Protestmarsch für bessere Pflege


Beim „Walk of Care“ am Samstag demonstrieren rund achthundert Menschen für mehr Personal und Geld in der Pflegebranche

Mit Musik und Luftballons demonstrierten am Samstagnach- mittag Auszubildende und PflegerInnen für bessere Bedingungen in ihrer Branche. Rund 800 Menschen kamen beim „Walk of Care“ zusammen und zogen von Berlin-Mitte vorbei am Bundesgesundheitsministerium hin zur Senatsverwaltung für Gesundheit in Kreuzberg. Die Stimmung war fröhlich, bei einem Zwischenstopp am Checkpoint Charlie wippten auch einige der zahlreichen PassantInnen im Takt der Musik mit. Doch es ging nicht nur um Spaß beim zweiten Berliner Walk of Care.

Immer wieder skandierten die DemonstrantInnen „Die Pflege steht auf“. Der Berliner Pflegestammtisch nutzte den Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai, um die Forderung nach einer gesetzlichen Personalbemessung, mehr Raum für Praxisanleitung und guter Ausbildung auf die Straße zu tragen. „Mehr Zeit für Pflege“ hatte eine Frau auf einen Karton geschrieben. Eine andere Demonstrantin forderte „Respect Nurses.“

„Mehr Zeit für Pflege“, hatte eine Frau auf einen Karton geschrieben

Der Walk of Care startete in unmittelbarer Nähe der Charité, wo es in den letzten Monaten Arbeitskämpfe gab, die andere inspirierten. Markus Mai von der Pflegekammer Rheinland- Pfalz berichtete von ähnlichen Demonstrationen in verschiedenen Städten in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern am 12. Mai.

Für die Berliner Vorbereitungsgruppe macht die große Resonanz des Walk of Care deutlich, dass sich in den letzten Jahren die unterschiedlichen Pflegebeschäftigten gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen zu wehren begonnen haben. „Ältere KollegInnen haben oft noch die Vorstellungen vom Ehrenamt im Kopf. Jüngere Beschäftige im Care-Bereich begreifen ihren Beruf als Arbeitsplatz, der auch gut bezahlt werden muss“, benennt Valentin Herfurth vom Berliner Pflegestammtisch die Unterschiede zwischen den Generationen.

Dabei bekommen sie Unterstützung aus der Bevölkerung, wie der aussichtsreiche „Volksentscheid für gesunde Krankenhäuser“ zeigt, in dem mehr Personal und höhere Investitionen in Berliner Krankenhäusern gefordert werden. „Wir haben das nötige Quorum der Unterschriften bereits erreicht, sammeln aber noch bis 11. Juni weiter“, sagte Dietmar Lange, der auf der Demonstration für das Volksbegehren warb.

Solidarität bekamen die Care- Beschäftigten auch von Feuerwehrleuten, die kürzlich eine fünfwöchige Mahnwache gegen schlechte Bezahlung, zu wenig Personal und veraltete Ausrüstung vor dem Roten Rathaus be- endet haben. Dort entstand auch der Protest-Rap „Berlin brennt“, den der Feuerwehrmann Christian Köller am Samstag unter großem Applaus aufführte.

Die Brandenburger Linke startete unterdessen am Tag der Pflege eine Kampagne für mehr Personal und eine bessere Bezahlung in den Pflegeberufen. „Wir fordern einen Pflegemindestlohn von 14,50 Euro und einen flächendeckenden Tarifvertrag“, sagte Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg zum Auftakt in Potsdam.

montag, 14. mai 2018 taz

Peter Nowak

»Wir sind auch nur Menschen«


In Berlin demonstrierten Hunderte für bessere Bedingungen in der Pflege

Rund 800 Menschen zogen am Samstagnachmittag von Berlin-Mitte nach Kreuzberg, um gegen die schlechte Arbeitssituation im Pflegebereich zu protestieren. Es war eine Mischung aus Feier, guter Laune und Protest. Auf einem weißen Transparent waren zehn ausdrucksstarke Gesichter zu sehen – mehr als zwei Drittel davon Frauen. Es sind die Konterfeis von Beschäftigten aus dem Pflegebereich. Auf jedem Gesicht war ein Buchstabe gemalt. »Walk of Care« war dort zu lesen. Der Berliner Pflegestammtisch nutzte den Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai, um die Forderungen nach einer gesetzlichen Personalbemessung, mehr Raum für Praxisanleitung und guter Ausbildung auf die Straße zu tragen. 

Viele Teilnehmer trugen ihre Anliegen auf selbstgemalten Schildern mit sich. »Mehr Zeit für Pflege«, »Wir sind auch nur Menschen«, »Keine Profite mit der Pflege« lauteten drei von vielen Parolen. Auch die Redner an den verschiedenen Kundgebungsorten gaben sich kämpferisch. Der »Walk of Care« startete in unmittelbarer Nähe der Charité, wo es in den letzten Monaten vielbeachtete Arbeitskämpfe im Pflegebereich gab, auf die sich mehrere Rednerinnen bezogen. Ein Vertreter der studentischen Organisation »Kritische Medizinerinnen« überbrachte Solidaritätsgrüße und erklärte, dass für sie als zukünftige Ärzte Gesundheit keine Waren sondern ein Recht sei, dass allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft zustehe. 

Markus Mai von der Pflegekammer Rheinland-Pfalz berichtete, dass in Berlin der größte, aber nicht der einzige »Walk of Care« stattgefunden habe. Kleinere Aktionen gab es auch in Stuttgart und Dresden. In anderen europäischen Ländern hat es schon in den vergangenen Jahren ähnliche Pflegemärsche gegeben. In Berlin waren im vergangenen Jahr erstmals knapp 200 Menschen zu einem deutschen »Walk of Care« auf die Straße gegangen. Dass sich die Zahl jetzt vervierfacht hat, ist für Tim von der Berliner Vorbereitungsgruppe ein klares Indiz, dass sich die unterschiedlichen Pflegebeschäftigten gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen zu wehren begonnen haben. »Die Pflege steht auf«, lautete denn auch eine häufig skandierte Parole.

Auf die Unterstützung auch außerhalb der Pflegeberufe wies Dietmar Lange hin. Er trug auf der Demonstration ein Transparent der Initiative für den »Volksentscheid für gesunde Krankenhäuser«, der mehr Personal und höhere Investitionen in Berliner Krankenhäusern fordert. »Wir haben das nötige Quorum der Unterschriften bereits erreicht, sammeln aber noch bis zum 11. Juni weiter«, betonte Lange. 

Valentin Herfurth vom Berliner Stammtisch erklärt gegenüber »nd«, dass vor allem die jungen Pflegekräfte bereit seien, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. »Ältere Kollegen haben oft noch die Vorstellungen von Pflege als Ehrenamt im Kopf, die Kämpfe erschweren.« 

Solidarität bekamen die Pflegekräften von Berliner Feuerwehrleuten, die kürzlich eine fünfmonatige Mahnwache gegen schlechte Bezahlung, zu wenig Personal und veraltete Ausrüstung vor dem Roten Rathaus beendet hatten. Dort ist auch »Berlin brennt« entstanden, der Protest-Rap des Feuerwehrmanns Christian Köller, den er am Samstag auf der Care-Demonstration unter großen Applaus aufführte. 

Im März 2014 trafen sich in Berlin über 500 Menschen zur Konferenz Care-Revolution. Er war der Beginn eines bundesweiten Netzwerkes, das die Bedürfnisse der Menschen statt die Profite in den Mittelpunkt stellen will. 

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1088018.wir-sind-auch-nur-menschen.html

Peter Nowak