Erfolgsobjekt bezeichnet. Ob sich die Kontakte auch bei einem Regimewechsel so positiv weiter entwickeln, ist völlig unsicher. Die Zukunft der deutschen Exporte vor allem auf dem Rüstungssektor dürfte auch davon abhängigen, ob eine künftige ägyptische Regierung die relativ prowestliche Außenpolitik fortsetzt. 
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149180
Peter Nowak

Führte deutsche Amtshilfe zur Festnahme in Kabul?

Auch nach der Freilassung eines Deutsch-Afghanen aus dem US-Militärgefängnis in Bagram bleiben viele Fragen offen
Haddid N. konnte in den letzten Wochen keine Vorlesungen in der Fachhochschule der Stadt Frankfurt/Main besuchen. Der Student des Bauingenieurswesens war am 8.Januar in Kabul von US-Militärs festgenommen worden und war bis zum 28. Januar im Militärgefängnis Bagram inhaftiert. Die US-Behörden erklärten, die Verhaftung habe sich in Einklang mit Kriegsvölkerrecht befunden.

Am letzten Freitag wurde N. aus der Haft entlassen und den deutschen Behörden übergeben. Erst wenige Tage zuvor war sein Fall in Deutschland bekannt geworden. Seine Schwester und sein Anwalt hatten auf einer Pressekonferenz in Frankfurt/Main darüber informiert. Erste Petitionen zur schnellen Freilassung von N. waren vor wenigen Tagen am Campus der FH Frankfurt aufgetaucht.

Auch nach seiner Freilassung bleibt die Frage offen, wie die US-Behörden in Afghanistan auf N. aufmerksam geworden sind, der in Kabul in den Weihnachtsferien seinen Vater besucht hatte. Gab es vor der Festnahme Hinweise deutscher Behörden auf die Anwesenheit von N. in Afghanistan? Die Angehörigen des Studenten haben diese Vermutungen öffentlich geäußert.

Es wird jetzt zu klären sein, ob und wie die US-Behörden von einem Ermittlungsverfahren erfahren hatten, dass die deutsche Justiz gegen N. angestrengt hatte. Im Oktober 2009 war er am Flughafen Frankfurt/Main festgenommen worden, als er nach Bahrain fliegen wollte. Gegen N. war ein Ausreiseverbot erlassen worden, weil es Vermutungen gab, dass er die Reise nutzen wollte, um sich in einem Terrorcamp ausbilden zu lassen. Im Zuge der Ermittlungen war auch sein Pass eingezogen worden. Weil sich der Verdacht nicht erhärtete, wurde das Verfahren im Juli 2010 eingestellt. Auch der Vorwurf, N. habe sich in den Informations- und Serviceleistungen] islamistisch geäußert, ließ sich nicht erhörten. Das Bundeskriminalamt hat bisher bestritten, Informationen über Ermittlungen gegen N. an die USA weitergeleitet zu haben, was nicht alle überzeugt.

Ungeklärter Drohnenangriff

Schnell werden Parallelen zu Bünyamin E. gezogen. Er ist mit anderen vermeintlichen Islamisten am 4. Oktober 2010 bei dem Drohnenangriff der USA in Nordpakistan getötet worden. Auch hier bleibt die Frage, ob deutsche Behörden den Aufenthaltsort von E. weiter verbreiteten.

Der Richter Thomas Schulte-Kellinghaus hat mittlerweile Anzeige gegen BKA-Chef Ziercke wegen Beihilfe zum Mord erstattet. Er will damit klären lassen, ob es im Vorfeld des Drohnenangriffs einen Datentransfer aus Deutschland gegeben hat.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/149174

Peter Nowak

Fusion zwischen NPD und DVU gerichtlich gestoppt

Die Entscheidung ist für viele DVU- und NPD-Funktionäre eine peinliche Niederlage
Eigentlich war die Vereinigung zwischen den beiden Rechtsaußenparteien NPD und Deutsche Volksunion schon vollzogen und der Fusionsvertrag vor Jahresende unterzeichnet. Doch am 27. Januar stellt eine Einstweilige Verfügung des Münchner Landgerichts 1 das ganze Prozedere wieder in Frage. Danach kann der Verschmelzungsvertrag erst nach der Abhaltung einer erneuten Mitgliederbefragung innerhalb der DVU unterzeichnet werden.

Das Gericht setzte eine hohe Ordnungsstrafe fest, falls die Entscheidung missachtet wird. Es gab damit einer Klage der DVU-Opposition Recht, die sich gegen einen Zusammenschluss mit der NPD wandte und die Verletzung innerparteilicher Regeln beklagte. Das wurde vom Amtsgericht bestätigt. Bei der Urabstimmung über die Verschmelzung seien „erhebliche, mit den Anforderungen an demokratische Abstimmungen unvereinbare Mängel vorgetragen und glaubhaft gemacht“ worden, begründen die Richter die Einstweilige Verfügung.

Machtkampf zwischen Pro-Deutschland und NPD

Die Entscheidung ist für die DVU- und NPD-Funktionäre, die die Fusion forciert hatten, eine peinliche Niederlage. Schließlich hatte sich die NPD durch den Zusammenschluss Rückenwind bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und dem Stadtstaat Bremen erhofft.

Die Fusionsgegner innerhalb der DVU, die vor allem in den Landesverbänden Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen eine Basis haben, kündigten nach ihren Erfolg weitere juristische Schritte an. Dabei ist auch ihnen klar, dass es kein Zurück zu einer eigenständigen DVU mehr geben wird. Schließlich war diese Partei sowohl finanziell als auch personell schon lange vor der Fusion mit der NPD am Ende.

Die Auseinandersetzung ist vielmehr Teil des Machtkampfes zwischen der NPD und der Pro-Deutschlandbewegung um die Hegemonie im rechten Lager. Letztere setzt vor allem auf Rechtspopulismus und ist bereit, im Kampf gegen den Islam taktische Bündnisse mit Israel einzugehen. Damit knüpft die Pro-Deutschlandbewegung an eine stärker werdende Strömung der Eurorechten an, die bei einem Israel-Besuch im Dezember bekräftigten, künftig den Kampf gegen den Islam Priorität vor dem Antisemitismus zu geben.

Mitorganisator der Reise nach Jerusalem war Patrik Brinkmann, der innerhalb kurzer Zeit seinen politischen Weg von der NPD über die DVU zur Pro-Deutschlandbewegung gemacht hat. Viele DVU-Dissidenten dürften ihm auf diesen Weg folgen. Mehrere von ihnen wurden bei der Klage gegen die Fusion mit der NPD von Juristen aus der Pro-Deutschlandbewegung vertreten. 
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149156

Peter Nowak

Liebig-Fans besetzen Schule

BewohnerInnen und UnterstützerInnen des von Räumung bedrohten Hausprojekts Liebig 14 haben am Donnerstagnachmittag eine leerstehende Schule in in Mitte besetzt. Sie fordern ein Ersatzobjekt, falls die Räumung des Hausprojekts nicht mehr verhindert werden kann. „Die PolitikerInnen haben uns erklärt, dass keine geeigneten Gebäude in städtischem Besitz zur Verfügung stehen. Mit der Besetzung haben wir das Gegenteil bewiesen“, so eine Sprecherin der AktivistInnen. Sie forderte die Politiker auf zu verhandeln, wenn sie „eine friedliche Alternative zur Räumung“ wollen. Die Besetzung in der Adalbertstraße 53 ist der Start von Aktionstagen, mit denen für den Erhalt der Liebig 14 protestiert wird.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2011%2F01%2F28%2Fa0142&cHash=3b25ba5421

Peter Nowak

Linke kümmern sich um die Polizei

TREFFEN Auf Kongress diskutiert die Szene über Flüchtlings- und Sicherheitsfragen. Freitag Demo

Mit einer Demonstration und einem Kongress mobilisiert ein linkes Bündnis am Wochenende gegen den Europäischen Polizeikongress, der am 14. und 15. Februar in der Kongresshalle am Alexanderplatz tagen soll. Die linken KritikerInnen wollen am Samstag und Sonntag in der Schule für Erwachsenenbildung (SFE) im Mehringhof über die Flüchtlings- und Sicherheitspolitik im EU-Raum debattieren.

Dabei sind zahlreiche Referate geplant, etwa über den Einsatz von Satelliten und Drohnen zur Aufspürung von Flüchtlingen, über die aktuelle Entwicklung innerhalb Europas rechter Szene und über Techniken, mit der die europäischen Polizeibehörden schon im Vorfeld gegen abweichendes Verhalten vorgehen wollen. Eine Fotoausstellung über „Wut und Aufruhr in Griechenland“ soll daran erinnern, dass neben den Herrschaftsstrategien auch der Widerstand existiert. Linke Perspektiven im europäischen Rahmen sollen auch auf einer Podiumsdiskussion unter dem Motto „Risse in der Festung“ am Samstagabend zur Sprache kommen.

Schon am Freitag wollen linke Gruppen ab 19.30 Uhr am Rosenthaler Platz in Mitte mit einer Demonstration gegen den Polizeikongress Widerstand zeigen. Die OrganisatorInnen kündigen in einer Pressemitteilung an, sich den Polizeikontrollen kreativ entziehen zu wollen. Auch gegen die drohende Räumung der Liebigstraße 14 soll protestiert werden.

Die europäische Sicherheitspolitik beschäftigt die linke Szene auch über das Wochenende hinaus. So wird am 2. Februar im Friedrichshainer Stadtteilladen Zielona über den europaweiten Einsatz von verdeckten PolizeiermittlerInnen informiert, die auch in der linken Szene Berlins aktiv waren. PETER NOWAK

 Infos zu Demo und Kongress: http://outofcontrol.blogsport.de

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2011%2F01%2F28%2Fa0145&cHash=adf575620a

Peter Nowak

Filmarchiv der Arbeiterbewegung

Labournet in bewegten Bildern – linke Internetplattform baut aus
Am Sonntag geht ein neues Film- und Medienprojekt online. »Labournet.tv« ist Teil der kritischen Internetplattform Labournet.
Filme und Videos sind heute bei der Mobilisierung zu Demonstrationen und Protesten der unterschiedlichen Art nicht mehr wegzudenken. Mit dem Projekt labournet.tv, das am kommenden Sonntag startet, soll ein audiovisuelles Archiv der Arbeiterbewegung geschaffen werden.

 Das Projekt ist Teil der Internetplattform Labournet, die sich seit 1999 als »Treffpunkt für Ungehorsame mit und ohne Job« für die Stärkung gewerkschaftlicher und sozialer Gegenmacht einsetzt. »Bei Labournet.tv sollen Videos und Filme zu den bei uns dokumentierten aktuellen Berichten über soziale Kämpfe in aller Welt ins Netz gestellt werden«, erklärt Mag Wompel von Labournet gegenüber ND. »Über Filme lassen sich globale Zusammenhänge der Ausbeutung und der Gegenwehr veranschaulichen«, betont Bärbel Schönafinger. Die Berliner Kulturwissenschaftlerin und Filmemacherin betreut das von der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt mit einer halben Stelle geförderte Projekt Labournet.tv.

Die Gliederung auf der Webseite des Filmarchivs ist sehr übersichtlich und benutzerfreundlich. Der virtuelle Besucher kann unter dem Obertitel »Branchen« die unterschiedlichsten Berufssparten von Bergbau über Fischerei und Landwirtschaft, Transport und Logistik anklicken und findet dort die entsprechenden Filme und Videos. Nicht nur über die klassische Lohnarbeit, auch über migrantische und prekäre Beschäftigungsverhältnisse sowie über Kämpfe auf dem Feld der Reproduktionsarbeit finden sich Beiträge. Bärbel Schönafinger legt großen Wert auf die Präsentation unterschiedlicher filmischen Positionen aus den verschiedenen sozialen Kämpfen. So ist unter der Rubrik »Erwerbslosenbewegung« neben kurzen Videoclips über Zahltags- und Begleitaktionen in verschiedenen Jobcentern der Republik auch der 1988 gedrehte Film »Einstweilen wird es Mittag« über den Alltag von Menschen ohne Lohnarbeit aufgelistet. In dem ebenfalls archivierten Film »Vorsicht Arbeit« von 2004 kommen 12 Erwerbslose zu Wort, die sich ein Leben ohne Lohnarbeit wünschen.

Auf Labournet.tv sollen auch heute oft nur schwer zugängliche Filme aus der Geschichte der Arbeiterbewegung zu finden sein – sofern das Urheberrecht es zulässt. »Bei den vielen Filmen, für die es keine Abspielrechte gibt, können wir nur auf im Handel befindliche DVD oder VHS hinweisen«, so Schönafinger.

Zwei internationale Klassiker der Filmgeschichte der Arbeiterbewegung sind allerdings öffentlich zugänglich und werden ab kommenden Sonntag in voller Länge auf labournet.tv zu sehen sein. Es handelt sich um »Streik« des sowjetischen Regisseurs Sergej Eisenstein und um den Film »Salz der Erde«, der einen Arbeitskampf mexikanischer Migranten in einer Zinnmine in den USA der frühen 50er Jahre zum Thema hat. Sämtliche dokumentierten Filme und Videos sind mit deutschen Untertiteln versehen.

Zum Start des Projekts lädt Labournet.tv am 30. Januar um 11 Uhr zum Lunch in das fsk-Kino am Segitzdamm 2 nach Berlin-Kreuzberg. Dort wird auch der Film »107 Sekunden – Arbeiter des Südens« über drei Fiatarbeiter gezeigt. de.labournet.tv

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/189532.filmarchiv-der-arbeiterbewegung.html

Peter Nowak

Solidaritätshacker oder Provokateure?

 

Die Gruppe Schwarzer Phönix hat zahlreiche linke Webseiten gehackt
„Wir haben die Accounts von 100 linken Gruppen und Einzelpersonen einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen“, heißt in einer mit „Bewegung Schwarzer Phönix“ unterzeichneten Erklärung. Darin betont sie, in Solidarität mit den gehackten Initiativen aus dem antifaschistischen und sozialpolitischen Spektrum gehandelt zu haben. Man habe auf die gravierenden Sicherheitslücken im linken Mailverkehr hinweisen wollen, beteuern die Schwarzen Phönixe und verschweigen auch nicht, dass sie eine erzieherische Aufgabe verfolgen.
   

„Wir haben vor Sicherheitslücken gewarnt, doch wir wurden in den meisten Fällen ignoriert oder beschimpft. Eine Überprüfung der Sicherheitslücken fand in den meisten Fällen nicht statt.“ Ihre öffentliche Aktion wollen sie als Schuss vor den Bug der linken Internetgemeinde verstanden wissen. Sie erinnert daran, dass es schließlich nicht nur linken Inhalten wohlgesonnene Hacker gibt. Die könnten mit den gesammelten Daten viel Schaden anrichten. Schließlich seien den Solidaritätshackern laut eigenen Angaben auch „Protokolle von regionalen und überregionalen klandestinen Treffen“ und „Informationen über die Planung von politischen Aktionen“ in die Hände gefallen. Um an solche sensiblen Daten zu kommen, hätten sie nur die Passwort erraten müssen, dass oft identisch mit in linken Kreisen häufig verwendete Begriffen war und den Phönixen keine große Mühe kostete.

In ihrem Schreiben weisen die Hacker darauf hin, dass ausgerechnet der in linken Kreisen beliebte Email-Anbieter riseup.net im Stresstest in Sachen Internetsicherheit besonders schlecht abgeschnitten hat, und geben Tipps für mehr Sicherheit im Emailverkehr. Außerdem versichern sie allen vom Hacking betroffenen Gruppen, dass sie ihren Account zurück bekommen.

 

Account unverschlüsselt verschickt

Das müsste viele der Gruppen eigentlich freuen, denn durch den Hack sind die Passwörter blockiert und die betroffenen Initiativen können deshalb in letzter Zeit keine Mails versenden. Weil in großen Teilen der linken Szene die gesamte Aktion auf Unverständnis stößt, wird auch auf das Angebot der Accountübergabe mit Skepsis reagiert. Schließlich wisse niemand, wer hinter den Phönixen stecke, weshalb sich die meisten Gruppen um neue Zugangsdaten bemühen.

Das Misstrauen hat sich verstärkt, als bekannt geworden ist, dass auch die Phönixe nicht alle Sicherheitskriterien einzuhalten scheinen. So wurden dem Berliner Ermittlungsausschuss, der juristische und politische Unterstützung bei Festnahmen organisiert, von den vermeintlichen Solidaritätshackern drei gekaperte Emailaccounts per Mail zugeschickt. Sie sollten sie an die betroffenen Gruppen weiterleiten. Obwohl eine Verschlüsselung problemlos möglich gewesen wäre, hätten die Phönixe keinen Gebrauch davon gemacht, moniert der EA. Er wirft den Hackern vor, in populistischer Art und Weise auf die Sicherheitslücken und Schwachstellen in der digitalen Kommunikation hingewiesen zu haben, konzediert ihnen aber, auf ein reales Problem aufmerksam gemacht zu haben.

Damit hebt sich der EA von den im Internet kursierenden Mutmaßungen ab, den Phönixen sei es weniger um Solidarität mit der linken Szene, als um das Verbreiten von Verunsicherung gegangen. Einzelne Gruppen, wie das von Räumung bedrohte Berliner Hausprojekt Liebigstraße 14 sind in der Erklärung als besonders relevant bezeichnet worden. Deshalb habe man ihren Account nicht gekapert und wisse daher auch nicht, wie sicher ihre Daten seien.

Allerdings könnte man die Kaperaktion auch in die Tradition des Chaos-Computer-Club stellen. Hat er doch seit Jahren immer wieder durch das medienwirksame Hacken von Internetseiten auf Sicherheitslücken bei der digitalen Kommunikation aufmerksam gemacht. Allerdings gehörten zur Zielgruppen des CCC eher große Wirtschaftsunternehmen, staatliche Stellen und Behörden als die linke Szene.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/34/34083/1.html

Peter Nowak