Religionskritik oder Hetze rechter Christen?

Ob der Mohammad Movie Trailer in Deutschland gezeigt werden kann, dürfte die Gerichte beschäftigen

Die rechtspopulistische Kleinstpartei Pro Deutschland bleibt selbst bei von ihnen zentral beworbenen Großaktionen in der Regel im zweistelligen Teilnehmerbereich. Trotzdem scheint sie ein internationaler Faktor. Als vor wenigen Tagen die deutsche Botschaft im Sudan angegriffen wurde, soll ein Grund darin gelegen haben, dass die Rechtspartei kritische Mohammed-Karikaturen auf mehreren Kundgebungen gezeigt hatte.

Dass im Internetzeitalter solche Haltungen auch im Sudan wahrgenommen werden, kann nur verwundern, wer noch immer ein Afrikabild pflegt, wie es auf den meisten Werbeplakaten von Hilfsorganisationen zu sehen ist. Dort blicken traurige Kinder vor irgendwelchen windschiefen Hütten in die Kamera. Insignien der modernen Gesellschaft fehlen in der Regel völlig. Die Macher solcher Klischeewerbung geben unumwunden zu, dass Fotos von Jugendlichen in Internetcafes der Spendenbereitschaft nicht förderlich wären. Dabei würden gerade solche Bilder die Realität wesentlich besser spiegeln und auch leichter erklärbar machen, warum im Sudan die Aktion einer rechten Kleinstpartei in Deutschland für so viel Wirbel sorgt. Gerade Migranten aus afrikanischen Ländern sind häufige Kunden von Internetcafes und tauschen sich mit ihren Verwandten und Freunden über Dinge aus, die sie bewegen. Die Pro-Deutschland-Aktion gehörte nun mal für Moslems zu diesen Ereignissen, selbst wenn sie nicht zum salafistischen Spektrum gehören sollten, die auf die Plakataktion mit Straßenaufruhr reagierten.

Damals hatten verschiedene Gerichte der Rechtspartei bescheinigt, dass sie die Karikaturen zeigen kann (Auch Rechte dürfen Mohammed-Karikaturen zeigen), und widersprachen damit den Verbotsverfügungen der NRW-Landesregierung. Diese juristische Entscheidung bekam Unterstützung auch von Kreisen, die mit der Pro-Deutschlandbewegung nichts zu tun hat und sie sogar politisch bekämpfen. Tatsächlich war dieses Urteil begründet. Jedes Mitglied einer Religionsgemeinschaft muss es hinnehmen, wenn diese mit Witz und Karikatur angegangen wird. Dieses Recht auf Religionskritik bzw. Freiheit von der Religion gehört zu den Essentiels einer säkularen Gesellschaft. Wenn das irgendwelche religiösen Fundamentalisten zum Anlass für Angriffe nehmen, so müssen diese an die Spielregeln einer säkularen Gesellschaft erinnert werden.

Wo beginnt die rassistische Hetze?

Doch wie soll man reagieren, wenn unter dem Deckmantel der Religionskritik Hetze gegen gesellschaftliche Minderheiten betrieben wird? So hat sich auch der Antisemitismus historisch wie aktuell immer auch der Religionskritik bedient In der aktuellen Debatte um die Beschneidung schwingen solche Töne mit, wenn Juden und Moslems zumindest indirekt unterstellt wird, sie würden ihre Kinder quälen und verstümmeln. Auch bei der Diskussion um das Schächten von Tieren, die in Frankreich eine größere Rolle spielt als in Deutschland, werden gegen Juden und Moslems gerichtete Ressentiments laut. Nun stellt sich die Frage, ob man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet, wenn man solchen Gruppen das Zeigen bestimmter Filme, Bücher oder Karikaturen mit religionskritischen Inhalten verbietet. In der Auseinandersetzung um die Karikaturen hatten daher die Gerichte für das Recht auf Religionskritik entschieden. Wie ein juristischer Streit um eine Vorführung des Mohammad Movie Trailers ausgeht, ist völlig offen. Denn es gibt hier schon einige gravierende Unterschiede.

Hat der Film auch eine antisemitische Agenda?

Während Karikaturen eben einen Gegenstand verfremden, handelt es sich bei dem Trailer um ein Produkt plumper Hetze. Die Spuren weisen in das Lager rechter christlicher Fundamentalisten, die in der Mehrheit genau so gegen Juden wie gegen Moslems agieren, selbst wenn ein Teil von ihnen in der israelischen Rechten Bündnispartner gegen den Islam sieht. Die kurze Geschichte des Mohammad Movie Trailers macht dies auch deutlich.

Schließlich ist wohl aus Kreisen der Verantwortlichen die anfangs von vielen Medien aufgenommen Behauptung gestreut worden, der Film sei von einem aus Israel eingewanderten Juden produziert worden, der als Immobilienhändler gearbeitet und für die Produktion des Films Geld von 100 reichen Juden in den USA Millionenbeträge gesammelt habe. Scheinbar hinterfragte zunächst niemand, wofür das Geld angesichts des Low-Budget-Trailers gebraucht wurde. Auch fiel wohl zunächst kaum auf, dass die Fama vom jüdischen Immobilenhändler und seinen reichen jüdischen Spendern gleich mehrere antisemitische Elemente enthielt.

Damit wurde zumindest implizit in Kauf genommen, dass nicht nur Israel, sondern Jüdinnen und Juden in aller Welt ins Visier von Islamisten geraten, also offen der Gefahr ausgesetzt wurden. Ein solches Vorgehen rechter Gruppen ist nicht selten. Schließlich helfen sie so mit beim Schüren des von ihnen viel zitierten Kampfes der Kulturen. Der Trailer ist also ein Beispiel dafür, dass unter dem Mantel der Religionskritik Hetze gegen gesellschaftliche Minderheiten betrieben wird.

Ob man darauf mit einem Vorführverbot reagiert, wie es jetzt im Fall von Pro Deutschland gefordert wird (Provokationstrittbrettfahren), muss Gegenstand der gesellschaftlichen Debatte bleiben. Nur wäre schon viel gewonnen, wenn man hier unterscheiden würde zwischen einer emanzipatorischen Islamkritik, die sich am Ziel eines säkularen Staates orientiert und einer Hetze aus dem Umfeld rechter Christen, die eine säkulare Gesellschaft nicht weniger hassen als die Islamisten.

Die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung ist übrigens nicht neu. Als vor einigen Jahren rechte Gruppen und eine mit ihnen kooperierende Bürgerinitiative gegen den Bau einer Moschee in Berlin-Heinersdorf mobilisierten, propagierten antifaschistische Gruppen neben dem Recht auf Freiheit von der Religion auch ein Recht auf Religionsfreiheit.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152792
Peter Nowak