Übergriff auf Journalist ungeklärt

Polizisten konnten wegen ihrer Helme nicht identifiziert werden
Die Ermittlungen gegen einen Berliner Journalisten wurden eingestellt. Das klingt besser, als es ist. Denn die Polizei hat ihr Ziel längst erreicht: Er wurde an seiner Arbeit gehindert.

Der für verschiedene Agenturen und Zeitungen, darunter das »nd«, tätige Journalist und Fotograf Björn Kietzmann begleitete am späten Abend des 16. Juli gut erkennbar als Pressevertreter eine linke Demonstration in Berlin – in Erinnerung an den zehn Jahre zuvor in Genua von der Polizei erschossenen Globalisierungskritiker Carlo Giuliani. Plötzlich wurde er von einem Trupp behelmter Polizisten zu Boden gerissen, wobei seine Kamera beschädigt wurde. Er wurde festgenommen und rund zwei Stunden festgehalten. Ein Polizist hatte Kietzmann beschuldigt, einen Böller gezündet zu haben. Kietzmann weist die Anschuldigung von sich. Er habe nur seine Arbeit gemacht.

Sein Kollege Ruben Neugebauer hatte die Festnahme beobachtet und als Zeuge bei der Polizei ausgesagt. Der Vorfall dürfte trotzdem ohne juristisches Nachspiel bleiben. Vor Kurzem bekam Kietzmann die Mitteilung, dass sowohl die Anzeige gegen ihn wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion als auch seine Anzeige gegen die Polizei eingestellt worden sind. Er habe zwar die Festnahme genau gesehen, erklärt Neugebauer dem »nd«, aber weil die Polizisten Helme trugen, habe er niemanden identifizieren können. »Während wir Journalisten durch unsere Presseausweise für alle identifiziert waren, hat die Polizei ihre Identität verborgen«, moniert Kietzmann.

Andreas Köhn von der Deutschen Journalisten-Union (dju) in ver.di kennt solche Probleme seit Langem. Deshalb tritt die Organisation für die Kennzeichnungspflicht für Polizisten ein. Sobald in Berlin der neue Polizeipräsident in sein Amt eingeführt sein wird, will Köhn mit ihm darüber das Gespräch suchen.

Doch nicht nur in Berlin kommt es am Rande von Demonstrationen immer wieder zu Übergriffen auf Pressevertreter. So wurden nach Angaben der dju während des letzten Castortransports Mitte November auch Fotografen, die für konservative Medien arbeiten, behindert. Zahlreiche Fotografen seien aufgefordert worden, ihre Bilder zu löschen. In anderen Fällen seien Journalisten Schutzausrüstungen abgenommen worden, so dass sie nicht weiterarbeiten konnten. »Mit diesem Vorgehen gefährdet die Polizei nicht nur die Gesundheit der Kollegen, sondern greift auch in die Pressefreiheit ein«, moniert die dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß.
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Peter Nowak