„Mit Warnhinweis“

Aus Anlass der Bundestagswahl hat der Bundesverband Psychiatrieerfahrener (BPE) 1126 Kandidaten sowie sechs Parteien nach ihren Ansichten zur Psychiatriepolitik befragt. 233 Kandidaten sowie drei Parteien haben geantwortet. Der BPE hat nun Wahlempfehlungen ausgesprochen. René Talbot engagiert sich in dem Verband.

Der BPE ruft zur Wahl der Linkspartei auf. Warum?

Nur die Linkspartei setzt sich für eine bedingungslos gewalt- und folterfreie Psychiatrie ein und fordert als logische Konsequenz daraus die Abschaffung aller psychiatrischen Sondergesetze. Damit ist sie auch für den Bereich der Psychiatrie menschenrechtskonform und sollte dafür auch gewählt werden.

Dennoch hat Ihr Verband einen Warnhinweis unter die Empfehlung gesetzt. Weshalb?

Noch ist ungeklärt, ob die Linkspartei nicht womöglich ein taktisches Verhältnis zu den Menschenrechten hat. Im Land Brandenburg stellt sie die Minister für das Justiz- und Gesundheitsressort, die für das Psychisch-Kranken-Gesetz zuständig sind. Ein Oberlandesgerichtsbeschluss hat bestätigt, dass es in Brandenburg keine gesetzliche Grundlage für psychiatrische Zwangsbehandlungen gibt. Sie sind daher illegal. Durch Verweigerung der Zustimmung zu dem Vorhaben, ein neues Gesetz zur Zwangsbehandlung zu schaffen, muss die Linke ihr Wahlversprechen halten, damit die Zwangsbehandlung weiter illegal bleibt. Aber die Gesundheitsministerin Anita Tack hat dem Brandenburger Landtag in einer Drucksache im Mai schon offenbart, dass sie sehr wohl ein Foltergesetz auf den Weg bringen will. Wenn das geschähe, hätte die Linkspartei menschenrechtlich total versagt und grundlegende Menschenrechte wie das Folterverbot zugunsten eines Machtkalküls geopfert.

Warum hat Ihr Verband auch eine besondere Wahlempfehlung für den CDU-Direktkandidaten Hubert Hüppe ausgesprochen?

Weil Herr Hüppe – immerhin der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung – inzwischen verstanden hat, dass mit der Gesetz gewordenen Behindertenrechtskonvention alle psychiatrischen Sondergesetze ohne Wenn und Aber abgeschafft werden müssen. Er hat dies auch auf unsere Fragen, die sogenannten Wahlprüfsteine, geantwortet.

Welche Empfehlung gab Ihre Organisation bei vorherigen Wahlen?

Es ist das erste Mal, dass wir bei einer Bundestagswahl die Kandidaten und Parteien befragt und eine Empfehlung abgegeben haben – allerdings mit Warnhinweis.

Interview: Peter Nowak

http://jungle-world.com/artikel/2013/38/48484.html