Verfahren gegen Ford-Arbeiter verschoben

Arbeiter protestierten 2012 gegen eine Werksschließung in Genk / Solidaritätsaktionen in Deutschland geplant

Ford-Mitarbeiter, die für die Erhaltung ihrer Jobs gekämpft hatten, wollen nun gerichtlich gegen verhängte Geldstrafen vorgehen.

Am Mittwoch sollte vor dem Kölner Amtsgericht der erste Prozess gegen belgische Ford-Arbeiter beginnen, die sich Ende 2012 an Protesten gegen die Schließung ihrer Fabrik beteiligt hatten. Nun sagte das Gericht den Termin kurzfristig wegen eines Formfehlers ab. Den Angeklagten sei die Vorladung nur auf deutsch und nicht auf flämisch zugeschickt worden, so ein Gerichtssprecher.

Karin Blockmann ist skeptisch: »Warum fällt dem Gericht erst wenige Tage vor Prozessbeginn auf, dass den Angeklagten vor einigen Wochen die Schreiben nur auf deutsch zugeschickt wurden?«, fragt das Berliner Mitglied des »Solidaritätskreises 7. November«. Es ist nach dem Datum benannt, an dem die spontanen Proteste stattfanden, die nun ein juristisches Nachspiel haben sollen: 250 Beschäftigte des Ford-Werkes im belgischen Genk zogen damals zur Kölner Zentrale des Autobauers, wo zeitgleich der Europäische Ford-Betriebsrat tagte. Der Protest richtete sich gegen die geplante Schließung des Genker Werkes, die für die Region einen sozialen Kahlschlag bedeuten würde.

Die Beschäftigten wurden von einem großen Polizeiaufgebot eingekesselt und stundenlang festgehalten, bis alle Personalien aufgenommen wurden. Zunächst leitete die Polizei 24 Ermittlungsverfahren u.a. wegen Rädelsführerschaft und besonders schweren Landfriedensbruches ein. Diese Vorwürfe wurden im Anschluss zurückgenommen und 11 Verfahren eingestellt. 12 Beteiligte erhielten Strafbefehle mit hohen Geldbußen – sie legten Widerspruch ein. Für den Prozessbeginn am 11. Juni waren in mehreren Städten Solidaritätsaktionen vorbereitet worden, die wegen der kurzfristigen Verschiebung nun abgesagt wurden.

»Wir hatten Plakate und Transparente vorbereitet und wollten zu einer Ford-Niederlassung nach Berlin ziehen, um unsere Solidarität mit den belgischen Kollegen auszudrücken«, so Blockmann. Man werde aber wieder auf die Straße gehen, wenn ein neuer Termin feststehe.

Vielleicht wird das Verfahren aber auch ganz eingestellt. Selbst der Kölner Polizeipräsident hat den Einsatz gegen die Ford-Arbeiter mittlerweile als Fehler bezeichnet. Man habe die Streiktraditionen in Belgien zu wenig berücksichtigt. Schließlich gehören das Anzünden von Autoreifen und das Abbrennen von Fackeln dort zur Streikchoreographie und werden nicht strafrechtlich geahndet.

Die Kriminalisierung hat mit zu der Solidarisierung beigetragen, die sich die Arbeiter erhofft haben. Sie bezeichnen den Protest als »Weckruf an die Ford-Kollegen in Deutschland«. In der Vergangenheit sei ein Standort nach dem anderen abgewickelt worden, weil die anderen Beschäftigten hofften, noch einmal davon gekommen zu sein. »Wir wollen mit unserer Aktion deutlich machen, dass europaweiter Widerstand eine Alternative wäre«, so einer der Arbeiter.

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Peter Nowak

Ermittlungen nach Aktionen bei Ford

Vorwurf lautet auf schweren Landfriedensbruch

»Wir wollten unsere Kölner Kollegen warnen. Jeden Tag kann es passieren, dass die da oben weitere Stellenstreichungen und ganze Werksschließungen verabschieden.« So begründeten rund 250 Ford-Beschäftigte aus dem belgischen Werk in Gent ihre Protestaktion gegen die Schließung ihres Werkes am 7. November 2012 vor der Ford-Europazentrale in Köln.

Auf dem Rückweg wurden sie allerdings von einem großen Polizeiaufgebot stundenlang festgehalten. Jetzt hat die Kölner Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen 15 belgische Ford-Arbeiter und einen Kollegen aus Köln eingeleitet. Der Vorwurf lautet auf »Rädelsführerschaft« in einem »besonders schweren Fall von Landfriedensbruch«.

Der von Gewerkschaftern gegründete »Solidaritätskreis 7. November« fordert die sofortige Einstellung sämtlicher Verfahren. Die Gruppierung bezeichnete die Ermittlungen als »Kriminalisierung einer Arbeitskampfaktion, die Konzern- und Ländergrenzen überwindet und die nicht den üblichen ›Dienstweg‹ einhält«.

Darüber hinaus zieht der Solidaritätskreis zeithistorische Parallelen. So seien bereits beim Ford-Streik in Köln vor 30 Jahren mit der Polizei, dem Werkschutz, den Medien und der Gewerkschaftsführung koordinierte Notstandspläne gegen Arbeiterunruhen zur Anwendung gekommen.

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Peter Nowak