Kämpfst du schon?

In der beschaulichen Landhausstraße im Berliner Bezirk Wilmersdorf gab es in den vergangenen Wochen gleich zweimal mehrstündige Kundgebungen mit rot-schwarzen Fahnen. Die Basisgewerkschaft Freie Arbeiter-Union (FAU) protestierte damit gegen die Kündigung von acht Beschäftigten der Schwedischen Schule Berlin (SSB), die dort ihr Domizil hat. Die gesamte Belegschaft der Schule war am 28. Mai entlassen worden. Zuvor hatte sie in einem offenen Brief gegen von der Schulleitung geplante Lohnkürzungen bei der Hortbetreuung protestiert. Es ist nicht ihr erster Arbeitskampf. Bereits vor vier Jahren wehrte sich die Belegschaft erfolgreich gegen schlechte Arbeitsbedingungen. Damals entstand auch die FAU-Gruppe an der Schule. Mehrere der schwedischen Beschäftigten waren zuvor schon in der Schwestergewerkschaft SAC organisiert, die allerdings wesentlich größer als die FAU ist. Die SAC hat mittlerweile in Schweden eine Solidaritätskampagne für die Berliner Kollegen initiiert. Die Berliner Schule untersteht der protestantischen Kirche Schwedens – für kleruskritische Gewerkschaften ein Wunschgegner. Dennoch ist die Kampagne in Berlin sehr bürgerfreundlich angelegt. Während der Kundgebungen schallten aus den Lautsprechern schwedische Kinderlieder, auf Luftballons stand »Komi gen, Lena«, was übersetzt »Komm schon, Lena« bedeutet. Dieser freund­liche Appell an die Geschäftsführerin der SSB, Lena Brolin, die Kündigung wieder zurückzunehmen, zeigte allerdings noch keine Wirkung. Alle Gesprächsangebote der FAU seien bisher ignoriert worden, sagt ein betroffener Erzieher der Jungle World. Nun haben sich schon 13 Eltern mit den Beschäftigten solidarisiert und fordern deren Wiedereinstellung und eine Schlichtung im Konflikt. Wenn auch sie nicht gehört werden, dürfte es noch häufiger Kundgebungen unter schwarz-roten Fahnen in Wilmersdorf geben, und die Appelle an Lena würden wohl nicht mehr so freundlich ausfallen.

http://jungle-world.com/artikel/2014/26/50119.html

Peter Nowak

Protest vor der Schule

Schwedische Kirche entlässt Erzieher in Wilmersdorf

Nach Kündigungen wehren sich Erzieher und Pädagogen an der Schwedischen Schule Berlin (SSB) in Wilmersdorf.

Das kommt in der beschaulichen Landhausstraße in Wilmersdorf nicht alle Tage vor. Rund 50 Menschen demonstrierten am vergangenen Freitagabend vor der dort ansässigen Schwedischen Schule in Berlin (SSB). »Komm schon Lena« war auf deutsch und schwedisch auf Transparenten und bunten Luftballons zu lesen. Es war ein Appell an die Geschäftsführerin der SSB, Lena Brolin, die Kündigungen zurückzunehmen, die der Anlass für den Protest sind. Am 28. Mai wurde der gesamten Belegschaft der Schule gekündigt. Insgesamt handelt es sich um acht Beschäftigte, darunter Lehrende, Erzieher und Betreuer. Zuvor hatten sie in einem Offenen Brief gegen von der Schulleitung geplante Lohnkürzungen bei der Hortbetreuung protestiert.

Weil mehrere Beschäftigte in der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) organisiert sind, hat die noch vor Pfingsten mit dem Protest begonnen. Am Freitagabend fand im Schulgebäude ein Fest für Kinder und Eltern statt. Sie sollten mit der Kundgebung angesprochen werden. Deswegen schallten aus den vor dem Gebäude aufgebauten Lautsprechern auch schwedische Kinderlieder. Eltern und Kinder beteiligten sich spontan an der Kundgebung. Vor allem die Luftballons fanden bei den Kindern Anklang. Weniger erfreut zeigte sich dagegen die Schulleitung über den Ballons aufgedruckten Appell an die Geschäftsführerin.

Einer der entlassenen Erzieher ist Linus Kolberg. »Noch am Dienstag sah es so aus, als könnten wir uns mit der Schulleitung über die Verteilung der Unterrichtsstunden im neuen Schuljahr einigen und dann kam die Kündigung, ohne dass mit uns gesprochen wurde«, sagt er dem »nd«. Auch seine Kollegen sehen in dem Schritt einen Bruch in den bisherigen Beziehungen zwischen Beschäftigten und Schulleitung. Bereits vor vier Jahren kämpfte die Belegschaft der Schule erfolgreich gegen schlechte Arbeitsbedingungen. Seit 2010 hatte die FAU-Gewerkschaftsgruppe zahlreiche Verbesserungen durchgesetzt. Ab Herbst 2011 erhielten alle Pädagogen erstmals schriftliche Arbeitsverträge. Alle Arbeitsstunden und Klassenfahrten werden seitdem bezahlt. Zudem wurden ein Arbeits- und ein Lehrerzimmer in der Schule eingerichtet.

Einen wesentlichen Anteil an den Verbesserungen hatte der Lehrer Johnny Hellquist, der bereits in der schwedischen Basisgewerkschaft SAC organisiert war, bevor er den Job in der SSB antrat. Zuvor hatten sich die Lehrer vergeblich an die schwedische Akademikergewerkschaft und die Berliner GEW gewandt. Die SAC will auch nach der Kündigung Solidaritätsaktionen mit den Entlassenen in Schweden organisieren, wo der Schulbetreiber, die protestantische Kirche in Schweden, sitzt.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/935440.protest-vor-der-schule.html

Peter Nowak