Dem Haus am Kleistpark droht die Entwurzelung

 

KUNST Die Schöneberger Einrichtung erhält immer weniger Geld. Ihr möglicher Umzug sorgt für Proteste

Die Bezirksverordneten von Schöneberg-Tempelhof erwartet zur BVV-Sitzung am heutigen Mittwoch eine besondere Begrüßung: Vor dem Rathaus Schöneberg spielen AbsolventInnen der Musikschule Leo Kestenberg.

„Wir wollen die Politiker an ihre Verantwortung für die akut bedrohte Musikschule erinnern“, sagt Christiane Lange von der Elterninitiative der Musikschule. Bereits 2010 seien die Honorarmittel um 100.000 Euro gesenkt worden, 2011 soll es der doppelte Betrag sein. Es herrscht Aufnahmestopp. Viele Eltern fragen sich auch, ob die Schule im Haus am Kleistpark bleiben kann.

Das 1880 errichtete Gebäude beherbergt seit 1967 ein Kulturzentrum. Der Bezirk will es verkaufen, um 2,3 Millionen Euro für Reparaturen und Infrastruktur einzusparen. Für die jetzigen MieterInnen müssten neue Räume gefunden werden. Betroffen wären auch eine Galerie, mehrere Ateliers und das Kulturamt.

Jetzt wächst der Widerstand gegen den Verkauf. „Der kulturpolitische Schaden für Berlin und den Bezirk wäre viel größer als der erzielbare Spareffekt. Es würde Jahre dauern, einen neuen Standort zu etablieren“, warnt der Vorstandsvorsitzende des Berufsverbands Bildender Künstler (bbk), Herbert Mondry. Die kürzlich gegründete „Initiative Pro Haus am Kleistpark“ (Initiative proHaK) sammelte in wenigen Tagen über 1.000 Unterschriften, der Regierende Bürgermeister sprach sich für den Erhalt des Hauses aus.

Renovieren statt sanieren

Auch aus der Bezirkspolitik kommt Unterstützung für das Haus: SPD und Grüne wollen es erhalten und kostengünstige Varianten für die nötige Instandhaltung prüfen. Sinnvoller als die „Komplettsanierung“ sei eine Renovierung, die nur die gefahrlose Nutzung gewährleiste, erklärte der Fraktionschef der Schöneberger Grünen, Jörn Oltmann. Das Problem fehlender Toiletten ließe sich etwa mit einem Container lösen. Positives Beispiel für Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, so Oltmann, sei die schon beschlossene Installation von Rauchmeldern und Entrauchungsklappen, Kostenpunkt zirka 140.000 Euro.

Der Widerstand scheint Wirkung zu zeigen. Gegenüber der taz erklärte Kulturstadtrat Dieter Hapel (CDU), ein Verkauf stehe aktuell nicht an, es gebe noch nicht einmal InteressentInnen. Das fehlende Geld für die Sanierung sei aber weiterhin ein großes Problem. Man wolle prüfen, ob ein Stiftungsmodell eine Lösung darstelle.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F10%2F27%2Fa0155&cHash=7a754c3d2f

PeterNowak

Haus am Kleistpark

Kampf um Kulturhaus

Das Bezirksamt Tempelhof / Schöneberg muss sparen. Deswegen will der zuständige Stadtrat für Bildung, Schule und Kultur, Dieter Hapel (CDU), eine über die Bezirksgrenzen hinaus bekannte Kultureinrichtung verkaufen.

Das Haus am Kleistpark in der Schöneberger Grunewaldstraße wurde 1880 als Königlich Botanischer Garten errichtet. Im Jahr 1967 wurde es zu einem Kulturzentrum umgewandelt. In der Galerie im Obergeschoss werden jährlich fünf Ausstellungen mit Werken internationaler Künstler präsentiert. Zudem haben in dem Gebäude die Musikschule, verschiedene Kulturvereine, Ateliers sowie das Kulturamt des Bezirks ihr Domizil. Sollte das Haus verkauft werden, müssten die Einrichtungen umziehen. Doch die Kulturinitiativen befürchten, dass die in Jahrzehnten gewachsenen Strukturen dadurch auseinander gerissen werden. Die Befürworter eines Verkaufs wollen die jetzigen Mieter auf Einrichtungen im gesamten Bezirk verteilen.

Doch mittlerweile formiert sich der Protest gegen den Verkauf. »Unklug und kurzsichtig«, nennt der Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlin (bbk), Herbert Mondry, die Pläne des Bezirksamtes. »Der kulturpolitische Schaden wäre um vieles größer als der damit zu erreichende geringe Spareffekt. Es würde Jahre dauern, um einen neuen Standort zu etablieren«, warnt Mondry.

Doch nicht nur die Interessenverbände der Künstler wenden sich gegen den Verkauf. Denn die Einrichtungen in dem Haus werden von den Bewohnern intensiv genutzt. So setzt sich eine Elterninitiative für den Verbleib der Musikschule in dem Gebäude ein. Auch der Quartiersrat Schöneberger Norden hat sich für den Erhalt des Hauses ausgesprochen.

Mittlerweile haben sich auch die politischen Parteien der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu dem drohenden Verkauf positioniert. Während LINKE und Grüne eindeutig dagegen sind, legt sich die SPD nicht endgültig fest. In einem Antrag fordert die SPD, zu prüfen, wie die Kultureinrichtung erhalten und trotzdem Geld eingespart werden kann. Als Vorbild wird das Kulturhaus Bethanien in Kreuzberg genannt. Dort gibt es keine Zuwendungen mehr vom Bezirk. Reparaturen sollen aus Mieteinnahmen bezahlt werden. Wie damit die etwa 600 000 Euro aufgebracht werden können, die laut Haus am Kleistpark für Renovierungsarbeiten und behindertengerechte Zugänge notwendig wären, bleibt allerdings unbeantwortet.

Am morgigen Donnerstag um 17 Uhr will sich der Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr der BVV Tempelhof / Schöneberg im Schöneberger Rathaus mit den Perspektiven des Hauses am Kleistpark befassen. Auch die Gegner eines Verkaufs haben sich angekündigt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/182253.haus-am-kleistpark.html

Peter Nowak