Alternatives Projekt gegen Flüchtlinge ausgespielt


RIGAER 94 Geflüchtete unterstützen das Hausprojekt Rigaer Straße 94 mit einer Demonstration
In diesen Tagen gibt es viel Unterstützung für das von der Polizei belagerte Hausprojekt Rigaer Straße 94. Am Montagabend waren
es rund 100 Geflüchtete, die sich gemeinsam mit UnterstützerInnen von der Flüchtlingsunterkunft in der Lichtenberger Bornitzstraße auf dem Weg nach Friedrichshain machten. Mehrere BewohnerInnen monierten in Redebeiträgen die fehlende Privatsp äre in der Unterkunft, was besonders für die Frauen unerträglich sei. Probleme bei der Postzustellung wurden angesprochen – und die Versorgung:
„Seit Langem fordern wir, dass wir selbst entscheiden können, was wir essen wollen. Denn das Essen schmeckt im Lager immer gleich“, sagt Karim, der sich in der Flüchtlingsinitiative Stop Deportation engagiert. „Wir haben vor der Räumung der Kadterschmiede in der Rigaer 94 regelmäßig gekocht und das Essen gegen eine Spende verteilt“, begründete er seine Solidarität mit dem Hausprojekt. Er hält es für zynisch, dass die selbstverwalteten Räume jetzt verschwinden sollen, um angeblich Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Bereits in der letzten Woche haben sich Organisationen aus der Flüchtlingssolidarität wie „Moabit hilft“ und „Friedrichshain hilft“ mit den BewohnerInnen der Rigaer Straße solidarisiert und sich dagegen gewandt, ein alternatives Projekt gegen die Flüchtlinge auszuspielen.
Herrmann Wehrle von der Berliner Mietergemeinschaft betonte in seinem Redebeitrag auf der Demonstration, dass für  die Wohnungsnot in Berlin nicht die Geflüchteten verantwortlich sind. „Sie ist die Folge einer Politik, die systematisch den sozialen Wohnungsbau zerstört hat.“ Auf der Abschlusskundgebung bedankte sich ein Bewohner der Rigaer Straße 94 für die Solidarität der Geflüchteten. In einer Erklärung auf der linken Internetplattform Indymedia schrieben UnterstützerInnen, es sei eine besonders „dreiste Taktik, die Räumung im Namen der Flüchtlingshilfe durchzuziehen“. Zuletzt wurde versucht, auch im Fall des Wagenplatzes Schwarzer Kanal ein alternatives
Wohnprojekt gegen Geflüchtete auszuspielen. Noch vor einem Jahr sollten die BewohnerInnen unterschreiben, keine Geflüchteten
aufzunehmen, was sie ablehnten. Nun gibt es Pläne, eine Flüchtlingsunterkunft auf dem Areal zu errichten.
aus Taz vom 7.6.2016

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Widerstand gegen Flüchtlingsunterkünfte wächst

Kleine Klausel, große Wirkung

ASYL Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben will es den Bewohnern einer Neuköllner Wagenburg qua Mietvertrag verbieten, Flüchtlinge aufzunehmen

Das seit 25 Jahren bestehende Berliner Wohn- und Kulturprojekt Wagenburg Schwarzer Kanal e.V. wird keinen Vertrag unterschreiben, in dem eine Klausel die Aufnahme von Geflüchteten verbietet. Das stellten die BewohnerInnen in einer Pressemeldung klar, nachdem über entsprechende Forderungen berichtet worden war.

Für das Gelände in der Kiefholzstraße in Neukölln, auf dem sich die Wagenburg seit 2010 befindet, verhandeln der Verein Schwarzer Kanal e.V. mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) über neue Verträge. War zunächst die Höhe der Mietforderungen strittig, könnte nun die kritisierte Klausel eine Einigung erschweren. So sei „der Vertrag unverzüglich zu beenden […] wenn der Verein „Wagenburg Schwarzer Kanal e.V.“ auf der Mietfläche Flüchtlingen Obdach gewährt“ so der Stein des Anstoßes. „Diese Klausel ist weder mit unserer Vereinssatzung noch mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vereinbar“, begründete ein Vereinsmitglied die Ablehnung.

Die Pressesprecherin der BImA, Marlies Masche, erklärte gegenüber der taz, dass die Behörde über Vertragsinterna keine Auskunft geben könne. Allerdings sei es üblich, dass die BImA in den Verträgen die Art und den Umfang der Nutzung ihrer Grundstücke vertraglich festlege. Sie wandte sich gegen Kritik, mit der Klausel werde eine Willkommenskultur für Geflüchtete konterkariert, wie sie von antirassistischen Initiativen geäußert wird. „Die BImA hat bekanntlich in den letzten Monaten Grundstücke in größeren Umfang für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Dabei ist für uns das Landesamt für Gesundheit und Soziales der alleinige Ansprechpartner“, betonte Masche.

Eine Unterstützerin des Schwarzen Kanals sieht denn auch weniger die BImA als einige NutzerInnen der Kleingärten in der Nachbarschaft der Wagenburg als das eigentliche Problem. Bereits 2013 hatten die sich beschwert, als auf der Wagenburg kurzzeitig Obdachlose aus Rumänien ein Domizil fanden. Nun mache bei manchen KleingärtnerInnen die Angst vor einem neuen Oranienplatz in ihrer Nachbarschaft die Runde, glaubt die Unterstützerin.

Solche Befürchtungen haben keinerlei Grundlage, stellte ein Vereinsmitglied klar. „Der Schwarze Kanal hat nicht vor, aus Wohltätigkeitsgründen Geflüchtete aufzunehmen, wie das zurzeit einige Wohngemeinschaften mit den sogenannten Solidaritätszimmern praktizieren.“ Auch die im Vertrag geregelte zulässige Zahl von Wagen werde man nicht überschreiten.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2015%2F03%2F25%2Fa0133&cHash=75428474eb6b484e646bc955bff6f8b2

Peter Nowak