Gutes Wohnen auch für Geflüchtete

Nachwuchsarchitekten präsentieren Vorschläge für bezahlbare Unterkünfte

Geflüchtete können selten auf menschenwürdige Unterkünfte hoffen, dabei gibt es preiswerte Möglichkeiten.

Es sind ja nicht nur die ewigen Wartezeiten bei verschiedenen Ämtern, sondern auch die Unterbringung der Menschen, die sie nach zum Teil monatelanger Flucht nicht zur Ruhe kommen lässt. Erstaufnahmelager, Not- und Gemeinschaftsunterkünfte prägen heute das Leben der meisten Geflüchteten.

»Die Menschen werden dort zwangsweise eingewiesen. Sie können nicht entscheiden, wo, wie und mit wem sie auf engstem Raum leben wollen. Bei all diesen Unterkünften fehlt jede Privatsphäre«, berichtet Kay Wendel vom Flüchtlingsrat Brandenburg in einem kurzen Überblicksvortrag im voll besetzten Ladenlokal der Plattform der Nachwuchsarchitekten. Es sei daher nicht verwunderlich, wenn es zu Streit zwischen den Bewohnern komme, wenn die Menschen über Monate unter solchen Bedingungen leben müssen.

»Wohnen als Grundrechte für Alle – Flüchtlingsunterbringung in Berlin und Brandenburg«, unter diesem Motto wurde die aktuelle Situation am Mittwochabend kritisch beleuchtet, aber auch Alternativen aufgezeigt, wie am Beispiel des Hauses der Statistik. »Hier sehen wir, wie Flüchtlinge untergebracht werden könnten, wenn sie als wohnungssuchende Menschen Ernst genommen werden«, sagte eine Diskussionsteilnehmerin.

Wendel bekräftigte die Forderung, dass Geflüchtete die Möglichkeit haben müssen, eigene Wohnungen zu beziehen. Die Menschen, die gesetzlich diese Möglichkeiten heute schon haben, machen die Erfahrung, die auch viele Mieter mit geringen Einkommen in den letzten Jahren machen mussten – sie finden keine Wohnungen. »Die Lösung muss daher die Ankurbelung des sozialen Wohnungsbaus heißen«, betonte Wendel. Damit unterstützte er Forderungen von Mieterverbänden. Es gebe eine Wohnraum- und keine Flüchtlingskrise in Berlin, betont die Berliner Mietergemeinschaft in der jüngsten Ausgabe ihrer Publikation Mieterecho.

Die am Mittwochabend versammelten Architekten unterbreiteten einige Vorschläge für eine Unterbringung von Geflüchteten, die nicht an Notunterkünfte und Container erinnern. So wurde auf Gebäude verwiesen, die nach der Holzständerbauweise errichtet werden. Diese kosten- und platzsparende Bauweise ist eine moderne Form des jahrhundertealten Fachwerkhauses. Eine Architektin präsentierte Vorschläge, wie in Baulücken kostengünstige Behausungen entstehen können. Zudem könnten solidarische Anwohner Patenschaften für die dort einziehenden Neumieter übernehmen.

Der Berliner Architekt Philipp Kuebart engagierte sich bereits als Student gegen Residenzpflicht und Gutscheine für Flüchtlinge. Was damals bei seinen Kommilitonen nur ein Minderheitenthema gewesen sei. Er begrüßte grundsätzlich, dass sich in den letzten Wochen auch viele Architekten mit der Situation von Geflüchteten auseinandersetzen. »Wichtig aber ist die Frage, wie wollen diese Menschen eigentlich wohnen«, betont Kuebart. Vielleicht sollten die Nachwuchsarchitekten bei ihren nächsten Diskussionen auch Geflüchtete einladen.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/994544.gutes-wohnen-auch-fuer-gefluechtete.html

Peter Nowak