Von der Umweltbewegung zu den „Energiekämpfen“?

Eine Konferenz in Berlin stellt Weichen für eine neue Protestbewegung

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz warnten am Wochenende mehrere Redner vor verstärkten Kämpfen um Rohstoffe und Energie in verschiedenen Regionen der Welt. Es war schon eine seltsame Koinzidenz, dass sich an diesem Wochenende ca. 150 Aktivisten verschiedener umweltpolitischer Initiativen zu einem Kongress unter dem Motto Energiekämpfe in Bewegung in Berlin trafen. Der Begriff ist in Deutschland anders als in Großbritannien noch wenig gebräuchlich. Im Vorfeld der mit großen Hoffnungen befrachteten Weltklimakonferenz entstand erstmals in Deutschland eine Klimabewegung. Doch nach Kopenhagen konnten die Aktivsten nicht vom Scheitern der Konferenz profitieren.
Vom Gipfel in die Provinz

“Der Protest in Kopenhagen war viel zu unspezifisch, die Ziele sind nicht deutlich geworden”, sagt Chris Methmann von Attac. Weil oft unklar sei, wer von den Beteiligten Gegner und wer Verbündeter ist, seien Klimagipfel “für eine Zuspitzung schlecht geeignet”. Darum sollte “Bewegungsenergie nun stärker in lokale Konflikte fließen” – etwa mit verstärkten Kampagnen gegen Kohlekraftwerke oder für kostenlosen öffentlichen Nahverkehr.

Wie sich am Wochenende zeigte, ist diese Kritik an der Klimabewegung nicht spurlos vorbei gegangen. Denn die Aktivisten mobilisierten nicht zu immer neuen Klimagipfel und Events. Dafür verankerten sie sich in Regionen, in denen umstrittene Energieprojekte für Unruhe unter der Bevölkerung sorgten. Ein Beispiel ist die CO2-Speicherung, die im Oderbruch und anderen Regionen Ostbrandenburgs im letzten Jahr zu einer unerwarteten Protestbewegung führte, die in dem Film Energieland dargestellt wurde.

Eine Gesetzesinitiative, die diese umstrittene Energiegewinnung regeln sollte, fand im Bundesrat keine Mehrheit Selbst unionsregierte Bundesländer waren nicht bereit, sich nach dem langjährigen Streit um die AKW-Nutzung einen neuen Streitpunkt aufzubürden. Hier sehen Aktivisten ein gutes Beispiel, wie sich eine Klimabewegung gegenseitig unterstützen könnte.

„Der erfolgreiche Widerstand gegen AKW-Projekte lässt bei vielen Politikern die Alarmglocken schrillen, wenn in einer Region, wo es bisher kaum Proteste gab, innerhalb weniger Monate gegen die CO2-Speicherung Demonstranten auf die Straße gehen“, meinte die Vertreterin einer dieser Initiativen auf der Konferenz. Solche Synergieeffekte, wie diese Zusammenhänge heute gerne genannt werden, erhoffen sich auch die Aktivisten von „ausgecO2hlt“ einem Bündnis, das schon im Label den Kampf gegen die Kohleverstromung mit dem Widerstand gegen die CO2-Spreicherung verbindet.

In der nächsten Zeit könnte auch in Deutschland eine neue sehr umstrittene Energiegewinnungsmethode, das Fracking, verstärkt im Mittelpunkt von Protesten stehen. Die von Klimaaktivisten aus Großbritannien angebotenen Arbeitsgruppen waren auf der Konferenz gut besucht. In den USA und in Großbritannien, wo diese Gasfördermethode weit vorangeschritten ist, gibt es einen wachsenden Widerstand.

Vergesellschaftung der Energiekonzerne

Für Aktivitäten auf dem Feld der Klimagerechtigkeit machten sich Redner stark, die aus gewerkschaftlichen Zusammenhängen kommen und einen Brückschlag zwischen umweltpolitischen und sozialen Forderungen anmahnten. Im März startet ein vom Bündnis Berliner Energietisch initiiertes Volksbegehren zur Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung.

Die Klima-AG der Gruppe fels will die Kampagne nutzten, um die Forderung nach Vergesellschaftung von Vattenfall in die Diskussion zu bringen. Diese Forderung könnte in den nächsten Monaten ein zentrales Praxisfeld der jungen Klimabewegung in Deutschland werden. Im nächsten Jahr will man sich erneut treffen und auswerten, ob und wie die Umsetzung geklappt hat.
http://www.heise.de/tp/blogs/2/151363
Peter Nowak