Eine linke Gewerkschaftsgeschichte

Luft zum Atmen bei Opel Bochum

Ein Film über eine Gruppe linker Gewerkschafter bei Opel Bochum ist nicht nur historisch interessan

Da sitzt Wolfgang Schaumberg im Jahr 2018 in einem Klassenraum vor einer Tafel und erzählt, wie er und viele Genoss*innen mit ihrer Betriebsarbeit vor mehr als 45 Jahren die Weltrevolution vorantreiben wollten. Er berichtet, wie die jungen Linken Kontakte mit Genoss*innen aus Deutschland und Spanien knüpften, die bei Opel arbeiteten. Im Anschluss ist Willi Hajek zu sehen, der….

„Luft zum Atmen bei Opel Bochum“ weiterlesen

Grosse Arbeitskämpfe im Kino

Neue Kinofilme beschäftigen sich mit linker Gewerkschaftsarbeit in unserer Zeit. Der Dokumentarfilm «Luft zum Atmen – 40 Jahre Opposition bei Opel in Bochum» und der Spielfilm «En guerre» werfen wichtige Fragen auf und können interessante Diskussionen über Inhalte weiter führender Gewerkschaftspolitik und -partizipation auslösen.

Da sitzt Wolfgang Schaumberg im Jahr 2018 in einem Klassenraum vor einer Tafel und erzählt, wie er und viele Genoss*innen mit ihrer Betriebsarbeit vor mehr als 45 Jahren die Weltrevolution vorantreiben wollten Er berichtet, wie die jungen Linken Kontakte mit Genoss*innen aus Deutschland und Spanien knüpften, die bei Opel arbeiteten. Im Anschluss ist Willi Hajek zu sehen, der ….

„Grosse Arbeitskämpfe im Kino“ weiterlesen
Ein Film über linke Gewerkschaftsarbeit

Luft zum Atmen

Der Film dokumentiert die Geschichte einer linken Gewerkschaftspraxis bei Opel Bochum und regt zu Diskussionen auch über gewerkschaftliche Arbeit heute an.

Da sitzt Wolfgang Schaumberg im Jahr 2018 in einem Klassenraum vor einer Tafel und erzählt, wie er und viele Genoss*innen mit ihrer Betriebsarbeit vor mehr als 45 Jahren die Weltrevolution vorantreiben wollten. Er berichtet, wie die jungen Linken Kontakte mit Genoss*innen aus Deutschland und Spanien knüpften, die bei Opel arbeiteten. Im Anschluss ist Willi Hajek zu sehen, der ….

„Luft zum Atmen“ weiterlesen

Betriebsarbeit für die Revolution

Ein Film über eine Gruppe linker Gewerkschafter bei Opel Bochum ist nicht nur historisch interessant

»Angefangen hatte es damit, dass sich vor etwa drei Jahren der Religionslehrer Wolfang Schaumberg und der Volksschullehrer Klaus Schmidt bei den Opel-Werken als Hilfsarbeiter verdingten.« Am Anfang des Dokumentarfilms über die Gruppe oppositioneller Gewerkschafter (GoG) in Bochum wird dieses Zitat aus der wirtschaftsnahen Wochenzeitung »Die Zeit« vom 24.8.1973 eingeblendet. Gleich danach sitzt Wolfgang Schaumberg im Jahr 2018 in einem Klassenraum vor einer Tafel und erzählt, wie er und viele Genoss*innen mit ihrer Betriebsarbeit vor mehr als 45 Jahren die Weltrevolution vorantreiben wollten, berichtet, wie die jungen Linken Kontakte mit kommunistischen Genoss*innen aus Deutschland und Spanien knüpften, die bei Opel arbeiteten. Im Anschluss ist Willi Hajek zu sehen, der als Jugendlicher vom Pariser Mai beeindruckt war und den Geist der Revolte als GoG-Mitglied in die Bochumer Fabrik tragen wollte. Robert Schlosser erinnert sich schließlich, wie er als Jungarbeiter zu der Gruppe stieß, weil die – anders als die IG-Metall-Gewerkschafter – nicht auf Sozialpartnerschaft setzten, sondern bereit waren, sich mit Bossen und Meistern anzulegen.

Das kam damals nicht nur bei den jungen Kolleg*innen an. 1975 bekam die GoG bei den Betriebsratswahlen über 5000 Stimmen und erhielt damit knapp ein Drittel der Sitze. Das war auch eine Quittung für den alten Betriebsrat, der mit dem Management gekungelt hatte. Die IG Metall war auf die linke Konkurrenz nicht gut zu sprechen. Mehrere GoG-Mitglieder wurden ausgeschlossen, einige erst nach vielen Jahren wieder in die Gewerkschaft aufgenommen.

Die Gruppe, die sich seit 1972 jede Woche getroffen hatte, hielt auch nach der Schließung von Opel im Jahr 2014 Kontakt und begann, über einen Film nachzudenken, der von den vielen Kämpfen der Belegschaft erzählt. Die linke Videoplattform labournet.tv, die Filme über die globalen Arbeitskämpfe veröffentlicht, wurde schließlich mit der Umsetzung beauftragt.

Der entstandene Film zeigt die alltägliche Kleinarbeit linker Gewerkschafter*innen, die für ein langfristiges Engagement entscheidend war. Dazu gehört der Kampf um den Bildungsurlaub, der es den Beschäftigten ermöglichte, den Betrieb eine Woche zu verlassen und sich mit anderen Themen zu beschäftigen. Manche lernten dort Texte von Marx kennen. Noch heute schwärmen Gründungsmitglieder der GoG von der Euphorie der ersten Jahre, als sie durch die ganze Republik fuhren und über ihre Erfolge bei Opel Bochum berichteten.

Doch nach 1975 ging in der BRD-Linken das Interesse an Betriebsarbeit zurück. Im linken Milieu kündigte sich der Abschied vom Proletariat an. Auch einige der GoG-Mitbegründer verließen die Fabrik und setzten ihr Studium fort.

Doch die Gruppe hatte sich mittlerweile stabilisiert und sorgte dafür, dass Opel ein rebellischer Betrieb blieb. 2004 machte das Werk mit einem siebentägigen wilden Streik gegen Entlassungspläne noch einmal bundesweit Schlagzeilen. Beschäftigte, die den Betrieb und die Autobahn lahmlegen – solche Bilder kannte man von Arbeitskämpfen in Frankreich, aber nicht in der BRD. Hier ging die Saat auf, die die GoG gesät hatte.

Und doch entschied sich in einer Urabstimmung schließlich eine große Mehrheit der Belegschaft dafür, den Streik zu beenden, gerade in dem Augenblick, als er Wirkung zeigte. Noch heute sind damalige Aktivist*innen enttäuscht. Der Rückgang des Betriebsaktivismus machte sich auch in Stimmverlusten für die GoG bei den Betriebsratswahlen bemerkbar. Daher war es für Gewerkschafter wie Wolfgang Schaumberg nicht verwunderlich, dass bei der Abwicklung von Opel Bochum ein mit 2004 vergleichbarer Widerstand ausblieb. Im Dezember 2014 ging es nur noch um Abfindungen und Auffanggesellschaften – mehr nicht.

Spätestens seit aus Opel GM geworden war und die einzelnen Standorte gegeneinander ausgespielt wurden, war den GoG-Aktivist*innen klar, dass linker Gewerkschaftsarbeit, wie sie sie vorangetrieben hatten, eine Niederlage drohte. Im Film wird gezeigt, wie die linken Opelaner*innen dieser kapitalistischen Konkurrenzlogik Arbeiter*innensolidarität entgegensetzen wollten. Sie fuhren in den 1990er Jahren an Opelstandorte in anderen Ländern wie Polen oder Spanien, um eine gemeinsame Front gegen die Kapitalstrategie zu bilden. Damit sind sie jedoch gescheitert, wie die Beteiligten heute resümieren. Die Kapitallogik der Konkurrenz hat sich durchgesetzt. Die Bedingungen für linke Gewerkschaftsarbeit, die sich entschieden gegen Standortlogik stellt, wurden schlechter.

Dennoch ist der Film kein Abgesang auf gescheiterte Hoffnungen. Mehrere Kolleg*innen betonen, dass ihre Erfahrungen auch heute noch aktuell sind, bei Amazon oder im Kampf gegen Leiharbeit in der Metallbranche: »Ein konsequenter betrieblicher Verteidigungskampf erfordert noch immer eine gut begründete Kapitalismuskritik, die Entlarvung falscher Argumente und illusorischer Hoffnungen«, betont Schaumberg.

Zur Fertigstellung benötigt der Film noch Geld, unter anderem für die Lizenzgebühren. Bis zum 25. August sollen per Crowdfunding 4000 Euro gesammelt werden.

www.startnext.com/gog

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1097548.arbeitskampf-betriebsarbeit-fuer-die-revolution.html

Peter Nowak

»Open End statt Opel-Ende«

– Crowdfunding für Film über Opel-Betriebsgruppe GoG gestartet

Viel ist in den letzten Monaten über den gesellschaftlichen Aufbruch vor 50 Jahren diskutiert worden. Selten wird erwähnt, dass nicht nur SchülerInnen, Jugendliche und Studierende um 1968 aufgestanden sind. Auch in den Fabriken wuchs der Widerstand. Diesen proletarischen Aufbruch widmet sich Bärbel Schönafinger von labournet.tv mit ihren Dokumentarfilm über die Geschichte der Gruppe oppositioneller Gewerkschaftler (GoG) aus Opel. Gleich am Anfang wir ein Zitat aus der wirtschaftsnahen Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 24.8.1973 über den Beginn der GoG einblendet: „Angefangen hatte es damit, dass sich vor etwa drei Jahren der Religionslehrer Wolfang Schaumberg und der Volksschullehrer Klaus Schmidt bei den Opel-Werken als Hilfsarbeiter verdingten“. Gleich danach sitzt Wolfgang Schaumburg 2018 in einem Klassenraum vor einer Tafel und berichtet, wie er und viele GenossInnen mit ihrer Betriebsarbeit die Weltrevolution voranzutreiben wollten. Er spricht über den Kontakt mit kommunistischen GenossInnen aus Deutschland und Spanien. Im Anschluss berichteten Willi Hajek und Robert Schlosser von ihrer Motivation, den Aufbruch von 68 in die Betriebe zu tragen. 1975 bekam die GoG bei den Betriebsrätewahlen über 5000 Stimmen und 12 Sitze im Betriebsrat. Das war auch eine Quittung für den alten Betriebsrat, der mit dem Management gekungelt hat. Noch heute schwärmen mehrere Gründungsmitglieder der GoG über die Euphorie der ersten Jahre, als sie durch die ganze Republik fuhren und über ihre Erfolge bei Opel Bochum berichteten. Doch nach 1975 setzte die Mühe der Ebenen ein. Die Zahl der UnterstützerInnen im und außerhalb des Betriebs ging zurück. Einige der AktivistInnen verließen die Fabrik und setzten ihr Studium fort. Doch viele blieben und ihnen gelang es, Opel Bochum zu einem rebellischen Betrieb zu machen. Es begann der Kampf um den Bildungsurlaub, mit dem die Beschäftigten eine Woche den Betrieb verlassen und sich mit anderen Themen beschäftigen konnten. Auch dem Thema „Gesundheit am Arbeitsplatz“ widmete sich die GoG bereits in den 1980er Jahren. Einen großen Stellenwert nehmen im Film die Versuche der GoG ein, der kapitalistischen Konkurrenz eine ArbeiterInnensolidarität entgegenzusetzen. Mittlerweile war aus Opel GM geworden und die einzelne Standorte sollten gegeneinander ausgespielt werden. GoG-KollegInnen fuhren in den 1990er Jahren nach Polen, Spanien und in andere Länder in der Hoffnung, eine gemeinsame Front der Arbeiter Innen gegen die Kapitalstrategie bilden zu können. Damit sind sie gescheitert, wie die Beteiligten heute mit etwas Wehmut resümieren. 2004 machte Opel Bochum mit einem sieben tägigen wilden Streik gegen Entlassungspläne Schlagzeilen. Hier ging auch die Saat auf, die GoG mit ihrer jahrelangen Arbeit im Betrieb gesät hat. Doch als eine große Mehrheit in der Belegschaft den Streik mit einer Urabstimmung gerade in dem Augenblick beendete, als er Wirkung zeigte, macht einige der AktivistInnen noch heute traurig. Der Rückgang des Betriebsaktivismus machte sich auch bei den Stimmenrückgängen für die GoG bei den Betriebsratswahlen bemerkbar. Vor allem die junge Generation fehlte. Umso wichtiger ist der Film über die GoG, in dem die Beteiligten ein Stück Geschichte des proletarischen 68 vermitteln. Um den Film fertigzustellen, wird noch Geld gebraucht, unter Anderem für Lizenzgebühren. Bis zum 25. August läuft eine Crowdfunding-Kampagne von labournet.tv und GoG. Bis dahin sollen 4000 Euro gesammelt werden.

Peter Nowak

Wer für den Film spenden will, findet hier weitere Infos:
https://www.startnext.com/gog/

aus: express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit

http://www.labournet.de/express/