Reichensteuer für die Bildung

Peter Nowak über die Finanzierung von Bildung

Kaum jemand wird bestreiten, dass das Bildungssystem in Deutschland chronisch unterfinanziert ist. Eine Woche vor der Bundestagswahl hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ein Gegenkonzept vorgelegt und eine Reichensteuer für die Bildung vorgeschlagen. Rund 40 Milliarden Euro sollen nach ihrem Konzept in die Bildung fließen, um Reformen umzusetzen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verbessern. Zur Gegenfinanzierung schwebt der GEW ein steuerpolitisches Konzept vor, das 75 Milliarden Euro einbringen soll. Der größte Teil soll zweckgebunden in die Bildung fließen. Während einkommensschwache Teile der Bevölkerung entlastet würden, sollen Vermögende in die sozialpolitische Pflicht genommen werden. Der GEW-Vorschlag wurde öffentlich jedoch kaum wahrgenommen. In einem Wahlkampf, in dem über Merkels schwarz-rot-goldene Halskette und Handgesten ihres Herausforderers gestritten wurde, blieb für die Diskussion um politische Themen kein Raum.

Auch nach den Wahlen wird nicht über politische Inhalte, sondern über Befindlichkeiten geredet. Dafür wird für das schlechte Abschneiden der Grünen ein Steuerkonzept verantwortlich gemacht, das Steuersätze vorgesehen hatte, die noch unter denen der Kohl-Ära lagen.

Die GEW-Vorschläge widerlegen den Mythos, dass es angesichts von klammen Kassen und Schuldenbremse zum Kaputt-Sparen keine Alternative gibt. Vielleicht organisieren nach Semesterbeginn auch die Studierenden mal wieder Proteste, die durchaus unter dem Motto »Reichensteuer für die Bildung« stehen können.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/834392.reichensteuer-fuer-die-bildung.html

Peter Nowak

Bloß niemand weh tun

Der Aktionstag des Bündnisses Umfairteilen fordert das Richtige, kommt aber so zahm daher, dass sich Gruppen der außerparlamentarischen Linken nicht recht angesprochen fühlen.

Ein Wohnungsloser, der im Schatten hoher Bürotürme auf einer Bank nächtigen muss. Mit diesem sehr vereinfachenden Motiv mobilisiert die Kampagne Umfairteilen für einen bundesweiten Aktionstag am 29. September. Dann soll in zahlreichen deutschen Städten mit unterschiedlichen Aktionen dafür geworben werden, dass die Vermögenden in Deutschland stärker besteuert werden. Neben der Einführung einer Vermögenssteuer und einer einmaligen Vermögensabgabe gehört der Kampf gegen Steuerflucht und Steueroasen zum knappen Forderungskatalog.

Zum Bündnis gehören neben Attac und dem Kampagnennetzwerk Campact verschiedene Einzelgewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, die Volkssolidarität und die Katholische Arbeitnehmerbewegung. Die Forderung nach einer stärkeren Besteuerung der Reichen wird in Zeiten leerer Kassen sicher von einem Großteil der Bevölkerung geteilt. Selbst unter den Millionären gibt es eine Initiative, die für eine stärkere Besteuerung eintritt. Ob der Aktionstag allerdings eine große Resonanz erhält, muss sich noch zeigen. Denn bisher fehlen unter den Unterstützern Sozialdemokraten und Grüne ebenso wie die IG Metall. Das ist bei der inhaltlichen Ausrichtung der Kampagne schwer verständlich. So wird in dem Forderungskatalog kein Wort über die von SPD und Grünen mit eingeführte Schuldenbremse verloren, die immer wieder für Kürzungen im Sozial- und Kulturbereich herhalten muss. In verschiedenen Bundesländern hatten in den letzten Monaten soziale Initiativen und Gewerkschaften vergeblich gegen die Einführung mobilisiert. Auch bei der Höhe der Besteuerung hält sich das Bündnis bedeckt. »In der Diskussion über Vermögensbesteuerung kursieren unterschiedliche Modelle«, heißt es auf der Homepage, wo auf eine Tabelle mit Beispielrechnungen verwiesen wird.

Auch hier gilt also die Devise, bloß niemand verschrecken. Schließlich wurden unter der rot-grünen Regierung die Steuern für Vermögende massiv gesenkt, so dass linke Ökonomen forderten, zum Steuersatz der Zeit von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zurückzukehren. Doch selbst zu einer wahrlich nicht besonders radikalen Aussage kann man bei Umfairteilen nichts finden. Im Bemühen, bloß niemand zu verschrecken, haben die Initiatoren nicht berücksichtigt, dass man auch mit zu allgemeinen Aussagen Menschen und Organisationen von der Teilnahme an Kampagnen abhalten kann. So ist auffällig, dass aus dem Spektrum der außerparlamentarischen Linken, die in den letzten Jahren die Krisenprotestaktionen mitorganisiert hat, nur die Naturfreude, Attac und die Nichtregierungsorganisation Medico International im Bündnis vertreten sind, Gruppen aus dem Spektrum der Interventionistischen Linken aber fehlen komplett.

In der letzten Woche forderten bereits Initiativen – darunter Campact und Attac – in einem offenen Brief an die Ministerpräsidenten der Bundesländer, das »Steuer-Amnestie-Abkommen« genannte Vertragswerk mit der Schweiz im Bundesrat zu Fall zu bringen. »Angesichts der aktuellen Diskussion um den Kauf von Steuer-CDs fordert das Bündnis ›Kein Freibrief für Steuerbetrüger‹ Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble auf, das Steuerabkommen mit der Schweiz endlich als gescheitert zu erklären«, heißt es dort. Der Schulterschluss mit Rot-Grün und der Verzicht auf jeden kritischen Hinweis auf die populistischen Töne in der Diskussion um die Steueroase Schweiz dürfte die außerparlamentarische Linke eher abschrecken.

Infos: www.umfairteilen.de
http://www.neues-deutschland.de/artikel/236888.bloss-niemand-weh-tun.html
Peter Nowak